Parlamentskorrespondenz Nr. 163 vom 28.02.2008

Transformationsprozesse und Entwicklungstrends

Zur Lage des Fachhochschulsektors 2006

Wien (PK) – Das Jahr 2006 stand für den österreichischen Fachhochschulsektor ganz im Zeichen der Fortschreibung der Transformation des Studienangebots in Richtung der europäischen Studienarchitektur und der Erweiterung des Studienangebots, so der Befund des Fachhochschulrates (FHR), dessen Tätigkeitsbericht 2006 nun dem Hohen Haus vorliegt (III-107 d.B.).

Entwicklungstendenzen und neue Impulse

Im Berichtszeitraum konnte ein Zuwachs von 1.227 neu geschaffenen Studienplätzen verzeichnet werden, wodurch das Gesamtangebot an Aufnahmeplätzen im Bereich der Fachhochschulen auf insgesamt 8.956 anstieg. Von den derzeit existierenden 272 FH-Studiengängen bleiben nach Abzug jener Diplomstudien, die in die neue Studienarchitektur überführt werden oder auslaufen, 194 erhalten, wobei der FHR bereits die Akkreditierung weiterer 49 Angebote abgeschlossen hat. Von genannten 194 Studiengängen können 112 in Vollzeitform, 44 berufsbegleitend, 35 in Vollzeitform und berufsbegleitend sowie 3 zielgruppenspezifisch absolviert werden. Durch den verstärkten Einsatz von Fernstudienelementen kam es somit zur Ausweitung berufsbegleitender Studienangebote auf einen Anteil von 42,2 %.

Zwischen 1997 und 2006 brachten insgesamt 22.473 Studierende ihr Studium an einer Fachhochschule zum Abschluss, wobei 85,1 % der AbsolventInnen die Mindeststudienzeit einhielten und nur 0,7 % die Regelstudienzeit mit mehr als einem Jahr überschritten. Die Drop-out-Rate lag – nach verändertem Berechnungsmodus – im Zeitraum 1998/99 bis 2002/03 bei 20,7 %.

Da aus Gründen des vorhersehbaren Bedarfs an AbsolventInnen und begrenzter Ressourcen eine Limitierung der Studienplätze vorgenommen wird, kommt ein Aufnahmeverfahren zum Einsatz. Im Studienjahr 2006/07 entfielen so auf einen Studienplatz durchschnittlich 2,7 BewerberInnen, wobei auf eine starke Streuung dieser Werte entlang der Fächergruppen zu verweisen ist. Während in der neuen Gruppe der Gesundheitswissenschaften 7,9 BewerberInnen auf einen Ausbildungsplatz entfallen, liegt der Vergleichswert für die Gruppe Technik und Ingenieurwissenschaften bei nur 1,7. AbgängerInnen von Berufsbildenden Höheren Schulen bilden mit 43,5 % die größte Gruppe der Aufgenommenen, während AHS-AbgängerInnen mit 31 % den zweiten Platz einnehmen. Nur 10,7 % der aufgenommenen Personen fanden Zugang über den zweiten Bildungsweg oder auf Basis einschlägiger beruflicher Qualifikation.

Von den insgesamt 194 FH-Studiengängen werden 116 als Bachelorstudiengänge, 33 als Masterstudiengänge und 45 als Diplomstudiengänge geführt, womit die neue Studienarchitektur zu 77 % des Lehrangebots umgesetzt wurde. Der Bericht betont zudem die Bedeutung des Bachelorstudiums als Schnittstelle in Bezug auf die Durchlässigkeit des Bildungssystems. Innerhalb der zu Masterstudiengängen Zugelassenen stellen Studierende mit einem fachlich einschlägigen FH-Abschluss allerdings mit 77,3 % eindeutig die größte Gruppe.

Der Anteil weiblicher Studierende stieg mittlerweile auf 42,9 %, wobei anzumerken bleibt, dass Studentinnen in den Masterstudiengängen mit 28,2 % deutlich unterrepräsentiert sind. In den Studienrichtungen Wirtschaftswissenschaften, Sozialwissenschaften und Gesundheitswissenschaften überwiege jedoch der Anteil weiblicher Studierender.

Wien, Steiermark, Niederösterreich und Oberösterreich führten – so der Bericht im Hinblick auf regionale Entwicklungstendenzen – in Bezug auf die Zahl der angebotenen FH-Studiengänge je Bundesland deutlich vor Tirol, Kärnten, Salzburg, dem Burgenland und Vorarlberg. Den größten relativen Anteil an Studentinnen kann das Burgenland mit 53 % für sich verbuchen.

Die durch Änderungen des MTD- und Hebammengesetzes hergestellten Rahmenbedingungen und der Erlass der FH-MTD-Ausbildungsverordnung sowie der FH-Hebammenverordnung ermöglichten 2006 die Etablierung fachspezifischer FH-Bachelorstudiengänge. Im Berichtszeitraum nahmen Studiengänge der gehobenen medizinisch-technischen Dienste und der Hebammen in Niederösterreich, der Steiermark und Salzburg ihren Betrieb auf.

2006 kam es zur erstmaligen Evaluierung des Impulsprogramms FHplus, das darauf abzielt, die Anzahl an Kooperationen zwischen Fachhochschulen und externen Partnern zur Gewährleistung langfristiger anwendungsbezogener Forschung und experimenteller Entwicklung zu erhöhen. Die vorliegenden Ergebnisse dieser Zwischenevaluierung zeichnen ein positives Bild, sodass eine Weiterführung ausdrücklich zu empfehlen ist.

Als weiterer ergänzender Schwerpunkt führt der Bericht die Einrichtung so genannter "Josef Ressel-Zentren" zur Stärkung von Kooperationen zwischen fachhochschulischen Einrichtungen und der Wirtschaft im exzellenten anwendungsorientierten Forschungssegment an. Das BMWA unterstütze die Pilotphase mit einer Förderung in Höhe von 1 Mio. Euro.

Zur Tätigkeit des Fachhochschulrates 2006

Den Bereichen der Curriculumsentwicklung und der Akkreditierung von Studiengängen komme im Rahmen der Tätigkeit des FHR besonders Gewicht zu, so der Bericht. Der österreichische FH-Sektor verfügt hierbei über ein integrales Konzept der externen Qualitätssicherung, sodass für die maximal auf fünf Jahre akkreditierten Studiengänge nach Ablauf dieses Zeitraumes ein Antrag auf Verlängerung ebendieser zu stellen ist. Hierbei wird zudem die Vorlage eines Evaluierungsberichts vorausgesetzt, der als Entscheidungsgrundlage herangezogen wird. Im Jahr 2006 hat der FHR sechs FH-Diplomstudiengängen in einem solchen Verfahren einen Bescheid über die Verlängerung ihrer Akkreditierung ausgestellt. Evaluierungsprozesse finden sowohl auf studienbezogener als auch auf institutioneller Ebene statt, die stärkere Einbindung der Studierenden ist per Modifizierung der Evaluierungsverordnung im Jahr 2006 ermöglicht worden.

Die faktische Durchlässigkeit zwischen Fachhochschulen und Universitäten sei allerdings noch immer mit Schwierigkeiten besetzt. Obgleich der Abschluss eines FH-Masterstudienganges bzw. eines FH-Diplomstudienganges zur Aufnahme eines facheinschlägigen Doktoratsstudiums an einer Universität berechtige und 2006 entsprechende Doktoratsstudien-Verordnungen für AbsolventInnen von Fachhochschulgängen unterschiedlicher Ausrichtung – u. a. für AbsolventInnen technischer Richtungen – erlassen wurden, ist weiter an Lösungen für dieses hochschulpolitische Problem zu arbeiten.

Als weitere wichtige und Arbeitsbereiche des FHR benennt der Bericht die Entscheidung über die Verleihung der Bezeichnung Fachhochschule, die Befassung mit Fragen der Nostrifizierung, die Initiierung von Projekten zur Verbesserung von Curricula und "learning outcomes", die Erfassung statistischer Daten des FH-Sektors, die Forcierung internationaler Zusammenarbeit, die Organisation themenspezifischer Veranstaltungen sowie die Publikation von Schriftenreihen zum Fachhochschulsektor. Im Anhang des Berichts finden sich ausführliches statistisches Material zum FH-Sektor, die Richtlinien zur Akkreditierung von Bachelor-, Master- und Diplomstudiengängen sowie der Volltext der Evaluierungsverordnung. (Schluss)


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