Parlamentskorrespondenz Nr. 641 vom 03.07.2008

Verkehrsausschuss: Zwölf Tagbesordnungspunkte, zwölf Vertagungen

Für Oppositionsanträge heißt es bitte warten

Wien (PK) – Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung des Verkehrsausschusses standen zwölf Anträge der Oppositionsparteien, die alle mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurden. Diese Vorgangsweise erweckte teilweise den Unmut mancher Abgeordneter. So sprach etwa Abgeordneter Harald Vilimsky (F) von einem "Tiefpunkt" des Parlamentarismus und meinte, der Umstand, dass keine einzige Regierungsvorlage zur Beratung anstehe, zeige, dass in der Verkehrspolitik nichts geschehe. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) wiederum bemerkte, eine Sitzung, in der nur über Vertagungen entschieden werde, sei reine Zeitverschwendung. Kritik kam aber auch von der Abgeordneten Karin Hakl (V), die den Ausschuss als "Zumutung" empfand und ankündigte, sie werde in Zukunft keine derartigen Vertagungssitzungen mehr zulassen.

Vertagung von G-Forderungen auf mehr Klimaschutz im Verkehr...

Vorerst nicht durchsetzen konnten sich die Grünen zunächst mit ihrer Initiative auf mehr Klimaschutz im Verkehr. Abgeordnete Barbara Zwerschitz legte in einem Entschließungsantrag ein Maßnahmenpaket vor, das u.a. die Forderung nach Klimaverträglichkeits-Checks für alle Infrastrukturprojekte des Bundes bis Mitte 2007 als Vorleistung zur Neufassung des Bundes-Generalverkehrsplans enthält. Darüber hinaus sollte nach ihren Vorstellungen von den Mauteinnahmen ein größerer Teil als bisher in den Bereich Schiene fließen. Mit Nachdruck traten die Grünen weiters für ein generelles Tempolimit von 130 auf Österreichs Straßen ein.

Nicht anfreunden konnten sich in der Debatte die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek (B) und Harald Vilimsky (F) mit der Forderung nach einem absoluten Tempolimit von 130, das beide für nicht zeitgemäß hielten.

Ausschussobfrau Abgeordnete Anita Fleckl (S) begründete die Vertagung mit dem Argument, viele von den Grünen in ihrem Antrag angesprochenen Maßnahmen seien bereits realisiert bzw. würden noch angegangen werden.

Staatssekretärin Christa Kranzl betonte, der Versuch von Tempo 160 sei in Kärnten beendet, an eine Wiederauflage werde nicht gedacht. Sie sei zudem persönlich überzeugt, dass Tempo 130 auf den Autobahnen ausreiche.

...mehr Geld für öffentlichen Verkehr...

Vertagt wurde auch ein Antrag der Grünen, in dem Abgeordnete Barbara Zwerschitz eine Erhöhung der Bestellerförderung des Bundes für den öffentlichen Verkehr auf 80 Mill. €. verlangte, wobei sie argumentierte, ohne eine solche Erhöhung wäre das Angebot für die Fahrgäste vor allem auf der Schiene massiv gefährdet. Zwerschitz plädierte vor allem für eine Erhöhung der Zugdichte und brachte zudem ihre Sorgen über die Zukunft der Nebenbahnen zum Ausdruck.

Abgeordneter Christoph Kainz (V) entgegnete, es gebe bereits zahlreiche Initiativen zur Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs, und erinnerte u.a. an den Einsatz von Doppelstockwaggons auf Pendlerstrecken.

Während Abgeordneter Karl Heinz Klement (F) die Vorlage eines Generalverkehrsplanes verlangte, machte Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) auf die Notwendigkeit eines effizienten Einsatzes der öffentlichen Mittel für den Nahverkehr aufmerksam und meinte, das Um und Auf sei die Verkürzung des Takts.

Abgeordneter Helmut Kukacka (V) forderte konkrete Maßnahmen für den Nahverkehr und eine gemeinsame Anstrengung von Bund und Ländern. Er schlug die Neuordnung der Kompetenzen und die Schaffung einer bundesweiten Nahverkehrsgesellschaft zur Koordination der verschiedenen Verbünde und öffentlichen Verkehrsprojekte vor. Darüber hinaus stellte Kukacka die Idee eines Österreich-Verkehrstickets zur Diskussion, das für sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel, Busse wie Bahnen, im ganzen Land gelten soll.

Abgeordneter Christian Hursky (S) sah auch die Raumordnungen aufgefordert, dafür zu sorgen, dass die Siedlungen so gebaut werden, dass sie für öffentliche Verkehrsmittel erreichbar sind.

Staatssekretärin Christa Kranzl kündigte für Anfang 2009 ein Papier des Ministeriums an, das konkrete Vorschläge auflisten werde, die der Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs dienen sollen.

...und rad- und fußgängerfreundliche Straßenverkehrsbestimmungen

Weiters vertagt wurde ein Antrag der Grünen für rad- und fußgängerfreundliche Straßenverkehrsbestimmungen. Abgeordnete Barbara Zwerschitz verlangte darin eine Überarbeitung der Straßenverkehrsordnung zugunsten des Radverkehrs und der Fußgänger. Ihre Vorschläge umfassen etwa eine Zielbestimmung im Gesetz, durch die Radfahren und Zufußgehen aufgewertet wird, die Prüfung der Einführung von Fahrradstraßen nach deutschem Vorbild, die Ermöglichung von Radfahren in Fußgängerzonen, explizite Halte- und Parkverbote auf Gehsteigen oder die Einführung von innovativen Modellen der Verkehrsorganisation, die schwächeren Verkehrsteilnehmern zugute kommen, wie etwa "Flanierzonen".

Abgeordneter Christoph Hursky (S), der den Vertagungsantrag einbrachte, sprach sich dafür aus, erst die Ergebnisse der zu diesem Themenbereich im Ministerium eingerichteten Arbeitsgruppe abzuwarten.

Unter einem verhandelt und ebenfalls vertagt wurden Forderungen der Grünen nach Schaffung einer Alpentransitbörse, Verdoppelung der LKW-Maut und flächendeckender Ausweitung der LKW-Maut auf ganz Österreich sowie BZÖ-Initiativen auf Anhebung des Kilometergelds und Schaffung einer Mehrfachvignette für Besitzer von Wechselkennzeichen und ein F- Antrag auf Abschaffung der fahrleistungsabhängigen Maut für Busse.

Im Mittelpunkt der Debatte über dieses Antragspaket standen vor allem die Vorschläge der Grünen betreffend Maut. Die Abgeordneten Bernhard Themessl (F) und Christian Hursky (S) zeigten angesichts der aktuellen Teuerung wenig Verständnis für Mauterhöhungen. Bevor man eine flächendeckende Maut einführt, sollte erst die Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden, meinte etwa Hursky. Abgeordnete Karin Hakl (V) wiederum konnte sich einen günstigeren Mauttarif für Busse vorstellen, wie dies von der FPÖ vorgeschlagen wurde.

Handydiebstahl, AUA, Postdienste: Anträge vertagt

Ein Antrag des BZÖ auf konsequenteres Vorgehen gegen den Handydiebstahl wurde gleichfalls vertagt. Abgeordneter Sigisbert Dolinschek meinte in seiner Initiative, Handydiebstahl müsse für den Täter uninteressant gemacht werden, deshalb gelte es, bei der IMEI-Nummer, der Seriennummer des Handys, anzusetzen, zumal dieser Code auch dann vom Netz erkannt wird, wenn die SIM-Karte ausgewechselt wird. Dolinschek forderte deshalb legistische Schritte, die es ermöglichen, den Netzbetreibern bei einem Verlust oder Diebstahl des Handys die Sperrung der jeweiligen IMEI-Nummer in allen österreichischen Netzen – für den Eigentümer kostenfrei – vorzuschreiben, um den wirtschaftlichen Nutzen für die Straftäter zu reduzieren.

Noch nicht den letzten Aufruf erlebte voraussichtlich ein Vorstoß der FPÖ zum Thema AUA. Vor dem Hintergrund der aktuellen Verhandlungen drängte Abgeordneter Norbert Hofer (F) in einem Entschließungsantrag die Regierung, einen geeigneten strategischen Partner zu finden, und übte gleichzeitig  auch Kritik am Flughafen Wien, dem er vorwarf, durch seine Gebührenpolitik Billigfluglinien zum Nachteil der AUA zu fördern. Vorstellbar war für die FPÖ, den Flughafen Wien durch eine Beteiligung an Bord zu holen.

Staatssekretärin Christa Kranzl meinte grundsätzlich, sie könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die AUA schlechter dargestellt werde als sie sei. Sie trat für eine sorgfältige Prüfung der Finanzlage ein und betonte, erst wenn sich herausstellt, dass eine Stand-Alone-Lösung nicht möglich sei, sollte über eine Kooperation nachgedacht werden. Dabei müssten ihrer Ansicht nach sämtliche Aspekte untersucht werden, nicht nur die Airline, sondern auch der Standort und die involvierten Unternehmungen. Wenig Verständnis zeigte Kranzl, dass man einen möglichen Partner wie Al Jaber "so einfach gehen lässt".

Schließlich vertagte der Ausschuss auch einen Antrag des Abgeordneten Harald Vilimsky (F) auf Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleistungen. Der Verkehrsminister wird darin aufgefordert, durch eine Änderung der Post-Universaldienstverordnung konkrete Bedingungen für den Betrieb von Postämtern mit eigenem Personal festzulegen, die dem, wie es heißt, Kahlschlag bei den Postämtern in der Vergangenheit entgegenwirken und eine dauerhafte Versorgung sicherstellen

Abgeordneter Hubert Kuzdas (S) stellte dazu fest, die FPÖ habe die von ihr nun beklagte Situation selbst zu verantworten, während Abgeordneter Helmut Kukacka (V) die Initiative der Freiheitlichen mit den Worten kommentierte, die FPÖ verabschiede sich alle zwei Jahre von dem, was sie vorher vertreten und beschlossen hat. Es gebe kein Problem bei der Post, stand für Kukacka jedenfalls fest, der zudem einer Meinung mit Kuzdas war, dass die Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung mit Postdienstleistungen nun durch die Universaldienstverordnung gesichert sei. (Schluss)