Parlamentskorrespondenz Nr. 768 vom 24.09.2008

Einstimmig für Erhöhung des Pflegegelds

Größte Erhöhung seit Einführung des Pflegegelds

Wien (PK) – Die einzige Regierungsvorlage auf der Tagesordnung der letzten Sitzung des Nationalrats vor der Wahl betraf Verbesserungen beim Pflegegeld. Abgeordneter ÖLLINGER (G) bekannte sich grundsätzlich zu einer Erhöhung des Pflegegeldes, meinte aber, die Pflege dürfe nicht durch den Zugriff auf das Vermögen der Pflegebedürftigen finanziert werden. Als Finanzierungsmodell wäre nach den Worten des Redners vielmehr die Einführung einer allgemeinen Vermögenssteuer denkbar. Kritisiert wurde seitens des Grün-Sprechers auch die nach Pflegestufen differenzierte Erhöhung des Pflegegeldes, wobei Öllinger in einem Abänderungsantrag eine einheitliche fünfprozentige Erhöhung für alle Pflegegeldbezieher forderte. Irritiert zeigte sich der Redner auch über Inserate, in denen Sozialminister Buchinger die Erhöhung des Pflegegeldes bereits vor dem Beschluss im Parlament angekündigt hatte. Eine klare Absage erteilte Öllinger überdies Bestrebungen, bei der Finanzierung der Pensionen und der Gesundheitsversorgung vom bisherigen System der Sozialversicherung abzugehen und auf privatwirtschaftliche Modelle zu setzen.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) sprach von der größten Erhöhung seit der Einführung des Pflegegeldes vor 15 Jahren und hob insbesondere auch die Zuschläge für behinderte Kinder und demenzkranke Menschen hervor. Besonderes Anliegen der Rednerin war es, bei der Pflege für leistbare und menschliche Angebote zu sorgen, die die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und Familie für die Angehörigen der pflegebedürftigen Menschen ermöglichen.

Abgeordneter Ing. HOFER (F) konnte, wie er sagte, nichts von einer Erhöhung des Pflegegelds erkennen und gab zu bedenken, seit seiner Einführung habe das Pflegegeld bereits 20 % seines Wertes verloren. Die fünfprozentige Anhebung reiche deshalb nicht aus. In einem Entschließungsantrag verlangte Hofer eine Valorisierung auf den Stand von 1993 sowie eine jährliche Index-Anpassung des Pflegegeldes. In Summe meinte der Redner, der Regierung sei es mit ihrer Zwei-Drittel-Mehrheit nicht gelungen, das Pflegeproblem zu lösen.

Abgeordneter Dr. HUAINIGG (V) begrüßte das vorliegende Pflegepaket und verteidigte die nach Pflegestufen differenzierte Erhöhung als sachlich gerechtfertigt. Positiv merkte er an, dieses Paket sei im Gegensatz zur von der SPÖ geforderten Mehrwertsteuersenkung durch einen demokratischen Prozess gegangen und gut vorbereitet.

Abgeordnete MANDAK (G) kritisierte Versäumnisse bei der Anhebung des Pflegegeldes in den letzten Jahren und warf der Regierung vor, sich hauptsächlich mit der 24-Stunden-Betreuung beschäftigt zu haben, von der nur 5 % betroffen seien und die für die Mehrheit nicht leistbar sei. Hoch an der Zeit wäre es nach Meinung Mandaks, ein großes Konzept für das Pflegesystem zu erarbeiten, anstatt an kleinen Mosaiksteinchen herumzubasteln.

Bundesminister BUCHINGER stellte rückblickend fest, im Bereich der 24-Stunden-Betreuung sei "mit viel Hängen und Würgen" die Entwicklung eines Modells gelungen, das leistbare, legale Pflege ermögliche und bereits von 13.000 Menschen angenommen wurde. Diese Regierung habe damit die erfolgreichste Legalisierungsaktion in der Geschichte Österreichs auf den Weg gebracht. Die vorliegende Novelle bezeichnete Buchinger als die größte Verbesserung der finanziellen Situation pflegebedürftiger Menschen seit der Einführung des Pflegegeldes 1993. Die diesbezüglichen Verhandlungen mit Minister Bartenstein lobte er dabei als konstruktiv und gut. Zu den Kritikern der Novelle bemerkte er, diese kämen ihm wie Hühner vor, die gackern, während andere die Eier legen.

Abgeordnete HAUBNER (B) meinte im Hinblick auf die hier gewählte Vorgangsweise, sie fühle sich an das Sprichwort, am Abend werde der Flaue fleißig, erinnert. Zwei Jahre habe man hier die nötigen Aktivitäten vermissen lassen, was die Frage aufwerfe, weshalb man erst jetzt aktiv werde. Die Vorlage sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein, hier müsse viel mehr getan werden, dennoch werde man ihr zustimmen, denn sie sei immerhin ein erster Schritt. Ihre Fraktion werde aber auch in der nächsten GP auf die Umsetzung der nötigen Maßnahmen drängen, kündigte die Rednerin an.

Abgeordneter NEUBAUER (F) wies auf die Verdienste des Zivilinvalidenverbandes hin und meinte dann, auf das Pflegegeld habe es immer wieder Anschläge gegeben, deswegen habe man im Bereich der Pflege auch immer wieder nachhaltige Probleme. Er könne nur hoffen, dass die vorliegende Lösung auch nach der Wahl halte. Seine Fraktion werde heute zustimmen, sie werde aber für weitere Verbesserungen und Nachjustierungen eintreten.

Bundesminister Dr. BARTENSTEIN bezeichnete die Entscheidung für das Pflegegeld, wie sie in den 90er Jahren getroffen wurde, als wichtige Weichenstellung für den gesamten Bereich. Man wisse, dass man noch ein Stück Weges zu gehen habe, und gerade deshalb werde man sich dieser letzten Baustelle des Sozialstaates Österreich auch nach der Wahl mit aller Kraft widmen, so Bartenstein, der auf konkrete Aspekte der Materie wie Regress und Hospizversorgung einging.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) betonte, für die SPÖ sei das Pflegegeld ein ganz besonders wichtiges Thema. Die nunmehr vorgesehene Erhöhung sei erst durch den beharrlichen Einsatz von Sozialminister Buchinger möglich geworden, zeigte sie sich überzeugt. Für die weitere Zukunft wünscht sich Königsberger-Ludwig unter anderem eine ordentliche Dotierung der mobilen Dienste und eine Ausweitung der Pflegeheimplätze.

Abgeordnete Mag. AUBAUER (V) begrüßte die vorgesehene Erhöhung des Pflegegeldes ebenfalls und wies darauf hin, dass sich der Seniorenbund schon seit Jahren für diese Maßnahme einsetze. Pflegebedürftige Personen der Pflegestufe 7 würden in Zukunft 1.124 € mehr im Jahr erhalten, rechnete sie vor. Generell stehe die Volkspartei, so Aubauer, für leistbare Pflege.

Abgeordnete Dr. OBERHAUSER (S) sprach von einem "sehr guten Gesetz", das vor allem Sozialminister Buchinger zu verdanken sei. Aber auch die Aufkündigung der Koalition durch die ÖVP hat ihrer Auffassung nach dazu beigetragen, dass die Erhöhung des Pflegegeldes heute vom Nationalrat beschlossen wird. Die ÖVP könne es sich kurz vor der Wahl nicht leisten, gegen eine Pflegegelderhöhung zu stimmen, meinte sie.

Die Änderung des Bundespflegegeldgesetzes wurde vom Nationalrat einstimmig und damit auch mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen. Der Abänderungsantrag der Grünen blieb ebenso in der Minderheit wie der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend Inflationsanpassung des Pflegegeldes.

(Schluss Pflegegeld/Forts. NR)


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