Parlamentskorrespondenz Nr. 665 vom 09.07.2008

Plenum verabschiedet Vorlagen aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich

Cannabis darf für medizinische Zwecke genutzt werden

Wien (PK) – In der Debatte über die Änderung des Suchtmittelgesetzes lehnte Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) den Gesetzentwurf ab, weil er vorsehe, Patienten, die in einer Suchttherapie oder einer Substitutionstherapie stehen, in einem bundesweiten Register zu erfassen. Der Erfolg einer Suchttherapie setze viel Kraft beim Patienten und großes Vertrauen zwischen den Patienten und dem Arzt voraus, erklärte der Mediziner. Dieses Vertrauen könne nicht entstehen, wenn der Arzt dem Patienten sagen müsse, er werde in ein Register eingetragen, zu dem mehrere Ministerien Zugang haben. Dieses Gesetz werde dazu führen, dass Süchtige wieder in den "Untergrund" gehen und es mit Therapien versuchen, die für sie gefährlich sein können. Diese Registrierungspflicht sei aus gesundheitspolitischer Sicht kontraproduktiv, sagte Abgeordneter Grünewald.

Abgeordneter Dr. RASINGER (V) sah den Gesetzentwurf hingegen als einen weiteren Schritt auf dem bewährten österreichischen Weg bei der Behandlung von Süchtigen. Es sei zweckmäßig, statistische Daten über die Entwicklung der Suchtkrankheiten zu erfassen, sagte Rasinger und erinnerte an die Zustimmung des Datenschutzrates. Außerdem regle das Gesetz den Anbau von Cannabis, da diese Pflanze auch Substanzen liefere, die als Heilmittel bei mehreren schweren Krankheiten eingesetzt werden können. Das bedeute aber keine Abkehr vom Cannabisverbot, da neuere Studien zeigen, dass der Konsum von Cannabis schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen bis hin zur Schizophrenie nach sich ziehen könne.

Abgeordnete Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) teilte die Bedenken der Grünen gegen die Erfassung von Suchtkranken in einem bundesweiten Register. Menschen, die sich behandeln lassen wollen, sollten nicht mit einer Registrierung bedroht werden, meinte die Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S) räumte ein, ihre Fraktion und viele ExpertInnen seien einer Registrierung von Patienten, die in einer Substitutionstherapie stehen, zunächst skeptisch gegenübergestanden. Es sei aber notwendig, Mehrfachverschreibungen von Substitutionsmitteln hintan zu halten, sagte die Rednerin ein und bekannte sich zu dem Gesetzentwurf, der auf Vorschlag von ExpertInnen abgemildert wurde. Es sei auch Vorsorge getroffen worden, dass das Register nicht online abgefragt werden könne und die Eintragungen in codierter Form erfolgen.

Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) schloss sich hingegen den datenschutzrechtlichen Bedenken an. Es sei nicht einzusehen, dass Menschen schon auf Verdacht hin in eine bundesweite Datei für Suchtkranke aufgenommen werden. Zwerschitz erinnerte überdies daran, dass der Datenschutzrat den Gesetzentwurf sehr wohl kritisiert habe. 

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) erläuterte die Hintergründe der Vorlage und meinte, es sei durchaus zu begrüßen, dass die Cannabispflanze zum Zwecke der Gewinnung medizinischer Heilmittel angepflanzt werden dürfe.

Abgeordnete RIENER (V) bezeichnete die Vorlage als ambitioniert und notwendig. Sodann befasste sie sich mit der Suchtgiftsubstitution.

Abgeordnete BAYR (S) sprach sich gleichfalls für die Annahme der Vorlage aus und zeigte sich erfreut, dass Cannabis künftig für medizinische Zwecke genutzt werden dürfe.

Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V) hob die zentrale Suchtmitteldatei als wichtige Neuerung hervor und zeigte sich auch zufrieden mit der geplanten medizinischen Nutzung von Cannabis.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen.

Der nächste Punkt betraf den F-Antrag 836/A(E) betreffend nationalen Gesundheitsgipfel zum Thema Gesundheitsreform.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) ortete ein nachhaltiges Versagen der Bundesregierung hinsichtlich einer nachhaltigen Gesundheitsreform. Dies würden die Kassen und die Patienten spüren, weshalb ein Gipfel zu dieser Frage unumgänglich sei, zumal im Gesundheitsbereich nach wie vor vieles im Argen liege. Darüber müsse einfach geredet werden, um einen Ausweg aus der kritischen Situation zu finden.

Abgeordneter WÖGINGER (V) verwies auf die problematische Lage in Wien und erklärte, man könne nicht Steuergelder in die Wiener Kassen leiten, solange dort nicht der Wille zu einer ernsthaften Reform erkennbar sei.

Abgeordnete Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) meinte, man könne die Gebietskrankenkassen nicht mit der BVA vergleichen. Doch genau dieser Vergleich offenbare die Einstellung der ÖVP, durch welche die erforderliche Reform letztlich verhindert wurde. Die ÖVP sei somit dafür verantwortlich, dass die Kassen im Herbst Konkurs anmelden müssten. Dies sei ein Trauerspiel, bei dem die SPÖ leider mitgemacht habe. Dass die Sozialdemokraten nun immer noch keine Schritte setzen, sei unverantwortlich. Die Rednerin brachte einen Entschließungsantrag betreffend Soforthilfe für die Kassen ein und appellierte an das Haus, diesem zuzustimmen.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) erklärte, Gesundheitspolitik dürfe nicht im Zeichen der Polemik abgehandelt werden, vielmehr brauche es den Willen zum Konsens, um zu einem adäquaten Ergebnis für die Betroffenen zu kommen. Die Vorwürfe gegen die WGKK wies die Rednerin in diesem Zusammenhang ebenso zurück wie die Forderung der ÖVP nach mehr Selbstbehalten.

Abgeordnete HAUBNER (B) unterstützte die Forderung nach einem Gesundheitsgipfel, denn dieser sei notwendig, um akzeptable Ergebnisse für die Bevölkerung zu erzielen. Mehr denn je sei eine echte Gesundheitsreform vonnöten, man müsse Nägel mit Köpfen machen, unterstrich die Rednerin.

Abgeordneter HOFER (F) fasste die Vorstellungen der FPÖ nochmals zusammen und warb für die Annahme ihrer Anträge. Es brauche weit mehr als ein Kassensanierungspaket, es brauche eine echte Gesundheitsreform.

Der Antrag des Ausschusses wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen, der F-Entschließungsantrag verfiel der Ablehnung.

Abgeordnete GRANDER (V) nannte die Petition betreffend Resolution der Interessengemeinschaft der Dialysepatienten und Nierentransplantierten Kärntens" wichtig, mache sie doch die Anliegen der Betroffenen deutlich und wecke Verständnis für die Anliegen der Patienten. Sodann verwies sie auf die Bedeutung der Selbsthilfegruppen und erklärte, ihre Fraktion unterstütze die Petition.

Abgeordneter EHMANN (S) sprach sich gleichfalls für die Unterstützung der Petition aus, wobei er inhaltlich an seine Vorrednerin anschloss und erklärte, chronisch kranken Menschen sollte das Leben erleichtert werden.

Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) bekräftigte die Berechtigung der in der Petition angesprochenen Forderungen und plädierte für eine rasche Umsetzung entsprechender Verbesserungen.

Abgeordneter VOCK (F) sagte, die Zahl der Dialysepatienten nehme zu, es brauche daher entsprechender Maßnahmen, um die erforderliche Behandlung und Betreuung sicherzustellen.

Abgeordneter Mag. DARMANN (B) erläuterte die Hintergründe, die dazu geführt hatten, dass er diese Petition eingebracht habe, und zeigte sich erfreut, dass alle Fraktionen die Anliegen der Betroffenen unterstützen.

Die dem Ausschussbericht angeschlossene Entschließung wurde einstimmig angenommen.

Unter einem wurden verhandelt: Änderung des Bundesbehindertengesetzes, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, B-Antrag 185/A(E) betreffend Einführung einer einheitlichen ärztlichen Begutachtung durch das Bundessozialamt für die Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO und F-Antrag 318/A(E) hinsichtlich Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz am Arbeitsplatz.

Abgeordneter HOFER (F) erläuterte, weshalb ihm der Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz besonders wichtig sei. Der Redner wies auf Punkte hin, die für behinderte und alte Menschen relevant seien und nannte dabei insbesondere das Pflegegeld, wozu er einen Entschließungsantrag betreffend Wertanpassung einbrachte, sowie den Angehörigenregress, zu welchem er einen Entschließungsantrag auf bundesweite Streichung desselben stellte.

Bundesminister Dr. BUCHINGER berichtete, er habe eine fünfprozentige Erhöhung des Pflegegeldes vorgeschlagen. Dieser liege auf dem Tisch und könne, den entsprechenden Willen der ÖVP vorausgesetzt, jederzeit beschlossen und umgesetzt werden. Zum Wegfall des Regresses erklärte der Minister, einen Regress sehe das Bundesrecht nicht vor, der Antrag der FPÖ ziele daher ins Leere.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) meinte, es gebe einen Angehörigenregress nur noch in drei Bundesländern, da er in immer mehr Bundesländern abgeschafft wurde. Sie sei zuversichtlich, dass auch die anderen Länder diesen Schritt vollziehen würden. Sodann befasste sich die Rednerin mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die die Rednerin als einen wichtigen und richtigen Schritt ansah.

Abgeordnete HAUBNER (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und zur Änderung des Bundesbehindertengesetzes an. Die Ermöglichung einer persönlichen Assistenz für behinderte Menschen am Arbeitsplatz geht Haubner zufolge auf eine Initiative des früheren Sozialministers Herbert Haupt zurück. Der Schaffung eines entsprechenden Rechtsanspruchs stand sie positiv gegenüber.

Abgeordneter Dr. HUAINIGG (V) äußerte Bedauern darüber, dass es trotz einer entsprechenden Entschließung des Nationalrats noch immer keine Gesetzesvorlage zur Weiterführung der schulischen Integration nach der neunten Schulstufe gebe. Im Zusammenhang mit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung sprach sich Huainigg für die Unterstützung von Behindertenprojekten im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit aus.

Abgeordneter THEMESSL (F) wandte sich vehement gegen Regressforderungen an Kinder und Enkelkinder von pflegebedürftigen Menschen und schilderte zur Untermauerung seiner Forderung einen konkreten Härtefall in Vorarlberg. Themessl plädierte dafür, die Regressforderungen bundesweit abzuschaffen.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) machte geltend, Regressansprüche, wie es sie in Vorarlberg und in anderen Bundesländern gebe, seien Ländersache. Es gebe kein Bundesgesetz, das irgendwelche Vorschriften in diese Richtung enthalte. Haidlmayr zeigte in diesem Sinn kein Verständnis dafür, dass die ÖVP die Erhöhung des Pflegegeldes mit der Abschaffung der Regressforderungen verknüpfen wolle. Zustimmend äußerte sich Haidlmayr zur Änderung des Bundesbehindertengesetzes und zur UN-Konvention.

Für den Ausdruck "verlogen" erhielt Abgeordnete Haidlmayr vom Zweiten Nationalratspräsidenten Dr. SPINDELEGGER einen Ordnungsruf.

Abgeordneter SCHOPF (S) erklärte, er sehe keine Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung der persönlichen Arbeitsassistenz. Es gebe hier keine Schwierigkeiten in der Praxis, argumentierte er. Im letzen Jahr seien rund 300 Fälle positiv abgewickelt worden.

Auch Abgeordnete STEIBL (V) lehnte die Forderung nach einem Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz am Arbeitsplatz ab und verwies auf die funktionierende Praxis. In Richtung Abgeordneter Haidlmayr hob sie hervor, dass Vorarlberg seit 1. Jänner 2008 auf Regressforderungen verzichte.

Abgeordnete BAYR (S) wies darauf hin, dass die Berücksichtigung von Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen bereits in den gesetzlichen Bestimmungen für die Entwicklungszusammenarbeit verankert sei. Darauf gelte es bei konkreten Projekten Bedacht zu nehmen.

Die Änderung des Bundesbehindertengesetzes wurde vom Nationalrat einstimmig verabschiedet. Mit Stimmenmehrheit genehmigten die Abgeordneten das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Ebenfalls mehrheitlich nahm der Nationalrat die (ablehnenden) Berichte des Sozialausschusses über die Anträge der Opposition zur Kenntnis. In der Minderheit blieben die Entschließungsanträge der FPÖ betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes und Abschaffung des Angehörigenregresses. 

Im Zusammenhang mit dem F-Antrag 510/A(E) betreffend Erstellung eines Planes zum Abbau baulicher Barrieren für die vom BMLV genutzten Gebäude warf Abgeordnete HAIDLMAYR (G) dem Landesverteidigungsministerium vor, bis heute seine Pflicht nicht erfüllt zu haben, einen Etappenplan für die barrierefreie Gestaltung der vom Ressort genutzten Gebäude zu erstellen. Dieser Etappenplan hätte schon per 1. Jänner 2006 vorgelegt werden sollen, skizzierte sie. Haidlmayr zeigte sich empört über das Ignorieren gesetzlicher Vorschriften durch das Ministerium.

Abgeordnete WECHNER (S) trat dafür ein, den vorliegenden Antrag der FPÖ im Landesverteidigungsausschuss zu diskutieren und Verteidigungsminister Norbert Darabos dort Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ihrer Ansicht nach müssen zudem nur jene vom Verteidigungsministerium genutzten Gebäude barrierefrei sein, in denen Parteienverkehr stattfindet, nicht aber etwa "Munitionslager".

Abgeordneter HOFER (F) erklärte, er wolle weder den Truppenübungsplatz Allensteig noch den Hindernisparcours barrierefrei machen. Es sei aber evident, dass Verteidigungsminister Darabos bei der Erstellung des verpflichtenden Etappenplans zur barrierenfreien Gestaltung der Heeresgebäude säumig sei.

Der Nationalrat nahm den (negativen) Bericht des Sozialausschusses über den Antrag 510/A(E) der FPÖ mehrheitlich zur Kenntnis. Zweiter Nationalratspräsident Dr. SPINDELEGGER wies ihn dem Landesverteidigungsausschuss zu.

In der Debatte über die F-Anträge 517/A(E) betreffend Pflegegeldleistungen mit Auslandsbezug und 518/A(E) betreffend Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegeldes durch Gesundheitsmanager äußerte sich S-Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG zu den beiden F-Anträgen ablehnend. Es gebe keine Notwendigkeit, die widmungsgemäße Verwendung des Pflegegeldes durch eigene Gesundheitsmanager zu prüfen, meinte sie. Unterstützung signalisierte Königsberger-Ludwig hingegen zur von Sozialminister Buchinger geplanten Erhöhung des Pflegegeldes und der besseren Pflegegeldeinstufung demenzkranker Menschen.

Abgeordnete MANDAK (G) machte darauf aufmerksam, dass mit dem Pflegegeld durchschnittlich nur 2 bis 4 € pro Stunde Betreuungsaufwand abgedeckt werden könnten. Kein Verständnis zeigte sie für die Forderung, Menschen im Ausland das Pflegegeld zu streichen.

Abgeordneter HOFER (F) bekräftigte, er erachte das Modell eines Gesundheitsmanagers für ein gutes. Zur Untermauerung der Forderung schilderte er einen konkreten Fall im Burgenland, wo eine Rollstuhlfahrerin immer wieder ins Krankenhaus musste, weil sie durch langes Sitzen immer wieder wund geworden sei. Erst nach Interventionen des Hausarztes habe sich die Situation gebessert.

Abgeordnete HAUBNER (B) qualifizierte das Pflegegeld als eine der besten Sozialleistungen in Österreich. Was die widmungsgemäße Verwendung des Pflegegelds betrifft, gibt es ihr zufolge bereits gute Beratungsprojekte. Diese sollten zunächst einmal evaluiert werden, bevor man über die Schaffung von Gesundheitsmanagern nachdenke, sagte sie.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) kann dem Einsatz von Gesundheitsmanagern zur Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung des Pflegegeldes ebenfalls nichts abgewinnen, wie sie erklärte. Nicht alle PflegegeldbezieherInnen seien krank, meinte sie, überdies sollte es den Pflegebedürftigen selbst überlassen bleiben, wofür sie ihr Geld verwenden. Man könne, so Haidlmayr, pflegebedürftigen Menschen auch nicht verwehren, im Ausland zu leben.

Die (ablehnenden) Berichte des Sozialausschusses über die beiden Anträge 517/A(E) und 518/A(E) wurden vom Nationalrat zur Kenntnis genommen.

Abgeordneter STRACHE (F) bedauerte, dass die anderen Fraktionen die Ausarbeitung einer Studie über die Kosten der Zuwanderung bisher verhindert haben. Der Sozialstaat Österreich ziehe laut Experten unqualifizierte Arbeitskräfte an, sagte der Abgeordnete und klagte über den Missbrauch des Sozialstaats durch Zuwanderer. Denn auf der anderen Seite fehle das Geld zur Aufrechterhaltung von Sozialleistungen für die Österreicher. Es wäre vernünftig, die Leistungen des Sozialstaates gezielter auf die Staatsbürger auszurichten, verlangte Strache, und verwies auf das Beispiel Dänemarks. Die Massenzuwanderung sichere nicht die Pensionen, wie oft behauptet werde, das Gegenteil sei der Fall. Österreich brauche qualifizierte Leistungsträger statt Zuwanderer, die das Sozialsystem ausnützen. Der Vorschlag der FPÖ laute auf Leistungsgerechtigkeit durch Einführung einer Gastarbeiter-Sozialversicherung, um das Sozialsystem für den Staatsbürger auf Dauer zu sichern.  

Abgeordneter KRIST (S) registrierte das in Wahlzeiten wohlbekannte Trauma der FPÖ, Österreich sei von Ausländern umzingelt, die nichts anderes im Sinn hätten, als das heimische Sozialsystem zu missbrauchen. Um dieses Bild zu untermauern, würden Zitate verfälscht und Menschen ohne jede Hemmung verunglimpft. Die verlangte Studie sei abzulehnen, sie solle nur dazu dienen, Vorurteile zu fördern. Für eine solche Politik sei die SPÖ nicht zu haben. Es gehe darum, menschliche Lösungen für die Lösung der Probleme von Zuwanderern zu finden und jede Spaltung der Gesellschaft zu vermeiden, sagte Abgeordneter Krist.   

Abgeordnete HAUBNER (B) verlangte eine sachliche Diskussion auf einer sachlichen Basis und befürwortete daher die verlangte Studie.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) machte auf die vielen Studien zum Thema Zuwanderung aufmerksam und hielt es für wenig aussichtsreich, mit Abgeordnetem Strache sachlich über Zuwanderung und Zuwanderer zu diskutieren. Apartheid, wie sie von manchen verlangt werde, lehnten die Grünen jedenfalls ab. Die besondere Forderung der Grünen betraf die Öffnung des Arbeitsmarktes für alle legal in Österreich lebenden Menschen. Dies würde den Sozialstaat entlasten, weil Asylwerber, die derzeit von der Bundesbetreuung abhängen, mit einem Schlag zu Steuerzahlern und Beiträgern zum Sozialsystem würden. 

Abgeordneter KICKL (F) vermisste eine sachliche Begründung für die Ablehnung der freiheitlichen Forderung nach Erstellung einer Studie über die Kosten der Zuwanderung. Erstaunt zeigte sich der Abgeordnete insbesondere darüber, dass die "Enttabuisierungs-Fraktion" Grüne das Thema "Zuwanderung und Kosten" konsequent tabuisiere. Den Freiheitlichen gehe es um eine Politik im Interesse der Staatsbürger, hielt der Abgeordnete nachdrücklich fest.

Bei der Abstimmung wurde der FPÖ-Antrag durch mehrheitliche Zustimmung zu einem diesbezüglich negativen Ausschussbericht abgelehnt.

Tagesordnungspunkt 14: Einführung eines Generationengeldes in Österreich (B-Antrag)

Abgeordneter LAUTENSCHLAGER (F) warf den Sozialdemokraten vor, die Frauen der Aufbaugeneration nach dem letzten Krieg vergessen und vernachlässigt zu haben. Ihre Leistungen im Wiederaufbau würden ebenso wenig berücksichtigt wie ihre Erziehungsleistungen und ihre Solidarität bei der Pflege von Familienangehörigen. Nach wie vor bekomme die Masse der Frauen niedrige Pensionen, ein Missstand, der weder bei Pensionsreformen noch bei Pensionserhöhungen berücksichtigt werde. Während man von Gender-Mainstreaming spreche, vergesse man die Lösung naheliegender Probleme der Frauen. Für "unanständig" hielt es der Redner, dass die scheidende Regierung nichts gegen die Teuerung unternommen habe. Es gebe in diesem Land Menschen mit geringen Monatseinkommen, die gezwungen seien, in Klöstern zu betteln, um wenigstens einmal am Tag eine warme Mahlzeit zu bekommen. Der Abgeordnete zeigte sich beschämt von der Armut, in der viele Menschen in Österreich leben müssen. 

Abgeordnete RUDAS (S) bezweifelte die Glaubwürdigkeit der FPÖ bei der Vertretung frauenpolitischer Anliegen. Sozialpolitik und Arbeitsmarktpolitik seien aufgerufen, die Selbstbestimmung von Frauen zu fördern - das sei wichtiger als Frauen zu Almosenempfängern zu machen. Die SPÖ werde auch in der nächsten Regierung unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler für die Sicherung der Pensionen sorgen, hielt Rudas fest.

Abgeordnete HAUBNER (B) verstand ihren Antrag als Auftrag an alle, nachdrücklicher für die soziale Absicherung der Frauen einzutreten. Sie erinnerte an die Fortschritte für Frauen, die in den letzten Jahren erreicht werden konnten. Man müsse aber auch etwas für die 135.000 Menschen über 60 Jahre tun, vorwiegend Frauen, die ohne Pension leben müssen, weil sie sich dafür entschieden haben, Kinder zuhause zu erziehen und nahe Angehörige zu versorgen. Diese Frauen seien von Rot und Schwarz vergessen worden, sie würden es verdienen, eine Anerkennung für ihre Leistungen zu bekommen.

Abgeordnete MANDAK (G) sah es positiv, dass dieser Antrag im Ausschuss behandelt wurde und daher im Plenum diskutiert werden könne. Die ÖVP verweigere aber die Diskussion über Anträge von Oppositionsparteien. Der ÖVP fehle es an Wertschätzung für das Parlament, kritisierte die Rednerin. Dies sei einer der Gründe, warum nicht viel weitergehe. Die Probleme schwach abgesicherter Frauen wollen die Grünen durch eine Grundsicherung lösen; ein Generationengeld wäre nicht sinnvoll, sagte Abgeordnete Mandak.

Abgeordneter NEUBAUER (F) dankte seinem Fraktionskollegen Lautenschlager für seine berührende Rede und machte darauf aufmerksam, dass in vielen Branchen, in denen hauptsächlich Frauen tätig seien, nach wie vor ohne Kollektivvertrag gearbeitet werde. In einem Entschließungsantrag seiner Fraktion verlangte Neubauer eine Regierungsvorlage zur Verankerung eines abschlagsfreien Pensionsantritts Langzeitversicherter im Dauerrecht.

Bei der Abstimmung wurde der (negative) Ausschussbericht mehrheitlich angenommen. Der F-Entschließungsantrag blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt. (Forts.)