Parlamentskorrespondenz Nr. 54 vom 24.01.2008

Aktuelle Aussprache im Innenausschuss

Themen: SPG, Erweiterung des Schengenraums, EURO 2008

Wien (PK) – Die Mitglieder des Innenausschusses debattierten in einer Aktuellen Aussprache Themen wie die Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes, die EURO 2008 und die Erweiterung des Schengenraums. Am Beginn der Sitzung wurden S-Abgeordnete Gisela Wurm zur Obmannstellvertreterin und S-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig zur Schriftführerin des Ausschusses gewählt.

Innenminister Günther Platter referierte über die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, präzisierte den Inhalt des Gesetzes und meinte im Zusammenhang mit der Feststellung der Standortdaten, es habe sich bei der Telefonüberwachung nichts geändert. Für Inhaltsdaten sei eine richterliche Anordnung notwendig. Man konnte schon bisher IP-Adressen feststellen. Im Gesetz wurden keine neuen Möglichkeiten für die Exekutive geschaffen, sondern nur Konkretisierungen vorgenommen.

Bei der Analysedatei handle es sich um eine Datei zur besseren Aufklärung von Serienkriminalität. Ganz etwas Anderes sei die Sexualstraftäter-Datei, die für alle verurteilten Sexualstraftäter gilt und bestimmte Klassifizierungen auf Grund von Gutachten beinhaltet. Bei schweren Sexualstraftaten ist ein Berufsverbot möglich.

Die EURO 2008 sei weltweit die drittgrößte Sportveranstaltung und stelle aus der Sicht der Sicherheitspolitik eine Herausforderung dar, so Platter. Österreich sei ausgezeichnet vorbereitet, das Sicherheitskonzept werde laufend von internationalen Experten überprüft und die Zusammenarbeit mit den Anrainer-, Transit- und Teilnehmerstaaten sei intensiv; eine abschließende Konferenz mit den Ländern werde Ende März abgehalten werden. Im Rahmen der EURO werden auch szenekundige Beamte, die die Ultras und Hooligans kennen, eingesetzt, und aus Deutschland werden 800 Polizisten zur Verfügung stehen.

Auf die Erweiterung des Schengenraums ist Österreich exzellent vorbereitet gewesen, es wurde auch mitgeteilt, dass die EU-Grenze hart kontrolliert wird. Als großen Erfolg bezeichnete der Innenminister das europäische Fahndungssystem, durch das man viele neue Daten erhalten habe. Gemischte Streifen im Grenzraum sind im Einsatz mit dem gemeinsamen Schwerpunkt der Kontrolle. Platter wies in weiterer Folge auf die rückläufigen Zahlen beim Kriminalitätsanfall hin, gab bekannt, dass sich derzeit in Traiskirchen 711 Personen befinden, und sprach auch das Problem an, dass Asylwerber aus Tschetschenien in Polen um Asyl ansuchen und dann nach Österreich kommen.

Hinsichtlich der Fliegerbomben-Blindgänger werde es eine Entlastung der Grundeigentümer geben. Eine entsprechende Gesetzesvorlage befinde sich in Begutachtung.

Abgeordneter Peter Westenthaler (B) würde es gerne sehen, wenn die Sexualstraftäter-Datei für jedermann via Internet zugänglich wäre. Die Strafen für sexuelle Übergriffe sollten seiner Meinung nach angehoben werden. Im Zusammenhang mit Schengen sprach Westenthaler die Kontrolldichte und die Aufgriffe an; er glaubte, dass ein Absinken der Kriminalität dadurch zustande kommt, dass Banden- bzw. Seriendelikte in der Kriminalitätsstatistik nur als ein Delikt angemerkt werden.

Abgeordneter Otto Pendl (S) dankte vorerst der Exekutive für ihre Leistung und hinterfragte die Situation des Asyltourismus. Auch wies er darauf hin, dass nicht alle Bundesländer ihre Asylquote erfüllen.

Abgeordneter Peter Pilz (G) befasste sich mit dem Sicherheitspolizeigesetz, wollte u.a. den Unterschied zwischen Fernmelde- und Kommunikationsgeheimnis erfahren und erkundigte sich nach den Beauskunftungen. Sein besonderes Interesse galt dem Besuch des Ministers in den USA im Oktober des vergangenen Jahres und einem Online-Artikel des "Spiegel", wonach Österreich den USA den Zugang zu deutschen DNA-Daten ermöglichen wird.

Abgeordneter Johann Maier (S) wies darauf hin, dass der Zugriff auf IP-Daten nur bei Gefahr in Verzug möglich ist. Vom Minister wollte er wissen, wie viele Standort- und Auskunftserhebungen es seit 1. Jänner gibt. Ein weiteres Thema betraf die Ermittlungen gegen ein Doping-Labor in Wien. In Hinblick auf die EURO fragte er nach der finanziellen Bedeckung der Sachausgaben, den Kosten für den Einsatz der ausländischen Polizisten in Österreich und nach dem Ausbildungskonzept für die Ordnungspolizei.

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (F) kam in ihrer Wortmeldung auf die Zunahme an Illegalen und die Entwicklung der Reisepassanträge in den östlichen Nachbarländern durch die Erweiterung des Schengenraums zu sprechen; ihre Fragen betrafen den Integrationsbericht und den vor wenigen Tagen aufgetretenen Konflikt beim Ausländerbeirat in Oberösterreich.

Abgeordneter Norbert Kapeller (V) ersuchte um Auskunft über die Polizeikooperationsverträge und wünschte eine Bewertung der Trends durch die Schengenerweiterung; außerdem erkundigte er sich nach der enormen Polizeipräsenz im Burgenland.

Bundesminister Günther Platter strich heraus, dass eine Veröffentlichung der Sexualstraftäter-Datei nicht den Vorstellungen des Ressorts entspreche und diese nur den Exekutivbeamten zur Verfügung stehen soll. Ein absolutes Berufsverbot werde es bei bestimmten Sexualdelikten geben; dieses könne nur von einem Richter ausgesprochen werden.

Dass mit der Erweiterung des Schengenraums weniger Illegale nach Österreich gekommen sind, liege auch an der Kontrolldichte. Laut ersten Informationen habe es keine Steigerung der Kriminalität gegeben.

In den USA habe er Gespräche geführt und es habe einen Informationsaustausch gegeben, teilte Platter Abgeordnetem Pilz mit, auf die Problematik des Datenschutzes und der Datenübermittlung habe er, Platter, hingewiesen.

Aufgrund eines Rechtshilfeersuchens haben im Doping-Labor Ermittlungen stattgefunden. Bis jetzt gebe es keine konkreten Doping-Hinweise, gab der Minister bekannt.

Die Sachausgaben für die EURO 2008 sind im Regelbudget abgedeckt, über die Aufwendungen für die ausländischen Polizisten werde noch nachverhandelt. Die Ausbildung für die Ordnungspolizei werde vom Innenministerium zentral gesteuert und beginne März/April.

In einer zweiten Fragerunde wurden von den Abgeordneten unter anderem der von Platter kürzlich vorgelegte Integrationsbericht (Abgeordnete Brigid Weinzinger, G, und Abgeordnete Elisabeth Hlavac, S), die Erweiterung des Schengenraums (Abgeordneter Erwin Hornek, V), die Sicherheitsvorkehrungen zur EURO 2008 (Abgeordneter Christian Hursky, S, Abgeordneter Hannes Fazekas, S, Abgeordneter Günter Kößl, V, und Abgeordneter Leopold Mayerhofer, F), Gewalt in der Familie und Gewaltprävention bei Jugendlichen (Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig, S) sowie die Abschiebung von Asylwerbern (Abgeordneter Norbert Hofer, F) angesprochen. So mahnten die Abgeordneten Weinzinger und Hlavac die Einbindung des Parlaments in die Erarbeitung von konkreten Integrationsmaßnahmen ein. Weinzinger erkundigte sich überdies danach, warum die Zahl der humanitären Aufenthaltsbewilligungen von 2003 auf 2007 kontinuierlich zurückgegangen sei. Ihrer Ansicht nach widerspricht der im Fremdenrecht verankerte "Gnadenakt" auf humanitäre Aufenthaltsbewilligung Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Innenminister Günther Platter hielt in der Beantwortung der Fragen fest, es sei "logisch", dass es im vergangenen Jahr weniger humanitäre Aufenthaltstitel als im Jahr 2003 gegeben habe. Schließlich gebe es auch wesentlich weniger Asylwerber als früher. Gemäß einer schriftlichen Anfragebeantwortung Platters wurden im Jahr 2003 701 Erstbewilligungen auf humanitären Aufenthalt, 249 Verlängerungen und 846 humanitäre Niederlassungsbewilligungen erteilt, 2007 waren es 175 Erstbewilligungen, 67 Verlängerungen und 191 humanitäre Niederlassungsbewilligungen. Warum im Fall der Familie Zogaj keine humanitäre Aufenthaltsbewilligung erteilt wurde, begründete Platter damit, dass nicht nur das Kriterium der Integration ausschlaggebend sei, sondern auch andere Punkte, etwa Verwaltungsübertretungen, berücksichtigt würden.

Was den Integrationsbericht betrifft, äußerte Platter die Absicht, noch vor dem Sommer ein Maßnahmenpaket vorzulegen. Ihm sei ein offener Dialog in diesem Bereich sehr wichtig, betonte er und signalisierte Bereitschaft, auch im Innenausschuss einmal über den Integrationsbericht zu diskutieren. Der Bericht sei an alle Abgeordneten unterwegs, versicherte er. Mit der geplanten Wanderausstellung in den Bundesländern will Platter, wie er sagte, dafür sorgen, dass das Thema vor Ort ankommt.

Zur Erweiterung des Schengen-Raums merkte Platter an, die Exekutive sei in permanenter Verbindung mit den Nachbarländern. Österreich habe nicht nur sein Know how zur Verfügung gestellt, sondern plane gemeinsam mit den Nachbarn auch Schwerpunktaktionen. Die Kooperation funktioniere sehr gut. Keine genauen Zahlen konnte Platter bezüglich der Abschiebung von Asylwerbern in den letzten Monaten nennen.

Ebenfalls ausgezeichnet funktioniert Platter zufolge die Zusammenarbeit mit der Schweiz in Bezug auf die EURO 2008, auch mit den ÖBB gebe es eine "hervorragende Kooperation". "Ich bin mit den Vorbereitungen sehr zufrieden", sagte der Minister.

Hinsichtlich des Themas "Gewalt in der Familie" ist das Innenressort nach Auskunft Platters sehr intensiv mit den Interventionsstellen in Kontakt. Die Möglichkeit der Wegweisung von Gewalttätern hat sich ihm zufolge sehr bewährt.

Zu heftigen Auseinandersetzungen im Ausschuss führten detaillierte Fragen von Abgeordnetem Peter Pilz (G) in Bezug auf den Einsatz von IMSI-Catchern durch das Innenministerium und bezüglich der neuen Polizeibefugnisse. So wollte Pilz u.a. wissen, welche Polizeidienststellen welche IMSI-Catcher im Einsatz haben, was diese IMSI-Catcher kosten und ob zur reinen Ortung eines UMTS-Handys ein IMSI-Catcher mit UMTS-Standard notwendig sei. Überdies erkundigte er sich danach, wer die Verfassungskonformität der neuen Polizeibefugnisse geprüft habe. Pilz stellte den Verdacht in den Raum, dass § 53 SPG nur deshalb überhastet und ohne ordentliches Begutachtungsverfahren geändert worden sei, um damit etwas zu legalisieren, was bereits zuvor illegale Praxis im Innenministerium gewesen sei.

Die Beantwortung der Fragen durch einen Experten des Innenressorts wurde abgebrochen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Pilz die Beratungen im Innenausschuss per Weblog öffentlich machte. Innenminister Günther Platter meinte dazu, er habe größtes Interesse daran, dem Innenausschuss alle notwendigen Informationen zu geben, gleichzeitig müsse er aber sicherstellen, dass die Arbeit der Polizei nicht beeinträchtigt werde. Ausschussvorsitzender Rudolf Parnigoni will nun bis zur nächsten Sitzung des Innenausschusses klären lassen, wie die Vertraulichkeit von Informationen sichergestellt werden kann.

Den Vorwurf der bewussten Irreführung der Abgeordneten wies Platter strikt zurück. Zu den erweiterten Polizeibefugnissen merkte er an, diese seien durch einen Abänderungsantrag der Abgeordneten in das Sicherheitspolizeigesetz eingefügt worden, Experten seines Hauses hätten befunden, "dass das der Rechtslage entspricht".

Scharfe Kritik an Abgeordnetem Pilz übte Abgeordneter Günter Kößl (V). Es schlage "dem Fass den Boden aus", wenn Pilz in seinem Weblog den Innenausschuss mit der Volkskammer der DDR vergleiche, unterstrich er. Pilz gebe überdies, so Kößl, Falschinformationen aus und rufe zu Datenmissbrauch auf. (Fortsetzung)