Parlamentskorrespondenz Nr. 534 vom 05.06.2008

Nationalrat: Heftige Debatte um hohe Treibstoff- und Energiepreise

FPÖ verlangt bei Aktueller Stunde Steuersenkungen

Wien (PK) – Die hohen Preise bei Treibstoffen und Energie standen im Mittelpunkt einer heftigen Debatte im Rahmen einer Aktuellen Stunde, mit der die heutige Sitzung des Nationalrats eröffnet wurde. Die Freiheitlichen hatten dafür das Thema "Stopp dem Energie- und Treibstoffwucher – Faire Preise statt unfaire Steuern" gewählt.

Erstredner FPÖ-Klubobmann STRACHE fuhr mit schwerem Geschütz auf: Die Regierung sei säumig, sie kassiere nur ab und belaste die Bürger. Die geplante Erhöhung des Pendlerpauschales und des amtlichen Kilometergelds qualifizierte Strache als "lächerlich" und als "Tropfen auf den heißen Stein", würden doch den Bürgern damit von Mehreinnahmen im Ausmaß von 760 Mill. € nur 60 Mill. zurück gegeben. Anhand eines farblich zweigeteilten 20-Liter-Kanisters demonstrierte der Redner, dass 55 % des Gesamtpreises "vom Finanzminister kassiert" würden. Während die Regierung bei den "Superreichen" eine Entlastung vornehme, würde "Autofahren zum Luxusgut", kritisierte Strache. Die BürgerInnen und die Familien, die auf das Auto angewiesen seien, würden von der Regierung "schamlos im Stich gelassen". Auch bei den Heizkosten seien die Bürger existenziell betroffen, sagte der FP-Klubchef und forderte "rasche Hilfe" durch Halbierung der Mehrwertsteuer und Senkung der Mineralölsteuer; auch staatliche Preisregelung dürfe kein Tabu sein, forderte Strache.

Wirtschaftsminister Dr. BARTENSTEIN stimmte Strache zu: Die Treibstoff- und Energiepreise seien gestiegen, und sie würden tendenziell und langfristig auch weiter steigen. Die Regierung habe auf diese Situation richtig reagiert, und zwar mit einer vernünftigen Energiepolitik und mit der Anhebung des Pendlerpauschales und des Kilometergelds; dies sei "treffsichere Politik" und mehr als "ein Tropfen auf den heißen Stein". Der Minister wies darauf hin, dass der Tankstellenpreis in Österreich niedriger als in den Nachbarländern und niedriger als im europäischen Durchschnitt sei; auch die steuerliche Belastung sei in Österreich niedriger. Die Wettbewerbskommission mache eine umfassende Branchenuntersuchung, sagte der Minister weiter und erinnerte auch an den Vorschlag des Finanzministers beim letzten Treffen der EU-Finanzminister, europaweit eine Spekulationssteuer einzuführen. Im Zusammenhang mit den von Strache angezogenen Heizkosten richtete der Minister einen Appell an die Länder.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) qualifizierte die Situation bei den Treibstoffpreisen als unbefriedigend, und darunter hätten nicht nur Pendler und Familien zu leiden, sondern auch die Industrie und die Wirtschaft insgesamt. Die Erhöhung des Pendlerpauschales und des Kilometergelds sei in dieser Situation eine Hilfe. Es gehe aber auch darum, den Blick auf die Gründe und Ursachen des hohen Preises zu richten, forderte Jarolim. 95 % des Rohöls wurden von den Konzernen um 20 Dollar je Fass eingekauft und nur 5 % würden auf dem Rotterdamer Markt um 80 Dollar zugekauft. Diese geringe Menge diene aber als Rechtfertigung für den hohen Preis. Bei einer Gesamtrechnung könnte der Preis um 20 bis 30 Prozent niedriger sein, führte Jarolim aus und forderte, die Wettbewerbsbehörde mit "Biss" auszustatten.

Abgeordnete TAMANDL (V) zeigte sich froh, dass ihr Vorredner die Debatte auf die sachliche Ebene gebracht habe. Mit der Anhebung des Pendlerpauschales und der Erhöhung des Kilometergelds von 38 auf 42 Cent werde genau dort reagiert, wo es für die Menschen notwendig sei, und 60 Millionen € würden damit an die BürgerInnen aus dem Steuertopf zurück gegeben. Tamandl begrüßte auch die Initiative in Richtung Spekulationssteuer auf europäischer Ebene. Die Forderung nach Senkung der Umsatzsteuer hingegen sei kurzsichtig; diese Senkung würde von den Konzernen nicht an die VerbraucherInnen weiter gegeben.

Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) bekannte sich zu gezielten Hilfen, sah es aber als "Zumutung" an, wie von der ÖVP die Maßnahmen für Pendler mit Steuergeschenken für Stiftungen verknüpft wurden. Auch würden Milliarden in "unsinnige Bahntunnels" gesteckt, die nur dem Fernverkehr dienten, während es im Nahverkehr hapere. Seine Fraktion sei auch für jede Hilfe zum Umstieg auf spritsparende Autos, was zugleich eine Herausforderung für die europäische Autoindustrie sei. Von einer Senkung der Mehrwertsteuer hingegen würden nur "die Scheichs und die Konzerne" profitieren. Eine Senkung der Mineralölsteuer würde nur die Nachfrage stimulieren und damit den Preis weiter in die Höhe treiben, und das "geht nach hinten los", stellte Van der Bellen pointiert fest.

Abgeordneter Mag. HAUSER (F) sah auf Seiten der Regierung "Mutlosigkeit", weil sie nicht zu sofortigen Entlastungen bereit sei. Er und seine Fraktion hätten schon vor einem Jahr darauf aufmerksam gemacht, dass die Geldtaschen der BürgerInnen leer seien wie nie, während sich in den letzten fünf Jahren die Einkommen der Manager verdoppelt hätten. Die Zahl der von Armut bedrohten Menschen steige, während der Finanzminister im 1. Quartal des laufenden Jahres um 800 Mill. € mehr eingenommen habe. Hauser forderte, den Menschen ihr Geld zurück zu geben.

Auch B-Klubobmann WESTENTHALER sah die Regierung als "Abkassierer" und ortete "Versagen auf allen Linien". Es gebe Entlastungen für Superreiche, während die Pendler weiter belastet würden, aber auch die Familien auf dem Land, die unter den hohen Treibstoffpreisen litten, weil sie auf das Auto angewiesen seien, ohne ein Pendlerpauschale zu beziehen. Westenthaler forderte eine Senkung der Umsatz- und der Mineralölsteuer und stellte das Bundesland Kärnten mit der Einführung von "Tankgutscheinen" als Vorbild hin. Weitere Forderungen des BZÖ-Klubchefs betrafen die Einberufung eines Benzinpreisgipfels, Maßnahmen gegen die Ölmultis und die Festlegung eines Höchstpreises bei Treibstoffen.

Das Thema der Debatte verdiene ernst genommen zu werden, erklärte Abgeordnete FLECKL (S), die massiven Probleme für viele Menschen durch den Preisanstieg verlangten nach Maßnahmen, und die Regierung setze auch Maßnahmen: die Anhebung des Pendlerpauschales um 15 und des Klometergelds um 12 %. Damit sei es allerdings nicht getan, es brauche auch Maßnahmen auf EU-Ebene wie eine Steuer auf Spekulation bei Rohstoffen. Auch müsse Mobilität neu gedacht werden, etwa in Form von Vernetzung von Angeboten und von Fahrgemeinschaften. Ihren Vorrednern von FPÖ und BZÖ warf sie vor, nur Plattitüden von sich gegeben zu haben.

Abgeordnete FUHRMANN (V) reagierte auf die Wortmeldung von Abgeordnetem Westenthaler und bezeichnete es als eine "Pflanzerei", wenn Landeshauptmann Haider nun Benzingutscheine verteilt, nachdem er sämtliche Abgaben erhöht hat. Fuhrmann stellte in Abrede, dass der Finanzminister von den steigenden Spritpreisen profitiert, da sich die Mineralölsteuer aus der Treibstoffmenge ergibt und einen Fixbetrag darstellt. Die Herausforderungen der derzeitigen Situation seien global und gingen auf Spekulationen und den Rückgang der Lagerbestände in den USA zurück. Sie halte daher die Diskussion über eine Spekulationssteuer auf EU-Ebene für den richtigen Weg. In Österreich begrüßte sie die Anhebung des Kilometergelds und des Pendlerpauschales, da damit rund 800.000 Menschen entlastet werden. Dezidiert sprach sich Fuhrmann gegen eine staatliche Preisregelung aus und meinte, nur der Wettbewerb kurble die Wirtschaft an.

Abgeordnete Dr. MOSER (G) begann ihren Debattenbeitrag mit dem Appell: "Wir müssen raus aus der Ölpreisfalle!" Es gehe nicht an, dass täglich 10 Mill. € aus Österreich in die Budgets der Scheichs und Ölkonzerne fließen. Für Moser geht die Regierung jedoch den falschen Weg und treibt die Menschen in die Ölpreisfalle weiter hinein. Die Grüne Abgeordnete forderte daher eine Änderung der Politik mit dem Ziel, die Wohnbauförderungsmittel in die Sanierung zu stecken sowie eine bessere Wärmedämmung und Raumwärme aus erneuerbaren Quellen zu fördern. Man müsse sich vor allem auch auf eigene "Mobilitätsbeine" stellen, sagte Moser, zum Beispiel durch die Förderung von Elektroautos. Umweltminister Pröll agiere im Gegensatz dazu auf EU-Ebene jedoch im Interesse der europäischen Autoindustrie. Weiters sollte man zu energieeffizienteren Formen der Fortbewegung, wie das Radfahren, umsteigen, propagierte sie, zumal 50 % der zurückgelegten Wege unter 5 km liegen. Schließlich trat Moser vehement für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ein und kritisierte scharf das Missverhältnis zwischen öffentlichem Verkehr, für den jährlich 10 Mill. € investiert werden, und dem Straßenausbau, in den jährlich 1,3 Mrd. € fließen.

Abgeordneter KICKL (F) warf den Grünen heuchlerische Politik vor, zumal die meisten G-Abgeordneten ein Auto haben. Ein Hybridauto könnten sich wiederum viele Menschen in Österreich nicht leisten, betonte er. Kickl warf der Regierung vor, eine "Logik des parallelen Universums" zu verfolgen. Dies habe sich bei der Pensionserhöhung gezeigt, nach der die Leute weniger Geld in der Tasche hatten, und dies setze sich nun auch beim Entlastungspaket wegen der hohen Spritpreise fort. Kickl gebrauchte in diesem Zusammenhang die Ausdrücke "Frotzelei und Pflanz". Dazu komme, so Kickl, die exorbitant steigenden Preise für Lebensmittel. Der Preis von Heizöl sei seit Jahresbeginn um ein Drittel gestiegen, weshalb die FPÖ auf ihrer Forderung nach einer Preisdeckelung beharre. 

Abgeordneter SCHEIBNER (B) zeigte sich, wie er sagte, "fassungslos", dass man nicht die Gelegenheit nütze, um die Menschen wirksam zu entlasten. Die österreichischen Vertreter in der EU müssten endlich einen Diskussionsprozess in Gang setzen, damit man nicht länger den Preisabsprachen der Ölkonzerne zuschaue. Die Bundesregierung habe die Mineralölsteuer weitaus stärker angehoben, als ursprünglich im Regierungsprogramm vorgesehen, eine Rücknahme wäre daher in seinen Augen ein klares Signal. Die Regierung ergehe sich aber lediglich in Beschwichtigungen. Auch Scheibner forderte den Ausbau des öffentlichen Verkehrs. (Schluss)


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