Parlamentskorrespondenz Nr. 276 vom 28.03.2008

Von der Künstler-Sozialversicherung bis zum Altbatterien-Sammelsystem

Bundesrat erhebt keinen Einspruch gegen die jüngsten NR-Beschlüsse

Wien (PK) - Sodann ging die Länderkammer in ihre Tagesordnung ein. Erster Punkt war die Änderung des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes.

Er und seine Fraktionen seien mit der Vorlage nicht zufrieden, eröffnete Bundesrat BREINER (G) die Debatte, weil sie einen "falschen Ansatz" verfolge und die sozialversicherungsrechtliche Absicherung nicht schaffe. Er forderte ein zeitgemäßes Gesetz zur Absicherung von KünstlerInnen und erinnerte an den entsprechenden Vorschlag seiner Fraktion einer monatlichen Zahlung von 900 €. "Erschüttert" zeigte sich der Redner über den zugrunde gelegten Kunstbegriff; die Anknüpfung bei der "Qualität" bzw. beim Wert der Kunst sei "peinlich".

Künstler dürften nicht in die Rolle von Bittstellern gedrängt werden, konstatierte Bundesrätin HLADNY (S). Die Novelle beurteilte sie als "großen Schritt in die richtige Richtung", weil damit eine echte soziale Unterstützung erfolge, ohne dass den Ländern daraus Mehrkosten erwüchsen. Außerdem würde ein Beitrag zur leichteren Vereinbarkeit von Familie und künstlerischem Beruf geleistet.

Bundesrat KAMPL (oF) wandte sich gegen den Vorschlag der Grünen, weil dies bedeuten könnte, dass den ausgezahlten 900 € keine Leistung gegenüberstehen müsse. Berühmte Künstler – Kampl nannte u.a. Mozart, Klimt, Schiele und Nitsch – hätten viel für die Reputation Österreichs getan. Er selbst versuche als Bürgermeister zu helfen, sagte Kampl und bekannte sich dazu, dass Künstler ein Einkommen haben sollten.

Die Vorlage bringe Verbesserungen, betonte Bundesrat MAYER (V), und Förderung im notwendigen Ausmaß. Die von den Grünen vorgeschlagene Förderung in Höhe von 900 € sei kein gangbarer Weg, weil sie – etwa im Blick auf die geplante Mindestsicherung – eine Ungleichbehandlung bedeutete. Mayer räumte aber ein, dass die Grenze von 313 € monatlich zu tief liege. Bisher seien zur Absicherung der KünstlerInnen 30 Mill. € ausgegeben worden – die von den Kabel- und Satellitenbetreibern kämen -, und das sei "kein Pappenstiel", betonte der Bundesrat.

Bundesrat Dr. SPIEGELFELD-SCHNEEBURG (V) begrüßte die Novelle als gut, richtig und vorbildlich und erwartete sich davon eine verbesserte soziale Absicherung der Kunstschaffenden. Besonders positiv beurteilte der Redner die Finanzierung über eine Fondskonstruktion.

Bundesministerin Dr. SCHMIED zeigte sich erfreut, dass nunmehr die Härtefälle im Rahmen der Künstler-Sozialversicherung der Vergangenheit angehören, und stellte fest, sie habe damit ein großes politisches Ziel erreicht, ohne das Kunstbudget zusätzlich zu belasten. Das Thema der Grundsicherung sei allerdings mit diesem Gesetz nicht lösbar, gab sie zu bedenken.

Bei der Abstimmung wurde gegen den Beschluss mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

In der Debatte über das Gesundheitsberufe-Rechtsänderungsgesetz 2007 und die Änderung des Arzneimittelgesetzes und des Arzneiwareneinfuhrgesetzes kritisierte Bundesrätin MÜHLWERTH (oF) die Regelung der 24-Stunden-Betreuung grundsätzlich als Flickwerk und hielt insbesondere die Ausweitung der Befugnisse für überzogen. Unverständlich sei es, meinte sie, dass nun Betreuer viele Dinge übernehmen können, die Heimhilfen hingegen nicht tun dürfen. Mit Nachdruck forderte sie überdies eine Streichung der Vermögensgrenze, wobei sie für eine bundeseinheitliche Regelung eintrat.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) sprach im Gegensatz zu seiner Vorrednerin von einer kompakten Lösung, die die Inanspruchnahme von Pflege auf korrekte Beine stellt. Sollte hier noch irgendetwas nachzubessern sein, dann werde es dieser Regierung auch sicher gelingen, war Schimböck überzeugt.

Bundesrat KAMPL (oF) beklagte ein Kompetenzwirrwarr im Gesundheitswesen, bei dem die linke Hand nicht wisse, was die rechte tut. Er erinnerte an die Kritik des Rechnungshofs und forderte Einsparungen, insbesondere eine Anpassung der Spitalsbettendichte an EU-Standards, sowie Reformen bei den Gebietskrankenkassen.

Bundesrat MAYER (V) wies die Kritik Mühlwerths an der 24-Stunden-Pflege zurück. Tausende Menschen, die enorm wichtige Betreuungstätigkeiten übernehmen, würden nun aus der Illegalität herausgenommen und erhalten damit die Möglichkeit der sozialen Absicherung, betonte er. Die Zahl der Anmeldungen zeige darüber hinaus, dass sich in diesem Bereich "doch etwas tut". Oberste Priorität maß Mayer der Qualität der Betreuung bei. Wenn medizinisch-pflegerische Tätigkeiten delegiert werden sollen, dann seien die Hausärzte in die Entscheidung einzubinden, unterstrich er. Mit Nachdruck deponierte der Redner im Rahmen seiner Wortmeldung weiters die Forderung nach einer Erhöhung des Pflegegelds.

Bundesministerin Dr. KDOLSKY begrüßte die gute Zusammenarbeit mit dem Sozialressort bei der gesetzlichen Regelung der 24-Stunden-Betreuung. Aus ihrer Sicht als Gesundheitsministerin und Ärztin trat sie für eine klare Unterscheidung von Betreuung und Pflege ein und wies überdies auf den Umstand hin, dass 80 % der zu Betreuenden von ihren Familienangehörigen betreut werden. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben und auf Pfleger zurückgreifen müssen, sei es wichtig, dass diese Pflege nun legalisiert wird. Mit Nachdruck betonte Kdolsky, es werde durch die vorliegende Regelung kein neuer Berufsstand eröffnet, gehe es doch in erster Linie darum, die Unterstützung etwa im Bereich der Hygiene und der Nahrungsaufnahme auf gesetzliche Beine zu stellen. Die Regierung habe die Bedürfnisse der Bevölkerung erkannt und rasch darauf reagiert.

Bundesrat BREINER (G) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an und forderte für die Zukunft Hilfestellungen für Familienmitglieder, insbesondere Frauen, die Familienangehörige pflegen. Auch trat er für eine Standardisierung der Pflegeausbildung ein. Klar war für Breiner, dass Pflege immer Teamarbeit sein müsse.

Bei der Abstimmung wurde gegen das Gesundheitsberufe-Rechtsänderungsgesetz mehrheitlich und gegen die Änderung des Arzneimittelgesetzes einhellig kein Einspruch erhoben.

Bundesrätin HLADNY (S) führte im Zusammenhang mit der Änderung des Hebammen- und Zahnärztegesetzes aus, die Regierungsvorlage bringe ein einheitliches, flexibleres und transparenteres System in Bezug auf die Anerkennung von Berufsausbildungen im Gesundheitsbereich. Die SPÖ werde der Vorlage daher zustimmen. Auch die BundesrätInnen DIESNER-WAIS (V) und BREINER (G) kündigten die Zustimmung zur Gesetzesvorlage an, wobei Diesner-Wais insbesondere auf die erhöhte Rechtssicherheit verwies.

Einstimmig kein Einspruch.

In der Debatte über das Protokoll mit Tschechien zur Änderung des Abkommens zur Regelung von Fragen gemeinsamen Interesses im Zusammenhang mit der nuklearen Sicherheit und dem Strahlenschutz betonte Bundesrätin KERSCHBAUM (G), die Grünen würden der vorliegenden Änderung des Nuklearabkommens mit Tschechien nicht zustimmen. Das Abkommen könne das Melker Abkommen nicht ersetzen, bekräftigte sie, schließlich sei nicht nur ein verbesserter Informationsaustausch notwendig, sondern etwa auch eine Verbesserung der Sicherheitsstandards. Die von Tschechien erhoffte "Ruhe" durch die Ausweitung der Informationspflichten sei daher nicht angebracht.

Massive Kritik übte Kerschbaum an der Anti-Atom-Politik der Regierung. Ihrer Ansicht nach ist die Abkehr vom bisherigen Weg nicht zuletzt dadurch begründet, dass Österreich selbst immer mehr Atomstrom importiere. Als generellen Angelpunkt sieht Kerschbaum, wie sie sagte, die Haftungsfrage. Würde man Atomkraftwerke so wie Autos versichern müssen, wäre Atomstrom unfinanzierbar, glaubt sie.

Bundesrat KONECNY (S) warf Kerschbaum eine "Aneinanderreihung von unzutreffenden Behauptungen" vor. Die Renaissance der Kernenergie in vielen europäischen Staaten sei zwar eine bedauerliche Entwicklung und führe dazu, dass Österreich mit seiner Atni-Atom-Politik international ziemlich isoliert dastehe, meinte er. Er glaube aber nicht, dass man mit Grenzblockaden und "ständiger Hochschaukelung" irgendetwas erreichen könne. "Kraftmeierei" habe noch nie zu Erfolg geführt. Vielmehr könne man, so Konecny, nur versuchen, ein Höchstmaß an Information zu bekommen.

Konecny sprach sich in diesem Sinn für eine Fortführung des Melker Prozesses aus. Der fortgesetzte Dialog mit Tschechien habe immerhin dazu geführt, dass die tschechische Seite ihre Informationsblockade aufgegeben habe, hielt er fest. Das vorliegende Abkommen gehe weit über das bisherige Abkommen hinaus. Als "verhängnisvoll" wertete Konecny "Diffamierungskampagnen" mancher Medien gegen Tschechien.

Bundesrat KAMPL (oF) führte aus, er werde dem vorliegenden Abkommen nicht zustimmen. Gleichzeitig forderte er Tschechien auf, das Melker Abkommen einzuhalten. Die "Kraftmeierei" komme von Seiten Tschechiens, nicht von Österreich, bekräftigte er. Vehemente Kritik übte Kampl in diesem Zusammenhang an Aussagen des tschechischen Außenministers Karl Schwarzenberg. Er appellierte an Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer, die österreichische Bevölkerung zu verteidigen und Schwarzenberg "in die Schranken zu weisen".

Bundesrat Dr. SPIEGELFELD-SCHNEEBURG (V) schloss sich den Ausführungen von Bundesrat Konecny "vollinhaltlich" an und wies die Kritik von Bundesrat Kampl an Schwarzenberg zurück. Österreich müsse mit dem Nachbarn in partnerschaftlicher Weise umgehen, mahnte er. Es sei der Sache nicht zuträglich, "mit Populismus Ängste zu schüren". Durch "Großmannssucht" und "besserwisserische" Bevormundung werde kein Atomkraftwerk sicherer.

In einer zweiten Wortmeldung bekräftigte Bundesrätin KERSCHBAUM (G), sie habe in keiner Weise Tschechien oder die tschechische Bevölkerung diffamiert. Für den österreichischen Standpunkt um Sympathie und um Verständnis zu werben, wertete sie als zu wenig, vielmehr ist es ihrer Ansicht nach dringend notwendig, den Import von Atomstrom zu stoppen.

Umweltminister DI PRÖLL meinte, grundsätzlich sei den Ausführungen von Bundesrat Konecny nichts mehr hinzuzufügen. Er verstehe nicht, warum die Grünen die Gespräche mit Tschechien verlassen hätten und gegen die Änderung des Informationsabkommens stimmten, sagte er, schließlich schaffe das Abkommen eine qualitative Verbesserung in der gegenseitigen Information und sei damit auch eine wichtige Basis für die Stärkung des gegenseitigen Vertrauens.

Pröll machte darüber hinaus geltend, dass Österreich auf eine nationale Energiehoheit innerhalb der EU bestehe. Damit müsse es aber auch akzeptieren, dass andere Länder auf Atomkraft setzen, konstatierte er. Österreich könne nur auf maximale Sicherheit drängen und Alternativen anbieten. Wer für mehr Ökostrom eintrete, müsse im Übrigen auch bereit sein, die "Teuerung für Haushalte" mitzutragen, forderte Pröll.

Gegen die Änderung des Nuklearabkommens mit Tschechien erhob der Bundesrat mit Stimmenmehrheit keinen Einspruch.

Im Zusammenhang mit der AWG-Novelle Batterien kündigte Bundesrätin KERSCHBAUM (G) die Ablehnung der Gesetzesnovelle durch die Grünen an. Es sei zwar sinnvoll, auch für Batterien ein Sammelsystem einzuführen, unterstrich sie, das vorgesehene System genüge aber nicht allen Anforderungen. Kerschbaum glaubt nicht, dass die Sammlungs- und Verwertungsquote von Batterien dadurch künftig erhöht wird. Insbesondere bedauerte sie, dass keine Strafen für das Nichterreichen der Sammlungsquote vorgesehen seien. Außerdem fürchtet sie, dass Schlupflöcher gefunden werden könnten. Generell sieht Kerschbaum mehrere Bereiche im Abfallwirtschaftsgesetz ungelöst.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) bewertete die gegenständliche Umsetzung der EU-Richtlinie als besonders wichtig, zumal davon im gesamten EU-Raum 800 t Autobatterien, 190 t Industriebatterien und 160 t Gerätebatterien betroffen sind. Dazu kommen besonders gefährliche Giftstoffe. Der Bundesrat bekräftigte die Notwendigkeit, in diesem sensiblen Bereich die Gemeinwirtschaft einzusetzen, da aufgrund unzureichender Entsorgung zahlreicher privater Anbieter vieles aus dem Ruder gelaufen sei. Obwohl die Gemeinden schon viel Belastung zu tragen hätten, sei die Abfallverwertung dort in guten Händen, sagte er. Schimböck nannte die Linz AG als positives Beispiel. Am Ende seiner Ausführungen warb er dafür, parallel zur technischen Richtlinie ein pädagogisches Konzept zu entwerfen und den Gedanken der Abfallwirtschaft in den Unterricht einfließen zu lassen.

Bundesrat MITTERER (oF) kündigte an, die Novelle zum Abfallwirtschaftgesetz abzulehnen. Vor allem müssten Umweltentlastungsprogramme auch leistbar sein, fügte er kritisch hinzu und wies auf die allgemeine Teuerung hin. In Erinnerung an einen dem Nationalrat vorliegenden Entschließungsantrag des BZÖ griff er die Monopolstellung der ARA an und forderte, dieser entgegenzuwirken. Eine Öffnung sei deshalb notwendig, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen, denn nur dieser würde sich positiv auf den Preis niederschlagen.

Bundesrat PREINEDER (V) bezeichnete die Novellierung als konsequente Fortsetzung des österreichischen Wegs als Umweltland. Das in dem Gesetz neu geregelte Sammelsystem für Batterien und Akkus sowie die Änderung des Deponierechts mit dem Ziel des Bürokratieabbaus stelle eine sensible Materie dar. Es werde nie eine hundertprozentige Lösung geben, räumte er ein, aber mit der vorliegenden Regelung werde einmal mehr Politik mit Augenmaß umgesetzt.

Bundesrat PREINER (S) betrachtete die Vorlage als einen Fortschritt, obwohl er, wie er bemerkte, nicht mit allem, wie die Abfallwirtschaft in der Praxis laufe, einverstanden sei. Er hielt es auch für Wunschdenken, dass alle Batterien eines Tages gesammelt und wiederverwertet werden. Realistisch seien 25 bis 45 % des durchschnittlichen Absatzes. Als einen Wermutstropfen empfand Preiner die Frist bis 2016 zur Umsetzung innerhalb der EU. Er ersuchte den Minister, das Datenmaterial für die Sammlung von Autobatterien zu aktualisieren, und forderte von der Wirtschaft ein, die Konsumentinnen und Konsumenten über das kostenlose Rückgaberecht zu informieren. Preiner ging in weiterer Folge auf die Sammlung von Problemstoffen im Burgenland ein und betonte, dass diese gut funktioniere. Wenn man der Infrastruktur nun neue Aufgaben aufbürde, brauche man auch eine zweckgebundene Ausgleichszahlung, stellte er fest und forderte darüber hinaus einen fairen Wettbewerb zwischen den einzelnen Sammlungs- und Verwertungssystemen. Preiner übte in diesem Zusammenhang ebenfalls Kritik an der Monopolstellung der ARA.

Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP wurde gegen die Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002 kein Einspruch erhoben.

Bundesrätin KONRAD (G) fasste den Inhalt der Änderung des Übereinkommens von Aarhus über den Zugang zu Informationen auf drei Punkte zusammen: es regle den Zugang zur Umweltinformation, die Beteiligung bei umweltrelevanten Genehmigungen und den Rechtsschutz. Insbesondere begrüßte sie, dass die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen nun in das Übereinkommen mit einbezogen werde, wobei, so bedauerte sie, aber in diesem Fall keine Rechtsdurchsetzung vorgesehen sei. Sie übte allgemein Kritik daran, dass in Österreich die dritte Säule des Übereinkommens, nämlich die Rechtsdurchsetzung, noch nicht voll umgesetzt sei. Vor allem forderte sie Unterstützungsmaßnahmen für den Gang zu Gericht, zumal bei Umweltverfahren die finanziellen Belastungen durch teure Gutachten sehr hoch sind.

Bei der Abstimmung wurde die Änderung des Übereinkommens auch vom Bundesrat einstimmig genehmigt.

Bundesrätin KONRAD (G) meinte eingangs in der Debatte zum Abkommen mit der Schweiz über die Nutzbarmachung des Inn und seiner Zuflüsse im Grenzgebiet, die bilaterale Nutzung von Wasserkraft sei grundsätzlich zu begrüßen. Dennoch müsse man sich gerade das Projekt im Oberen Inntal genau anschauen, zumal seitens des WWF, aber auch von Bürgerinitiativen rund 2.500 Einwendungen eingebracht worden seien. Unter den zahlreichen Kritikpunkten nannte Konrad vor allem die Tatsache, dass der Inn in den letzten Jahrzehnten massiv verbaut worden ist, was bereits zu einer starken Reduktion des Fischbestandes geführt habe. Jede weitere Verbauung stelle somit einen nicht vertretbaren Eingriff in die Flusslandschaft dar. Das Kraftwerksprojekt entspreche auch nicht dem von der Tiroler Landesregierung beschlossenen "Masterplan Inn", der bis 2010 umgesetzt werden soll. Außerdem rechne der WWF mit einem Absinken des Grundwasserspiegels. Wasserkraftwerke seien nur dann zu befürworten, wenn die ökologischen Bedenken und die Bedenken der Bevölkerung ausgeräumt sind, betonte Konrad. Außerdem seien bereits 80 % der Flüsse in Österreich verbaut. Es sei nicht sinnvoll, den erhöhten Strombedarf mit mehr Kraftwerken zu beantworten. Vielmehr sei ein Umdenken gefordert in Richtung mehr Energieeffizienz und alternativer Energieproduktion. Heftige Kritik übte die Rednerin an der TIWAG, die ihrer Meinung nach mit ihren Pumpkraftwerken weniger die Stromversorgung als vielmehr den Gewinn im Auge habe.

Bundesrat KONECNY (S) bezeichnete dem gegenüber das Abkommen als vernünftig. Es regle schwierige Rechtsfragen im Zusammenhang mit einem potenziellen Kraftwerk, sagte er. Seiner Vorrednerin hielt er entgegen, sie habe nur eine punktuelle Betrachtungsweise geboten. Man brauche jedoch eine Gesamtschau der energiewirtschaftlichen Situation. Man könne auch nicht gleichzeitig von Energieeinsparungen und der Forcierung von Elektroautos sprechen, meinte er weiters in Richtung der Grünen. Konecny nahm auch die Politik der TIWAG in Schutz, denn man brauche die Pumpstationen, zumal es Produktionsspitzen gebe, denen kein entsprechender Verbrauch gegenüberstehe. Er bekräftigte schließlich auch sein Vertrauen auf die Rechtsordnung, die sicher stellen werde, dass allfällige Ergebnisse eines Genehmigungsverfahrens für ein Kraftwerk in die Entscheidung einfließen werden.

Bundesrat WEISS (V) wies ebenfalls auf die schwierigen rechtlichen Verhandlungen zu diesem Übereinkommen hin. An die Adresse der Grünen hielt er fest, dass von keinem einzigen Bundesland, auch nicht von Tirol, ein Einwand gekommen ist. Er machte auch darauf aufmerksam, dass der Verzicht auf Atomstrom durch Solar- und Windenergie bzw. durch andere Alternativenergien nicht kompensiert werden könne. Beim Bau neuer Kraftwerke brauche man eine Güterabwägung, denn selbstverständlich stelle ein Wasserkraftwerk einen Eingriff in die Natur dar. Forderungen nach umweltrelevanten Verbesserungen würden Gegenstand des Genehmigungsverfahrens sein und das werde in einer rechtsstaatlichen Form abgewickelt, zeigte auch er sich überzeugt. In diesem Zusammenhang zitierte er auch den Artikel 5 des Abkommens, in dem die Berücksichtigung ökologischer Aspekte festgeschrieben ist. Würde man das Abkommen ablehnen, so würde man dem Genehmigungsverfahren und der Abwägung die rechtliche Grundlage entziehen, bemerkte Weiss. Was die TIWAG betrifft, so schloss er sich Bundesrat Konecny an und bemerkte, dass beispielsweise bei Bedarf Windkraftwerke in Norddeutschland auf die Stromüberschüsse der TIWAG zurückgriffen.

Staatssekretär Dr. WINKLER erläuterte, der gegenständliche völkerrechtliche Vertrag sei ein Ermächtigungsabkommen. Gebe es diesen nicht, so könnte es auch keine Genehmigungsverfahren geben. Ein wesentlicher Aspekt für die lange Verhandlungsdauer seien nach dem EU-Beitritt Österreichs steuerrechtliche Fragen gewesen. Man habe daher die Zustimmung der Kommission einholen müssen, und dies sei erst im vergangenen Jahr erfolgt.

Der Bundesrat, der im Fall des vorliegenden Abkommens über ein Zustimmungsrecht verfügt, stimmte diesem mehrheitlich zu; lediglich die Grüne Fraktion war dagegen.   

Bundesrat KONECNY (S) lobte die Qualität des Außenpolitischen Berichts 2006, den er als gute Grundlage für die politische Arbeit würdigte. Besonderes Augenmerk legte der Redner auf die Länderinformationen des Berichts, die sich auf die bilateralen Beziehungen konzentrierten und so ein gutes Bild der Intensität der Kontakte gäben. Er könne allen Kolleginnen und Kollegen nur empfehlen, sich ein Brett anzuschaffen, um auch in Hinkunft diese unentbehrliche Grundlage für die heimische Außenpolitik sammeln zu können.

Der Redner setzte seine Ausführungen mit Betrachtungen zur Zukunft des Balkan und dabei insbesondere über die Lage in Serbien fort, wo er meinte, dass die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo die dortigen Probleme nicht gelöst habe. Man müsse daher klarmachen, dass man auf der Seite der demokratischen Kräfte stehe und jeder Form von nationalistischer Haltung eine Absage erteile. Wünschenswert wäre ein Balkan, der sich vollständig in Europa integriere, und darauf sollte man politisch hinwirken. Schließlich schloss Konecny mit Ausführungen zum Thema UN-Einsätze, dabei vor allem auf die Fragen Tschad und Darfur eingehend.

Bundesrat AGER (V) befasste sich gleichfalls mit der österreichischen Balkanpolitik, diese dabei einer Bilanz unterziehend. Sodann ging der Redner auf die Entwicklungszusammenarbeit ein und würdigte das verdienstvolle Wirken des Außenministeriums, dessen weltweite Tätigkeit vorbildlich sei. Schließlich dankte er der Außenministerin und ihrem Team für diesen hervorragenden Bericht.

Bundesrätin KONRAD (G) lobte die heimische Außenkulturpolitik, die eine wichtige Visitkarte für Österreich sei. Anschließend thematisierte sie die so genannte Visa-Affäre, wo sie eine schnelle und umfassende Klärung der Angelegenheit einmahnte. Weiters forderte sie einen stärkeren Fokus auf die Entwicklungszusammenarbeit, um sich schließlich mit Österreichs Antiatompolitik zu beschäftigen, woran sie Gedanken zur Zukunft der EU anschloss. Es griffe zu kurz, zu glauben, dass sich die Lage in Serbien von selbst wieder entspannen werde. Hier müsse man auch auf Serbien zugehen, um der dortigen Bevölkerung eine konkrete Perspektive zu bieten.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S) setzte sich gleichfalls mit der Zukunft der EU auseinander und ging dabei vor allem auf die Rolle Österreichs in der EU ein. Insbesondere stelle sich die Frage, ob es der EU gelingen werde, ihr Konzept der sozialen Marktwirtschaft gegen die ökonomischen Mitbewerber wie China, Japan oder die USA zu behaupten. Innerhalb der Union sei es wichtig, auf einander zuzugehen, was vor allem für Österreichs Verhältnis zu Tschechien gelte. Besonderen Dank sprach Schimböck dann den Außenhandelsdelegierten aus, welche die heimische Wirtschaft im Ausland optimal betreuten.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V) verteidigte die Vorgangsweise Österreichs gegenüber Serbien und ging dann auf den Einsatz im Tschad ein, dabei auch das Thema Entwicklungszusammenarbeit aufgreifend. Schließlich zog der Redner eine positive Bilanz des österreichischen EU-Vorsitzes 2006, dabei nochmals an die seinerzeitigen Initiativen Österreichs erinnernd. Diese Aktivitäten bewiesen auch, wie wichtig das Staatssekretariat im Außenministerium sei, resümierte der Redner, der sich am Ende dem Dank für dieses überaus brauchbare Nachschlagewerk anschloss.

Bundesrat KAMPL (oF) räumte ein, Österreich habe von seinem EU-Beitritt profitiert, fügte aber hinzu, auch die EU habe vom Beitritt des Nettozahlers Österreich großen Nutzen gezogen. Es werde aber zu wenig über die Grundsätze und Ziele der europäischen Integration diskutiert, meinte Kampl, was wichtig wäre, weil die Bevölkerung nur durch ausreichende Information Vertrauen in die EU entwickeln könne. Skepsis äußerte Bundesrat Kampl weiterhin gegenüber dem Tschad-Einsatz des Bundesheeres. Der Redner warnte vor einem bewaffneten Konflikt und problematisierte diesen Einsatz auch mit neutralitätspolitischen Argumenten.

Bundesratspräsident Helmut KRITZINGER berichtete den Bundesräten von seiner Reise zum italienischen Senat in Rom, wo sein Amtskollege Martini Respekt vor der Arbeit des Bundesrates gezeigt und den Wunsch nach einer Art "Länderkammer" in Italien geäußert habe. Hintergrund dieser Einschätzung seien die Probleme in der italienischen Gesetzgebung wegen der unterschiedlichen Mehrheitsverhältnisse in den beiden Kammern des italienischen Parlaments.

Staatssekretär Dr. WINKLER wies die Ansicht zurück, es würde über die Köpfe der Menschen hinweg entschieden, wenn das österreichische Parlament den Europäischen Reformvertrag von Lissabon ratifiziere. Der Staatssekretär gab ein Bekenntnis zur repräsentativen Demokratie ab und erinnerte im Detail an die umfassenden Diskussionen, die im Verfassungsausschuss über die EU-Reform abgehalten wurden. Es gebe keinen einzigen Verfassungsrichter, der meine, dieser Vertrag müsste obligatorisch einer Volksabstimmung unterworfen werden. Dieser Vertrag bringe keine Gesamtänderung der Bundesverfassung mit sich, hielt Staatssekretär Winkler fest.

Die Balkanregion sei nicht nur eine Schwerpunktregion der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, Österreich sei in der EU auch der Bannerträger für die europäische Perspektive der Balkanländer. Dabei gehe es nicht um Geschenke oder abgekürzte Wege, sondern um Hilfe für diese Staaten, die EU-Aufnahmebedingungen zu erfüllen. Die Anerkennung der Unabhängigkeit des Kosovo hielt Winkler für richtig und meinte, Serbien sollte deswegen nicht seine europäische Perspektive aus dem Auge verlieren. In diesem Zusammenhang informierte der Staatssekretär über Visa-Erleichterungen für Serben. Das Ziel müsse es sein, den Menschen in der erweiterten Nachbarschaft Bewegungsfreiheit in Europa zu geben.

Eine Absage erteilte Staatssekretär Winkler der Ansicht, ein EU-Vorsitzland könnte oder sollte nationale Interessen durchsetzen, das gelte auch für den Anti-AKW-Standpunkt Österreichs. Österreich trete aber dafür ein, Forschungsgelder nicht für den Ausbau der Nuklearwirtschaft, sondern für deren Sicherheit einzusetzen.

Die Tschad-Mission sei eine Friedensmission wie viele andere auch, sie diene konkret zur Sicherung von Flüchtlingswegen und -lagern. Dieser humanitäre Einsatz berühre die Neutralität nicht, es werde nicht in einen Konflikt eingegriffen. Die betroffenen Menschen und die dort tätigen NGOs danken den österreichischen Soldaten für ihr Engagement, teilte der Staatssekretär mit.

In der Entwicklungszusammenarbeit habe die Entschuldung zuletzt große Bedeutung erlangt, sagte der Staatssekretär und bekannte sich zu den Anstrengungen, um die Ziele beim Ausbau der Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen. Sowohl in der bilateralen als auch in der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit wurden jedenfalls bedeutende Fortschritte erzielt.

Die EU ist sicher noch keine Sozialunion, der Vertrag von Lissabon bringe aber jedenfalls mehr Demokratie und mehr soziale Rechte der europäischen Bürger. Diesen Vertrag nicht zu ratifizieren, würde einen dramatischen Rückschritt für die Demokratie und die Entwicklung zu einer Sozialunion bedeuten.

Abschließend berichtete der Staatssekretär von den hervorragenden Informationsveranstaltungen zum Thema EU-Reform, klagte aber, wie schwer es sei, mit den EU-Skeptikern ins Gespräch zu kommen. Hier sah der Staatssekretär eine Aufgabe der Abgeordneten und Bundesräte, in ihren Wahlkreisen für Information über Europa zu sorgen.

Wie Bundesrätin KONRAD (G) in einer zweiten Wortmeldung präzisierte, sehe sie das Erreichen der Entwicklungszusammenarbeitsziele deshalb in Gefahr, weil die zuletzt gestiegenen und in das EZA-Budget eingerechneten Mittel zur Entschuldung in den nächsten Jahren zurückgehen werden.

Die Kenntnisnahme des Berichts erfolgte mehrheitlich.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) besprach im Rahmen der Debatte über die Änderung des Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetzes 1982 das Pipeline-Projekt Nabucco sowohl politisch als auch energiewirtschaftlich. Die Abhängigkeit vom Gasimport aus Russland sei ungünstig, eine zusätzliche Abhängigkeit von der Türkei und dem Iran mache das aber nicht besser. Statt neue Abhängigkeiten zu schaffen, sollte man auf erneuerbare Energieträger setzen. Dass diese teuer seien, sollte nicht vergessen lassen, dass der Gaspreis an den weiter steigenden Ölpreis gekoppelt sei. Kerschbaum hielt es für möglich, in der Energieversorgung zu 100 % unabhängig zu werden. Wichtig sei die thermische Sanierung des Wohnbaus und öffentlicher Gebäude - hier herrsche ebenso großer Nachholbedarf wie im Verkehrssektor. Ökostrom bedeute jedenfalls nicht Großwasserkraft, sondern Windkraft, Biomasse und Sonnenenergie, hielt die Bundesrätin fest.

Bundesrat MÜHLWERTH (oF) hielt den Wunsch, in der Erdgasversorgung von Russland unabhängig zu werden, für nachvollziehbar, merkte aber an, dass die Region, aus der das Nabucco-Gas kommen soll, nicht sicher sei. Zudem führe die Pipeline durch die Türkei, was diesem Land ein Druckmittel für einen EU-Beitritt der Türkei in die Hand gebe. Auch wenn es nicht möglich sei, alle fossilen Energieträger durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen, sprach sich die Rednerin für den Ausbau erneuerbarer Energieträger aus und drängte auf Investitionen in die Verbesserung der Energieeffizienz.

Staatssekretärin MAREK gab zu bedenken, man könne sich die Herkunftsländer für Gasimporte nicht aussuchen. Nabucco sei unverzichtbar, weil der Gasverbrauch in den kommenden Jahrzehnten stark weitersteigen werde. Diese Pipeline werde über die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn nach Baumgarten in Niederösterreich führen. Österreich brauche zudem eine höhere Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energieträger, könne aber nicht auf zusätzliche fossile Energie verzichten, zeigte sich die Staatssekretärin überzeugt. Schließlich informierte die Staatssekretärin über einen Masterplan für den Ausbau der Wasserkraft.

Bundesrat KAMPL (oF) hielt es für wichtig, die Erfüllung der Vorratsverpflichtungen bei Erdölprodukten genau zu kontrollieren. Für positiv erachtete der Redner die Ausdehnung der Reservehaltung auf Biokraftstoffe und die Einbeziehung von Tanklagern in Triest in die österreichische Vorratshaltung.

Gegen das Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz erhob der Bundesrat mit Mehrheit keinen Einspruch und erteilte seine Zustimmung mit der verfassungsgesetzlich erforderten Mehrheit. - Der Gesetzesbeschluss betreffend Erdöl-Pipeline Nabucco passierte den Bundesrat ohne Einspruch.

Nächster Tagesordnungspunkt: das Mietrechtliche Inflationslinderungsgesetz.

Bundesrat EINWALLNER (S) bekannte sich dazu, die Bevölkerung bei den Wohnungskosten zu entlasten. Bedauerlicherweise seien die Betriebskosten zu einer Art "zweiter Miete" angewachsen, insbesondere auch wegen der gestiegenen Energiekosten. Konkret werde nun dafür gesorgt, dass die Mieten künftig nicht nach dem Dezemberindex, der meist höher liege als der Jahresdurchschnitt, angehoben werden, sondern nach Maßgabe der Jahresinflation. Davon werden Altbaumieter profitieren, indirekt aber auch die Genossenschaftsmieter, deren Mieten analog zu den anderen Mieten angepasst werden. Der Bundesrat spricht von einer guten Lösung im Interesse der Mieter. Im Rahmen der großen Mietrechtsreform werde es um weitere Verbesserungen im Interesse der Mieter zu kommen. Wohnungen müssen durch gerechte Mietpreiserhöhungen leistbar bleiben, schloss Einwallner.

Bundesrätin Mag. EIBINGER (V) erinnerte an die Initiative der Jungen ÖVP "Erste Wohnung leistbar machen" und gab zu bedenken, dass die drastisch gestiegenen Wohnkosten vor allem junge Menschen belasten. Den vorliegenden Beschluss begrüßte sie als Beitrag, die Inflation nachhaltig zu bekämpfen, wobei sie meinte, dies sei sinnvoller als bloß einmal einen Geldbetrag auszuschütten, der keinerlei Nachhaltigkeit hat.

Bundesrätin KONRAD (G) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion an, verbuchte es aber als Wermutstropfen, dass Kategoriemieten von der Maßnahme nicht betroffen sind.

Justizministerin Dr. BERGER sah das Gesetz als ersten Schritt, dem noch weitere folgen werden. Geplant seien in diesem Sinne die Begrenzung der Maklergebühren, eine Reform der Vergebührung der Mietverträge sowie eine Mietrechtsgesetznovelle im Herbst, bei der die Anpassungen auch für Kategoriemieten zum Tragen kommen sollen.

Bei der Abstimmung wurde einhellig kein Einspruch erhoben.

Auch die Änderung des Bauträgervertragsgesetzes wurde nicht beeinsprucht. (Schluss)


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