Parlamentskorrespondenz Nr. 926 vom 09.12.2008

EU-Hauptausschuss zu Finanz- und Wirtschaftskrise

Diskussion um Vertrag von Lissabon

Wien (PK) – Die Diskussion im heutigen EU-Ausschuss, der im Vorfeld des Europäischen Rats am 11. und 12. Dezember 2008 stattfand, konzentrierte sich auf die Finanz- und Wirtschaftskrise und damit im Zusammenhang auch auf die künftige Energie- und Klimapolitik der EU. Zur Zukunft des Vertrags von Lissabon und einem wahrscheinlichen weiteren Referendum in Irland fand ein Schlagabtausch zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen einerseits und FPÖ und BZÖ andererseits statt. Während FPÖ und BZÖ dezidiert eine weitere Volksabstimmung als Missachtung des Volkswillens dezidiert ablehnten und neue Verhandlungen zur Zukunft Europas forderten, sprach sich der neue Außenminister Michael Spindelegger entschieden gegen eine Neufassung des Vertrags aus. Bundeskanzler Werner Faymann bekräftigte, man stehe zum Vertrag von Lissabon und zur erfolgten Ratifikation in Österreich.

Die Oppositionsparteien brachten zu diesen Themen Anträge ein, die jedoch mit Mehrheit abgelehnt wurden.

Balance zwischen Wirtschaft, Umwelt und Sicherung der Arbeitsplätze

Bundeskanzler Werner Faymann unterstrich einleitend, dass es zwar in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedliche Konjunkturprogramme gibt, diese seien dennoch aufeinander abgestimmt. Er erwarte sich daher einen positiven Effekt. Der Gesamtrahmen bewege sich um die 200 Mill. €, davon würden 170 Mill. € nationale Programme betreffen, die restlichen 30 Mrd. € seien für EU-Projekte vorgesehen. So würden etwa Infrastrukturprogramme, wie das TEN-Projekt, vorgezogen. Österreich erfülle mit seinen Konjunkturpaketen, die entweder bereits beschlossen oder im Regierungsprogramm festgelegt sind, die von der EU vorgegebenen Richtlinien.

Angesichts der Gefahr einer Rezession und der steigenden Arbeitslosigkeit sei es notwendig, dass der Rat entschieden konkrete Schritte in Gang setze, sagte der Bundeskanzler. Dies wurde auch von Außenminister Michael Spindelegger bekräftigt. Faymann verteidigte auch die vorgesehenen Regelungen für bestimmte Industriezweige hinsichtlich der erlaubten Emissionen. Keineswegs gehe man von dem Ziel ab, bekräftigte er, die Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % zu reduzieren. Geht man vom Basisjahr 2005 aus, würde das für Österreich eine Reduktion um 16 % bedeuten. Österreich verfüge bereits jetzt über einen hohen Standard an erneuerbaren Energien. Halte man an der europäischen Zielsetzung fest, so sollte der Anteil Österreichs im Jahr 2020 bei 34 % liegen. Da Österreich in dieser Hinsicht eine Vorreiterrolle einnehme, setze sich die Regierung bei der EU immer wieder dafür ein, einen so genannten "Frühbucherbonus" in Form von Gratiszertifikaten zu erhalten. Dies sei bislang jedoch noch nicht gelungen, bedauerte Faymann.

Im Hinblick auf die weltweite Verflechtung und Dimension sei die Sorge realistisch, dass manche Industriezweige ihren Standort verlagern würden. Das beträfe in Österreich nicht nur 70.000 bis 80.000 Arbeitsplätze, sondern würde global auch zu einer weiteren unerwünschten, wenig umweltfreundlichen Produktion beitragen. Dem müsse man entgegenwirken, sagte Faymann, um weltweite negative Effekte zu vermeiden. Selbstverständlich bleibe man bei den angepeilten Zielsetzungen. Die Unternehmen brauchten aber Rechts- und Planungssicherheit, weshalb es wichtig sei, beim kommenden Rat konkrete Beschlüsse zu erzielen. Österreich werde auch darauf dringen, mehr Spielraum zur Reduktion der Emissionen im Bereich des Verkehrs zu haben. Dazu sei aber die Wegekostenrichtlinie notwendig.

SPÖ und ÖVP begrüßen Konjunkturpakete: rasches Handeln ist gefragt

Seitens der Koalitionsparteien wurde die von Faymann skizzierte Vorgangsweise begrüßt. So meinte etwa Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S), angesichts des Überschwappens der Finanzkrise auf die Realwirtschaft sei es notwendig, rasch zu handeln. Mit den Konjunkturpaketen seien die Zeichen der Zeit erkannt worden. Neben den Akutmaßnahmen hielt sie es aber für unabdingbar, nachhaltige und langfristige Bedingungen sowie sinnvolle Regelungen und stabile Rechtsgrundlagen zu schaffen, um den Tendenzen des schrankenlosen Marktes ohne soziale Mindeststandards entgegenzuwirken. Ein Abgehen von den Maastricht-Kriterien ist für sie derzeit gerechtfertigt, da die Zeit es erfordere, dass die öffentliche Hand investiert und Impulse setzt. Grossmann zeigte sich froh darüber, dass die österreichische Bundesregierung eine Balance zwischen der Sicherung der Arbeitsplätze und des Wirtschaftsstandorts einerseits und dem Schutz der natürlichen Ressourcen andererseits gewählt hat.

Ebenso befürwortete Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) die Konjunkturhilfe auf nationaler und europäischer Ebene und hielt auch das CO2-Paket für sinnvoll. Man müsse berücksichtigen, dass Europa in dieser Hinsicht mehrere Schritte vorsieht. Beim Emissionshandel werde man Flexibilität an den Tag legen müssen und darauf achten, dass der angepeilte Solidaritätseffekt nicht durch Standortverlagerungen verloren geht, sagte er. Eine weitere Zielrichtung beträfe die erneuerbaren Energien, wobei Schüssel Bio-Treibstoffe für einen richtigen Ansatz hält. Schüssel plädierte auch für einen vernünftigen und fairen Lastenausgleich. Er zeigte sich erfreut darüber, dass die EU-Kommission das Bankenpaket nun genehmigt, was er als einen wichtigen Durchbruch bezeichnete.

Abgeordneter Franz Riepl (S) unterstützte ebenfalls die Vorgangsweise der Regierung hinsichtlich des Emissionshandels. Die große Anzahl der Betroffenen rechtfertige ein sorgfältiges Umgehen mit dem Thema. In Österreich gebe es zahlreiche Leitbetriebe, die sehr viel in den Umweltschutz investierten, und damit Vorbildwirkung hätten. Er halte es daher für gerechtfertigt, sie mit Gratiszertifikaten zu belohnen.

Dem schloss sich Abgeordneter Martin Bartenstein (V) an. Man werde selbstverständlich an den Zielvorstellungen der EU-Klimapolitik festhalten, gleichzeitig müsse man aber die Gefährdung zahlreicher Arbeitsplätze in energieintensiven Betrieben berücksichtigen. Er verlieh auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Vorleistungen Österreichs bei den Emissionen in Form von Gratiszertifikaten doch noch anerkannt werden. Das Konjunkturpaket auf EU-Ebene sei zu begrüßen, sagte Bartenstein, richtete aber die Bitte an die Regierungsmitglieder im Rat, den Vorschlag einiger Staaten, nicht verbrauchte Gelder behalten zu dürfen, in keiner Weise zu unterstützten. Das würde auf Kosten der Nettozahler gehen.

Anträge der Opposition

Kritischer fiel die Stellungnahme der Opposition aus. Abgeordneter Johannes Hübner (F) befürchtete vor allem, dass viele EU-Förderungen nicht entsprechend verwendet würden. Man wisse genau, dass in vielen Regionen die Verwaltung eng mit dem organisierten Verbrechen zusammenarbeite und die EU nicht in der Lage sei, das abzustellen. Er appellierte daher, sich für eine restriktive Haltung bezüglich der Verwendung von EU-Mitteln einzusetzen, alles andere ginge auf Kosten der Nettozahler.

Dem gegenüber bekräftigte Bundeskanzler Faymann, die EU sei um eine korrekte Abwicklung der Subventionen bemüht. Er stellte auch in Abrede, dass die Mittel ohne Vorgaben vergeben würden. Bundesminister Spindelegger erinnerte daran, dass die EU beispielsweise Rumänien vor kurzem 220 Mill. € gestrichen hat.

Das BZÖ legte einen Antrag auf Ausschussfeststellung vor, in dem eine konsequente und gemeinsame Vorgangsweise gegen spekulative Finanztransaktionen verlangt wird. Abgeordneter Ewald Stadler (B) bezweifelte, dass die in Aussicht genommenen Maßnahmen ausreichend sind. Er trat, wie in der Ausschussfeststellung verlangt, für eine EU-weite Steuer auf Devisen- und Finanztransaktionen sowie für die Senkung der Mitgliedsbeiträge Österreichs ein. Dieser Antrag blieb jedoch in der Minderheit.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) zeigte sich zwar zufrieden darüber, dass die EU dem österreichischen Bankenpaket zustimmt, er bedauerte jedoch, dass die Banken derzeit darauf noch nicht adäquat reagiert haben. Das Paket sei leider noch nicht dort angekommen, wo es hätte ankommen sollen, nämlich bei den Klein- und Mittelbetrieben, sagte er.

Dem entgegnete Bundeskanzler Werner Faymann, dass man erst nach Zustimmung der EU zum Bankenpaket überprüfen könne, wie wirksam die Maßnahmen sind. Viele Banken würden aber auch berichten, dass die Ansuchen um Kredite stark zurückgegangen sind.

Die Grünen vertraten die Auffassung, man könnte die gegenwärtige Krise auch als eine Chance sehen, auf nachhaltige Produktion zu setzen. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) bedauerte, dass man den Industriezweigen, denen man nun Ausnahmen gewähre, keinerlei Bedingungen auferlege, obwohl die Kommission ursprünglich klare Kriterien habe vorgeben wollen. Begrüßt wurde von Lunacek der Plan der EU, die Finanzmarktaufsicht besser zu koordinieren und unabhängige Rating-Agenturen einzurichten. Dies sollte vor dem Weltfinanzgipfel im April 2009 realisiert werden, meinte sie. In einem Antrag auf Stellungnahme fordern die Grünen darüber hinaus unter anderem eine EU-weite Finanztransaktionssteuer, eine Regulierung von Hedge- und Private-Equity-Fonds, die Schließung von off-shore Kontroll- und Rechtsoasen, die Stärkung des Verbraucherschutzes für AnlegerInnen sowie eine ökologische Steuerreform und günstigere Kreditzinsen für Investitionen in eine nachhaltige Wirtschaftsweise.

Faymann wies gegenüber der Opposition auf die Leitlinien im Entwurf für ein Schlussdokument des Rats hin, wo Strukturreformen der Lissabon-Strategie, größere Unterstützung von Klein- und Mittelbetrieben sowie mehr Geld für Forschung und Entwicklung und Bildung vorgesehen seien. Der Bundeskanzler unterstrich nochmals die Wichtigkeit der Konjunkturprogramme in ganz Europa. Er befürwortete eine Transaktionssteuer, räumte aber gleichzeitig ein, dass diese derzeit noch unrealistisch sei.

Ein weiterer Antrag auf Stellungnahme der Grünen, der von Christiane Brunner (G) eingebracht wurde, befasste sich mit dem Kapitel Energie- und Klimawandel. Darin stellen die Grünen dezidierte fest, die EU-Klimaziele dürfen auch nicht vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise verwässert werden. Brunner möchte die Krise als eine Chance für den Umweltschutz verstanden wissen und wandte sich dagegen, Umwelt und Wirtschaft in der jetzigen Situation gegeneinander auszuspielen. Europa sollte dabei eine besondere Rolle übernehmen, genauso wie Österreich. Dieser Verantwortung habe man sich jedoch in letzter Zeit zu sehr entzogen, kritisierte sie. Daher gebe es im Inland großen Nachholbedarf, meinte Brunner. Man werde auch die Kyoto-Ziele nicht erreichen. Sie trat daher dafür ein, sich ambitioniertere Ziele zu setzen und den Anteil an erneuerbaren Energien substantiell zu erhöhen. Beide Anträge der Grünen wurden mehrheitlich abgelehnt.

Heftige Kritik am Biosprit übte Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F). Durch den steigenden Anbau von Pflanzen für den Biosprit würde die Nahrungsmittelproduktion verdrängt und eine Nahrungsmittelknappheit herbeigeführt, fürchtete Fichtenbauer. Es sei daher höchst an der Zeit, das Ruder herumzureißen. Für ihn stehen die angepeilten Ziele in negativer Konkurrenz zur Industrie, die dies als Aufforderung zur Produktionsumsiedelung missverstehe.

In seiner Reaktion auf die vorgebrachte Kritik bezeichnete Bundeskanzler Werner Faymann die Umweltprojekte der EU, aber auch Österreichs als sehr engagiert. Im Bereich der erneuerbaren Energie bedürfe es zusätzlicher Kraftanstrengungen. Gleichzeitig sei aber darauf Bedacht zu nehmen, dass neue Technologien für die Haushalte auch leistbare Alternativen darstellen. Faymann verteidigte weiters die Biospritproduktion und wies darauf hin, dass der Biosprit der nächsten Generation nur mehr wenige Nahrungsmittel betreffe, womit zahlreiche Nachteile beseitigt würden. Als einen Erfolg der österreichischen Verhandlungsposition bezeichnete es Faymann, dass die Atomenergie nicht als erneuerbare Energie eingestuft wurde.

Wie geht es mit dem Vertrag von Lissabon weiter?

Wesentlich kontroversieller verlief die Diskussion um die Zukunft des Vertrags von Lissabon. Bundeskanzler Werner Faymann berichtete, es gebe keinen genauen Zeitplan, wann und unter welchen Voraussetzungen Irland in eine neue Volksabstimmung geht. Jedenfalls stehe Österreich zum Vertrag von Lissabon und zur erfolgten Ratifikation, stellte Faymann fest. Außenminister Michael Spindelegger fügte hinzu, dass für Österreich eine vertragliche Neufassung nicht in Frage komme, da man nicht die Büchse der Pandora öffnen wolle. Irland werde jedenfalls beim kommenden Gipfel den Bericht der eingesetzten Kommission über die Gründe der Ablehnung des Vertrags sowie einen Plan für die weitere Vorgangsweise vorlegen.

Wie Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V) dazu meinte, habe das negative Referendum Irland schwer geschadet. Sollte das nächste Referendum erst im Herbst stattfinden, so werde Österreich auf Grund des geltenden Vertrags von Nizza zwei Sitze im Europäischen Parlament verlieren, stellte er fest. Abgeordnete Elisabeth Grossmann (S) hoffte auf einen raschen Abschluss des Ratifizierungsprozesses, machte aber gleichzeitig darauf aufmerksam, dass hier höchste Sensibilität gefordert sei.

Die Abgeordneten der FPÖ und des BZÖ sahen das mögliche zweite Referendum in Irland weitaus kritischer. Damit werde das Votum der BürgerInnen missachtet, so der Tenor beider Fraktionen. Vor einem etwaigen weiteren Referendum rasch Ausnahmeregelungen für Irland zu beschließen, um ein positives Ergebnis zu erzielen, stelle weder eine gute noch eine ehrliche Basis dar, meinte etwa Abgeordneter Johannes Hübner (F). In seinem Antrag auf Stellungnahme wird festgehalten, dass der Vertrag von Lissabon nach dem irischen Nein als gescheitert zu betrachten sei, und man daher den Ratifikationsprozess sofort abzubrechen habe. Die Freiheitlichen verlangen eine sofortige Kehrtwende in der Zielsetzung europäischer Integrationspolitik sowie einen Erweiterungsstopp. Sie bekräftigen darin einmal mehr ihre Forderung nach nationalen Volksabstimmungen.

In eine ähnliche Richtung geht der Antrag auf Ausschussfeststellung der BZÖ-Abgeordneten, worin sie sich klar gegen eine Wiederholung des Referendums in Irland aussprechen. Dies würde eine Konterkarierung einer direktdemokratischen Entscheidung des irischen Volkes darstellen, sagte Abgeordneter Ewald Stadler (B). Etwaige Zugeständnisse seitens der EU hätten manipulative Wirkung. Auch er trat für eine Volksabstimmung in Österreich bei künftigen Vertragsänderungen ein.

Dies veranlasste die ehemalige Außenministerin und nunmehrige Abgeordnete Ursula Plassnik (V) zur Feststellung, die beiden Anträge gingen nach dem Motto vor, nein müsse nein bleiben. Man könne jedoch Irland nicht vorschreiben, welchen Weg es beschreiten wolle. Sie unterstütze jedenfalls die von Außenminister Spindelegger vorgezeichnete Linie und rief zu mehr parlamentarischem Selbstbewusstsein auf. Der Regelfall sei die parlamentarische Ratifikation, so Plassnik. Dem entgegnete der Dritte Präsident des Nationalrats Martin Graf (F), er lasse sich seine eigene Meinung nicht nehmen, und eine kritische Haltung zur EU sei seines Erachtens selbstbewusster als eine unkritische. Abgeordneter Ewald Stadler (B) stellte dazu die Frage, wie man eine Europäische Union ohne BürgerInnen bauen wolle.

Wie Abgeordnete Plassnik konnte auch Abgeordnete Sonja Ablinger (S) den Anträgen von FPÖ und BZÖ nichts abgewinnen. Der Vertrag von Lissabon regle genau die Zuständigkeiten, sagte sie und wies auf die vorgesehenen Subsidiaritätskontrollen der nationalen Parlamente hin.

Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) wiederum meinte, dass man versuche, unverhohlen auf verfassungsrechtliche Gebäude anderer Staaten einzugreifen, und das betreffe vor allem das Referendum in Irland. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) stellte aus seiner Sicht fest, man müsse den Volksentscheid akzeptieren und könne nicht noch einmal abstimmen lassen. Vielmehr müsse man sich Gedanken über die EU der Zukunft machen, und diese Zukunftsdiskussion müsse auch in Österreich geführt werden.

Bundeskanzler Faymann bemerkte dazu, dass er die Entscheidung der irischen Bevölkerung beim ersten Referendum respektiere. Er respektiere aber ebenfalls eine etwaige Entscheidung der Iren, das Referendum zu wiederholen. Auch Außenminister Michael Spindelegger betonte, Österreich werde sich nicht einmischen, ob es ein neues Referendum gibt. Man warte den Bericht der Iren ab, soviel sei aber bekannt, dass für das Nein beim Referendum Fragen entscheidend gewesen seien, die mit dem Vertrag selbst nichts zu tun haben.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) brachte darüber hinaus seitens seiner Fraktion einen Antrag auf Stellungnahme ein, in dem er einmal mehr eine Neuverhandlung über einen Vertrag für Europa plädiert. Ein solcher Vertrag sollte eine vollständige institutionelle und (kompetenz-)rechtliche Reform der EU vorsehen. Ziel sei die Schaffung eines Modulsystems in Form eines Bundes europäischer Staaten.

Konträr zu den beiden anderen Oppositionsparteien fiel die Stellungnahme der Grünen zu dem Thema aus. Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) bedauerte, dass der Vertrag von Lissabon noch nicht in Kraft ist. Sie appellierte an die Regierung, sich verstärkt für die Einführung einer europaweiten Volksabstimmung für den Fall einer kommenden Vertragsrevision einzusetzen. Eine nationale Volksabstimmung bei gesamteuropäischen Fragen sei in keiner Weise sinnvoll, merkte sie an. Der diesbezügliche Antrag auf Stellungnahme wurde ebenso abgelehnt, wie die genannten Anträge von FPÖ und BZÖ.

Thema Balkan, Erweiterung und Ostpartnerschaft

Bundesminister Spindelegger ging auch auf außenpolitische Fragen ein. So legte er besonderen Wert darauf, das Thema Erweiterung nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Österreich lege einen besonderen Fokus auf Kroatien, sagte er, wobei es durchaus im Bereich des Möglichen stehe, die Verhandlungen Ende 2009 abzuschließen. Es gebe jedoch noch immer bilaterale Grenzstreitigkeiten mit Slowenien, weshalb die Eröffnung weiterer Verhandlungskapitel unsicher sei. Frankreich werde versuchen, zur Lösung dieser Probleme beizutragen.

Die derzeitige Blockade in Bezug auf das Interimsabkommen mit Serbien hielt der österreichische Außenminister für nicht gerechtfertigt. Die Kooperation mit Serbien funktioniere mittlerweile exzellent, weshalb Österreich für Visaerleichterungen eintrete. Einen wesentlichen Schritt nach vorne bedeute auch die Rechtsstaatlichkeitsmission der EU (EULEX) im Kosovo. Dem pflichtete Abgeordnete Ursula Plassnik (V) bei. EULEX sei die größte zivile Mission der EU und ein bedeutender Beitrag im Kampf gegen organisierte Kriminalität. Sie hielt es für wichtig, dass EULEX auf das gesamt Gebiet des Kosovo, also auch dort, wo es mehrheitlich eine serbische Bevölkerung gibt, ausgerichtet ist.

Außenminister Spindelegger berichtete auch über das Vorhaben der Kommission, eine östliche Partnerschaft zu initiieren. Diese betreffe die Donauregion und den Kaukasus, wo bereits heute Österreich eine bedeutende wirtschaftliche Rolle spielt. (Forts.)