Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 02.04.2008

Erinnerungszuwendung für Widerstandskämpfer und Nazi-Opfer angenommen

Sozialausschuss debattiert über Arbeitsschwerpunkte der Kommission

Wien (PK) - Die Mitglieder des Sozialausschusses befassten sich in ihrer Sitzung mit einem Bericht des Sozialministers betreffend Jahresvorschau 2008 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission sowie des Achtzehnmonatsprogramms des Rates (III-128 d.B. und Zu III-128 d.B.), der mit S-V-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen und zugleich einer Enderledigung zugeführt wurde, mit einer – gegen die Stimmen der FPÖ angenommenen - einmaligen Zuwendung für Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich sowie mit einer einhellig verabschiedeten Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes und einer Reihe oppositioneller Anträge, die entweder abgelehnt oder einem anderen Ausschuss zugewiesen oder vertagt wurden.

Arbeitsschwerpunkte der Kommission im Bereich Sozialpolitik

Dem Bericht zur Jahresvorschau 2008 ist zu entnehmen, dass für 2008 Fragen wie Wachstum und Beschäftigung, Klimawandel/Energie, Steuerung der Migration, die Interessen der Bürger und Europa als Partner der Welt im Mittelpunkt stehen werden. Darüber hinaus wird die EK die Initiative "opportunities, access und solidarity: towards a new social vision for 21st century Europe" starten und eine Mitteilung betreffend "Hochqualitative Pflege für Ältere und Vorbeugung vor Missbrauch älterer Menschen" sowie über ein Follow-up des Europäischen Jahres für Chancengleichheit 2007: Zukunft der Politik der Nichtdiskriminierung und zum Thema Bedürfnisse einer älteren Population annehmen.

Die slowenische Präsidentschaft wird - das ist dem Bericht zu entnehmen - u.a. im Bereich Demographie die laufenden Arbeiten fortsetzen, wobei der Schwerpunkt auf den Beziehungen zwischen den Generationen, auf der intergenerationellen Solidarität und der Langzeitpflege liegen wird. Die EK plant für März 2008 die Annahme einer Mitteilung betreffend Qualität der Dienstleistungen für ältere Menschen und Schutz gegen Misshandlung/Gewalt sowie eine ExpertInnenkonferenz hiezu.

Ergänzend zum Bericht teilte Sozialminister Erwin Buchinger mit, dass die Integrierten Leitlinien für Wachstum und Beschäftigung auslaufen, dass es lange Debatten im Vorfeld über die Entwicklung der sozialen Dimension gebe und sich Österreich dafür ausgesprochen habe, die soziale Dimension stärker zu betonen, weil Wachstum und Beschäftigung wichtige Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung und Verbesserung des sozialen Schutzes seien. Buchinger, der für eine zusätzliche sozialpolitische Leitlinie eingetreten sei, bedauerte, dass diese nicht zustande kommt, meinte aber gleichzeitig, die stärkere Betonung der sozialen Dimension stelle eine Verbesserung dar. Die Beratungen über eine endgültige Beschlussfassung im Mai werden fortgesetzt.

Kampf gegen Armut – mit besonderer Berücksichtigung der Kinderarmut - sei laut Buchinger ein wichtiges Thema der slowenischen, aber auch der französischen Präsidentschaft; die französische Präsidentschaft plane laut Minister Buchinger für Oktober einen "Runden Tisch" mit den EU-Sozialministern zur Förderung der sozialen Eingliederung.

Das Jahr 2010 wird zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung erklärt werden; die formale Annahme werde voraussichtlich unter den französischen Vorsitz fallen.

In der Debatte schnitt B-Abgeordnete Ursula Haubner die Mitteilung über die hochqualitative Pflege für Ältere und Vorbeugung vor Missbrauch älterer Menschen an, erkundigte sich nach den Schwerpunkten des nationalen Strategieplanes und hinterfragte die Expertengruppe zum Thema Demographie sowie die gegenseitige EU-weite Anerkennung von Parkausweisen von Menschen mit Behinderungen.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) sprach den Vorschlag der Kommission zur Bekämpfung von Diskriminierungen außerhalb der Arbeitswelt an und wollte wissen, inwieweit Österreich hierbei eine Vorreiterrolle spiele.

Ihr Fraktionskollege Abgeordneter Karl Öllinger bemängelte, dass der Sozialminister, wenn er von einem Ratstreffen zurückkehre, nur mitteilen könne, dass der Versuch gemacht wurde, die soziale Dimension zu stärken. Es sollte nach Ansicht Öllingers eine koordinierte Aktion seitens der Bundesregierung geben, was man in der jetzigen Situation tun könne. Es sollte auch Überlegungen auf europäischer Ebene geben, was man etwa hinsichtlich Alters- und Pflegevorsorge zu tun gedenke.

Auf das Bekenntnis zur intergenerationellen Solidarität und die Vorbeugung vor Missbrauch älterer Menschen kam F-Abgeordneter Herbert Kickl und auf die grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung S-Abgeordneter Franz Riepl zu sprechen.

Sozialminister Erwin Buchinger wies darauf hin, dass die Expertengruppe Demographie nicht im Ministerium angesiedelt sei und unter Vorsitz der Ex-Sozialministerin Eleonora Hostasch stehe. Schwerpunkt im letzten Jahr seien familienpolitische Themen gewesen, um heurigen Jahr widme man sich der Qualität der Dienstleistungen für ältere Menschen und dem Schutz gegen Gewalt.

Bei der EU-weiten Anerkennung der Parkausweise für Behinderte gehe es um die Einbeziehung der "neuen" Mitgliedsstaaten.

Zum Thema Beschäftigung und soziale Eingliederung von Menschen mit Behinderungen wird es im Mai 2008 eine Konferenz in Kranjska Gora geben.

Bei den familienpolitischen Maßnahmen zur integenerationellen Solidarität verwies Buchinger auf die Kostenübernahme der Pensionsversicherung für pflegende Angehörige, die 24-Stunden-Betreuung, die Erweiterung der Befugnisse im Rahmen des 24-Stunden-Modells und die Zwischenergebnisse der Arbeitsgruppe etwa zur Erhöhung des Pflegegeldes sowie auf die Aktion 500, die es seit 2.11. gebe; weiters nannte er die Verbesserungen im Bereich der persönlichen Arbeitsassistenz und die Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung von Behinderten.

Ein Preismonitoring für Lebensmittel werde aufgebaut, dies erfordere jedoch Studien und Erhebungen bei Supermärkten und Handelsketten. Ferner müsse es eine Abstimmung mit der Preisbehörde geben.

Im Zusammenhang mit den grenzüberschreitenden Dienstleistungen wies Buchinger auf das Sozialpartnerpapier hin; nun gelte es, wirksame Maßnahmen gegen Lohndumping zu erreichen. Auf EU-Ebene gebe es seit mehreren Jahren eine Diskussion über die Leiharbeitsrichtlinie; Frankreich habe sich vorgenommen, die Verhandlungen weiterzubringen. Eine neue Regelung wäre auch aus Sicht des Sozialministers wünschenswert, weil man nur durch einheitliche Rechtsnormen den neuen Entwicklungen Einhalt gebieten könne.

Erinnerungszuwendung für Widerstandskämpfer und Nazi-Opfer mit Mehrheit beschlossen

Aus Anlass des 70. Jahrestages des Einmarsches der Truppen des nationalsozialistischen Deutschen Reiches in Österreich sollen Widerstandskämpfer und Opfer der politischen Verfolgung eine einmalige Zuwendung in der Höhe von 1.000 € erhalten; ähnliche Aktivitäten gab es bereits in den Jahren 1975, 1985, 1988 und 2005.

Mitverhandelt wurde ein G-Antrag zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (555/A). Gemäß diesem Antrag sollen Zeiten des Kriegsdienstes/der Kriegsgefangenschaft nicht als Ersatzzeit gelten, wenn der Kriegsdienst im Rahmen der SS, der Waffen-SS oder anderer im Rahmen der Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshofs als verbrecherisch eingestufter Organisationen geleistet wurde oder der Versicherte nach dem 8. Mai 1945 für im Rahmen des Kriegsdienstes begangene Verbrechen rechtskräftig verurteilt wurde.

Zudem soll es nach Ansicht der Grünen für den Freibetrag für Opfer des Kampfes für ein freies demokratisches Österreich eine automatische Indexanpassung geben. (527/A)

Ferner verlangt G-Abgeordneter Öllinger in einem Antrag eine Anpassung der seit 43 Jahren nicht erhöhten Beträge im Opferfürsorgegesetz. Diese Verdoppelung hat für Öllinger symbolische Bedeutung, als damit einbekannt wird, dass die jahrzehntelang geübte Praxis der Nichtvalorisierung einen politischen wie moralischen Fehler darstellt.

G-Abgeordneter Karl Öllinger vertrat die Ansicht, man solle bei der Erinnerungszuwendung von der Antragstellung abgehen, da es sich um alte Menschen handle und etwa dem Nationalfonds der Personenkreis bekannt sei.

Abgeordneter August Wöginger (V) begrüßte die Regierungsvorlage und wies darauf hin, dass die Zuwendung 3.300 Personen zukommen werde. Im Hinblick auf den G-Antrag zum Einkommensteuergesetz beantragte er die Zuweisung an den Finanzausschuss.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) teilte mit, sie werde der einmaligen Zuwendung zustimmen, da es sich um die Fortführung einer Tradition, die es seit 1975 gibt, handle; außerdem trat sie für die weitere Unterstützung der "Trümmerfrauen" ein.

Im Zusammenhang mit dem G-Antrag auf Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes sprach V-Abgeordneter Werner Amon davon, dass man damit totes Recht schaffen würde und der Antrag inhaltlich fragwürdig sei.

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) erinnerte daran, dass das Opferfürsorgegesetz bereits mehrmals novelliert wurde; dies zeige, dass die Republik Österreich die Entschädigung der Opfer ernst nehme. Außerdem sei der G-Antrag nicht mit der Opferfürsorgekommission akkordiert, stellte sie fest.

Sozialminister Erwin Buchinger strich heraus, dass die bestehende Regelung (informelles Aufzeigen, keine Frist) mit den Opferverbänden abgesprochen sei und von den Betroffenen gut angenommen werde.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mehrheitlich – gegen die Stimmen der FPÖ – verabschiedet. Die G-Anträge 555/A und 556/A wurden von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ abgelehnt. Die Zuweisung des G-Antrages 527/A an den Finanzausschuss erfolgte mit S-V-B-Mehrheit. (Fortsetzung)