Parlamentskorrespondenz Nr. 159 vom 27.02.2008

Rechnungshof prüft Sicherheit der Stromversorgung in Österreich

Dringlichste Vorhaben: Bau der 380-kV-Leitungen

Wien (PK) – Der - mehrheitlich angenommene - Prüfbericht über die Sicherheit der Stromversorgung in Österreich stand als nächster Punkt auf der Agenda des Rechnungshofausschusses. RH-Präsident Josef Moser zeigte sich erfreut über die positive Resonanz auf den Bericht und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Rechnungshof damit zu einer Versachlichung der Diskussion in diesem Bereich beitragen konnte.

Stromversorgung in Österreich ist gesichert

Der Rechnungshof überprüfte bei der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts–Aktiengesellschaft (VERBUND) und bei den Landeselektrizitätsunternehmen im Rahmen einer Querschnittsüberprüfung von April bis Juli 2006 die Sicherheit der Stromversorgung (Elektrizitätsversorgung) in Österreich. Die Überprüfung erstreckte sich sowohl auf die Erzeugung als auch auf die Übertragung und Verteilung von Elektrizität. Der überprüfte

Zeitraum umfasste die Jahre 2002 bis 2005.

Wegen der geringen Transportkapazitäten der Übertragungsleitungen

in die Länder Steiermark, Kärnten und Salzburg ist deren

Versorgungssicherheit gefährdet, lautete das Resümee der Prüfer. Mit der Errichtung einer 380–kV-Leitung vom Burgenland in die Steiermark (Steiermarkleitung) und mit der Verstärkung der 220–kV-Leitung von St. Peter in Oberösterreich bis Tauern in Salzburg (Salzburgleitung) auf durchgängig 380 kV könnten die derzeit bestehenden Engpässe beseitigt werden. Die Durchführung dieser Maßnahmen zählt daher zu den dringendsten energiewirtschaftlichen Aufgaben für die Sicherheit der Stromversorgung in Österreich.

Europaweit zähle Österreich zu den Staaten mit der geringsten

Stromversorgungsunterbrechung. Durch die Strommarktliberalisierung haben sich die Risken für die Versorgungssicherheit zunächst erhöht. Investitionen in die Erzeugungs– und Netzanlagen gingen in Österreich insgesamt zurück. Auf das bisherige System der Stromversorgung, das sich schwerpunktmäßig auf großtechnische Erzeugungsanlagen sowie auf weit verzweigte Übertragungs– und Verteilernetze stützt, werde nicht verzichtet werden können, auch wenn die dezentrale Stromerzeugung weiter an Bedeutung gewinnt, urteilen die RH-Prüfer. Im Fall der Realisierung der bereits genehmigten und eingereichten Kraftwerksprojekte würde — auch unter Berücksichtigung der beabsichtigten Stilllegung von Kapazitäten — der Zuwachs der Stromerzeugung dem laut einer Studie des WIFO bis 2020 zu erwartenden Anstieg des Strombedarfs in Österreich nahezu entsprechen.

Abgeordneter Erwin Hornek (V) sprach von einem sehr positiven Bericht. Grundsätzlich herrsche in Österreich eine extrem hohe Versorgungssicherheit in Bezug auf Nutzung und Produktion. Ein hoher Stellenwert werde dabei der Wasserkraft eingeräumt. Die Prüfer kamen auch zum Urteil, dass zentrale Strukturen in der Stromerzeugung weiterhin von großer Bedeutung sind, diese jedoch von dezentralen ergänzt werden. Als dringendste energiepolitische Aufgabe wird die Errichtung der 380-kV-Leitungen angesehen, erinnerte Hornek. Wichtige Anliegen waren ihm das Stromsparen, wo es entsprechende Anreize geben sollte, sowie eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländergesellschaften im Hinblick auf längerfristige Entwicklungen.

Auch Abgeordneter Hermann Krist (S) lobte den informativen Bericht und hob die Bedeutung der Errichtung der 380-kV-Leitungen hervor. Sein Fraktionskollege Gerhard Reheis wollte wissen, in welchem Ausmaß alternative Energieformen eingesetzt werden sollen.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) erkundigte sich beim Minister, ob an eine unterirdische Verlegung von Leitungen im Siedlungsgebiet sowie an einen weiteren Ausbau der Wasserkraft an der Donau gedacht werde.

Abgeordneter Werner Kogler (G) wies darauf hin, dass aufgrund der Liberalisierung des Strommarktes Probleme entstanden sind, weil man nun mit Netzen verbunden ist, die weit weniger sicher als das österreichische sind. Außerdem gebe es keine Kostenwahrheit, wenn etwa Atomkraftwerke Strom zu Dumpingpreisen ins Netz einspeisen.

Bundesminister Martin Bartenstein zeigte sich erfreut über die Beurteilung durch den Rechnungshof, der klar aufzeige, dass die Stromversorgung in Österreich gesichert sei. Es stehe zudem außer Zweifel, dass der Bau der 380-kV-Leitungen - sowohl aus der Sicht der Versorgungssicherheit als auch aus Einsparungsgründen - zu den vordringlichsten energiepolitischen Vorhaben zähle. Oberste Priorität habe für ihn auch die Frage des Energiesparens sowie die Erhöhung der Energieeffizienz, betonte der Minister. Bezüglich der 380 kV-Leitung in der Steiermark habe er sich immer für eine UVP eingesetzt. Diese sei nun bereits abgeschlossen, der Bau könne nun in die Wege geleitet werden. Dem Abgeordneten Gradauer gegenüber merkte Bartenstein an, dass er die Frage, ob Freileitungen oder eine Verkabelung durchgeführt werden soll, den Experten überlasse. Dies sei natürlich auch eine Kostenfrage, zumal eine Teilverkabelung etwa dreimal so teuer sei, gab er zu bedenken. Bei der Planung der Leitung wurde auf die Siedlungsferne Rücksicht genommen, nur in zwei Punkten komme man maximal bis zu 70 Meter an die Gebäude heran. Bartenstein plädierte zudem leidenschaftlich für den Ausbau der Wasserkraft, Projekte östlich von Wien stünden jedoch nicht zur Diskussion. Es könne auch viel über die Optimierung der bestehenden Turbinen erreicht werden. Die E-Control sehe nicht nur in der Wasserkraft mögliches Potential, sondern auch in der Windkraft (700 Megawatt) und in der Biomasse.

Rechnungshofpräsident Josef Moser ging auf den Bericht über die Sicherheit der Stromversorgung in Österreich ein, der – so hoffe er - zur Versachlichung der Diskussion in diesem Bereich beitragen könne. Der Rechnungshof befasse sich sehr umfassend mit diesem Thema und habe eine breite Palette von Prüfungen durchgeführt, informierte er einleitend. Als Beispiele nannte er die nähere Untersuchung der Auswirkung von EU-Vorgaben (z.B. die Wasserrahmen-Richtlinie), die Einhaltung der Kyoto-Ziele (eine diesbezügliche Prüfung laufe gerade), das Ökostromgesetz, die Energieeffizienz und den Wirkungsgrad von Biomassekraftwerken, Energiesparmaßnahmen im Wohnbau sowie die Energiebesteuerung. Im vorliegenden Fall kamen die Prüfer zum Ergebnis, dass die Erfordernisse der Elektrizitätsversorgung in Form von Maßnahmen im Kraftwerks– und Leitungsbau und die des Umwelt– und Anrainerschutzes in einem Spannungsfeld stehen. Letztendlich sei es eine gesellschaftspolitische Entscheidung, in welcher Weise dieser Zielkonflikt gelöst werde. Zur Sicherheit der Stromversorgung bedürfe es auch nachfrageseitiger Steuerungsmaßnahmen, die zu einer Verbesserung der Energieeffizienz und zu Energieeinsparungen führen.

(Schluss Stromversorgung/Forts. Eurofighter-Gegengeschäfte)


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