Parlamentskorrespondenz Nr. 492 vom 27.05.2008

Wissenschaftsausschuss diskutiert Änderung des Universitätsgesetzes

Minister will bald Begutachtungsentwurf vorlegen

Wien (PK) – Im Mittelpunkt der aktuellen Aussprache im heutigen Wissenschaftsausschuss stand die geplante Novelle zum Universitätsgesetz (UG) 2002. Dabei traten unter den beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP noch einige Differenzen zutage, insbesondere was die Mitbestimmungsrechte betrifft. Bundesminister Johannes Hahn unterstrich dabei, dass er, je länger mit dem UG 2002 gearbeitet wird, zunehmende Zustimmung orte. Für ihn steht die Qualitätssicherung im Vordergrund und dazu brauche es geeignete Rahmenbedingungen. Die Bedürfnisse an den Universitäten änderten sich, sagte Hahn, und darauf müsste man auch in Zukunft schneller reagieren können.

Abgeordneter Josef Broukal (S) kritisierte zunächst, dass man sich bei der Befragung im Vorfeld der Erstellung des Entwurfs zu einer UG-Novelle zu wenig mit den Argumenten der neuen Universitätsräte auseinander gesetzt habe. Er sah auch keine Weiterentwicklung im Bezug auf die Mitbestimmung. Broukal machte in diesem Zusammenhang klar, dass er die mit dem UG 2002 vorgenommene Zurückdrängung der Mitbestimmung ablehnt. Auch Abgeordneter Erwin Niederwieser (S) sprach sich für eine Stärkung der Mitbestimmungsrechte aus.

Wesentlich positiver sah Abgeordnete Gertrude Brinek (V) die geplante Novelle. Eine Weiterentwicklung könne nur einen Schritt vorwärts bedeuten, keineswegs aber einen Schritt rückwärts, betonte sie. Das UG 2002 sei zu einem Modell für viele andere EU-Staaten geworden. Es gehe um eine systematische Verbesserung, erklärte sie, und für den Mittelbau stünden die Kollektivvertragsverhandlungen im Vordergrund. Die Disproportionalität zwischen Mittelbau und Professoren würde geringer werden, zeigte sie sich überzeugt. Man tue gut daran, die "sui generis-Lösung" für die Universitäten zu belassen und aus ihnen keine Kapitalgesellschaft zu machen.

Auf die letzten Äußerungen Brineks reagierte Abgeordneter Josef Broukal (S) mit Hinweis auf den §135 UOG, wonach das Arbeitsverfassungsgesetz für alle gelte. Der Senat sei aber in noch keinem Fall als Personalvertretung tätig gewesen, habe niemals in der Frage von Karriereaussichten für MitarbeiterInnen verhandelt und sei auch niemals vor das Arbeitsgericht getreten. Man brauche daher zeitgemäßere Mitbestimmungsformen, forderte er, zumal eine Minderheit der Universitätsangestellten mit einer absoluten Mehrheit über die anderen bestimme. Dem entgegnete wiederum Abgeordnete Brinek (V), das Arbeitsverfassungsgesetz habe an den Universitäten nur bedingt Geltung, da Universitäten eben keine Betriebe seien. Der Senat habe die Aufgaben eines Betriebsrates zu erfüllen und die Mitbestimmungsfrage sei daher auch in diesem Zusammenhang zu diskutieren. Abgeordneter Broukal (S) unterstützte daraufhin zwar die "sui generis-Lösung" für die Universitäten, blieb aber bei seinem Standpunkt, dass dies nicht zu einer Einschränkung der Mitbestimmungsrechte führen dürfe.

Broukal sah auch die gesetzlichen Auflagen des §12 UOG, wonach die Universitäten ausreichend vom Staat zu finanzieren sind, sowie jene des §54 UOG, wonach den Studierenden ein ausreichendes Angebot zur Verfügung gestellt werden müsse, als nicht realisiert. Er schlug daher vor, ins Gesetz Sanktionen für die Nichterfüllung dieser Bestimmungen aufzunehmen. Seine Klubkollegin Gertraud Knoll (S) erinnerte an den gemeinsamen Entschließungsantrag zur ausreichenden Finanzierung der Universitäten und bekräftigte die Notwendigkeit, für den tertiären Bildungssektor bis 2020 zwei Prozent des BIP vorzusehen. Dazu meinte Abgeordnete Gertrude Brinek (V), man müsse zunächst definieren, was unter ausreichender Budgetierung gemeint ist. Der Budgetpfad, wonach man bis 2020 für den tertiären Bildungssektor zwei Prozent des BIP aufwenden möchte, müsse solide und in durchdachten Schritten verfolgt werden. Jedenfalls dürfe es zu keinem Gießkannenprinzip mehr kommen.  

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte sich enttäuscht über die ins Auge gefassten Neuerungen zum UG 2002. Diese beträfen offensichtlich nur eine Schärfung und Konkretisierung der Bestimmungen. Er hätte sich mehr Mut gewünscht und gehofft, dass man seitens der Regierung die Novelle als eine Chance sieht, größere Schritte zu setzen. Vor allem sollten die jüngeren Leute, die an den Universitäten forschen und initiativ sind, motivieren und ihnen auch ein Mitspracherecht einräumen. Ein Wettbewerb mit den Professoren und Professorinnen heiße nicht, dass man alle an den Universitäten gleich mache. Wie die SPÖ sprach er sich daher für die Schaffung einer Kurie sowie dafür aus, den Senat aufzuwerten und ihm Mitentscheidungsrechte zu geben.

Abgeordneter Gernot Darmann (B) erinnerte an die breite und ausführliche Diskussion im Rahmen des kürzlich stattgefundenen Enquete und artikulierte die Befürchtung vieler TeilnehmerInnen, die Autonomie könnte wieder eingeschränkt werden. Die Mitbestimmung des Mittelbaus hielt Darmann für ein zentrales Thema.

Als ideologisch bezeichnete Ausschussvorsitzender Martin Graf (F) die Diskussion um die Mitbestimmungsrechte. Wesentlich wichtiger als das "Gremialthema" seien die Zugangsbeschränkungen an den Unis, die Graf einmal mehr kritisierte. Auch würden die Leistungsvereinbarungen einen unverhältnismäßig großen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen, der die Universitäten lähme. Die Notwendigkeit von Kollektivverträgen wurde aber auch von ihm unterstrichen.

Unter Bezugnahme auf die Ausweitung der Befugnisse der Studentenanwaltschaft stellte er die Frage in den Raum, ob man dann die ÖH überhaupt noch brauche. Dem schloss sich auch Abgeordneter Gernot Darmann (B) an, der in der ÖH vor allem eine Plattform für politisch Tätige sah, die wenig für die StudentInnen zusammenbrächte. Das BZÖ bevorzuge daher das Modell von StudienmentorInnen an den einzelnen Universitäten. Abgeordneter Kurt Grünewald hatte davor eine größere Autonomie für den Studienanwalt gefordert, Abgeordneter Josef Broukal wiederum die in Aussicht genommene Ausweitung der Rechte des Studienanwalts begrüßt.

Bundesminister Johannes Hahn griff das Thema Mittelbau auf und erläuterte seine Überlegungen, die so genannten "§99 Professuren", die derzeit auf zwei Jahre limitiert sind, auf sechs Jahre zu verlängern. Damit könne man eine höhere Flexibilität schaffen, und den Betreffenden auch mehr Möglichkeiten geben, Profil zu entwickeln. Des weiteren schlug Hahn vor, Leitungen von Organisationseinheiten auch für Mitglieder des Mittelbaus zu öffnen, womit man HoffnungsträgerInnen an den Universitäten Verantwortung gebe und sie damit in die Professorenschaft hinüberziehen könne. Diese Ankündigungen wurden auch von den Abgeordneten Josef Broukal (S) und Kurt Grünewald (G) befürwortet.

Was die Kollektivverhandlungen betrifft, so zeigte sich der Minister zuversichtlich, diese parallel zur Beschlussfassung der UG-Novelle abschließen zu können. Bei den Leistungsvereinbarungen, die für vier Jahre abgeschlossen werden, gebe es jährliche Zielvereinbarungen, wodurch man einem österreichischen Hochschulraum näher rücke, erläuterte er. Die Benützung von Universitätseinrichtungen auch in der studienfreien Zeit, wolle man ebenfalls über die Leistungs- und Zielvereinbarungen lösen, stellte Hahn gegenüber Abgeordnetem Robert Rada (S) fest. Hahn bekräftigte darüber hinaus sein Ziel, budgetäre Mittel für den tertiären Bildungssektor in Höhe von 2 % des BIP zu erreichen. Derzeit gebe es in der EU jedoch noch unterschiedliche Berechnungen, fügte er kritisch hinzu, weshalb einheitliche Grundlagen ausgearbeitet werden müssten.

In Beantwortung einer Frage des Abgeordneten Erwin Niederwieser (S), die sich auf den Bologna-Prozess bezog, kündigte Hahn an, auch vierjährige Bachelorstudien anbieten zu wollen. 

Nachdem Abgeordneter Darman (B) dafür eingetreten war, die Höhe der Studienbeiträge den einzelnen Universitäten freizugeben, und Abgeordneter Josef Broukal (S) das Hamburger Modell zur Sprache gebracht hatte, wonach Studienbeiträge erst im Nachhinein von AbsolventInnen mit gut bezahlten Jobs zu leisten sind, stellte Minister Hahn unmissverständlich klar, dass er die Studienbeiträge in der derzeitigen Form beibehalten möchte. Diese hätten einen positiven Lenkungseffekt, und der sei nur zu erzielen, wenn man Studienbeiträge während des Studiums einhebe. Das Hamburger Modell würde auch einen zu großen Verwaltungsaufwand erfordern, fügte er hinzu.

Für eine zusätzliche Medizinuniversität sah der Wissenschaftsminister keinerlei Bedarf. Er antwortete damit auf die Frage des Abgeordneten Alois Gradauer (F). Hahn betonte, es sei auf Grund organisatorischer Voraussetzungen gelungen, Wartezeiten fast gänzlich zu verhindern und die Drop-Out-Rate dramatisch zu senken. Handlungsbedarf sah er vor dem Hintergrund der Änderung des Ärztegesetzes. Er wolle nun alles daran setzen, das Problem des klinischen Mehraufwandes in den Griff zu bekommen und dazu einen Vorschlag vorlegen.

Im Bezug auf die Diskussion über eine Kunstuniversität in Innsbruck, auf die Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) aufmerksam gemacht hatte, merkte Hahn an, man strebe keine Volluniversität an, vielmehr gehe es darum, im Rahmen einzelner Studiengänge etwas anzubieten, was es in der Alpenregion nicht gibt. (Fortsetzung)


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