Parlamentskorrespondenz Nr. 746 vom 12.09.2008

Nationalrat beschließt zahlreiche Fristsetzungen

Ausschüsse müssen über Anträge bis 23. September berichten

Wien (PK) - Eine weitere 71. Sitzung des Nationalrates diente geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen. Außerdem wurden mehr als 50 Fristsetzungsanträge gestellt und abgestimmt. Zwei der Fristsetzungsanträge waren Gegenstand Kurzer Debatten.

Kurze Debatte zum Thema Ehe für gleichgeschlechtliche Paare

Abgeordnete Mag. LUNACEK (G) begründete das Verlangen ihrer Fraktion, dem Justizausschuss für die Berichterstattung über G-Antrag 5/A zur Änderung des ABGB eine Frist bis 23. September 2008 zu setzen. Die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare gegenüber heterosexuellen Paaren widerspreche der Menschenrechtskonvention und der Meinung der Mehrheit der österreichischen Bevölkerung, argumentierte Lunacek. Zwei Drittel der Österreicher treten dafür ein, Lesben und Schwulen eingetragene Partnerschaften zu ermöglichen, 49 % sind für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, entnahm die Rednerin aktuellen Umfragen. Die Grünen wollen Wahlmöglichkeiten und das Prinzip der Freiheit auch in der Liebe verwirklicht sehen und verlangen daher die Einführung eines Zivilpaktes und die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Lunacek appellierte insbesondere an die ÖVP, in dieser Frage über ihren Schatten zu springen, und erinnerte deren Abgeordneten daran, dass selbst das katholische Spanien die Ehe für Lesben und Schwule geöffnet habe, "ohne dass das christliche Abendland untergegangen wäre".

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) stimmte den Grünen inhaltlich zu, lehnte ihren Fristsetzungsantrag aber ab, weil ein nahezu beschlussreifer Entwurf für eine Eherechtsreform und für die Einführung eingetragener Partnerschaften vorliege. In der Eherechtsreform gehe es seiner Fraktion darum, das Zerrüttungsprinzip in den Vordergrund zu rücken und das Verschuldensprinzip in den Hintergrund treten zu lassen. Das liege im Interesse der Kinder und ermögliche Menschen, die oft Jahrzehnte miteinander gelebt haben, in Würde auseinander zu gehen.

Abgeordneter Mag. DARMANN (B) stellte klar, seine Fraktion trete gegen jede rechtliche Diskriminierung von Homosexuellen ein und bekannte sich zu deren Gleichstellung, etwa im Erbrecht und im Mietrecht. Die Ehe sollte aber für Mütter, Väter und Kinder geschützt bleiben. In diesem Zusammenhang forderte Darmann die Grünen auf, über eine verstärkte Förderung junger Familien sowie von Müttern zu diskutieren, die ihre Kinder zu Hause erziehen.

Der Fristsetzungsantrag blieb in der Minderheit der Grünen und wurde abgelehnt.

Fristsetzungsdebatte zur Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel

Abgeordneter KRAINER (S) begründete den Antrag seiner Fraktion und der FPÖ, dem Finanzausschuss zur Berichterstattung über den S-F-Antrag 893/A zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes eine Frist bis zum 23. September 2008 zu setzen. Zunächst untermauerte er die soziale Treffsicherheit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, weil die Senkung indirekter Massensteuern grundsätzlich progressiv wirke, also Menschen mit niedrigem Einkommen stärker begünstige als Menschen mit hohem Einkommen. Außerdem könne diese Steuersenkung rasch umgesetzt werden, und würde damit jenen Menschen helfen, die auf eine rasche Hilfe angewiesen seien.

Laut Preisgesetz sei der Lebensmittelhandel verpflichtet, die Steuersenkung an die Konsumenten weiterzugeben, führte Krainer weiter aus und trat dem Argument entgegen, die Steuersenkung würde nicht bei den Konsumenten "ankommen". Eine Kontrolle der Umsetzung der Steuersenkung hielt der Antragsteller angesichts der hohen Konzentration im Lebensmittelhandel für einfacher als die oft zitierte Nicht-Weitergabe der abgeschafften Getränkesteuer durch zehntausende Gastronomiebetriebe. Wirtschaftsminister Bartenstein warf Krainer vor, bislang auf den Einsatz bestehender Instrumente zur Preiskontrolle verzichtet zu haben. Durch eine Änderung des Preisgesetzes sollen dem Wirtschaftsminister "neue zusätzliche Knöpfe und Hebel" an die Hand gegeben werden, um die Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung zu kontrollieren. Abschließend unterstrich Krainer die EU-Konformität der beantragten Steuersenkung.

Abgeordneter BUCHER (B) erinnerte daran, dass die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel und Medikamente eine alte Forderung des BZÖ sei. Um die Menschen rasch von den Folgen der Teuerung zu entlasten, schlage seine Fraktion das Vorziehen eines direkten Teuerungsausgleichs nach Kärntner Vorbild vor. Auf Vorschläge zur Halbierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente warte das BZÖ mit Spannung.

Bei der Abstimmung erzielten SPÖ und FPÖ eine Mehrheit für ihren Fristsetzungsantrag, der somit angenommen wurde.

Weitere Fristsetzungen

Teils mit Mehrheit, teils einstimmig beschloss der Nationalrat – ohne Debatte - Fristsetzungsanträge bis 23. September 2008 für folgende Anträge:

Verkehrsausschuss: 899/A(E), 903/A und 883/A

Familienausschuss: 894/A(E), 900/A, 904/A und 888/A

Geschäftsordnungsausschuss: 897/A(E)

Verfassungsausschuss: 907/A

Wissenschaftsausschuss:  890/A und 891/A(E)

Finanzausschuss: 924/A, 915/A und 892/A

Umweltausschuss: 895/A(E)

Justizausschuss: 902/A

Sozialausschuss: 905/A, 906/A, 916/A, 917/A, 911/A(E), 889/A, 901/A sowie 677 d.B.

Schließlich wurde auch der Antrag des Obmanns des Untersuchungsausschusses, des Abgeordneten Dr. Fichtenbauer, angenommen, dem Untersuchungsausschuss zur Vorlage eines schriftlichen Ausschussberichts eine Frist bis 23. September 2008 zu setzen.

Abgelehnt wurden Fristsetzungen für folgende Vorlagen:

G-Antrag 872/A(E), G-Antrag 898/A(E), 842/A, G-Antrag 3/A, G-Antrag 566/A(E), G-Antrag 846/A, G-Antrag 357/A, G-Antrag 844/A, B-Antrag 918/A, B-Antrag 919/A, B-Antrag 920/A, B-Antrag 921/A, B-Antrag 922/A, B-Antrag 923/A, B-Antrag 925/A, F-Antrag 908/A, F-Antrag 909/A, F-Antrag 910/A, F-Antrag 912/A(E), F-Antrag 913/A(E), F-Antrag 914/A(E), F-Antrag 529/A, F-Antrag 757/A, F-Antrag 759/A.

(Schluss)