Parlamentskorrespondenz Nr. 468 vom 21.05.2008

Treibstoffpreisentwicklung im Visier der Wettbewerbshüter

Inflationsdebatte im Wirtschaftsausschuss

Wien (PK) - Neben dem Beschluss über die Zweite Ökostromgesetz-Novelle 2008 erledigte der Wirtschaftsausschuss in der heutigen Sitzung unter der Vorsitzführung seines Obmannes Reinhold Mitterlehner auch Tätigkeitsberichte des Bundesvergabeamtes (III-144 d.B.) sowie der Bundeswettbewerbsbehörde (III-145 d.B.) und vertagte mehrere oppositionelle Anträge zu den Themen KMU-Förderung, Heilmasseure und Gewerbeordnung.

Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde 2006/2007

Der Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde, Theodor Thanner, gab bekannt, seine Behörde habe im Berichtszeitraum 651 Fälle behandelt und davon 95 % abschließen können. In weniger als 5 % der Fälle sei es notwendig gewesen, eine zweite Verfahrensphase einzuleiten. Bemerkenswert sei das Urteil gegen das Aufzugs- und Fahrtreppenkartell, in dem eine Buße von 65,4 Mill. € verhängt worden sei. Aktuellen Handlungsbedarf sah Thanner bei der Entwicklung der Treibstoffpreise. Seine Behörde und die Wettbewerbskommission untersuchten sehr intensiv, sagte der Wettbewerbshüter und berichtete von einem "Brainstorming" mit den Autofahrerklubs, der Wirtschaftskammer und der Arbeiterkammer.

Abgeordneter Franz Riepl (S) kritisierte in diesem Zusammenhang die "Abzocke" der Konsumenten mit hohen Benzin- und Dieselpreisen und forderte Konsequenzen, wenn sich herausstellen sollte, dass bei der Preisfestsetzung nicht lauter vorgegangen werde.

Abgeordneter Veit Schalle (B) klagte über hohe Preise für Abfallsammelleistungen im ARA-System, die auch dann nicht sinken würden, wenn die Rohstoffpreise steigen, obwohl das System davon profitiere. Im Lebensmittelbereich wandte sich Veit Schalle dagegen, die Schuld immer nur beim Handel zu suchen.

Abgeordnete Melitta Trunk (S) klagte über die Preisentwicklung bei Fahrschulen sowie im Bereich des Lebensmittelhandels und forderte die Evaluierung der Stromkosten sowie ein Monitoring.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) machte darauf aufmerksam, dass Diskonter ihre Produkte in Österreich wesentlich teurer verkauften als in Deutschland und wandte sich gegen Preistreiber im Handel, bei Energieversorgern und bei der öffentlichen Hand.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) klagte über die Konzentration im Lebensmittelhandel, die sowohl Lieferanten als auch Konsumenten immer abhängiger mache.

Auch Abgeordnete Michaela Sburny (G) führte die in Österreich überdurchschnittliche Inflation im Lebensmittelbereich auf die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel zurück.

Generaldirektor Thanner sagte, seine Behörde die Treibstoffpreisentwicklung "im Visier" und befinde sich diesbezüglich in der "Abklärungsphase". Auskünfte von Seiten der Firmen wolle er bis zum Sommer bewerten und dann allenfalls Konsequenzen ziehen.

Die ARA habe eine privilegierte Stellung, räumte Theodor Thanner ein, wies aber darauf hin, dass der Kontrahierungszwang der Gemeinden eine sehr sensible rechtliche Frage darstelle. Der Markt sei jedenfalls zu öffnen, er setze auf den Wettbewerb durch zusätzliche Marktteilnehmer.

Im Elektrizitätsbereich setze er sich für eine konsumentefreundliche Gestaltung der Stromrechnungen ein, sagte Generaldirektor Thanner. "Die Rechnungen müssen für den Kunden nachvollziehbar werden".

Beim Thema Inflation informierte Thanner die Abgeordneten über die Tätigkeit der Bundeswettbewerbsbehörde in den Schwerpunkten Agrarprodukte, Treibstoffe, Mühlen, Getreide und Mineralwasser.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sprach sich dafür aus, die Bundeswettbewerbsbehörde in Zukunft mit der Befugnis auszustatten, auch Strafen verhängen zu können. In der Wettbewerbspolitik habe sich sowohl in der EU als auch in Österreich in den letzten Jahren viel getan, das zeige auch die hohe Strafe für das Aufzugskartell.

Eines der aktuellen Kernthemen seien die Benzin- und Treibstoffpreise, sagte der Minister, teilte aber mit, dass der "Österreichzuschlag" in den letzen Jahren beseitigt werden konnte.

Das Energiepreis-Monitoring wurde ausgebaut, sagte Bartenstein und trat der Auffassung der Abgeordneten Michaela Sburny (G) entgegen, die Inflation sei in Österreich höher als im Euroraum. 50 % der Teuerung gehe auf Energie- und Lebensmittelpreiserhöhungen zurück, es gebe aber keine wesentlichen hausgemachten Elemente der Inflation, hielt der Minister auch gegenüber Abgeordnetem Werner Kogler (G) fest. Auch bei den Strom- und Gaspreisen liege Österreich besser als etwa Deutschland oder Italien.

Die Entscheidung der EU zum Verkauf der Bank Burgenland sei für ihn nicht schlüssig, sagte Wirtschaftsminister Bartenstein Abgeordnetem Werner Kogler (G), er werde diese Entscheidung gemeinsam mit dem Burgenland und der Grazer Wechselseitigen Versicherung bekämpfen.

Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes 2007

Der Vorsitzende des Bundesvergabeamtes Michael Sachs informierte einleitend über die Tätigkeit seiner Behörde im Berichtszeitraum und teilte dann auf diesbezügliche Fragen der Abgeordneten Ridi Steibl (V), Wolfgang Zanger (F), Franz Kirchgatterer (S) und Werner Kogler (G) mit, die Zahl der Senate sei bereits von 18 auf 14 reduziert worden. Er bekenne sich zu dem vom Rechnungshof empfohlenen Ziel von 9 bis 10 Senaten, gab aber zu bedenken, die geplante Verfassungsreform könnte die Situation seiner Behörde verändern. Auch Bundesminister Bartenstein meinte, neun Senate wären ausreichend, bei der Einrichtung des Bundesvergabeamtes habe man aber zunächst vorsichtig vorgehen müssen, weil nicht bekannt gewesen sei, wie sich die Zahl der Beschwerden entwickeln würde. Die Wahrscheinlichkeit der Beeinspruchung einer öffentlichen Vergabeentscheidung sei umso größer, je größer das Auftragsvolumen sei, merkte der Minister an. 

Zwei Drittel der vom Bundesvergabeamt behandelten Fälle seien im Oberschwellenbereich angesiedelt, bei den Bundesländern sei das Verhältnis umgekehrt, dies gelte auch für die Ausschreibungen, erfuhr Abgeordneten Michaela Sburny (G), die aber darauf drängte, das Verhältnis von Ausschreibungen und Beeinspruchungen präziser festzustellen.

Den Einsatz von Telearbeit im Bundesvergabeamt, die Abgeordneter Veit Schalle (V) wegen der geringeren Kommunikation zwischen den Mitarbeitern skeptisch sah, beschrieb Michael Sachs hingegen als erfolgreich. Er stimmte mit dem Abgeordneten aber darin überein, dass die betragliche Grenze für Direktvergaben angehoben werden sollte.

Die Kenntnisnahme des Berichtes erfolgte in öffentlicher Sitzung mit S-V-B-Mehrheit.

Zahlreiche Oppositionsanträge wurden mehrheitlich vertagt

In der Folge wurden eine Reihe von oppositionellen Anträgen mehrheitlich vertagt. Den Anfang machte ein vom FPÖ-Abgeordneten Bernhard Themessl eingebrachter Entschließungsantrag, in dem umfangreiche Maßnahmen zur Entlastung der kleinen und mittleren Betriebe gefordert wurden. Abgeordneter Konrad Steindl (V) wies auf die laufenden Gespräche zur nächsten Steuerreform hin und verlangte daher eine Vertagung. – Ein weiterer F- Entschließungsantrag, der vom G-Mandatar Werner Kogler inhaltlich mitgetragen wurde und bei dem es um die Ausbildung von Heilmasseuren ging, wurde mit dem Hinweis darauf, dass dieser in den Kompetenzbereich des Gesundheitsressorts fällt, ebenso vertagt. – Die freiheitlichen Mandatare traten im Rahmen eines Antrags zudem für die steuerrechtliche Gleichstellung von freiberuflichen Heilmasseuren und Physiotherapeuten ein. Der von der Abgeordneten Melitta Trunk eingebrachte Vertagungsantrag, der von ihr mit der laufenden Steuerreformdebatte begründet wurde, fand mehrheitliche Zustimmung. - Der Fall eines Kärntner Bademeisters, der nicht schwimmen konnte und sich nach dem tödlichen Badeunfall eines Kindes in seinem Verantwortungsbereich wegen unterlassener Hilfeleistung verantworten musste, hat den BZÖ-Abgeordneten Veit Schalle veranlasst, einen Entschließungsantrag für eine bundeseinheitliche Berufsausbildung für Bademeister und für die Einführung eines bundeseinheitlichen Berufsbildes für "Bäderaufsichtspersonen" (Bademeister) vorzulegen. Abgeordneter Werner Kogler (G) sprach von einem unglaublichen Vorfall, der erneut belege, dass man mit dem ganzen "Bundesländer-Folklore-Fummel abfahren müsse". Er sei dafür, dass es zu mehr Zentralisierung komme und den Bundesländern Kompetenzen entzogen werden. Der Antrag wurde ebenfalls mehrheitlich vertagt. – Schließlich ging es in einem weiteren BZÖ-Antrag noch darum, veraltete Bestimmungen in der Gewerbeordnung, in der "Ungehorsam", "Auflehnung gegen den Gewerbeinhaber", "eine abschreckende Krankheit" oder eine mehr als zweiwöchige Haftstrafe immer noch zu den Entlassungsgründen zählen, zu streichen. Von SPÖ-Seite wurde auf die geplante Neukodifizierung des Arbeitsrechts verwiesen und die Vertagung beantragt. (Schluss)


Themen