Parlamentskorrespondenz Nr. 198 vom 05.03.2008

Heftige Diskussion um neue Polizeibefugnisse im Petitionsausschuss

Abgeordnete einig im Kampf gegen europaweite Tiertransporte

Wien (PK) – Die Diskussion um die neuen Polizeibefugnisse erreichte nun auch den Petitionsausschuss des Nationalrats. Die Fraktionen konnten sich nicht darauf einigen, ob eine von Grün-Abgeordnetem Peter Pilz dem Nationalrat überreichte Petition dem Innenausschuss des Nationalrats zugewiesen werden oder zunächst eine Stellungnahme von Innenminister Günther Platter eingeholt werden soll. Pilz drängte, unterstützt von seinen FraktionskollegInnen und den beiden anderen Oppositionsparteien, auf eine rasche Diskussion über die Anliegen der Petition im Innenausschuss, konnte sich damit aber nicht durchsetzen und sprach daraufhin von einem "unparlamentarischen und schäbigen" Verhalten der Koalition.

Mehr Einigkeit gab es in Bezug auf andere Bürgeranliegen. Unter anderem standen eine Initiative gegen unnötige Tiertransporte, der Ausbau der 380 kV-Leitung in Salzburg, die HPV-Impfung, die Forderung nach einer Wiedereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach und die Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über Vermögen aus der Zeit der Monarchie zur Diskussion.

Vordringliches Anliegen der von Abgeordnetem Pilz vorgelegten Petition sind Beratungen im zuständigen Innenausschuss über das neue Sicherheitspolizeigesetz. Pilz erinnerte daran, dass dieses Gesetz der Polizei nunmehr die Ortung von Handys und die Ausforschung von Internet-Anschlüssen ohne richterliche Genehmigung erlaube, ohne dass es zuvor einer Begutachtung unterzogen worden oder im Innenausschuss behandelt worden sei. Eine immer größere Zahl von Menschen habe eine immer größere Besorgnis, der Polizei neue Befugnisse einzuräumen, wo sich niemand sicher sein könne, dass diese nicht für politische Zwecke missbraucht werden, bekräftigte er und machte geltend, dass die Petition von knapp 25.000 Personen unterschrieben wurde.

Die Einholung einer Stellungnahme des Innenministers zur Petition wertete Pilz als vollkommen überflüssig. Die Initiatoren der Petition hätten, so der Abgeordnete, nicht das geringste Interesse daran. Zudem sei ohnehin klar, was der Minister antworten werde, ergänzte Fraktionskollegin Theresia Haidlmayr. Sie sprach von einer "bewussten Fehlleitung" der Petition durch die Koalition.

Auch die Abgeordneten Gerhard Kurzmann (F) und Sigisbert Dolinschek (B) traten für die sofortige Zuweisung der Petition an den Innenausschuss ein. Die Polizei brauche zur Verbrechensbekämpfung zwar moderne Instrumente, man müsse aber auch die Bürgerrechte im Auge behalten, mahnte Kurzmann. Österreich entwickle sich in Richtung eines Überwachungsstaates.

Seitens der Koalitionsparteien sprachen sich die Abgeordneten Franz Riepl (S) und Karl Freund (V) hingegen dafür aus, zunächst einmal eine Stellungnahme von Innenminister Platter zur Petition einzuholen. Wenn diese Stellungnahme vorliege, könne man die Petition immer noch dem Innenausschuss zuweisen, er wolle dies nicht ausschließen, erklärte Riepl. Ähnlich argumentierte auch Ausschussvorsitzende Gisela Wurm (S), die sich strikt gegen den Vorwurf verwahrte, dass der Petitionsausschuss Bürgeranliegen missachte. Wurm machte geltend, dass in der Petition auch Fragen an den Innenminister formuliert seien.

Einig waren sich die fünf Fraktionen hingegen darüber, zu einer Bürgerinitiative gegen unnötige Tiertransporte eine Stellungnahme des Gesundheitsministeriums einzuholen. Abgeordneter Dietmar Keck gab zu bedenken, dass das österreichische Tiertransportgesetz zwar vorbildlich sei, Österreich aber wenig gegen grenzüberschreitende Tiertransporte unternehmen könne. Keck sprach sich für eine EU-weite Regelung aus, wonach Lebendtiertransporte keine bzw. maximal eine Landesgrenze überschreiten dürfen, und appellierte an alle Parteien, ihre Europaabgeordneten entsprechend zu mobilisieren.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) sprach sich ebenfalls dagegen aus, Tiere quer durch Europa zu transportieren, nur um Fleischpreise niedrig zu halten. Diese Transporte seien zum Schaden der Bäuerinnen und Bauern, bekräftigte er und verwies nicht zuletzt auf die Gefahr von Seuchenausbreitungen. Pirklhuber zufolge ist etwa die bereits in ganz Nordeuropa auftretende "Blauzungenkrankheit" bei Rindern aufgrund von Tiertransporten verbreitet worden. Auch Abgeordneter Karl Freund (V) ortet international Defizite.

Eine Petition, die sich gegen die Errichtung einer 380-kV-Freileitung durch das Bundesland Salzburg wendet, wurde von den Abgeordneten einstimmig dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen. Abgeordnete Andrea Eder-Gitschthaler (V) wies darauf hin, dass über diese Frage in Salzburg eine intensive Debatte stattfinde und die betroffenen BürgerInnen zumindest auf eine Teilverkabelung der Leitung drängten. Mittlerweile würden auch zwei divergierende Gutachten vorliegen.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) plädierte dafür, die Frage auch unter dem Gesichtspunkt des Klimawandels zu diskutieren. Beim letzten Sturm seien mehrere Strommasten geknickt worden, erinnerte er. Auch wenn es sich nur um 220-kV-Leitungen gehandelt habe, sei offensichtlich, so Pirklhuber, dass die Versorgungssicherheit in jenen Regionen weitaus besser sei, wo in der Vergangenheit Erdkabel verlegt worden seien.

In Bezug auf eine Petition betreffend die Aufnahme der HPV-Impfung in das Kinderimpfprogramm wird eine Stellungnahme von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky eingeholt. Abgeordneter Sebastian Eder (V) gab zu bedenken, dass hier viele Fragen – etwa die Wirkungsdauer und die Preisgestaltung – noch ungeklärt seien. Abgeordnete Rosa Lohfeyer verwies auf die Verunsicherung in der Bevölkerung.

Im Ausschuss diskutiert wurde auch über eine Petition betreffend Vermögensverhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über Vermögen aus der Zeit der Monarchie. Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) wies darauf hin, dass der Auslöser für diese Petition der Verkauf einer Liegenschaft in Salzburg durch die Bundesforste an einen Industriellen gewesen sei. Die Aufteilung von Vermögen aus der Zeit der Monarchie zwischen dem Bund und den Ländern sei immer noch nicht geklärt, kritisierte sie, obwohl der Verfassungsgerichtshof bereits im Jahr 2002 in einem Erkenntnis festgestellt habe, dass diese Frage noch offen sei. Dabei gehe es nicht nur um Liegenschaften der Bundesforste, sondern auch um historische Gebäude.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) brachte vor, dass für viele der betroffenen Gebäude ein hoher Erhaltungsaufwand erforderlich sei. Es könne nicht so sein, dass die Länder wertvolle Liegenschaften beanspruchen, für kostenaufwändige Gebäude hingegen weiter der Bund aufkommen solle, meinte er.

Zur Petition werden nun Stellungnahmen des Landwirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums eingeholt.

In Bezug auf eine Petition betreffend die Wiedereröffnung des Polizeipostens in Bärnbach wird das Innenministerium um eine Stellungnahme gebeten. Abgeordneter Erwin Spindelberger verwies darauf, dass es in der Stadt fast täglich Raufhandel und Vandalismus gebe, ohne dass Polizisten vor Ort seien. Auch zu einer Resolution der Dialysepatienten und Nierentransplantieren Kärntens sowie zu einer Petition zur Wiederaufnahme des Schulbusverkehrs zwischen Rechberg und Saxen sollen die zuständigen Ressorts eine Stellungnahme abgeben.

Die gesamten Beschlüsse des Petitionsausschusses:

Petition Nr. 26 betreffend Vermögensverhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern über Vermögen aus der Zeit der Monarchie – Einholung von Stellungnahmen des Landwirtschaftsministeriums und des Finanzministeriums. Der Antrag der FPÖ, auch eine Stellungnahme des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes einzuholen, fand keine Mehrheit.

Petition Nr. 27 betreffend Wiedereröffnung eines Polizeipostens in Bärnbach – Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums.

Petition Nr. 28 betreffend Forderungen der Interessengemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Kärntens – Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsministeriums. Der Antrag des BZÖ, auch das Justizministerium um eine Stellungnahme zu ersuchen, blieb in der Minderheit.

Petition Nr. 29 betreffend Wiederaufnahme des Schulbusverkehrs zwischen Rechberg und Saxen – Einholung einer Stellungnahme des Finanzministeriums. Der Antrag der Grünen, auch eine Stellungnahme des Unterrichtsministeriums einzuholen, wurde abgelehnt.

Petition Nr. 30 betreffend neuerliche Beratungen über das Sicherheitspolizeigesetz im Nationalrat – Einholung einer Stellungnahme des Innenministeriums.

Bürgerinitiative Nr. 16 gegen unnötige Tiertransporte – Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsministeriums.

Bürgerinitiative Nr. 17 betreffend bezahlte Fachausbildungsstellen für Klinische PsychologInnen und GesundheitspsychologInnen – Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsministeriums.

Bürgerinitiative Nr. 18 betreffend Einführung einer "Dreistufigen Volksgesetzgebung" als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie – Einholung einer Stellungnahme des Bundeskanzleramtes.

Petition Nr. 17 gegen die Errichtung einer 380-KV-Stromtransit-Freileitung durch das Bundesland Salzburg – Zuweisung an den Wirtschaftsausschuss.

Petition Nr. 18 betreffend Aufnahme der HPV-Impfung in das Kinderimpfprogramm – Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsministeriums.

Petition Nr. 22 für weniger Gewaltdarstellungen in den Medien – Zuweisung an den Verfassungsausschuss.

Petition Nr. 24 für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und gentechnikfreie Lebensmittel in Österreich – Zuweisung an den Landwirtschaftsausschuss.

Petition Nr. 25 betreffend ein Manifest der Bundesjugendvertretung gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – Zuweisung an den Ausschuss für Menschenrechte. Der Antrag der FPÖ, die Petition durch Kenntnisnahme zu erledigen, fand keine Mehrheit.

Bürgerinitiative Nr. 12 für eine generelle Öffnung des bundesweiten Forst- und Güterwegenetzes zum Zwecke der Sportausübung mit dem Mountainbike – Vertagung. Ein Antrag der Grünen auf Zuweisung der Bürgerinitiative an den Tourismusausschuss kam damit nicht zur Abstimmung.

Bürgerinitiative Nr. 15 betreffend Verankerung des Tierschutzes im Verfassungsrang – Zuweisung an den Verfassungsausschuss. (Schluss)