Parlamentskorrespondenz Nr. 609 vom 24.06.2008

Expertenhearing im Sozialausschuss: Die politische Debatte

Öffentliches Hearing wird morgen, Mittwoch, fortgesetzt

Wien (PK) - Nach den Stellungnahmen der Experten meldeten sich dann die Vertreter der einzelnen Fraktionen zu Wort. Abgeordneter Karl Öllinger (G) hielt es für problematisch, dass der gesamte Verhandlungsprozess nicht durch das Parlament gesteuert wurde. Außerdem gab er zu bedenken, dass es beim aktuellen Entwurf primär um eine Sanierung und eine neue Organisationsstruktur gehe, während das Kernstück des Sozialpartnervorschlags fehle. Seine Partei wäre bereit, die Sanierung der Krankenkassen mitzutragen, aber die jetzige Lösung sei bestenfalls eine mittelfristige, merkte Öllinger kritisch an. Dringend notwendig sei seiner Ansicht nach auch eine Debatte über das Thema Korruption im Gesundheitswesen.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) drückte zunächst ihr Bedauern darüber aus, dass die Gesundheitsministerin bei dieser wichtigen Diskussion nicht anwesend ist. Bedanken wolle sie sich bei den Experten, die ganz klar ausgedrückt haben, dass es sich um keine Gesundheitsreform handelt, sondern bestenfalls um ein Kassenentlastungsprogramm, das ohne die Einbindung der Betroffenen und ohne Beachtung der erforderlichen Begutachtungszeit durchgezogen werden soll. Notwendig wären nachhaltige Reformen im Sinne einer Absicherung des bestehenden, guten Systems, unterstrich Haubner, was aber durch den vorliegenden Entwurf nicht erreicht werden könne. Sie erkundigte sich dann bei den Experten, ob man von einer nachhaltigen Finanzierung sprechen könne, welche finanziellen Vorteile die Aut-idem-Regelung bringt und wo es tatsächlich Verwaltungskosteneinsparungen gibt.

Abgeordneter Herbert Kickl (F) zeigte sich erschüttert über die massive Kritik, die von Seiten der Experten – mit Ausnahme der "rot-schwarzen Pflichtverteidiger" - gekommen ist. Er verstehe auch nicht den zeitlichen Druck, den die Regierung an den Tag legt, da es um Probleme geht, die schon jahre- bzw. jahrzehntelang bekannt sind. Nun sei statt der notwendigen Reform maximal eine Kassensanierung übrig geblieben, urteilte Kickl, die zudem noch vor dem Sommer durchgedrückt werden soll. Die derzeit auf dem Tisch liegenden Vorschläge bringen nicht nur einen ganzen Berufsstand in eine existenzielle Krise, sondern zerstören das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten sowie das bisherige medizinische Versorgungssystem. Kickl befürchtete, dass ähnlich wie in Deutschland ein Weg hin zu einer Privatisierung des Gesundheitssystems eingeschlagen werden soll. Reden müsse man auch über den systematischen Sozialmissbrauch, der natürlich auch im Gesundheitsbereich gang und gäbe sei, forderte Kickl.

Abgeordneter Werner Amon (V) warf seinem Vorredner eine außerordentliche künstliche Aufregung vor, die der Sache wenig dienlich sei. Er erinnerte weiters daran, dass es die Abgeordneten der Regierungsparteien waren, die vorgeschlagen haben, die Materie umfassend zu beraten. Amon richtete sodann eine Frage an den Rechnungshofpräsidenten und erkundigte sich danach, wo er die größten Kostendämpfungspotentiale in der Regierungsvorlage sehe.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) machte den Abgeordneten Kickl darauf aufmerksam, dass gerade die Maßnahmen der früheren Regierung mit FPÖ-Beteiligung dazu beigetragen haben, die Gebietskrankenkassen in eine so missliche Lage zu bringen. Auch sie fragte den Rechnungshofpräsidenten, wie er die finanziellen und strukturellen Auswirkungen des Pakets einschätze, das ja unter der Vorgabe entwickelt wurde, keine weiteren Belastungen für die Patienten zu bringen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte sich "dankbar und tief ergriffen", dass die Regierung angesichts von Gesundheitskosten in der Höhe von 26 Mrd. € nach Wochen nun zum Ergebnis komme, dass man diese Materie vielleicht ausgiebiger diskutieren soll. Grotesk sei seiner Meinung nach die Tatsache, dass die Politik, die eigentlich die Verantwortung tragen sollte, die Erstellung eines Reformpapiers an die Sozialpartnerschaft delegiere. Gleichzeitig müsse man aber sehen, dass die Sozialversicherungen, wo die Sozialpartner vertreten sind, mit dem Rücken zur Wand stehen, da ihnen Ministerin Kdolsky die Beitragserhöhung streichen will, wenn die Kassen nicht sparen. Nun soll es zu einer Sanierung durch Defizitabbau kommen, führte Grünewald weiter aus, es werden aber weder die Ursachen der Defizite genauer angeschaut noch die bestehenden Versorgungslücken (z.B. in der Prävention, der Palliativmedizin, der Psychotherapie auf Krankenschein) geschlossen.

Es bestehe kein Zweifel darüber, dass das Finanzierungsproblem der Krankenkassen gelöst werden müsse, räumte Abgeordneter Norbert Hofer (F) ein. Er habe jedoch den Eindruck, dass nun der zweite Schritt vor dem ersten gesetzt wird, zumal es sich um keine echte Gesundheitsreform, sondern nur um Maßnahmen an der Oberfläche handle. Wie zahlreiche Aussagen der Experten belegen, sollte vor allem danach getrachtet werden, die "Finanzierung aus einem Topf" zu gewährleisten. Man hätte auch die Möglichkeit, die Finanzierung des Sozialstaats von den Lohnnebenkosten zu entkoppeln, schlug Hofer vor. Ein weiteres Problem sah der FPÖ-Mandatar darin, dass viele Akutbetten mit Patienten belegt sind, die eigentlich pflegebedürftig sind. Dadurch könnte ein Einsparungspotential in der Höhe von 3 Mrd. € genutzt werden. Hofer gab schließlich zu bedenken, dass im Jahr 2006 insgesamt 22 Millionen E-card-Kontakte verzeichnet wurden, die zu 90 % bei niedergelassenen Ärzten anfielen und die insgesamt 10 % der Kosten des Gesundheitswesens ausmachten; und nur über diese 10 % der Kosten werde jetzt gesprochen.

Abgeordneter Karlheinz Kopf (V) beleuchtete die Ursachen für die dramatische finanzielle Situation der Krankenkassen, die seiner Meinung nach u.a. in den galoppierenden Preisen für Heilmittel, in der mangelnden Effizienz des Gesamtsystems, den fehlenden adäquaten Organisationsstrukturen sowie im Zusammentreffen einer Vielzahl von Einzelinteressen zu finden sind. Es stand daher die Entwicklung von Instrumenten zur Durchführung einer strategischen Gesamtsteuerung im Vordergrund, ohne dabei auf die Vorteile eines (Ideen-)Wettbewerbs zwischen den Kassen zu verzichten. Kopf war überzeugt davon, dass die geplante strategische Holding genau diesen Auftrag erfüllen kann. Er verteidigte auch die Möglichkeit, dass die Kassen in Hinkunft Einzelverträge mit den Ärzten abschließen können. Mit welchem Recht fordert die Ärztekammer einen besseren Schutz für ihre Mitglieder, die selbständige Freiberufler sind, als es die ArbeitnehmerInnen und Arbeitnehmer haben?

Abgeordnete Ursula Haubner (B) zeigte sich angesichts des hohen Altersdurchschnitts der niedergelassenen Ärzte und aktueller Probleme bei der Rekrutierung des ärztlichen Nachwuchses besorgt um die medizinische Versorgung im ländlichen Raum. Skeptisch zeigte sich die Abgeordnete gegenüber der geplanten Patientenquittung, insbesondere bei Hausbesuchen. Beim Thema Qualitätssicherung erinnerte Haubner an das vor einigen Jahren eingeführte System und fragte, ob das neue mit dem alten System kompatibel sei.

Abgeordnete Christine Lapp (S) sah den "Knackpunkt" der Debatte bei den Medikamentenkosten, die zuletzt stark gestiegen seien, zeigte sich besorgt um eine hochwertige medizinische Versorgung und wollte wissen, was die Aut idem-Regelung an Einsparungen bringen soll. Wichtig sei die Information der PatientInnen, um das Vertrauen der Menschen in die Qualität des Gesundheitssystems zu erhalten. Für ältere PatientInnen könne es sehr wichtig sein, Medikamente verschrieben zu bekommen, die dieselbe Farbe haben wie jene, an deren Einnahme sie sich bereits gewöhnt haben.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) bedauerte die Abwesenheit der Gesundheitsministerin beim Experten-Hearing, drängte einmal mehr auf Einbeziehung der Barrierefreiheit in die Qualitätskriterien bei Arztpraxen und plädierte für die Einrichtung barrierefreier ärztlicher Versorgungszentren nach Schweizer Vorbild. Haidlmayers Kritik galt überhöhten Ablösen, die junge Mediziner für oft überalterte Praxiseinrichtungen zahlen müssen. Die geplante "Patientenquittung" bezeichnete die Rednerin als "Nonsens".

Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) qualifizierte die Regierungsvorlage als ein "Kassensanierungspaket", das keine "Gesundheitsreform" darstelle. Dieses Paket gehe weg vom Menschen und führe direkt in eine Zwei-Klassen-Medizin, kritisierte die Abgeordnete. Sie schloss sich Abgeordnetem Öllinger an und plädierte wie dieser für eine finanzielle Überbrückungshilfe für die Krankenkassen und für die Ausarbeitung einer substanziellen Gesundheitsreform.

Abgeordneter Fritz Neugebauer (V) erkundigte sich beim Rechnungshofpräsidenten, wie er das Können und Wollen der verantwortlichen Funktionäre des Hauptverbandes einschätze, die dafür verantwortlich gewesen wären, die finanzielle Situation zu vermeiden, in die die Krankenkassen gekommen sind.

Abgeordneter Franz Riepl (S) sah sich noch nie in seiner langjährigen Abgeordnetentätigkeit vor einer so schwierigen Entscheidungsfindung wie angesichts des vorliegenden Pakets. Riepl warnte davor, Extremstandpunkte einzunehmen und Horrorszenarien auszumalen und riet zu einem vernünftigen Mittelweg. Im Einzelnen befasste sich der Redner mit der Belastung der Krankenkassen durch die hohen Schulden und wies auf die hohen Außenstände der Arbeitgeber und auf uneinbringliche Sozialversicherungsbeiträge hin. Angesichts solcher Probleme könne man nicht zur Tagesordnung übergehen.

Auf die Fragen der Abgeordneten eingehend erinnerte Universitätsprofessor Reinhart Waneck zunächst an seinen Vorschlag im Jahr 2000, den Krankenkassen fehlendes Geld zur Verfügung zu stellen und die Zeit bis 2006 für eine umfassende Gesundheitsreform zu nutzen. Man habe sich aber zum "Weiterwurschteln" entschieden, klagte Waneck und kritisierte den vorliegenden Entwurf entschieden. In dieser Reform fehle der Bezug zum Patienten, sie bringe keine Stärkung des niedergelassenen Raumes, sondern eine Schwächung, sagte er. Waneck fürchtete um die Versorgungssicherheit und warnte vor "Wartezeiten" bei bestimmten Gesundheitsleistungen nach britischem Vorbild. Er glaube nicht, dass dieses Paket geeignet sei, die Probleme der Krankenkassen nachhaltig zu lösen und warnte vor irreversiblen Schäden im Verhältnis zwischen den Vertragspartnern, den Krankenkassen und den Ärzten.

Universitätsprofessor Dieter Mandl (KABEG) beklagte, dass die Regierungsvorlage keine Bestimmungen für die vorgesehene Holding enthalte, die ein strategisches Instrument mit Einfluss auf die Geschäftsführung erwarten ließen. Er befürchte eine "zahnlose" Holding, die nicht wirksam werden könne. Großes Einsparungspotential sah der Experte in der Fürsorge und in der Gesundheitsvorsorge. "Eine Gesundheitsreform, die uns weiterhilft, sollte auch den Pflegebereich einbeziehen", sagte Mandl.

Bernd Adlassnig (Ärztekammer Kärnten) erklärte den Wunsch der Ärzte nach einem besseren Kündigungsschutz mit der monopolistischen Position ihrer Arbeitgeber, der Krankenkassen, mit der zunehmenden Konkurrenz aus der EU, mit den Investitionen, die Vertragsärzte bei der Ausstattung ihrer Praxen finanzieren müssen und mit der großen Gefahr, in Konkurs zu gehen.

Überhöhte Ablösen bei der Übergabe von Arztpraxen seien ihm nicht bekannt, sagte Adlassnig, wohl aber Fälle, bei denen Investitionen verloren gegangen seien. Die Begeisterung für Ärztezentren könne er nicht teilen, diese entstünden vorwiegend in Ballungsräumen, nicht aber in dünn besiedelten Regionen, es bestünde daher die Gefahr, dass bestimmte Täler ohne ärztliche Versorgung bleiben.

Präsident Hubert Dreßler (Pharmig) machte darauf aufmerksam, dass die Zunahme der Medikamentenkosten nicht auf die Medikamentenpreise, sondern ausschließlich auf die Zunahme der Verschreibungen und Verordnungen zurückzuführen sei. Hauptursache dafür sei die starke Zunahme der Gruppe der Menschen über 60 Jahre, nämlich um 36.000 Personen jährlich.

Rechnungshofpräsident Josef Moser hielt es einleitend für unabdingbar, den Kassen unter die Arme zu greifen, weil beispielsweise die Wiener Gebietskrankenkasse schon 2006 Verpflichtungen nur durch Kredite bedienen konnte und Kredite nur durch weitere Kredite - was Konkurs bedeutet hätte, wäre das Unternehmensorganisationsgesetz anwendbar. 2006 habe das negative Saldo aller Versicherungen 62 Mill. Euro betragen, 2007 bereits über 350 Mill. Euro und auch 2008 über 300 Mill. Euro. "Es muss etwas getan werden", lautete der Schluss des Rechnungshofpräsidenten.

Das vorliegende Paket im Detail erläuternd führte Moser aus, es werde finanzielle Besserstellungen bis 2012 in Höhe von 1,4 Mrd. Euro für die Kassen bringen. Für eine nachhaltige Absicherung der Kassen wäre es notwendig, Zuwendungen an Leistungen zu binden und Reformmaßnahmen zu setzen. Da dies fehle, werde es so nicht möglich sein, die Kassen nachhaltig zu sanieren. Von den Krankenversicherungen seien kurz-, mittel- und langfristige Konzepte und die Beleuchtung der Verwaltungskosten zu verlangen.

Auch die vorgesehene Zielsteuerung reiche nicht aus. Der Vergleich zwischen der Wiener und der oberösterreichischen Krankenkasse habe gezeigt, "dass Potential da ist". Mit Maßnahmen für eine wirtschaftlichere Führung zeige die oberösterreichische Kasse, dass es möglich sei, den Kostenzuwachs zu bremsen. Ein wesentlicher Grund für die wesentlich höheren Facharztkosten in Wien liege etwa darin, dass in Wien viel weniger Praktiker tätig seien als in Oberösterreich. Dazu kommen in Wien Probleme durch die Verpflichtung der WGGK, die Kosten des Hanuschspitals zu tragen und durch Auslagerungen aus dem Spitals- in den niedergelassenen Bereich. Zu beachten sei laut Moser auch die Fremdpatientenproblematik - hier fehle es ebenso an Transparenz wie bei den Krankenanstalten. "Wir brauchen eine Steuerung, eine Analyse der Potentiale und eine gesamthafte Betrachtung, um ein Potential von 2 Mrd. Euro bis 3 Mrd. Euro zu nutzen", sagte der Rechnungshofpräsident. Seine Stichworte dafür lauten: Standortbereinigung, Leistungsoptimierung, Flexibilisierung des Dienstrechtes und Nutzung von Synergien. Es brauche mehr Mittel für den niedergelassenen Bereich sowie für die Pflege und Mittel für Therapien zur Vermeidung teurer Operationen. Der heutige Schritt gehe in Richtung teilweisen Ausgleichs des negativen Eigenvermögens. Es fehlten aber Leistungsanreize, Konzepte und eine zusammengefasste Betrachtung, wie sie der Rechnungshof bereit empfohlen habe, schloss Präsident Moser.

Heinrich Burggasser (ÖAK) unterstützte grundsätzlich die Aut idem-Regelung und betonte, oberstes Kriterium für die Apotheker sei es, dass jedenfalls die Therapietreue der Patienten eingehalten werde. Die Verschreibung von Generika dürfe nicht dazu führen, dass Patienten ihre Therapie nicht mehr durchführen können.

Norbert Jachimowicz (ÖÄK) wandte sich ebenso wie Walter Dorner (OÄK) gegen die Einzelverträge und meinte, Rationalisierungen bei den Ärzten seien nicht möglich. Unter ökonomischem Druck könne man bloß Rationierungen bewirken. Im Ergebnis führe dies dazu, dass die Patienten auf Leistungen verzichten oder für diese Leistungen auf den privaten Bereich ausweichen müssen. Für Dorner war der Gesamtvertrag die Garantie dafür, dass die Ärzte die beste Medizin und nicht die billigste anbieten können.

Christoph Klein (Arbeiterkammer) hielt die Einzelverträge hingegen dem Grundsatz nach für unverzichtbar, gab aber zu bedenken, der Gesamtvertrag sollte weiterhin das dominante Instrument bleiben. Es gehe nicht um einen zweiten Gesamtvertrag, sondern vielmehr darum, die Notversorgung aufrecht zu erhalten. Seiner Meinung nach sollte das Wort Leistungsvertrag aus dem Gesetzestext gestrichen werden. Was die Selbstverwaltung betrifft, konnte sich Klein vorstellen, die Rolle der Arbeitnehmervertretung noch zu stärken.

Christoph Leitl (WKÖ) stellte grundsätzlich fest, bei Durchführung der geplanten Maßnahmen würde sich der vorhandene Schuldenstand der Gebietskrankenkassen nicht dramatisch in Richtung von 3 Mrd. Euro entwickeln, vielmehr würden die Verbindlichkeiten reduziert werden. Es wäre unverantwortlich gegenüber den Versicherten, die Beiträge zu erhöhen, solange noch bestehende Effizienzpotentiale genützt werden können. Was die Außenstände in den Gebietskrankenkassen betrifft, stellte Leitl klar, mehr als 99 Prozent aller Beitragsverpflichtungen würden erfüllt, bloß weniger als ein Prozent seien uneinbringlich. 

Insgesamt plädierte Leitl mit Nachdruck für eine gleichberechtigte Partnerschaft, meinte jedoch, wenn man diese nicht wünsche, dann werde die Wirtschaftskammer die Konsequenzen daraus ziehen, eine 2-Klassen-Partnerschaft brauche man ebenso wenig wie eine 2-Klassen-Medizin.

Rudolf Hundstorfer (ÖGB) sprach sich für eine gesamtösterreichische strategische Steuerung der Gebietskrankenkassen aus und sah darin die einzige Möglichkeit das System aufrecht zu erhalten. Zu den Verwaltungskosten der Kassen bemerkte er, Österreich liege im europäischen Vergleich im untersten Bereich, sogar noch hinter der Schweiz. Die Patientenquittung wiederum sollte nach Meinung Hundstorfers zurückgestellt werden. Schon der jährliche "Brief" sei problematisch, sagte er, und wies auf die hohen Kosten und den Umstand hin, dass 60 Prozent der Versicherten diese Mitteilung wegwerfen. Andererseits habe man als Patient aber ein Recht zu wissen, was abgewickelt werde, dieses Recht sollte man sich nicht verwirken, gab Hundstorfer zu bedenken.

Zusammenfassend betonte er, die Politik stehe vor der Aufgabe, das Gesundheitssystem weiterhin aufrecht zu erhalten. Sämtliche Finanzplanungen würden davon sprechen, dass jedes Jahr mehr Geld ausgegeben wird. Die Reform sei ein Versuch, den Zuwachs in den Griff zu bekommen.

Das öffentliche Hearing im Sozialausschuss wird morgen, Mittwoch, fortgesetzt. Am Vormittag (10 bis 13 Uhr) geht es um die Gesundheitsreform, am Nachmittag (13 bis 16 Uhr) um Fragen der Strukturreform. (Schluss)