Parlamentskorrespondenz Nr. 22 vom 21.01.2009

Versagt die Regierung in der Energiepolitik?

Dringliche Anfrage der Grünen in Nationalrat

Wien (PK) – Die Europadebatte des Nationalrats wurde am Nachmittag unterbrochen, um eine von den Grünen eingebrachte Dringliche Anfrage zum Thema "Versagen und Orientierungslosigkeit der Bundesregierung in der Energiepolitik" an Wirtschaftsminister Mitterlehner in Verhandlung zu nehmen. Abgeordnete Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) forderte in der Begründung der Anfrage eine ehrliche und offensive Energiewende. Ihrer Ansicht nach habe die Bundesregierung jedoch aus der Krise nichts gelernt. Die Anteile an erneuerbarer Energie stagnierten, der Strom- und Gasverbrauch steige und auch die Ausgaben für Energien wüchsen enorm an. Ein Umstieg auf erneuerbare Energie würde tausende Arbeitsplätze schaffen, argumentierte die Rednerin.

Vehement wies sie Vorwürfe zurück, die Vorschläge der Grünen zur Energiewende seien naiv. Vielmehr sei die derzeitige Energiepolitik naiv, stellte die grüne Klubobfrau fest, denn nach der Gaskrise könne niemand mehr behaupten, dass die Versorgung mit Öl und Gas in Zukunft gesichert sei. Präsident Putin arbeite an einem Gaskartell, die Reserven gingen zu Ende und die Leitungen seien veraltet. Die großen Hoffnungen, die man in die Nabucco-Pipeline setze, seien unbegründet, da man damit die Abhängigkeit vom russischen Gas um lediglich fünf Prozent reduziere und sich damit die Abhängigkeit von kaspischen Staaten und dem Iran einhandle. Das ganze koste noch dazu 5 Mrd. €. Glawischnig-Piesczek brandmarkte darüber hinaus den Bau von elf neuen Gaskraftwerken als Unsinn und politisch in höchstem Maß verantwortungslos.

Eine Energiewende müsse zwei Bereich umfassen, sagte sie, nämlich die Stromversorgung und die Wärmeversorgung. Die Umstellung auf hundert Prozent erneuerbare Energien sei zu schaffen, wenn man die Energieeffizienz steigere und auf Kleinwasserkraft sowie auf Bioheizkraftwerke setze. Im Baubereich müsse man konsequent die thermische Sanierung vorantreiben und bei Neubauten Solaranlagen verpflichtend vorschreiben. Darüber hinaus sei der öffentliche Verkehr zu forcieren. Anstelle der Verschrottungsprämie wäre nach Ansicht der Grünen das Geld viel besser in Forschung und Entwicklung angelegt. Glawischnig-Piesczek kritisierte scharf die Aussagen von Hannes Androsch, dem Wirtschaftsberater des Bundeskanzlers, zum Thema Atomkraft, und trat für den Stopp der Zahlungen an EURATOM ein. Sie forderte auch eine genaue Stromkennzeichnung, damit die Kundinnen und Kunden genau sehen könnten, welche Art von Strom sie verbraucht haben. Abschließend kritisierte sie, dass man während der Gaskrise der Slowakei kein Gas geliefert hat. Wenn man Allianzen gegen Atomkraft schließen wolle, dann müsse man auch Solidarität beweisen, sagte sie.

Bundesminister Dr. MITTERLEHNER reagierte darauf mit der Bekräftigung, dass man die Energieversorgung im internationalen Gleichklang weiterentwickeln werde. Man sei sich dessen bewusst, dass mit der Wiederaufnahme der Gaslieferung keineswegs alles wieder gut sei, man lerne aus der Krise. Die Bemühungen in Richtung Klimaziele, Versorgungssicherheit und Energieeffizienz müssten gesteigert werden, betonte Mitterlehner. Den Grünen warf er vor, im Rahmen ihrer Vorschläge und Forderungen die Komplexität der Gesamtproblematik zu übersehen. Nur die Vergrößerung der Gasspeicher in den letzten Jahren habe Österreich befähigt, die Gaskrise am besten innerhalb der EU zu bewältigen. Selbstverständlich werde man in Zukunft weiter diversifizieren müssen, räumte der Minister ein, denn mit dem, was wir haben, werde man zukünftige Krisen nicht durchstehen können.

Die Bundesregierung handle keineswegs orientierungslos und widersprüchlich, wie in der Anfrage behauptet, sondern gehe nach einem Gesamtplan vor. Dieser beinhalte nicht nur den Bau von Gaskraftwerken und Pipelines, sondern auch die Forcierung der Biomasse und der Wasserkraft. Es sei eine Illusion zu glauben, man brauche keine Gaskraftwerke mehr, sagte Mitterlehner, und stellte klar, dass man beim Ausbau der Wasserkraft nicht nur von Großwasserkraftwerken sprechen könne, sondern der Schwerpunkt bei den mittleren Kraftwerken liege. Die Wasserkraft sei die einzige Möglichkeit, im Bereich der erneuerbaren Energie große Schritte zu setzen. Was den Vorwurf betrifft, Österreich habe der Slowakei nicht geholfen, müsse er feststellen, dass an Österreich kein Hilfsansuchen gestellt worden sei. Die OMV habe aber kurzfristig eine Leitung hergestellt und 50 Mill. Kubikmeter Gas transportiert.

In Beantwortung der einzelnen Fragen betonte Mitterlehner wiederholt die Notwendigkeit der Steigerung der Energieeffizienz. Den nächsten Energiebericht kündigte er für Ende März 2010 an, darin werde auf die europarechtlichen Verpflichtungen eingegangen werden, sowie auf die Themen Energie und Umweltpolitik. Ein Anteil von 45 % erneuerbarer Energien, wie es die Grünen fordern, würde zu einer enormen Kostenbelastung führen, warnte der Minister. Die 34 %, zu denen man sich verpflichtet habe, seien ohnehin sehr ambitioniert. Österreich gehe damit im Gleichschritt mit der EU und liege innerhalb der Union an vierter Stelle. Im Jahr 2007 habe die Energieabhängigkeit vom Ausland 68,8 % betragen, das sei ein Rückgang um drei Prozentpunkte. Die Ausgaben beliefen sich auf 11,15 Mrd. €, das sei ein Rückgang um 4,9 %, informierte er in weiterer Folge. Die Energieeffizienzrichtlinie befinde sich derzeit in Umsetzung, berichtete er und ergänzte, dass hier der öffentliche Sektor im Beschaffungswesen und im Wärmebereich einen Beitrag leisten werde. Durch die Ökostromgesetznovelle 2008 würden die Förderungen angehoben und der Anteil an erneuerbarer Energie bis 2015 verdoppelt. Die zweite Ökostromgesetznovelle 2008 sei noch nicht umgesetzt, da seitens der Kommission noch keine Beihilfengenehmigung vorliege. Mitterlehner hoffte jedoch auf eine baldige Zustimmung.     

Abgeordnete Mag. BRUNNER (G) zeigte sich mit der Beantwortung der Dringlichen Anfrage unzufrieden, da die Regierung offensichtlich das derzeitige System verstärke. Die Argumentation, die Kosten, um den Anteil an erneuerbaren Energien auf 45 % anzuheben, seien zu hoch, könne sie nicht nachvollziehen, wenn man bedenke, wie viel Geld für fossile Energieträger und EURATOM ausgegeben wird. Brunner brachte zwei Entschließungsanträge ein, wobei im ersten ein Ausbaustopp für neue Gaskraftwerke und Gasleitungen gefordert wird, so lange es keinen akkordierten Energieplan für Österreich gibt. Sie bedauerte, dass derzeit de facto ein Stopp beim Ausbau des Ökostroms zu verzeichnen sei. Im zweiten Entschließungsantrag wird ein Energieplan für Österreich für den Zeitraum bis 2030 eingefordert. Dieser soll die Grundlage für eine verbesserte Energieeffizienz und den konsequenten Ausstieg aus fossiler und atomarer Energie bilden. Dazu brauche man ein nationales Energieeffizienzgesetz, so Brunner, das unter anderem technische Geräte und Gebäudesanierung betrifft, weiters ein Heiztauschprogramm, ein Ökostromgesetz, das den Namen auch verdient, und ein Umdenken im Verkehrsbereich in Richtung nachhaltige Verkehrssysteme.

Abgeordneter KATZIAN (S) meinte, die wichtigste Lehre, die man aus der Gaskrise ziehen müsse, sei jene, unabhängiger von fossilen Energieträgern zu werden. Dies sei aber eine Aufgabe, die nicht von heute auf morgen gelöst werden könne, man müsse dieses Ziel konsequent, aber eben mit Bedacht durch ein schrittweises Vorgehen verfolgen, so der Redner, der sodann konkrete Vorschläge vorbrachte, wie man das umrissene Ziel adäquat erreichen könne.

Abgeordneter Dr. BARTENSTEIN (V) ortete Übereinstimmung mit seinem Vorredner. Fossile Energieträger sollten möglichst zurückgedrängt werden, allerdings müsse man an diese Frage realistisch herangehen. Fossile Energieträger seien, wolle man nicht auf die Kernkraft zurückgreifen, nicht von heute auf morgen substituierbar. Den Grünen warf der Redner vor, unrealistische Forderungen zu erheben. Konkret brauche es einen konsequenten Ausbau der Wasserkraft, hielt Bartenstein fest.

Abgeordneter HOFER (F) kritisierte, dass Österreich Kernenergie importiere. Auf diesen Strom müsste verzichtet werden, betonte Hofer. An die Adresse der Grünen gerichtet meinte er, man müsse als Politiker selbst mit gutem Beispiel vorangehen, wenn man den Bürgern einen Energie-Umstieg anempfehle. Konkret votierte Hofer für die thermische Sanierung, von der auch die heimische Wirtschaft profitieren würde. Zudem wäre dies eine sozialpolitische Maßnahme, so der Mandatar, der flankierende Maßnahmen anregte, um den Weg in eine größere Unabhängigkeit von Energieimporten beschreiten zu können.

Abgeordneter LUGAR (B) warf der Regierung Untätigkeit vor. Sie agiere offenbar nach dem Motto: Nimm dir nichts vor, dann schlägt dir nichts fehl. Der Redner ging auf die aktuelle Wirtschaftskrise ein und warnte vor den Folgen, welche die jüngste Entwicklung noch haben könnte. Die Regierung müsse endlich das Heft in die Hand nehmen und konkrete Maßnahmen setzen, das gelte auch für den Bereich der Energiepolitik, schloss der Abgeordnete, der in diesem Zusammenhang unter anderem auf die thermische Sanierung verwies. Man müsse die sich bietenden Gelegenheiten nützen, riet der Redner, um energiepolitisch autarker zu werden.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) erklärte, man stehe an einer Weggabelung: Wo soll investiert werden? Man dürfe nicht in die Vergangenheit, in die weitere Energieabhängigkeit investieren, vielmehr müsse man Schritte, die wirklich in die Zukunft wiesen, hin zu umweltfreundlichen Technologien setzen. Die Regierung, konstatierte Kogler, nehme hingegen die völlig falsche Weichenstellung an dieser Weggabelung vor. Derzeit würden große Chancen vergeben, hier tue grundsätzliches Umdenken Not, schloss der Redner.

Abgeordneter GARTLEHNER (S) meinte, die Ausführungen seines Vorredners seien langfristig nicht unrichtig, kurz- und mittelfristig müsse man aber realistisch vorgehen. Im Bereich Forschung und Innovation müsse man sich bemühen, Alternativen zu entwickeln, man sei auch dementsprechend am Ball, um schon bald zu einer größeren Unabhängigkeit am Energiesektor zu kommen. Er sei zuversichtlich, dass man sich generell in die richtige Richtung entwickle, resümierte der Redner.

Abgeordneter HORNEK (V) befasste sich grundsätzlich mit der Entwicklung am Energiesektor und fokussierte dabei auf die konkrete Problemlage in Österreich. In Österreich müsse man auf Biomasse und Wasserkraft setzen, wobei es im Lande in hohem Ausmaß positive Beispiele für zukunftsorientierte Modelle in diesem Bereich gebe. Dieser Weg müsse konsequent weiter beschritten werden, wozu auch Forschung und Entwicklung ihren Beitrag leisten müssten. Schließlich brachte er einen V-S-Entschließungsantrag betreffend eine energiepolitische Gesamtstrategie ein.

Abgeordneter NEUBAUER (F) sagte, man habe aus der vergangenen Krise nichts gelernt, denn dies sei bereits die zweite Gaskrise innert kurzer Zeit. Umso wichtiger sei es, aus den fossilen Energieträgern auszusteigen und die Energiewende zu vollziehen. Man dürfe sich daher nicht mehr auf Absichtserklärungen beschränken, sondern müsse endlich zu konkreten Taten schreiten. Es gebe genügend Möglichkeiten, tätig zu werden, man müsse sie auch nützen, meinte der Redner, der mit einem Appell gegen die Nutzung der Kernkraft schloss. In diesem Sinn brachte er einen Entschließungsantrag auf Ausstieg aus dem Euratom-Vertrag ein.

Abgeordneter Mag. WIDMANN (B) registrierte Versäumnisse der Bundesregierung bei Vorkehrungen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit bei Energie. Reserven anzulegen reiche nicht aus, vielmehr sei die Nutzung erneuerbarer Energieträger zu forcieren. Dafür fehle es sowohl an intelligenten Konzepten als auch an Finanzierungsplänen. Ein paar neue Gas- und Wasserkraftwerke seien zu wenig. Der Redner schlug einen Energiegipfel vor, da es in Österreich viele Menschen gebe, die gute Ideen für die Energiezukunft haben. Einmal mehr sagte Widmann nein zum EURATOM-Vertrag, der dazu diene, die Betriebsdauer von "Schrottreaktoren" zu verlängern. EU-Länder ohne AKW wie Österreich sollten nicht länger in den EURATOM-Vertrag einzahlen müssen, forderte Widmann. Eine Lanze brach der Redner für den Ausbau des Programms zur thermischen Sanierung, da dies auch Arbeitsplätze schaffe. In einem Entschließungsantrag verlangte der Abgeordnete die Vorlage eines Masterplans für eine künftige Energiepolitik bis spätestens Sommer 2009.

Abgeordnete Dr. LICHTENECKER (G) zeigte sich erschrocken über die Aussage des Bundesministers, er werde den Energie-Masterplan erst im März 2010 vorlegen, sowie besorgt um die Sicherheit der Energieversorgung und um den Schutz von Umwelt und Klima in Österreich. Ein klares Bekenntnis legte die Abgeordnete für den Ausbau und für Effizienzsteigerung bei Kleinkraftwerken im Einklang mit dem Natur- und Umweltschutz ab. Ihr Bundesland Oberösterreich könne dabei als ein  Vorbild gelten, sagte die Rednerin. Schluss machen will Lichtenecker hingegen mit der Subventionierung des Atomstroms in Europa. In einem Entschließungsantrag forderte Lichtenecker ein Antiatomstrompaket, den Ausstieg aus dem EURATOM-Vertrag und die Bildung einer Anti-AKW-Allianz in Europa sowie ein neues und besseres Ökostromgesetz.

Abgeordnete GESSL-RANFTL (S) erinnerte die Opposition daran, dass die Bundesregierung die Nutzung erneuerbarer Energieträger mit ehrgeizigen Zielen fördere und sich dem Klimaschutz engagiert widme. Die österreichischen Ziele beim Einsatz erneuerbarer Energieträger liegen weit über den EU-Zielen, ein Masterplan gelte dem Ausbau von Wind- und Wasserkraftanlagen. Dabei bewähre sich der Energie- und Klimaschutzfonds; dieser Fonds werde auch die Forschungsquote erhöhen und die Anstrengungen verstärken, alternative Energiequellen zu entwickeln. Den Ausbau der Wasserkraft, Solarenergie und Geothermie will die Rednerin ebenso forciert vorantreiben wie den Einsatz der Biomasse für die Raumheizung. Nicht rütteln will die Abgeordnete an der Ablehnung der Kernenergie. Stattdessen sei die Forschung in alternative Energiequellen zu verstärken und Energieeinsparungspotentiale zu nutzen.

Abgeordneter RÄDLER (V) machte darauf aufmerksam, dass die ÖVP im Rahmen des EURATOM-Vertrags für Investitionen zum Schutz der Menschen eintritt. Die Grünen erinnerte der Redner daran, dass die Bundesrepublik trotz jahrelanger grüner Regierungsbeteiligung einen der höchsten Anteile an Atomstrom aller Länder aufweise. Die Grünen seien auch für die Verhinderung vieler Kleinkraftwerke und Biogasanlagen verantwortlich, kritisierte der Redner und bekannte sich dazu, mehr in Energieeffizienz und in erneuerbare Energieträger zu investieren, so wie das die Regierung beabsichtige. Das Krisenmanagement erfordere künftig eine Energiesteuerung für Großkunden. Auch hier sei man bereits auf dem richtigen Weg. Sein Land Niederösterreich lobte der Redner für dessen Vorreiterrolle bei der Förderung des Heizkesseltauschs zugunsten erneuerbarer Energieträger und bei der thermischen Gebäudesanierung.    

Abgeordneter Themessl (F) legte zwei FPÖ-Entschließungsanträge zur Verankerung von Sicherheitskaminen für jedes Gebäude in den Bauordnungen und zur Halbierung der Mehrwertsteuer für erneuerbare Energien vor. Verwundert zeigte sich der Redner darüber, dass die Regierungsparteien nicht über ein neues Ökostromgesetz nachdenken. Die Verschrottungsprämie für alte Autos sei nicht "das Gelbe vom Ei". Stattdessen sollte Österreich das deutsche Erneuerbare Energien-Gesetz übernehmen. Der neuen Bundesregierung sei aber wirtschaftspolitisch wenig zuzutrauen, da deren Mitglieder überwiegend nicht aus der Wirtschaft kommen. Die sei auch daran zu erkennen, dass die erste Sitzung des Wirtschaftsausschusses erst für den März vorgesehen sei, obwohl überall von der Rezession die Rede sei. Das ist verantwortungslos, kritisierte der Abgeordnete. Die Regierung sollte blitzartig umdenken, sonst sehe er schwarz, schloss Abgeordneter Themessl.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) sah die aktuelle Situation auf dem Energiemarkt wenig erfreulich und forderte, alles zu tun, um erneuerbare Energieträger zu fördern, ohne aber zu vergessen, dass auf absehbare Zeit fossile Energieträger für die Energieversorgung unersetzlich seien. Auf EU-Ebene sei daher dafür zu sorgen, dass alle EU-Staaten vergleichbare Reserven anlegten, um energiepolitische Erpressungsversuche zu verhindern. Kritik übte Scheibner an der Erhöhung der Gaspreise im letzten Herbst, die mit Ölpreissteigerungen begründet wurde, obwohl die Ölpreise damals schon wieder sanken. Diese Preissteigerung werde nun nicht vollständig rückgängig gemacht, obwohl die Ölpreise auf dem niedrigsten Stand seit vielen Jahren liegen. Hier sah der Abgeordnete Erklärungsbedarf beim Wirtschaftsminister.

Abgeordnete BAYR (S) hielt eine Steigerung der Energieproduktion aus erneuerbaren Energieträgern für eine Voraussetzung einer glaubhaften Antiatompolitik, weil sie erlauben werde, auf Atomstromimporte zu verzichten. Ein Austritt aus dem EURATOM-Vertrag sei hingegen abzulehnen, weil dies einen Verzicht auf Mitbestimmung bedeuten würde. Diese Mitbestimmung sei zu nützen, um etwa beim Ausbau des AKW Mochovze auf Sicherheitsmängel aufmerksam machen. Viel stärker für die Energieproduktion genutzt werden sollte hingegen das "Atomkraftwerk Sonne". Eine Absage erteilte die Rednerin nicht nachhaltig und mit Einsatz von Gentechnik produzierten Agrartreibstoffen. Von der Autoindustrie sei durch europäische Normen die Entwicklung alternativer Antriebssysteme zu verlangen, schloss Bayr und meinte, Investitionen in alternative Energietechnik sei in jedem Fall gut angelegtes Geld.

Bei der Abstimmung wurden die Entschließungsanträge der Oppositionsparteien abgelehnt. Der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien für eine energiepolitische Gesamtstrategie wurde mehrheitlich angenommen.

Kurzdebatte zum Thema linker Extremismus

Viele Abgeordnete des Nationalrates seien auf dem linken Auge blind, meinte Abgeordneter VILIMSKY (F) bei der Begründung seines Verlangens, die Anfragebeantwortung 231/AB betreffend "Linke Gewaltexzesse gegen Wahlkampfveranstaltungen durch die Frau Bundesministerin für Inneres" zu besprechen. Erscheinungen des Linksextremismus würden zu wenig ernst genommen, obwohl linke Gewalt in Österreich bestehe und ausgeübt werde, etwa bei der Abschlusskundgebung der FPÖ zur letzten Nationalratswahl. Flaschen seien geworfen worden, es habe Verletzte gegeben, berichtete der Abgeordnete und dankte der Polizei, die noch Ärgeres habe verhindern können. Ihm fehlten insbesondere Distanzierungen der Grünen und des Abgeordneten Öllinger von linker Gewaltanwendung, klagte Vilimsky, der auch der ÖVP vorwarf, "mit den linken Wölfen zu heulen" und Bundeskanzler Faymann daran erinnerte, als SJ-Funktionär selbst an der Organisation eines "Antipapstfestes" mitgewirkt zu haben. Es gelte die Demokratie gegen linken Extremismus sowie gegen Menschen zu verteidigen, die sich zu Gewalttaten bekennen und dazu aufrufen.

Innenministerin Dr. FEKTER wies darauf hin, dass sich Abgeordneter Vilimsky überhaupt nicht mit der zur Diskussion stehenden Anfragebeantwortung des Innenministeriums befasst habe. Sie gehe davon aus, dass die FPÖ mit ihren Antworten zufrieden gewesen sei, meinte sie.

Zum in der Anfrage angesprochenen Sachverhalt merkte sie an, die Abschlusskundgebung der FPÖ für die Nationalratswahl im September 2008 sei bereits von Beginn an Störaktionen ausgesetzt gewesen, die trotz wiederholten Einschreitens der Polizei immer massiver geworden seien. Dabei wurden auch einige Polizisten verletzt. Mehrere Personen hätten festgenommen werden müssen. Die Vorkommnisse hätten nicht von demokratischer Reife gezeugt, stellte Fekter trocken fest.

Abgeordneter PLESSL (S) wies darauf hin, dass für die Sicherung von Wahlkampfveranstaltungen zum Teil hohe Kosten anfielen. Er wertete es allerdings als demokratiepolitisch gerechtfertigt, dafür kein Kostenersatz zu verlangen. Plessl bedauerte, dass durch die Ausschreitungen bei der Wahlkampfveranstaltung der FPÖ sechs Einsatzbeamte verletzt worden seien, und bedankte sich bei den Polizisten für den Einsatz.

Abgeordnete TAMANDL (V) löste mit ihrer Bemerkung, wer Hass säe, dürfe sich nicht wundern, dass er Hass ernte, heftige Zwischenrufe von Seiten der FPÖ aus. FPÖ-Chef Strache habe bei der zur Diskussion stehenden Wahlkampfveranstaltung einen massiven Angriff gegen Muslime und Moscheen "geritten", skizzierte sie. Das rechtfertige zwar, so Tamandl, keine Gewalt, die FPÖ könne sich aber nicht herstellen und Schutz vor Linksextremismus fordern, wenn sie selbst immer wieder am Rechtsextremismus streife. Auch Dritter Nationalratspräsident Graf hält ihrer Meinung nach zu wenig Distanz zum rechten Rand. Ausdrücklich bedankte sich Tamandl bei der Polizei für deren Einsatz.

Der vorsitzführende Zweite Nationalratspräsident NEUGEBAUER richtete an alle Abgeordneten den Appell, sich im Sinne des Einander-Verstehens auf die Wortwahl zu achten. Zur Forderung von ÖVP-Abgeordneten Dr. SCHÜSSEL, FPÖ-Klubobmann Strache für den Zwischenruf "austrofaschistische Gesinnung" in Richtung Abgeordneter Tamandl einen Ordnungsruf zu erteilen, merkte Neugebauer an, er werde sich das Protokoll kommen lassen.

Abgeordneter KICKL (F) hielt fest, der Extremismus in Österreich sei links und links heiße insbesondere grün. Für das "Theater um zwei junge unbescholtene Männer" zeigte er kein Verständnis, die Vorwürfe gegen die beiden Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Graf wertete er als "Menschenhatz". Grün-Abgeordnetem Öllinger warf Kickl in diesem Zusammenhang "Scheinheiligkeit" vor. Die Medien, vor allem auch der ORF, hätten sich dabei zu Mittätern gemacht, erklärte er. Im Übrigen seien es, so Kickl, die Grünen gewesen und nicht die FPÖ, die "einen bekannten Extremisten" "aus dem Häfen heraus" auf die Kandidatenliste zur Nationalratswahl gesetzt hätten.

Abgeordneter GROSZ (B) meinte, es gebe in Österreich wichtigere Probleme als die ideologischen Streitereien zwischen FPÖ und Grünen. Das Parlament solle sich mit der steigenden Arbeitslosigkeit oder dem Anstieg der Kriminalität und dem geplanten Erstaufnahmezentrum Süd für Asylwerber befassen, mahnte er, FPÖ und Grünen würden mit ihrem Streit das Parlament "lähmen". Skeptisch äußerte sich Grosz auch zur Annäherung der SPÖ an die FPÖ in manchen Bundesländern.

Abgeordneter Dr. PILZ (G) führte aus, die Ausführungen der Innenministerin hätten gezeigt, dass die österreichische Exekutive jederzeit in der Lage sei, Wahlkundgebungen zu sichern und damit die Versammlungsfreiheit zu schützen. In Richtung FPÖ stellte er fest, wer Menschen aufhetzt, dürfe sich nicht wundern, wenn aufgehetzte Menschen durch gegenseitige Provokation den Einsatz der Sicherheitsexekutive notwendig machen. Der massive Polizeieinsatz bei Wahlkampfveranstaltungen der FPÖ ist Pilz zufolge nicht zuletzt in der agressiven Rhetorik Straches begründet. Pilz kündigte auch die Fortführung der Auseinandersetzungen rund um die umstrittenen Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Graf an.

(Schluss Dringliche und Kurzdebatte/Forts. NR)


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