Parlamentskorrespondenz Nr. 882 vom 25.11.2008

Molterer zur Finanzkrise: Wir brauchen eine globale Aktion

Nationalbank-Gouverneur Nowotny drängt auf Kredite für heimische KMU

Wien (PK) - Der heutige Finanzausschuss unter der Leitung von Obmann Günter Stummvoll befasste sich eingehend mit der weltweiten Finanzkrise, ihren Auswirkungen auf Österreich und mit der Umsetzung des Bankenpakets sowie anderen Maßnahmen zum Schutz der heimischen Sparer und der Wirtschaft. Man sollte das "Bankenpaket" besser ein "Wirtschaftspaket" nennen, sagte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, da es in erster Linie der Finanzierung der heimischen Unternehmen diene. Bei den Verhandlungen mit den Banken auf ausreichende Kredite für KMU zu achten, hielt Nowotny für wichtig. Außer dem Notenbankgouverneur standen den Abgeordneten Vizegouverneur Wolfgang Duchatczek und die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Kurt Pribil für Auskünfte zur Verfügung. Finanzminister Wilhelm Molterer und Finanzstaatssekretär Christoph Matznetter informierten über die Umsetzung des Bankenpakets und absolvierten ihre letzten Auftritte im Finanzausschuss und wurden von Ausschussobmann Stummvoll unter allgemeinem Beifall des Ausschusses mit Dank für die menschlich sympathische und sachlich erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Ausschuss verabschiedet. Nach der mehrstündigen Aussprache über die Finanzkrise unterbrach der Ausschuss seine Beratungen und vereinbarte seine Fortsetzung sowie die Behandlung der restlichen Tagesordnungspunkte für Dienstag, den 9.12.2008.

Die Weltfinanzkrise und ihre Auswirkungen auf Österreich  

Finanzminister Wilhelm Molterer leitete die Aussprache mit einem Überblick über den Verlauf der jüngsten Finanzmarktkrise ein, schilderte deren Verschärfung nach dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers und informierte über die zunächst unkoordinierten Reaktionen der EU. In einem positiven Kraftakt, so der Vizekanzler, habe die EU schließlich aber zu einer gemeinsamen Vorgangsweise gefunden und eine Basis für nationale Krisenbewältigungspakete geschaffen. Die EU habe auch die Themen des G 20-Gipfels maßgeblich bestimmt: Überwachung von Hedgefonds und von Rating-Agenturen, neue Risikobewertungsmethoden, besserer Informationsaustausch, Stärkung der internationalen Kooperation, Reform der internationalen Finanzmarktinstitutionen und eine größere Rolle des IMF - all das werde bereits auf dem nächsten G 20-Gipfel, dann schon unter Mitwirkung der Obama-Administration, zur Diskussion stehen. Wir brauchen diese globale Aktion, die derzeit entsteht, zeigte sich der Finanzminister überzeugt. 

In Österreich funktioniere die Zusammenarbeit zwischen Finanzministerium, Nationalbank und Finanzmarktaufsicht gut, sagte Molterer und informierte die Ausschussmitglieder über die Umsetzung des Bankensicherungspakets. Die Clearing-Bank habe ihre Arbeit aufgenommen und den durch die Krise beeinträchtigten Interbankhandel wieder in Gang gebracht. Die Bedingungen, unter denen das Eigenkapital einzelner Institute durch staatliche Partizipation gestärkt werde, sei durch eine entsprechende Verordnung geregelt, Inhalte laufender Gespräche mit der EU-Kommission seien die Verzinsung des Partizipationskapitals und die Dividenden. Bewährt habe sich die Einlagensicherung für Private und KMU, führte Molterer weiter aus, das Signal sei exakt zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Dasselbe gilt für das Verbot von Short Sellings.

Die Constantia-Bank wurde von den anderen Banken, die Kommunalkredit nach einer Entflechtung vom Bund übernommen. Diese Übernahme durch den Staat werde nicht von Dauer sein, ein Wiederverkauf sei geplant, teilte der Finanzminister mit.

Angesichts deutlich geringerer Wachstumsprognosen seien Konjunkturmaßnahmen wichtig, sagte Molterer, der sich erleichtert darüber zeigte, dass der Arbeitsmarkt erstaunlich stabil bleibe, negative Tendenzen im Jahr 2009 seien aber nicht auszuschließen. Zusätzlich zu dem bereits beschlossenen Konjunkturprogramm plane die neue Regierung daher ein weiteres. Außerdem werde die EU-Kommission schon morgen ein europäisches Konjunkturprogramm präsentieren, das Kredite für KMU vorsehe. Österreich werde selbstverständlich darauf achten, diese Kredite bestmöglich zu nutzen, kündigte Molterer an.

Nowotny: Geldpolitik allein reicht gegen die Krise nicht aus    

Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Ewald Nowotny sprach von sehr schwierigen Zeiten für den Finanzsektor und würdigte seinerseits die gute Kooperation mit dem Finanzministerium und der Finanzmarktaufsicht bei der Bewältigung der Krise. Der Ursprung der Krise lag bei Liquiditätsproblemen in den USA, die eine Eigenkapitalkrise ausgelöst und sich in weiterer Folge massiv auf die Realwirtschaft auswirkte. Die Europäische Zentralbank habe massiv mit Zinssenkungen reagiert, erinnerte Nowotny, der wegen der abnehmenden Inflation Spielraum für weitere Zinssenkungen der EZB sah. Die Geldpolitik allein könne die größte Finanzkrise seit der Großen Depression aber nicht lösen, eine Kombination mit einer koordinierten Finanzpolitik sei erforderlich. Einen Sonderaspekt der Krise in Österreich erblickte Nowotny im starken Engagement in Ost- und Südosteuropa. Dieses bringe Vorteile, etwa einen Wachstumsvorsprung innerhalb der EU, stelle aber auch eine besondere Herausforderungen dar. 

Als spezielle Probleme der Banken sah Nowotny die massive Reduktion der Kreditvergabe sowohl quantitativ als auch qualitativ durch Erhöhung der Bonitätsanforderungen und durch die stärkere Orientierung der Verzinsung am Risiko. Gefahren sah Nowotny bei der Refinanzierung von KMU, der Notenbankchef nannte daher Kredite an KMU als wichtigste Bedingungen bei der Umsetzung des Bankenpakets. Pensionskassen leiden unter dem Rückgang der Aktienkurse, führte Nowotny weiter aus und machte beim Thema Fremdwährungskredite auf verlängerte Rückzahlungsfristen für Kreditnehmer aufmerksam.

Der erweiterte Anlegerschutz habe das Vertrauen in die Banken sofort verbessert, berichtete Nowotny. Auch die Arbeit der Clearing-Stelle konnte rasch und erfolgreich aufgenommen werden. Nun gehe es darum, das Eigenkapital der Banken zu verbessern, wobei der Notenbankchef darauf hinwies, dass die Situation der österreichischen Banken im internationalen Vergleich gut sei. Das Bankenpaket sollte eigentlich "Wirtschaftspaket" heißen, da es darum gehe, die Finanzierung der Wirtschaft aufrecht zu erhalten, schloss der Notenbankgouverneur.

Der Vizegouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Wolfgang Duchatczek merkte an, der IWF habe seine Wachstumsprognose für 2008 auf 5 % und für 2009 auf 2,9 % reduziert. Für Osteuropa laute ein neuer Prognosewert 3 % bis 3,5 % statt bisher 6 %. Die Industrieländer müssten mit einem Wachstumsminus von 0,3 % rechnen.

Die durch den Zusammenbruch von Lehman Brothers verschärfte Weltfinanzkrise habe die EZB veranlasst, durch Umstellung ihrer Offenmarkt-Operationen die Liquidität zu verbessern und so den zum Erliegen gekommenen Interbankhandel mit bis zu 700 Mrd. € täglich zu substituieren. Mittlerweile gebe es Anzeichen für eine Erholung des Interbanken-Handels, teilte Duchatczek den Abgeordneten mit und sprach die Erwartung aus, dass die Europäische Zentralbank angesichts der zurückgehenden Inflation weitere Zinssenkungen vornehmen werde.

Helmut Ettl: Keine "toxischen Produkte" in Pensionskassen   

FMA-Vorstand Helmut Ettl erklärte die Probleme der Banken mit Ausfällen im Zusammenhang mit Island und Lehman Brothers sowie mit Bewertungsproblemen. Staatliche Kapitalzufuhr soll dem steigenden Eigenmittelerfordernis entsprechen. Versicherungen seien vom Verfall der Wertpapierkurse betroffen, sagte Ettl, gab aber insofern Entwarnung, als die österreichischen Versicherungsinstitute konservativ veranlagten und von den jüngst beschlossenen Erleichterungen profitieren. Er könne aber nicht ausschließen, dass auch Versicherungen von der Möglichkeit staatlichen Eigenkapitals Gebrauch machen werden. Wegen des höheren Aktienanteils schlage die Krise auf Pensionskassen stärker durch, berichtete Helmut Ettl, konnte aber beruhigen, indem er sagte, die österreichischen Pensionskassen hätten keine "toxischen Produkte" gekauft.

Kurt Pribil drängt auf Kontrolle von Finanzdienstassistenten  

FMA-Vorstand Kurt Pribil berichtete von Fortschritten bei der Professionalisierung von Wertpapierfirmen und von der Intensivierung der Finanzmarktaufsicht. Probleme sah er allerdings bei Finanzdienstleistern nach der Gewerbeordnung und bei Finanzdienstassistenten. Pribil plädierte für schärfere Bestimmungen und eine Ausdehnung der Finanzmarktaufsicht auf diesen Bereich. Weiters informierte er über das Verbot von Short Sellings als Maßnahme gegen Marktmanipulationen und kündigte eine Verlängerung des Verbots um weitere zwei Monate an.

Besorgt zeigte sich Pribil wegen der Fremdwährungskredite, zumal bei  einer Gesamtsumme von 50 Mrd. € private Haushalte mit 35 Mrd. € betroffen seien. Die FMA sei in ihrer Aufsichtstätigkeit auf das Risikomanagement der Banken beschränkt, habe diese aber in einem Brief an ihre Sorgfaltspflicht erinnert und einen Stopp der Neuvergabe von Fremdwährungskrediten erreichen können. Bei bestehenden Verträgen trete die FMA für einvernehmliche und faire Lösungen zwischen den Banken und ihren Kunden ein. Die von Fremdwährungskrediten betroffenen österreichischen Hypotheken seien werthaltig, betonte Pribil, eine "österreichische Subprime-Krise" sei daher ausschließen.

Positionen und Fragen der Abgeordneten 

Abgeordneter Josef Bucher (B) erinnerte an das Eintreten seiner Fraktion für ein rasches, einfach zu verwaltendes und wirksames Paket zur Rettung der Banken. Er habe sich von der gemeinsamen Lösung überzeugen lassen, müsse aber jetzt feststellen, dass der gewünschte Effekt, eine Verschonung der Realwirtschaft vor den Auswirkungen der Finanzkrise - mit Ausnahme der Einlagensicherung - nicht gelungen sei. Bucher trat für klare Spielregeln auf dem Finanzmarkt ein, verlangte wirksame Kontrollinstrumente und kritisierte Fantasiewerte bei der Bewertung von Bankbeteiligungen, Termingeschäfte, mit denen die Existenz von Unternehmen gefährdet werde, sowie den Einsatz von Kapital für Finanzoperationen statt für Investitionen in die Realwirtschaft. Buchers Frage an die Experten richtete sich auf deren Einschätzung der Risken in Osteuropa.

Abgeordneter Werner Kogler (G) schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an, kritisierte Verzögerungen bei der Herausgabe der Verordnung zur Partizipation des Bundes an Banken sowie möglichen Einfluss der Banken auf die Formulierung der Verordnung, vermisste Auflagen für Gewinnentnahmen und sah Mängel in der öffentlichen Kontrolle der Banken. Kogler fragte auch nach den Ursachen des Constantia-Zusammenbruchs, erinnerte an den Abzug von Einlagen und Eigenkapital knapp vor dem Zusammenbruch und hielt es nicht für gerechtfertigt, nun den Steuerzahler zur Haftung heranzuziehen.

Kritik übte Kogler auch an der Absicht der RZB, einerseits 2 Mrd. € an staatlichem Kapital in Anspruch zu nehmen und sich gleichzeitig beim ORF einzukaufen.

Bei der Hypo Alpen-Adria hielt es Kogler für unverständlich, dass der Steuerzahler für die Folgen riskanter Geschäfte herangezogen werden soll. Die Probleme der Hypo Tirol, meinte Kogler, sollte der Eigentümer, das Bundesland Tirol lösen. Beim Thema Ostrisiko äußerte Kogler die Vermutung, es könnten noch einige "Kellerleichen" sichtbar werden.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) wollte wissen, woher der Staat das Kapital zur Finanzierung des Bankenpakets nehme und welche Kosten dabei anfielen. Die Probleme in Osteuropa führte Königshofer darauf zurück, dass sich die österreichischen Banken dort nicht an Kraftwerken und Fabriken, sondern an Banken beteiligt hätten.

Abgeordneter Peter Pilz (G) unterstrich das Recht des Nationalrates auf detaillierte Information über die Umsetzung des einstimmig verabschiedeten Bankenpakets und erkundigte sich nach den Problemen heimischer Banken infolge ihrer Engagements in Osteuropa, etwa der Erste Bank in Rumänien. Nach den Erfahrungen mit der Weltwirtschaftskrise nach 1929 habe der Steuerzahler ein Interesse zu wissen, welche Risken der Staat durch sein Engagement im Bankensektor eingehe.

Besorgt zeigte sich Pilz um jene kleinen Leute, die von Finanzdienstassistenten Wertpapiere gekauft haben. Pilz machte darauf aufmerksam, dass "Keiler" ohne jede Ausbildung und ohne irgendein Wissen über Fonds und Aktien "Immo East"-Anteile an Menschen verkauft haben, die nun vor Existenzproblemen stehen. Pilz sprach drastisch von "Pyramidenspielen" der AWD und plädierte für den Schutz der Geschädigten.

Fahrlässigkeit ortete Pilz auch bei den "abenteuerlichen Tilgungsträger-Konstruktionen" für Häuselbauer. Diesen Menschen werde jetzt empfohlen, zusätzliche Sicherheiten durch Bürgschaften Verwandter und von Freunden beizubringen. Kritik übte Pilz auch an der Verrechnung von Prämien bei der Umschuldung von Fremdwährungskrediten und trat für ein "Häuselbauermoratorium" nach britischem Vorbild ein.

Von Finanzminister Wilhelm Molterer erfuhren die Abgeordneten, dass das Bankenpaket, insbesondere die Einlagensicherung, ihr positive Wirkung entfalte. Mit der Erste Bank werde über staatliches Partizipationskapital verhandelt. Die Liquidität der Constantia-Bank sei gesichert. Außerdem berichtete Molterer über Pläne für ein weiteres Konjunkturpaket mit steuerlichen Entlastungen.

Kritik an Formulierung und Zeitpunkt der Verordnung zum Bankenpaket wies der Finanzminister zurück. Es sei vom Finanzministerium und vom Bundeskanzleramt ausgearbeitet und wenige Tage nach Inkrafttreten des Gesetzes herausgekommen. In den Verträgen mit den Banken seien auch die staatlichen Kontrollrechte geregelt. Man habe die Constantia-Bank mit einer durch staatliche Haftung unterstützten Übernahme gerettet, weil es darum ging, dort 250 deponierte Fonds abzusichern. Bei den Engagements der Hypo Alpe-Adria in Südosteuropa wies der Finanzminister auf dortige Interessen österreichischer Unternehmen hin. Die Partizipation des Bundes an österreichischen Banken werde durch optimal platzierte Schuldaufnahmen der Österreichischen Finanzierungsagentur finanziert.

Der im Vergleich zum deutschen Bankenpaket größere Anteil des österreichischen Bankenpakets am BIP erkläre sich aus dem größeren Anteil der Banken an der österreichischen Volkswirtschaft, sagte der Finanzminister, der es für angebracht hielt, über die Aufsicht von Finanzdienstassistenten zu sprechen.

Abgeordneter Jakob Auer (V) erinnerte an die Warnungen der Nationalbank vor Fremdwährungskrediten. Seine Fragen galten der Einrichtung einer europäischen Ratingagentur und dem Engagement in Osteuropa. Beim Thema AWD stimmte Auer vollkommen mit den Aussagen von Peter Pilz überein. Auers Dank galt Finanzministerium, FMA und Nationalbank bedanken, die wesentlichen Anteil an der Überwindung der derzeitigen Krise haben.

Die Finanzkrise erfordere gemeinsame europäische Anstrengungen, unterstrich Abgeordneter Kai-Jan Krainer (S). Das Bankenpaket zeitige erste Erfolge, hoffentlich auch auf dem Interbankenmarkt. Bei der Eigenkapitalzufuhr fehlten noch klare europäische Regelungen, dasselbe gelte für die Realwirtschaft. Schließlich erkundigte sich der SPÖ-Mandatar danach, ob es ein Banken-Monitoring von Seiten des BMF bezüglich der Vergabe von Krediten an KMU gebe.

Krainers Fraktionskollegin Marianne Hagenhofer (S) berichtete aus ihrer Heimatregion und wies besorgt auf Auftragseinbrüche von bis zu 40 % bei vielen Firmen hin. Unternehmer klagten über Probleme, Kredite zu bekommen. 

Abgeordneter Hermann Schultes (V) erinnerte an die "Erdölpreisblase", die 1.500 bis 2.000 Mrd. Dollar auf den Markt "geschwemmt" habe. Die Frage laute nun, wie man solche Entwicklungen in Zukunft verhindern könne. 

Er habe den Eindruck, die Banken versuchten derzeit, die Politik auszuhebeln, merkte Abgeordneter Alois Gradauer (F) kritisch an. Er verstehe nicht, warum man nicht den Rechnungshof im Rahmen der Umsetzung des Bankenpakets einsetze, zumal doch Milliarden an Steuermitteln fließen. Aus moralischer Sicht sei es notwendig, dass Manager auf einen Teil ihrer Gehälter verzichten.

Staatssekretär Christoph Matznetter ging zunächst auf die unterschiedliche Handhabung von Maßnahmen im Bankenbereich in den einzelnen Ländern ein. In Österreich gebe es noch keine definitiven Vereinbarungen mit einzelnen Instituten. Im Unterschied zu Deutschland seien die Regelungen in Österreich weitreichender, etwa bei den Berichterstattungs- und Informationspflichten. Gegenüber der Forderung des Abgeordneten Auer, eine europäische Ratingagentur einzurichten, erinnerte der Staatssekretär an das Scheitern des diesbezüglichen Experiments im Jahr 2004, hielt aber ein eigenes europäisches System für wünschenswert. Neben einer zentralen Finanzaufsicht trete Österreich auch für die Einführung einer internationalen Finanztransaktionssteuer ein. Hier sei vor allem die Frage der Steueroasen zu lösen. Das Kernproblem liege seiner Ansicht nach darin, dass es derzeit völlig abgehobene Märkte gibt, die mit der Realwirtschaft wenig zu tun haben. Es müssten nun Instrumentarien entwickelt werden, um Geldblasen in Zukunft zu verhindern.

Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny ging in seiner Wortmeldung vor allem auf das Engagement der österreichischen Banken in Ost- und Zentraleuropa ein. Es müsse ganz klar festgestellt werden, dass das ökonomische Wachstum in Österreich, das in den letzten Jahren über dem europäischen Durchschnitt gelegen ist, zu einem wesentlichen Teil auf die Ostexpansion der österreichischen Wirtschaft zurückzuführen ist. Natürlich seien auch die Länder in Ost- und Zentraleuropa von der aktuellen Krise betroffen, sagte Nowotny, dennoch sei dort 2009 mit einem Wirtschaftswachstum von 2 % bis 3 % zu rechnen, während man im EU-Raum von einer leicht negativen Entwicklung ausgehe. Die Lage in den einzelnen Ländern sei sehr unterschiedlich. Die Situation in Tschechien und Slowakei sei sehr positiv, Ungarn befinde sich aber in einer Krise. Drei Viertel des Gesamtengagements der österreichischen Banken liegen in den neuen EU-Mitgliedstaaten und der konsolidierte Gewinn der insgesamt zwölf österreichischen Banken in Zentral- und Osteuropa betrage 3,3 Mrd. €, informierte Nowotny, dem stehe ein Gewinn von 1 Mrd. € am heimischen Markt gegenüber. (Schluss)