Parlamentskorrespondenz Nr. 303 vom 09.04.2008

Exportweltmeister Österreich steht vor großen Herausforderungen

Aktuelle Stunde: Wie reagiert Österreich auf den Wachstumsrückgang?

Wien (PK) - Der Zweite Präsident des Nationalrats Dr. SPINDELEGGER eröffnete die 55. Sitzung des Nationalrats mit der Information, dass SP-Abgeordnete Heinisch-Hoseck auf ihr Mandat verzichtet habe, und nahm die Angelobung ihres Nachfolgers Hannes Weninger vor. Einwendungen der Klubobmänner von FPÖ und BZÖ, Strache und Westenthaler gegen die Tagesordnung im Zusammenhang mit der geplanten Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon trat der vorsitzführende Präsident nicht bei. Debatte und Abstimmung über die Einwendungen werden nach Ende der Aktuellen Stunde stattfinden. Das von der ÖVP gewählte Thema der Aktuellen Stunde lautete "Arbeiten für Österreich: Bürger entlasten, Vollbeschäftigung und Wachstum sichern".

Abgeordneter NEUGEBAUER (V) hielt es für wichtig, vor der Debatte über neue Spielregeln im Netzwerk Europa den Fokus auf Österreich zu legen, das 2007 eine außerordentlich gute Konjunktur verzeichnete, wegen der internationalen Bedingungen 2008 aber ein deutlich niedrigeres Wachstum erwarte. Wegen schwächerer Nachfrage bei den Haupthandelspartnern Österreichs könne der österreichische Export nicht auf der gewünschten Höhe bleiben. Österreich verzeichne Rekordbeschäftigung und eine auf 4 % deutlich sinkende Arbeitslosigkeit und liege in der Beschäftigungspolitik in der EU auf dem 4. Rang. Sorge bereite allerdings die Inflationsentwicklung, vor allem in den Bereichen Nahrung, Wohnung und Energie. Gewerkschaften und Sozialpartner seien gefordert, dafür zu sorgen, dass arbeitende Menschen langfristig Einkommenszuwächse über der Inflationsrate erzielen können, sagte der Abgeordnete und zeigte sich froh über das Vorziehen der nächsten Pensionserhöhung um zwei Monate und über das Inflationslinderungsgesetz, mit dem die Mietensteigerungen eingebremst wurden.

Der Abgeordnete begrüßte das ambitionierte Programm der Bundesregierung zum Kampf gegen die Inflation und die Zielsetzung, einen Gebührenstopp bei Bund, Ländern und Gemeinden herbeizuführen. Darüber hinaus gelte es, die Ursachen für die hohen Preissteigerungen bei Lebensmitteln zu analysieren und kleine Einkommen durch einen Vorgriff auf die Steuerreform in Form einer Senkung des Arbeitslosenbeitrags zu entlasten.

Die Eckpunkte der Steuerreform seien klar: Entlastung von Familien mit Kindern, Mittelstand und Menschen mit kleinen Einkommen. Außerdem bekannte sich der Redner dazu, der Mitarbeiterbeteiligung einen neuen Schub zu geben. Bei der Sicherung des Gesundheitswesens wandte sich Neugebauer gegen "Rufe an das Budget" und forderte dazu auf, zuerst die Hausaufgaben zu bewältigen, denn immerhin gehe es darum, eine Steuerreform mit mehr als 3 Mrd. € zu finanzieren, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und zugleich in Forschung und Bildung zu investieren. Bei der Senkung des Defizits sei Österreich gut unterwegs, dies sei wichtig, um Zinszahlungen von derzeit 7,1 Mrd. € zu reduzieren.

Für Vizekanzler Mag. MOLTERER steht Österreich gut da und verzeichne eine stabile und positive Entwicklung. Österreich habe in den letzten Jahren einen Wachstumsvorsprung gegenüber den anderen EU-Ländern erzielt und werde sich auch künftig überdurchschnittlich entwickeln. Die Prognose für 2008 laute auf ein Wachstum von 2,1 %, ein Wert, der im ersten Quartal mit 2,8 % übertroffen werden konnte. In den letzten 15 Jahren habe Österreich seine Exporte von 47 Mrd. € auf 115 Mrd. € steigern können und damit eindrucksvoll bewiesen, dass es die Chancen der EU-Erweiterung optimal nutzen konnte. Mit einer Arbeitslosigkeit von 4,1 % sei Österreich dabei, zu den Top Drei Europas aufzuschließen. Noch niemals seien in Österreich so viele Menschen, nämlich 3,4 Mill., in Arbeit gestanden, zeigte sich der Vizekanzler stolz.

Die Bundesregierung betreibe eine solide und seriöse Budgetpolitik, investiere in Bildung und Forschung und sichere die Sozialsysteme. Ihr Ziel sei die Entlastung der Bürger und die Reform des Arbeitsmarktes zur Erhaltung der Dynamik des Wirtschaftsstandorts.

Angesichts der Probleme auf den Finanzmärkten und steigender Rohstoffpreise werde das Wachstum aber zurückgehen, sagte Molterer und kündigte Maßnahmen im Kampf gegen die Inflation an, etwa einen Gebührenstopp des Bundes, von dem er hoffe, dass auch Länder und Gemeinden folgen werden, eine bessere Wettbewerbsorientierung, das Ausschöpfen von Wettbewerbspotenzialen in der E-Wirtschaft und die Senkung von Lohnnebenkosten durch Reduzierung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags für Einkommen unter 1.350 €. Die Pensionisten erhalten eine Inflationsabgeltung durch eine auf November 2008 vorgezogene Pensionserhöhung. Der Förderung der Jugendbeschäftigung diene ein Paket zu Weiterentwicklung des Blum-Bonus, von dem sich der Vizekanzler erwartet, die bereits fast geschlossene Lehrstellenlücke definitiv zu schließen. Außerdem plane die Bundesregierung Maßnahmen zur Förderung älterer Arbeitnehmer, werde dem Nationalrat vernünftige Vorschläge für die Budgets 2009/10 vorlegen und eine Steuerreform im Umfang von 3 Mrd. € zur Entlastung des Mittelstandes, von Familien mit mehreren Kindern und zur Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Arbeitsstandorts Österreich ausarbeiten.

Abgeordneter KRAINER (S) zeigte sich ebenfalls erfreut über den massiven Rückgang der Arbeitslosigkeit und den guten zweiten Platz, den Österreich bei der Jugendarbeitslosigkeit im europäischen Vergleich einnehme. Man dürfe aber nicht vergessen, dass Österreich bei der Jugendbeschäftigung schon einmal an erster Stelle gelegen sei, sagte der Abgeordnete. Beschäftigung sei die Voraussetzung für einen ausgeglichenen Haushalt, weil jeder Beschäftigte mehr die Steuereinnahmen erhöhe und die Kosten zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit senke. Auf diesem Weg sei Österreich hervorragend unterwegs, sagte der Abgeordnete.

Wichtig sei es auch, kleine Einkommen nicht erst 2010, sondern durch eine Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags bereits im Juli 2008 zu entlasten und die Inflationsbelastung für PensionistInnen durch eine vorgezogene Pensionserhöhung zu lindern. Nachdrücklich bekannte sich Krainer auch zur Einführung einer Vermögenszuwachssteuer, weil es ungerecht sei, dass zwar Arbeitseinkommen besteuert, Einkommen aus dem Verkauf von Aktien aber steuerfrei blieben. Es sei auch nicht einzusehen, dass jemand, der Anteile an eine Ges.m.b.H. verkaufe, Steuern zahlen müsse, jemand, der Anteile an einer AG verkaufe, aber nicht.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) betonte gegenüber seinem Vorredner das Ziel, zu entlasten statt zu belasten. Auch Stummvoll sah Grund zur Freude über die Entwicklung Österreichs, die Experten veranlasse, von einem "zweiten Wirtschaftswunder" zu sprechen, zumal Österreich die gesamte EU beim Wirtschaftswachstum übertreffe und bei den Exportzuwächsen seit 1999 den Titel eines "Weltmeisters" beanspruchen könne. Gründe für diese Erfolgsstory sei die gute Mitarbeitermotivation in den Betrieben und die EU-Erweiterung, die Österreich optimal nützen konnte. Dazu komme aber auch eine erfolgreiche Politik, von der alle ÖsterreicherInnen profitieren, zumal die Arbeitsplätze zunehmen und die sozialen Systeme gesichert werden können. Dennoch stehe Österreich vor großen Herausforderungen bei der Gesundheitsreform, bei der Bildungsreform und bei der Bundesstaatsreform - auch in diesen Bereichen sollte die Bundesregierung ihren erfolgreichen Kurs fortsetzen, lautete der Wunsch des Abgeordneten Stummvoll.

Abgeordneter Mag. ROSSMANN (G) hielt den Jubelmeldungen seiner Vorredner die jüngsten Prognosen der Wirtschaftsforscher entgegen, die von einer Halbierung des realen Wachstums bis 2009 ausgehen und ein Ende des Booms konstatieren. Umso bedauerlicher sei es, dass es nicht gelungen sei, Vollbeschäftigung herbeizuführen und jener Million ÖsterreicherInnen zu helfen, die in Armut oder an der Armutsgrenze leben. Die exportierenden Unternehmen haben Rekordgewinne erwirtschaftet, das Geld sei aber nicht in die Geldbörsen der Menschen geflossen, die nur geringe Reallohnzuwächse verzeichneten und in den nächsten Jahren wegen der hohen Inflation mit Reallohnverlusten rechnen müssen.

Der Redner hielt es für unwahrscheinlich, dass es gelingen werde, bis 2010 einen Budgetüberschuss zu erreichen, was bedeute, dass eine Steuerreform im Umfang von 3 Mrd. € Konsolidierungspakete nach sich ziehen werde, durch die den Menschen das Geld wieder aus der Tasche genommen werde, was man ihnen vorher gegeben habe. Als einen Skandal bezeichnete der Abgeordnete Steuergeschenke an Reiche und Superreiche durch die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Abgeordneter THEMESSL (F) zeigte sich besorgt um den Mittelstand und die kleinen und mittleren Unternehmen. Die meisten Menschen in Österreich haben nichts von den Milliardengewinnen der Großindustrie, die in den letzen Jahren tausende Arbeitsplätze abgebaut und die Lehrlingsausbildung stark eingeschränkt habe. Es sind die KMU, die Arbeitsplätze schaffen und Lehrlinge ausbilden, sagte Themessl. Der Bundesregierung warf der Redner vor, die guten Budgetjahre nicht genützt zu haben, um ein Nulldefizit zu erreichen. Daher bleibe der Schuldenstand auf über 160 Mrd. €, was mehr als 7 Mrd. € an jährlichen Zinszahlungen nach sich ziehe. Die Entlastung kleiner Einkommen durch die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge sei nicht so groß wie die Regierung behaupte, weil ein Drittel der Entlastung durch Erhöhung der Bemessungsgrundlage weggesteuert werde. Leidtragende der Politik der Bundesregierung seien ArbeitnehmerInnen und KMU, bei denen nur ein Drittel der neu gegründeten Betriebe eine Chance habe, die ersten drei Jahre zu überleben.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) führte die gute Wirtschaftsentwicklung nicht auf die Politik der Bundesregierung und nicht auf die Europäische Union, sondern auf die gute Arbeit der fleißigen ÖsterreicherInnen zurück. Die jüngsten Vereinbarungen der Bundesregierung und den Koalitionsfrieden bezeichnete der Redner als ein "Kanzlererhaltungspaket", das zeige, wie sehr die SPÖ ihre soziale Verantwortung geopfert habe. Wie schon sein Vorredner kritisierte auch Westenthaler, dass der Finanzminister ein Drittel der Entlastung, die kleine Einkommen durch die Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags erhalten werden, wegsteuern werde. Westenthaler trat auch der Behauptung entgegen, das Vorziehen einer Pensionserhöhung um zwei Monate würde die Belastung der PensionistInnen durch die Preisentwicklung nennenswert mildern.

Namens seiner Fraktion lehnte der Abgeordnete die geplante Vermögenszuwachssteuer ab, durch die der Mittelstand und fleißige ArbeitnehmerInnen belastet würden, und verlangte einmal mehr eine steuerliche Entlastung der Überstundenentlohnung. "Mehr Netto vom Brutto" laute das Motto des BZÖ.

Abgeordnete RUDAS (S) befasste sich mit dem Thema Vollbeschäftigung und wies darauf hin, dass man darauf achten müsse, welche Art von Beschäftigung es sei und mit welchem Einkommen sie verbunden sei. Im viertreichsten Land Europas gebe es noch immer viele Menschen, die auf ihren Jahresurlaub verzichten müssen, wenn z.B. die Heizung kaputt ist, und noch immer teilen sich die zehn Reichsten zwei Drittel der Vermögen. Die Sozialdemokraten vertreten die Ansicht, man könne sich Gerechtigkeit leisten. Wenn Unternehmensgewinne um 30 % steigen, wenn Manager jährlich jeweils bis zu 20 % mehr verdienen, aber das durchschnittliche Nettoeinkommen des Mittelstands gleichbleibt und junge Menschen noch immer so wenig verdienen, dass sie kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können, dann läuft, so Rudas, etwas falsch. Wohlstand und Wachstum können nur dann gesichert werden, wenn alle daran teilhaben können und es ein gerechtes Steuersystem gibt.

Abgeordneter GRILLITSCH (V) meinte, die Jahre 2000 bis 2007 seien gute Jahre für Österreich gewesen, es gab eine gute Konjunkturlage und gute Rahmenbedingungen, die den Wirtschaftsstandort Österreich abgesichert und zukunftssicher gemacht haben. Es wurden Arbeitsplätze gesichert, und man sei – 3,4 Millionen ÖsterreicherInnen haben Arbeit – in Richtung Vollbeschäftigung unterwegs. Er räumte ein, dass es in letzter Zeit Diskussionen über geringe Einkommen gegeben habe, und gab auch zu, dass die Lebensmittel teurer geworden sind, wies aber einschränkend darauf hin, dass nicht nur die Bauern für diese Inflationsrate verantwortlich sind, vielmehr habe man sich die Preissteigerungen bei Wohnen, Wasser und Energie anzusehen. Er forderte deshalb auf, die Diskussion ehrlich zu führen, denn auch die Bauern müssten ihren gerechten Anteil erhalten. Aus diesem Grunde begrüßte er u.a. das Entlastungspaket, das dauerhafte Entlastungen wie eine Senkung der Lohnnebenkosten und die Vorziehung der Pensionsanpassung auf November 2008 bringen werde.

Abgeordnete Mag. SCHATZ (G) machte darauf aufmerksam, dass es steigende Zahlen bei den geringfügig Beschäftigten gebe, die keinen Versicherungsschutz außer der Unfallversicherung haben. Es gebe immer mehr freie DienstnehmerInnen ohne Einkommensgarantie, und es gebe Zuwächse bei den unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten, vor allem im äußerst schlecht bezahlten Handel. "Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, denn Sie haben solche Erwerbsformen geschaffen!", sagte sie. Es gebe ein Wirtschaftswachstum, es gebe steigendes Wachstum bei den Vermögen und es gebe eine steigende Inflation, aber es gebe sinkende Realeinkommen bei den ArbeitnehmerInnen, fuhr sie fort. Die verhandelten Lohnabschlüsse des letzten Jahres waren aus Sicht der Rednerin zu gering. Kritisch merkte Schatz an, dass atypisch Beschäftigte vom Betriebsrat nicht unterstützt werden, das heiße, dass Menschen in prekärer Beschäftigung allein gelassen würden. Diese "antiquierte Gewerkschaftspolitik" führt ihrer Meinung nach dazu, dass junge Menschen mit der Sozialpartnerschaft und mit der Notwendigkeit von solidarischer Gewerkschaftspolitik nichts anfangen können. Wann wacht die Gewerkschaft aus ihrem Dornröschenschlaf auf?, fragte sie.

Abgeordneter Mag. HAUSER (F) meinte, es werde die Politik gelobt, nur die Bevölkerung spüre von dieser guten Politik nichts. Das gelte nicht nur für die österreichische Politik, sondern auch für den EU-Vertrag, der als gutes Reformwerk gelobt und bei dem eine Volksbefragung abgelehnt wird. Zurückkommend zur heimischen Politik befasste sich der Abgeordnete mit Rechnungshofberichten zur Einkommensentwicklung der letzten Jahre. So seien die Einkommen seit 1998 inflationsbereinigt nicht gestiegen, es gebe reale Einkommensverluste. Aus diesem Grund habe die FPÖ eine Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht, die die ungerechten Pensionszahlungen und die diesbezüglichen Parlamentsbeschlüsse rückgängig machen solle. Faktum sei, dass die arbeitende Bevölkerung immer "mehr zur Ader gelassen wird", und wenn es keine Lohnsteuerreform gibt, werden die Lohnsteuerpflichtigen 2009 22 Mrd. an Lohnsteuer bezahlen. Das Geld werde, urteilte Hauser, "schamlos der arbeitenden Bevölkerung aus der Tasche gezogen", daher wunderte es ihn nicht, dass jeder Zweite mit seinem Einkommen nicht auskommt. Daher sei die Lohnsteuerreform längst überfällig.

Abgeordneter BUCHER (B) wies darauf hin, dass in den letzten 14, 15 Monaten 13 Abgaben, Gebühren und Steuern erhöht, die Sozialpartner in den Verfassungsrang erhoben wurden und die Gesetzgebungsperiode auf 5 Jahre ausgedehnt wurde. Außerdem hätten die Koalitionsparteien in den letzten 14 Monaten nur gestritten. Wenn man schon einen Lobgesang auf die wirtschaftliche Entwicklung erhebe, dann sollte man ehrlicherweise auch dazu sagen, dass die Inflation zu einem guten Teil hausgemacht sei. So zeige Kärnten vor, dass ein Bundesland sehr wohl imstande ist, die spürbaren Belastungen der Bürger auszugleichen. Das ist für Bucher verantwortungsvolle Sozialpolitik. Die Regierung plane eine weitere Steuer, zeigte Bucher sich verwundert, anstatt die Inflation wirksam zu bekämpfen. Er frage sich, ob der Regierung klar sei, was diese Steuer für jene Menschen, die Fremdwährungskredite aufgenommen haben und die über Kursgewinne ihre Kredite finanzieren, bedeute? Diese Politik ist aus Sicht Buchers der Rückfall in die achtziger Jahre und trägt nicht dazu bei, Österreich weiterzuentwickeln.

Einwendungsdebatte

F-Abgeordneter Strache und B-Abgeordneter Westenthaler haben die Absetzung des Tagesordnungspunkts 1 von der Tagesordnung beantragt.

In der Debatte machte Abgeordneter STRACHE (F) darauf aufmerksam, dass man in der Präsidialsitzung am Montag bei der Festlegung der Tagesordnung vom Einstimmigkeitsprinzip abgegangen sei, um heute den EU-Reformvertrag "durchzupeitschen", und das gegen die Interessenslage von 80 % der ÖsterreicherInnen. Zudem wurden die 80 % der ÖsterreicherInnen, die eine Volksabstimmung fordern, als linke und rechte Randgruppen diffamiert. Diese Vorgangsweise sei "mehr als schäbig", die FPÖ verlange daher eine Absetzung des Tagesordnungspunkts sowie die Rückverweisung des Vertrags an den Verfassungsausschuss.

Abgeordneter WESTENTHALER (B) versuchte mit der heutigen Vorgangsweise in einem "Last Call" die Bundesregierung davon zu überzeugen, dass es ein Fehler sei, heute den Vertrag zu beschließen. Daher solle der Tagesordnungspunkt von der Agenda abgesetzt und ein Rückverweisungsantrag an den Ausschuss beschlossen werden. "Warum muss Österreich heute als 8. EU-Land diesen Vertrag ratifizieren?". Es gebe dafür keine vernünftige Begründung, unterstrich der Redner. Die Regierung möchte, mutmaßte Westenthaler, die Bevölkerung ausbremsen. Es gebe in Kärnten 15.000 beglaubigte Unterschriften für eine Volksbefragung; die Ratifizierung werde auf den 9. April verlegt, damit diese Initiative unterlaufen wird und die Menschen nicht mehr mitbestimmen können. "Das ist schäbig, undemokratisch und gegen die Volksmeinung".

Abgeordneter Mag. SCHIEDER (S) wies darauf hin, dass man sich ausführlich und gewissenhaft mit dem EU-Vertrag und seiner Bedeutung für Österreich beschäftigt habe, sowohl innerhalb der Fraktionen als auch im Parlament. Bedauerlicherweise sei das BZÖ zu diesen Sitzungen nie gekommen, sondern immer aus Protest ferngeblieben. Aber Diskussionsverweigerung sei kein demokratischer Stil, so Schieder. Die wichtigsten ExpertInnen des Landes hätte man in den Sitzungen zu den verschiedensten Themen hören und mit ihnen darüber diskutieren können. Zudem habe es öffentliche Foren gegeben, in die man sich hätte einbringen können. Schwerpunkt der Debatte war die Verfassungsfrage. Alle namhaften Verfassungsjuristen sagten, es sei legitim und richtig, dass das Parlament diesen EU-Vertrag ratifiziert. Es gebe keine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung, die eine Volksabstimmung notwendig machen würde, und es gebe keine Abtretung von Souveränitätsrechten. Vieles, was von der FPÖ und dem BZÖ erzählt werde, sei eine Falschinformation und stehe nicht einmal im Vertrag drinnen.

Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) stellte richtig, dass seit 8 Jahren über einen besseren Vertrag verhandelt wird. 2007 habe man sich bereits darüber unterhalten, im Oktober wurde der Reformvertrag in Umrissen vorgelegt, im November wurde in der Regierungskonferenz diesem Vertrag zugestimmt und im Dezember, bevor der Europäische Rat den Entwurf genehmigt hat, gab es einen weiteren Hauptausschuss zu diesem Thema. Im Jänner habe man von der Bundesregierung sehr zügig den Entwurf zugeleitet bekommen und in 4 ganztägigen Tagungen habe man sich damit auseinander gesetzt. Bereits 2001 habe es einen gemeinsamen Entschließungsantrag für den Konvent gegeben, der Konvent wurde eingesetzt, hat über ein Jahr unter Beteiligung aller Fraktionen im Haus getagt, und im Konvent selber wurde Einstimmigkeit über die Vorlage eines Verfassungstextes, der in einer Regierungskonferenz etwas abgeschwächt wurde, erzielt. Das sei im Jahr 2003 gewesen. Es sei unrichtig zu behaupten, es werde im Husch-Husch-Verfahren etwas gemacht. Man werde aus "voller Überzeugung" ja zu diesem Vertrag sagen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G): Die Grünen treten den Einwendungen von FPÖ und BZÖ nicht bei, weil sie nicht wollen, dass in Europa alles beim Alten bleibe. "Wir wollen Europa in Richtung einer sozialen und demokratischen Union verändern." Selbst wenn man der Überzeugung ist, dass es noch bessere Vorschläge und Möglichkeiten sowie Perspektiven für Europa geben könnte, müsse man dem Reformvertrag die Zustimmung erteilen. Es fehle in diesem Reformvertrag vieles, die Bundesregierung hätte ihre Informations- und Kommunikationsarbeit zu diesem Reformvertrag besser machen können, kritisierte Öllinger, wies aber darauf hin, dass FPÖ und BZÖ nicht die fehlende Information kritisieren, sondern die Diskussion über ein besseres Europa verweigert haben.

Der F-B-Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes fand keine Mehrheit. (Schluss Aktuelle Stunde/Forts. NR)