Parlamentskorrespondenz Nr. 548 vom 06.06.2008

Lob für die RTR, Kritik am ORF

Nationalrat debattiert Bericht der RTR

Wien (PK) – Lob für die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH und Kritik am ORF habe es bei der Debatte über den Tätigkeitsbericht der genannten Behörde im Nationalrat. Abgeordneter Dr. CAP (S) lobte den guten und aussagekräftigen Bericht der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde und die professionelle Arbeit dieser Behörde. Hinsichtlich der Reformwünsche hielt der SP-Klubobmann fest, es gehe ihm um eine sinnvolle Reform in Übereinstimmung mit den Vorstellungen der Branche. Der ORF solle seine Rolle als ein Element der österreichischen Identität weiterhin erfüllen können. Er sei für eine verfassungsrechtliche Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde, wolle jedenfalls keine "Metternich-Behörde" schaffen. Es gelte ein Maximum an journalistischer Freiheit und die Medienvielfalt zu erhalten.

Abgeordneter MORAK (V) zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Bericht und mit der Arbeit der Behörde. Der Telekombereich sei sehr gut reguliert worden. Bewährt habe sich auch die Fernsehfilmförderung, die er ausbauen wolle. Beim Ausbau der Breitbandtechnologie habe er allerdings den Eindruck, umso mehr Initiativen ergriffen und umso mehr Maßnahmen diskutiert würden, desto weniger Ergebnisse seien zu verzeichnen.

Statt einer "unabhängigen Medienbehörde" wolle SP-Klubobmann Cap eine "Metternichbehörde" einrichten, kritisierte Morak. Er sehe Handlungsbedarf, wenn der ORF in einer sitzungsfreien Woche nach 16 Uhr Abgeordnete im Parlament suche, wenn statt über eine Enquete über Nebenveranstaltungen im SPÖ-Klub berichtet, Stiftungsräte im ORF über die Budgetlage im Unklaren gelassen, der ORF mit Dumpingpreisen seines Orchesters andere Orchester ausboote, wenn Kampagnenjournalismus betrieben und Autos ohne Ausschreibungen angeschafft würden oder sich eine ORF-Führung überfordert zeige. "Wenn wir eine Medienförderung einführen, hätte ich gerne eine effiziente unabhängige Medienbehörde - und nicht das Salzamt", schloss Morak pointiert.       

Abgeordneter BROSZ (G) schloss sich dem Lob für den Bericht der Rundfunk- und Telekomregulierungsbehörde an, sah aber Bedarf an einer Diskussion über den jüngsten ORF-Jahresbericht und verlangte in einem Entschließungsantrag diesen Bericht dem Parlament vorzulegen. Zur Debatte über die ORF-Gebührenerhöhung hielt der Abgeordnete fest, die Politik wolle die Befreiung sozial Schwacher von den Gebühren, daher solle sie dem ORF auch den daraus entstehenden Einnahmenentgang ersetzen. Dazu legte Brosz einen Entschließungsantrag seiner Fraktion vor.

Auch er trete für eine unabhängige Medienbehörde ein, gegen die sich die SPÖ aus unverständlichen Gründen sperre, obwohl der jüngste Kriminalfall in Amstetten gezeigt habe, wie notwendig es sein könne, die Privatsphäre von Menschen durch behördliche Maßnahmen gegen Übergriffe von Journalisten zu schützen.

Abgeordneter VILIMSKY (F) registrierte auch in der Medienpolitik eine heillose Zerrüttung der Koalition und prangerte Missstände im ORF an. Vorfälle bei der Serie "Dancing Stars" veranlassten seine Fraktion, ein Verbot für den Einsatz von Mehrwertnummerndiensten beim ORF zu fordern. Es sei gebührenpflichtigen Konsumenten nicht zumutbar beim Voting für ORF-Stars mit 50 Cent pro Anruf zur Kasse gebeten zu werden.

An der Entwicklung des ORF kritisierte Vilimsky negative Rekorde bei den Quoten, bei den Gebühren und bei der Qualität des Programms. Während Nachhilfesendungen sowie Senioren- und Kinderprogramme eingeschränkt werden, fülle man die Sendezeiten mit billigen Soap-Operas. "Weg mit den ORF-Gebühren", sagte der Abgeordnete, der die Zeit für reif hielt, eine zukunftsträchtige Medienpolitik zu machen. Dazu gehöre es, den Einfluss der Politik auf den ORF zu beenden.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sah ebenfalls Handlungsbedarf, wenn sich der ORF über Mehrwertdienste ein "Körberlgeld" auf Kosten der Konsumenten verschaffe und zeigte Verständnis für den Ärger der Konsumenten über die hohen Gebühren. Der ORF sollte seine Marktvorteile, die auch darin bestehen, Filme ohne Unterbrecherwerbung anzubieten, nutzen und Behinderten einen verbesserten Zugang zu seinen Programmen bieten. Ein dementsprechender Antrag des BZÖ liege bereits vor. Zudem drängte der Abgeordnete in einem Entschließungsantrag auf eine Gebührenbefreiung für Behinderte und auf einen Anteil von mindestens 50 % barrierefreier Sendungen.

Bundesministerin BURES bekannte sich dazu, behinderten Menschen den Zugang zu den Programmen des ORF zu ermöglichen und illustrierte die diesbezügliche positive Entwicklungen mit der steigenden Zahl von ORF-Sendungen mit Untertiteln.

Lob äußerte die Ressortleiterin an der erfolgreichen und professionellen Arbeit der Regulierungsbehörde, für die der Nationalrat gute gesetzliche Voraussetzungen geschaffen habe. Über die geplante Reform der Behörde werden derzeit auf Expertenebene Gespräche geführt. Ihr gehe es um die Unabhängigkeit der Behörde und um die Einhaltung von EU-Standards, hielt Ministerin Bures fest und wies es zurück, eine Regulierungsbehörde mit dem "Salzamt" zu vergleichen.

Der Fonds zur Förderung des österreichischen Fernsehfilms habe hervorragende Ergebnisse gebracht, Bures sprach sich daher dafür aus, freiwerdende Mittel beim Digitalisierungsfond für die Aufstockung der Fernsehfilmförderung zu verwenden.

Abgeordneter Dr. WITTMANN (S) zog seine ursprüngliche Skepsis gegenüber der Rundfunk- und Telekommunikationsbehörde zurück und hielt seinerseits fest, man könne einem Unternehmen nicht sozialpolitische Aufgaben übertragen. Auch Wittmann plädierte dafür, den Fernsehfilmförderungsfond finanziell aufzustocken. Dieses Instrument habe sich in jeder Weise bewährt, sagte der Abgeordnete und wies auf den hohen volkswirtschaftlichen Multiplikatoreffekt von Filmförderungen hin.

Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V) kritisierte eine geringe Prüfungsfrequenz der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsgesellschaft und fragte nach den Konsequenzen bei der Feststellung von Werbeverstößen. Die Volkspartei stehe zum ORF und zu seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag, sagte Donnerbauer. Der ORF habe als ehemaliger Monopolist eine gewisse Marktmacht und über seine starke Stellung auf dem Informationsmarkt immer auch politischen Einfluss. Daher sei eine unabhängige Medienbehörde notwendig, so sehe dies auch die EU.  

Abgeordnete HRADESCNI (G) erinnerte Bundesministerin Bures an die nach wie vor bestehenden technischen Probleme bei der Umstellung auf das digitalisierte Fernsehen und zeigte sich besorgt wegen des neuerlich starken Anstiegs der Streitschlichtungsfälle bei der Regulierungsbehörde. Die Abgeordnete drängte in diesem Zusammenhang auf eine konsumentenfreundliche Opting-in-Regelung für Mehrwertdienstleistungen.

Abgeordnete Mag. GROSSMANNN (S) unterstrich die Bedeutung des freien Zugangs zum Wissen in der Informationsgesellschaft und drängte von daher darauf, die digitale Kluft zu überwinden. Dies sei notwendig um ein kulturelles Nachhinken zu vermeiden und um zu verhindern, dass die Dominanz der USA und Ost-Asiens gegenüber Europa im wichtigen Bereich der Informationstechnologien noch stärker werde.  

Abgeordneter Dr. SONNBERGER (V) gab sich als "erzürnter" ORF-Gebührenzahler zu erkennen, der wissen möchte, wofür er eigentlich Gebühren zahle. 41 Mill. Euro zahlten die Seher/Hörer pro Jahr mehr an den ORF, weil dies eine rot-grüne Achse im Stiftungsrat so wollte, obwohl bekannt sei, dass der ORF über ausreichende Rücklagen verfüge.

Demgegenüber gab Abgeordneter PENDL (S) zu bedenken, der ORF brauche  Einnahmen, um seine erstklassige Arbeit leisten zu können. Es sei zu verhindern, dass Menschen vom Informationsfluss ausgeschlossen würden. Daher sei ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk ebenso wichtig wie das Bemühen um möglichst viele barrierefreie Sendungen.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) erinnerte in der Diskussion um ORF-Gebühren an Vorschläge des Rechnungshofs zu einer ORF-Reform, ohne die Konsumenten zu belasten. Die hervorragenden Mitarbeiter des ORF könnten laut Hakl nichts dafür, dass die gegenwärtige ORF-Führung sie kein besseres Programm machen lasse. Hinsichtlich immer noch bestehender "weißer Flecken" beim Festnetz ersuchte die Rednerin um die Vorlage einer realistischen Breitbandausbaustudie von dem dafür  zuständigen Verkehrsminister.

Abgeordneter MARIZZI (S) hielt es für angebracht, über soziale Aspekte der ORF-Gebühren zu diskutieren und würdigte zugleich die Arbeit des Fernsehfilmförderungsfonds. Mit diesem Fonds wird die Produktion von Filmen gefördert, die gute Werbung für Österreich machen.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) sah die Rundfunk- und Telekom- Regulierungsbehörde auf dem richtigen Weg, brach eine Lanze für die Unterstützung sozial schwacher Haushalte und befürwortete die Aufrechterhaltung der Förderungen bei der Umstellung auf digitalen Fernsehempfang.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Die in der Debatte eingebrachten Entschließungsanträge der Oppositionsparteien blieben in der Minderheit und wurden abgelehnt. (Schluss RTR/Forts. NR)