Parlamentskorrespondenz Nr. 629 vom 01.07.2008

Gesundheitsausschuss beschließt Nichtraucherschutz in Lokalen

Ausschuss einhellig für Bericht über Versorgung der Dialysepatienten

Wien (PK) – In der Sitzung des Gesundheitsausschusses  wurden Nichtraucherschutzbestimmungen für die Gastronomie mehrheitlich angenommen, der Cannabisanbau für medizinische Zwecke gebilligt und von allen Parteien ein Entschließungsantrag betreffend Bericht über die Versorgung der Dialysepatienten verabschiedet.

Einbeziehung des Gastronomiebereichs in den Nichtraucherschutz

Die Änderung des Tabakgesetzes sieht vor, dass nun auch in den Einrichtungen der Gastronomie ein generelles Rauchverbot gilt, unter bestimmten Voraussetzungen soll jedoch die Einrichtung von "abgetrennten Raucherzonen" gestattet sein. Davon betroffen ist der Gastronomiesektor mit seinen insgesamt rund 60.000 Gasthäusern, Restaurants, Raststätten, Kaffeehäusern, Buffets, Espressi, Konditoreien, Wein- und Bierlokalen, Pubs, Branntweinschenken, Bars, Diskotheken, Kantinen, Schutzhütten, Würstelbuden etc; darüber hinaus sind auch die zur Verabreichung von Speisen oder Getränken berechtigten Buschenschanken und wohltätigen Veranstaltungen davon erfasst. Ausgenommen sind nur jene Veranstaltungen, die im Rahmen von Zeltfesten stattfinden.

Im Gesetz sind zudem besondere Schutzbestimmungen für die in der Gastronomie tätigen Personen vorgesehen, vor allem für Jugendliche und werdende Mütter, die in Räumen, in denen sie der Einwirkung von Tabakrauch ausgesetzt sind, nicht arbeiten dürfen. Außerdem muss im Kollektivvertrag festgelegt sein, dass der Arbeitnehmer auch dann Anspruch auf Abfertigung im gesetzlichen Ausmaß hat, wenn er sein Arbeitsverhältnis wegen der Belastung durch die Einwirkung des Passivrauchens kündigt. Bei Verstößen gegen die Schutzbestimmungen müssen die Inhaber der Betriebe mit Geldstrafen bis 2.000 € bzw. 10.000 € (im Wiederholungsfall) rechnen, zuwiderhandelnde Gäste mit Geldstrafen bis zu 100 bzw. 1.000 €.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) gab bekannt, dass seine Fraktion die Vorlage ablehnen wird, da ein Unternehmer selbst entscheiden muss, ob er sein Lokal als Raucher-, Nichtraucher- oder als Raucherlokal mit Extrazimmer führt.

Abgeordneter Johann Maier (S) warf ein, es gebe Grenzen der Freiheit, und zwar dann, wenn die Gesundheit anderer betroffen ist. Thematisiert wurden von ihm die im Internet angebotenen Anti-Raucher-Mittel, die vor allem aus England stammen und helfen sollen, mit dem Rauchen aufzuhören. Laut Gutachten seien derartige Mittel nicht verkehrsfähig.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) meinte, der Entwurf sei ein "weiterer Schritt nach vorne". Er sprach von einem gelungenen Kompromiss und wies darauf hin, dass Passivrauchen vornehmlich in der häuslichen Umgebung stattfinde. Rauchen sei eine legale Sucht, fest stehe auch, dass jemand bereits vor seinem 20. Lebensjahr zu rauchen beginnt. Daher müsse man bereits zu diesem Zeitpunkt aufklärend ansetzen.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) verwies auf Umfragen, wonach 70 % der ÖsterreicherInnen für die Wahlmöglichkeit sind und gegen ein Verbot, in kleinen Lokalen das Rauchverbot einzuführen. Man dürfe nicht nur mit Verboten und Zwängen arbeiten, gefordert sei eine verstärkte Koexistenz zwischen Rauchern und Nichtrauchern. Unverständlich sind ihm die hohen Strafen bei Verstößen gegen die Schutzbestimmungen.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) erklärte in Richtung F-Abgeordnetem Hofer, die Wirtschaft trage eine Mitverantwortung für das Gemeinwesen und könne sich nicht aussuchen, was sie wolle. Der Kompromissvariante könne er, Pirklhuber, zustimmen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) hielt es für notwendig, dass der Staat die Chance bietet, ein Recht auf gesundes Leben zu haben, eine Pflicht zu gesundem Leben lehnte der Redner aber ab. In der Vorlage sah er massive Schritte in Richtung eines verbesserten Nichtraucherschutzes. Seine Fraktionskollegin Theresia Haidlmayr forderte einen barrierefreien Nichtraucherbereich für Rollstuhlfahrer ein; anderenfalls werde sie der Vorlage nicht zustimmen.

Abgeordneter Sebastian Eder (V) betonte, mit der Vorlage werde ein weiterer Schritt in Richtung Nichtraucherschutz gesetzt. Die Wahlfreiheit der Gastronomen sei gegeben.

Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky hob die Verbesserung des Nichtraucherschutzes hervor. Die Regelung zum Schutz der Passivraucher werde international als eine wichtige gesundheitspolitische Maßnahme eingestuft. Als wesentlich sah sie auch die gesetzliche Regelung hinsichtlich Sanktionierung im öffentlichen Raum an und wies auch darauf hin, dass mit der Vorlage ein Punkt im Regierungsprogramm umgesetzt werde.

Das Anbieten von Mitteln im Internet sei schwer in den Griff zu bekommen, da es kaum Möglichkeiten gibt, einzugreifen. Einzige Möglichkeit sei es, Aufklärung zu betreiben, nicht mit dem Rauchen zu beginnen und Rauchen nicht als "schick" anzusehen, so die Ressortleiterin.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien und von zwei G-Vertretern mit Mehrheit angenommen.

Ausschuss billigt Cannabisanbau für medizinische Zwecke

Durch die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen des Suchtmittelgesetzes (SMG) und des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes (GESG) sollen zunächst einmal Anpassungen an EU- sowie nationales Recht vorgenommen werden (SMG-Novelle 2008). Weiters soll durch die Novelle der Cannabisanbau zur Wirkstoffgewinnung für die Arzneimittelherstellung ermöglicht werden, wobei diese Tätigkeit ausschließlich im Rahmen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) und unter Aufsicht und Kontrolle der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend zulässig sein soll. Bei den Wirkstoffen handelt es sich vor allem das Delta-9-Tetrahydrocannabinol, das in der Medizin bei verschiedenen Indikationen (beispielsweise bei Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer Tumorerkrankung oder Chemotherapie, Appetitlosigkeit und Kachexie/Anorexie bei Tumor- oder HIV-Erkrankung, Spastik und spastisch bedingten Schmerzen bei Multipler Sklerose oder nach Rückenmarksverletzungen sowie anderen Bewegungsstörungen, Tourette-Syndrom, chronischen oder neuropathischen Schmerzen) zum Einsatz gelangt.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) lehnte die Novelle ab. G-Abgeordneter Kurt Grünewald machte darauf aufmerksam, dass man bereits 2007 versucht habe, das Suchtmittelregister "durchzubringen"; da es damals als Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und als verfassungswidrig abgelehnt wurde, habe man im Rahmen der Verhandlungen diese Passage zurückgezogen. Nun werde dieses Register mit Hilfe eines Abänderungsantrages und ohne Begutachtungsverfahren eingeführt. Der von ihm eingebrachte G-Abänderungsantrag habe zum Ziel, das Substitutionsregister herauszustreichen.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) verteidigte die Regelung mit dem Suchtmittelregister und wies darauf hin, dass dieses Gesetz vom Wiener Drogenkoordinator begrüßt werde. Der Datenschutz werde eingehalten und die Gesundheit der Betroffenen sei gesichert, erklärte V-Abgeordnete Barbara Riener. Für die Anbauflächen der AGES interessierte sich G-Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber.

In einem V-S-Abänderungsantrag geht es um die Beendigung der Substitutionsbehandlung und darum, dass Ärzten, die eine solche Beendigung nicht mitteilen können, kein Fehlverhalten zugeordnet werden kann.

Ministerin Andrea Kdolsky wies darauf hin, dass Cannabis in der Schmerztherapie ein wesentlicher Faktor sei und zeigte sich zufrieden darüber, dass endlich ein Umdenkprozess stattfinde. Die Erkenntnisse aus den gewonnenen Daten sollen für maßgeschneiderte Präventionsprogramme, so Kdolsky, verwendet werden. Durch die Dokumentation der Abfragen werde der Missbrauch zu einem hohen Prozentsatz ausgeschlossen.

Die Regierungsvorlage wurde von SPÖ, ÖVP und BZÖ verabschiedet. Angenommen wurde auch der V-S-Abänderungsantrag, der Ablehnung verfiel der G-Abänderungsantrag.

Keine Mehrheit für F-Antrag zu nationalem Gesundheitsgipfel

In einem Antrag sprechen sich die freiheitlichen Mandatare für die ehestmögliche Einberufung eines nationalen Gesundheitsgipfels aus, um die dringlichsten Probleme des österreichischen Gesundheitssystems zu erörtern und Lösungsvorschläge für eine Gesundheitsreform zu erarbeiten, die auf dem Konsensprinzip beruhen.

Ausschussvorsitzende Dagmar Belakowitsch-Jenewein meinte, das Expertenhearing im Sozialausschuss habe gezeigt, wie notwendig eine Diskussion sei.

Abgeordnete Christine Lapp (S) sprach von breiten und umfassenden Perspektiven im Hearing. In der vergangenen Gesetzgebungsperiode habe es Gipfel zu verschiedenen Themen gegeben, die jedoch zu keinem Ergebnis geführt haben. Aus diesem Grund werde die Ablehnung des F-Antrages beantragt.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) warf ein, ein Gesundheitsgipfel könne nicht schlechter funktionieren als die derzeitige Bundesregierung und ein Dialog müsse nicht ohne Ergebnis bleiben.

Als "Lüge" bezeichnete Bundesministerin Andrea Kdolsky die Behauptung, dass Fünf-Jahres-Verträge abgeschlossen werden. Eine solche Polemik gehe zulasten der Patienten. Außerdem stehe im Gesetzestext nichts von befristeten Verträgen. Gute Argumente wurden in die Regierungsvorlage aufgenommen, aber aus polemischen Gründen werden sie nicht weitergetragen. Die Krebstherapie werde so wie bisher weitergeführt, weil es keine Ersatztherapie gibt.

Der Antrag wurde von den Koalitionsparteien abgelehnt.

Einstimmig Bericht über Versorgung der Dialysepatienten beschlossen


Abgeordneter Gernot Darmann (B) hat dem Nationalrat eine Resolution der Interessengemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Kärntens als Petition überreicht. Unter anderem spricht sich die Interessengemeinschaft darin für die Bereitstellung ausreichender Dialyseplätze in Kärnten, eine Wahlfreiheit der PatientInnen bei der Auswahl von Dialysestationen bzw. Transplantationszentren und finanzielle Entlastungen für chronisch kranke Menschen aus.

Es wurde ein Fünf-Parteien-Entschließungsantrag eingebracht, in dem die Gesundheitsministerin ersucht wird, ehest möglich einen österreichweiten Bericht über die Versorgung der Dialysepatienten erstellen zu lassen und dem Gesundheitsausschuss zur Verfügung zu stellen. In diesem Bericht soll vor allem auf die Versorgungsqualität und –dichte sowie das Nierentransplantationswesen eingegangen werden. – Dieser Antrag wurde einhellig gebilligt. (Schluss)