Parlamentskorrespondenz Nr. 580 vom 17.06.2008

Strengere Sanktionen im Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz

Sozialausschuss behandelt umfangreiche Tagesordnung

Wien (PK) – Im zweiten Teil der heutigen Sitzung des Sozialausschusses standen vor allem die Umsetzung einer EG-Arbeitszeitrichtlinie betreffend das grenzüberschreitende Zug- und Flugpersonal, eine Änderung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes, das strengere Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten vorsah, sowie die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auf der Agenda. Weiters diskutierten die Abgeordneten über zahlreiche – zumeist vertagte oder den zuständigen Ausschüssen zugewiesene - Anträge der Opposition, die u.a. folgende Themen zum Inhalt hatten: einheitliche ärztliche Begutachtung durch das Bundessozialamt (BZÖ), Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz am Arbeitsplatz, Interessenvertretung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, barrierefreier Zugang für behinderte Menschen, Konkurrenzklauseln in Arbeitsverträgen sowie die Rechte atypisch Beschäftigter (alle FPÖ).

Neue EU-Arbeitszeitregelungen für das Zug- und Flugpersonal


Die EG-Richtlinie betreffend die Arbeitszeit des grenzüberschreitenden Zugpersonals und die Bordpersonal-Richtlinie erfordern eine Novellierung des Arbeitszeit- und Arbeitsruhegesetzes. Im Eisenbahnbereich geht es vor allem um die  Festlegung von täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten für das grenzüberschreitend tätige Zugpersonal, von einheitlichen Pausenregelungen und einheitlichen maximalen Fahrzeiten für das gesamte Zugpersonal, mit kollektivvertraglichen Abweichungsmöglichkeiten für das Zugpersonal im ausschließlich nationalen Verkehr. Für das Bordpersonal werden Höchstgrenzen für Blockzeit und Jahresarbeitszeit, einschließlich der Verpflichtung zur gleichmäßigen Verteilung, festgelegt. – Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.

Es handle sich dabei grundsätzlich um eine sehr gute Vorlage, meinte Abgeordneter Dietmar Keck (S). Allerdings bedauerte er, dass es keine Verpflichtung dazu gebe, die tatsächliche Fahrzeit von Lokführern aufzuzeichnen. Diese Auffassung teilte auch seine Fraktionskollegin Ulrike Königsberger-Ludwig, die zudem darauf hinwies, dass der ÖBB-Vorstand damit einverstanden gewesen wäre. 

Auch Abgeordnete Birgit Schatz (G) schloss sich der Kritik von Keck an und machte zudem darauf aufmerksam, dass es in Hinkunft nun möglich sei, die Mindeststandards mit kollektivvertraglichen Regelungen zu unterlaufen. Auch Abgeordnete Ursula Haubner (B) gab dies zu bedenken und monierte zudem die fehlende Einbeziehung von Hubschrauberpiloten, die bei medizinischen Einsätzen tätig sind.

Bundesminister Martin Bartenstein begrüßte die Vorlage, zumal sie EU-Vorgaben umsetze, die auf Sozialpartnereinigungen auf europäischer Ebene basieren. Er halte es nicht für klug, jetzt noch einseitige Änderungen vorzunehmen. Was die kollektivvertraglichen Abweichungsmöglichkeiten betrifft, so gebe es diese auch in vielen anderen Bereichen, gab der Ressortchef zu bedenken. Der Abgeordneten Haubner teilte er mit, dass die Piloten von Ambulanzflugzeugen vom Gesetz erfasst werden. Ein Vertreter des Ressorts informierte noch den Abgeordneten Öllinger darüber, dass im von ihm angesprochenen Paragraphen nicht stehe, dass neun Stunden ununterbrochen lang gefahren werden könne.

Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz wird geändert


Bei der Änderung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG) steht die Verbesserung der Durchsetzbarkeit von Arbeitszeitvorschriften im Vordergrund. Analog zum – restriktiveren - Arbeitszeitgesetz – wurden nun verstärkte Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Aufzeichnungspflichten in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht sowie Erleichterungen bei der zivilrechtlichen Geltendmachung von Ansprüchen in den Entwurf aufgenommen. Ausdrücklich wird im Gesetz festgehalten, dass Verstöße gegen die Aufzeichnungspflichten hinsichtlich jedes/jeder einzelnen Dienstnehmer/in gesondert zu bestrafen sind, wenn durch das Fehlen der Aufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar wird. Außerdem werden Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen, wie Seniorenheime und sonstige Seniorenbetreuungseinrichtungen, in das KA-AZG einbezogen.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) sprach von einer längst fälligen gesetzlichen Regelung, die sowohl von Seiten der Ärztekammern als auch der Gewerkschaft eingefordert wurde. Ein wichtiger Punkt sei ihrer Ansicht nach vor allem die Möglichkeit, dass bei fehlenden Arbeitszeitaufzeichnungen durch die Spitalsträger nun für jeden Fall gesondert eine Strafe ausgesprochen werden kann. Positiv hob Oberhauser auch die Einbeziehung des öffentlichen Bereichs sowie der ArbeiternehmerInnen in Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen hervor. Abgeordnete Maria Grander (V) berichtete aus der Praxis als Pflegedirektorin und unterstrich, dass diese Einbeziehung auf Wunsch der Berufsgruppe erfolge.

Abgeordnete Birgit Schatz (G) konnte der Vorlage einiges Positives abgewinnen, kritisierte jedoch – ebenso wie ihr Fraktionskollege Karl Öllinger - die Ausdehnung der Regelungen auf Beschäftigte in Heimen der stationären Pflege. Sie befürchtete, dass dadurch geltende Mindeststandards unterschritten werden können. Karl Öllinger beklagte, dass es derzeit schon eine Vielzahl an unterschiedlichen Arbeitszeitregelungen für Menschen, die in Betreuungs- und Pflegeberufen arbeiten, gibt; nun komme noch eine weitere hinzu. Generell leiden die im Gesundheitssektor beschäftigten Personen unter teils unzumutbaren Arbeitszeitbedingungen, wodurch viele aus dem Beruf aussteigen. G-Abgeordnete Theresia Haidlmayr sprach die Befürchtung aus, dass die Angestellten in den Heimen nun noch mehr um das selbe Geld arbeiten müssen.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) gab gegenüber Karl Öllinger zu bedenken, dass es jedes Mal einen massiven Widerstand von Seiten der Beschäftigten gegeben hat, wenn man ansatzweise den Achtstundentag einführen wollte. Auch Abgeordnete Maria Grander (V) berichtete, dass sich viele Bediensteten aus den verschiedensten Gründen für einen 12-Stunden-Dienst aussprechen.

Auch BZÖ-Abgeordnete Ursula Haubner hielt die Einbeziehung der Organisationseinheiten zur stationären Pflege in Pflegeheimen für problematisch. Bevor neuerlich eine Arbeitszeitregelung für diese Berufsgruppe beschlossen wird, sollte es zu einer Vereinheitlichung in diesem Bereich kommen, meinte sie.

Bundesminister Martin Bartenstein  erinnerte daran, dass die Vorlage weitestgehend unumstritten war und auch von den Ländern unterstützt wurde. Durch die Änderungen werden vor allem drei Ziele verwirklicht, nämlich dass auch die Arbeitszeiten in ausgegliederten Krankenanstalten kontrolliert werden, dass strengere Sanktionen bei Verstößen gegen die Aufzeichnungspflicht verhängt werden können und dass die Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen in die Regelungen einbezogen werden. - Bei der Abstimmung wurde die Vorlage teils mehrheitlich, teils einstimmig angenommen.

Bundesbehindertenbeirat wird von Monitoringausschuss unterstützt

In der – auch von Österreich unterzeichneten - UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichten sich die Vertragsstaaten, Strukturen auf nationaler Ebene zur Durchführung und Überwachung des Übereinkommens zu schaffen. Diese zusätzliche Aufgabe wird dem bestehenden Gremium Bundesbehindertenbeirat  übertragen, wobei er von einem Monitoringausschuss unterstützt werden soll. Eine entsprechende – einstimmig angenommene - Regierungsvorlage sieht nun vor, dass die Überwachung der Einhaltung der UN-Konvention einem weisungsfreien Ausschuss obliegt, in dem ausschließlich NGOs stimmberechtigte Mitglieder sind, und zwar aus den Bereichen Menschen mit Behinderungen, Menschenrechte und Entwicklungszusammenarbeit. Das Nominierungsrecht für die NGO-Mitglieder soll der österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation als maßgeblichem Dachverband im Bereich der Menschen mit Behinderungen zukommen.

Bundesminister Erwin Buchinger zeigte sich erfreut über die einhellige Zustimmung von Seiten der Abgeordneten und ging auf einzelne Fragen ein. Was die Übersetzungsproblematik anbelangt, so gab er zu bedenken, dass bei Streitigkeiten auf die englische Originalversion zurückgegriffen wird.

Ärztliche Begutachtung, Persönliche Assistenz, Interessenvertretung

Geht es nach den BZÖ-Abgeordneten Gernot Darmann und Ursula Haubner, dann soll im Einvernehmen mit den Bundesländern in Hinkunft das Bundessozialamt dazu ermächtigt werden, ärztliche Begutachtungen für die Zuerkennung eines Ausweises nach Paragraph 29b StVO für dauernd stark gehbehinderte Personen vorzunehmen, um bestehende Ungleichbehandlungen zu vermeiden. - Abgeordnete Christine Lapp (S) sprach von einem sehr wichtigen Anliegen, das jedoch im zuständigen Verkehrsausschuss behandelt werden sollte. – Der Zuweisungsantrag wurde mehrheitlich angenommen. (Forts.)


Themen