Parlamentskorrespondenz Nr. 309 vom 10.04.2008

Kassen, Kinder, Kosten

Gesundheits- und Familienministerin Kdolsky in der Fragestunde

Wien (PK) – Die 56. Sitzung des Nationalrats wurde mit einer Fragestunde eröffnet. Zum Aufruf gelangten dabei Fragen an die Bundesministerin für Gesundheit, Jugend und Familie, Andrea Kdolsky. Zu Beginn der Sitzung nahm Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die Angelobung von Bernhard VOCK (F) vor; er übernahm das Mandat von Barbara Rosenkranz, die in den niederösterreichischen Landtag wechselt.

Abgeordnete HAUBNER (B): Wie sieht Ihr Umsetzungsplan für die im Regierungsprogramm enthaltenen Maßnahmen im Bereich des Jugendschutzes aus, zumal Sie im Familienausschuss am 4. März angekündigt haben, dass Sie das wichtigste Projekt in diesem Bereich, nämlich die Schaffung eines bundeseinheitlichen Jugendschutzgesetzes, in dieser Legislaturperiode nun doch nicht verwirklichen wollen?

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Bundesministerin Dr. KDOLSKY räumte ein, dass im Regierungsübereinkommen eine einheitliche Regelung in Aussicht genommen sei. In mehreren Gesprächsrunden hätten sich aber die VertreterInnen der in dieser Materie zuständigen Länder ausdrücklich gegen eine einheitliche Regelung ausgesprochen; eine Änderung wäre daher nur im Wege der Verfassungsgesetzgebung möglich. Auf eine Zusatzfrage kündigte die Ministerin Ausweiskarten für Jugendliche für Herbst 2008 an. Für den nächsten Jugendbericht kündigte sie eine umfassendere Themenstellung an. Zum Stichwort Jugendschutz betonte sie, es gehe in erster Linie darum, die jungen Menschen so zu stärken, dass sie sich selbst schützen könnten. Daher müsse die Jugend auch stärker in die Politik einbezogen werden, Kinder- und Jugendrechte müssten in den Vordergrund gestellt werden. Es gehe nicht so sehr darum, Politik für die Jugend, sondern Politik mit der Jugend zu machen, fasst die Ressortchefin pointiert zusammen.

Abgeordnete Mag. KUNTZL (S): Wie sehen Ihre konkreten Pläne aus, die im Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode vereinbarte Stärkung der Väterbeteiligung zu erreichen?

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Die stärkere Einbeziehung von Vätern in die Erziehungsarbeit sei ein wesentliches Ziel, bekannte die Ministerin. In einer Arbeitsgruppe würden daher Möglichkeiten erarbeitet und innerhalb der nächsten Wochen vorgestellt, wie diese Einbeziehung möglichst frühzeitig und dauerhaft gelingen könne. Auf den "Papamonat" angesprochen, meinte Kdolsky, jedes Modell zur Sensibilisierung der Väter sei gut, wenn es zur weiteren aktiven Beteiligung der Väter führe und nicht eine bloße Alibiaktion darstelle. Von der Flexibilisierung des Kindergeldes erwarte sie auch eine höhere Väterbeteiligung; es brauche aber auch die Akzeptanz der "Väter in Karenz" in Gesellschaft und Wirtschaft, darin seien sich die Koalitionspartner einig.

Auf das Thema Unterhaltsvorschuss angesprochen, betonte die Ministerin, es gehe darum, dass die Betroffenen rasch zu ihrem Geld kommen und sie nicht als Bittsteller auftreten müssten, sondern einen Rechtsanspruch hätten. Die Frage nach einem einkommensabhängigen Karenzgeld sei von den Ressourcen her zu beantworten: Zwar dürfe "für die Familien nichts zu teuer" sein, doch sei der Familienlastenausgleichsfonds – für den die Ministerin lieber die Bezeichnung "Familienunterstützungsfonds" hätte – "schwer defizitär".

Abgeordnete HÖLLERER (V): Wie stehen Sie – angesichts des 150 Millionen Euro-Defizits der Wiener Gebietskrankenkasse im Jahr 2007 – zu einer Eingliederung des Hanusch-Krankenhauses in den Wiener Krankenanstaltenverbund?

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Der Wiener Krankenanstaltenverbund lehne die Übernahme des Hanusch-Krankenhaus ab, das Haus sei aber, als Teil der Gesundheitsversorgung Wiens, in die Gesamtplanung einzubeziehen, wie das auch in den regionalen Strukturplänen vorgesehen sei, betonte Ministerin Kdolsky. Dabei gehe es um die Zusammenführung von Spitälern, wie auch im Zusammenspiel von intra- und extramuralen Bereichen Synergien erzielt werden müssten. Insgesamt bekannte sich die Gesundheitsministerin zum Grundsatz, dass Planung, Steuerung und Finanzierung in einer Hand vereint sein sollten, und zu einer einheitlichen Leistungsstruktur.

Durch eine Veräußerung des Hanusch-Krankenhauses wären die finanziellen Probleme der WGKK nicht in den Griff zu kriegen, sagte Kdolsky weiter. Die Überschuldung liege bei rund 154 Mill. €, den Betriebskosten des Spitals von ca. 140 Mill. € stünden eigene Erträge von 13,7 Mill., Zahlungen aus der Spitalsfinanzierung von 63,9 Mill. und Zahlungen der Stadt Wien von 21,7 Mill. € gegenüber. Mit rund 41 Mill. € belaste das Hanusch-Spital die Kasse, dies sei also nur ein Teil der Kosten.

Zum Thema E-Card und der Diskussion um die Sicherheit der Karte durch Speicherung des Fingerabdrucks stellte die Gesundheitsministerin klar, dass der entsprechende Gesetzesauftrag laute, dass bis Ende 2010 – dies betreffe die 2. Generation der E-Card – biometrische Daten auf der Karte enthalten sein sollen. Das Foto sei "relativ sicher"; die Speicherung weiterer biometrischer Daten sei zu klären, zumal dies auch eine Kostenfrage sei. Eine österreichweite "Fingerprint-Datei" werde es aber nicht geben, ihre Äußerungen in der ORF-Pressestunde seien möglicher Weise falsch verstanden worden, sagte Kdolsky.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G): Wie viele sogenannte isolierte Einzelfälle im Umfeld des RFJ braucht es, bis Sie anerkennen, dass der RFJ ein institutionelles Problem mit der Abgrenzung zum Rechtsextremismus hat?

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Nach dem Jugendförderungsgesetz seien Förderungen ein klarer Gesetzesauftrag und keine Ermessensfrage, stellte Bundesministerin Kdolsky klar. Vorwürfe gegen den RFJ würden derzeit in ihrem Ressort geprüft, die Förderungsleistungen an den RFJ seien bis zur Klärung dieser Vorwürfe – wie in allen ähnlich gelagerten Fällen - sistiert. Für Förderungen durch den Bund seien die Voraussetzungen klar umschrieben: bundesweite Tätigkeit, Förderung von Demokratie und Zusammenarbeit, Maßnahmen zur Stärkung der Jugendlichen, aber auch korrekte Abrechnung und Antragstellung. Zu einer möglichen Radikalisierung von Jugendorganisationen lägen zurzeit keine österreichweiten Daten vor.

Abgeordneter KICKL (F): Wie gedenken Sie gegen den E-Card-Missbrauch vorzugehen, können Sie sich in der Übergangszeit bis zur Ausgabe der neuen Karten eine Ausweispflicht vorstellen, um unser Gesundheitssystem vor weiterem Schaden zu bewahren?

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Der Missbrauch liege bei der E-Card bei ein bis drei Prozent und sei damit niedriger als seinerzeit beim Krankenschein, stellte die Ministerin klar. Bei den rund 300.000 Fällen sei es um den Verlust der Karte gegangen; bei Bekanntwerden des Verlusts der Karte erfolge umgehend deren Sperre. Zudem würden die Ärzte in Zweifelsfällen schon jetzt einen Ausweis verlangen. Für die 2. Generation der E-Card gehe es darum, das Dokument erkennbar zu machen. Aus der angestrebten Sicherheit dürfe aber keine "Bedrohung" werden, betonte Kdolsky und schloss eine zentrale Datenverwaltung neuerlich explizit aus. Bezüglich des elektronischen Gesundheitsakts kündigte die Gesundheitsministerin Pilotprojekte in einzelnen Bundesländern vor der flächendeckenden Einführung an.

Abgeordnete RUDAS (S): Welche Begleitmaßnahmen zur Wahlaltersenkung wurden bisher von Ihnen bzw. Ihrem Ressort durchgeführt?
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Wählen mit 16 sei bereits 2007 ein Schwerpunkt im Jugendförderungsbereich gewesen, sagte die Jugendministerin, diese Initiativen würden fortgesetzt. Ende 2008 würden auch entsprechende Modelle veröffentlicht. Im Hinblick auf das vorhandene Engagement der jungen Menschen gehe es vor allem darum, Möglichkeiten der Mitarbeit anzubieten. Insgesamt müsse die Jugendarbeit breiter werden. In alle die Jugend betreffenden Maßnahmen seien die Vertretungen der Jugendlichen eingebunden. Sie persönlich absolviere keine Auftritte in Schulen; Informationen müssten aber an die jungen Menschen weitergegeben werden.

Abgeordnete STEIBL (V): Welche Schritte haben Sie bereits gesetzt, damit zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen das Jugendwohlfahrtsgesetz den heutigen Anforderungen gerecht wird?

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Im Februar habe eine große Enquete stattgefunden, um die Schnittstellen zu identifizieren, erklärte die Ministerin, zurzeit seien drei große Arbeitsgruppen tätig. Bei einer weiteren Enquete bis zum Sommer würden Zwischenergebnisse vorgelegt und bis Herbst werde es entsprechende Gesetzesvorlagen geben. Auch für Eltern würden Hilfen – wie das vor kurzem gemeinsam mit dem ORF installierte Elterntelefon – angeboten. Als das ihr persönlich wichtigste Anliegen nannte Kdolsky die Verankerung der Kinderrechte und die Vernetzung der betroffenen Institutionen der Kinderwohlfahrt. (Schluss)