Parlamentskorrespondenz Nr. 25 vom 21.01.2009

Fünf Anträge der Grünen in Erster Lesung

Von der Arbeitslosenversicherung bis zum Strafgesetz

Wien (PK) – Fünf Anträge der Grünen, die der Nationalrat in Erster Lesung in Verhandlung nahm, bildeten den Schluss der Tagesordnung der ersten Sitzung des Nationalrats im neuen Jahr.

Valorisierung bei der Arbeitslosenversicherung

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wies darauf hin, dass das Arbeitslosengeld durchschnittlich 25 € und die Notstandshilfe 20 € pro Tag betrage. Frauen erhielten noch weniger. Durch die fehlende Valorisierung würden diese Leistungen auch dann nicht erhöht, wenn man sie mehrere Jahre beziehe. Österreich habe außerdem mit 55 % eine der niedrigsten Nettoersatzraten in Europa. Öllinger appellierte in diesem Sinn an die Abgeordneten, dem vorliegenden Antrag der Grünen zuzustimmen.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) erklärte, man werde über den Antrag der Grünen diskutieren müssen. Vor allem Langzeitarbeitslose seien stark von Armut betroffen, unterstrich sie. Vorrangiges Ziel muss es ihrer Ansicht nach aber sein, Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern sowie Menschen in Arbeit zu halten.

Abgeordnete STEIBL (V) konstatierte, die Arbeitslosenunterstützung habe zum Ziel, Arbeitslose in einer Notsituation zu unterstützen und ihnen zu helfen. Diese Funktion werde erfüllt. Wichtig sei es, die Betroffenen wieder in den Arbeitsprozess zurück zu bekommen.

Abgeordneter KICKL (F) meinte, es sei höchst an der Zeit, für die arbeitslosen Menschen etwas zu tun. Auch sie seien vom Kaufkraftverlust betroffen. Kickl ortet aber nicht nur gegenüber Arbeitslosen "soziale Kälte", sondern auch in anderen Bereichen, etwa bei der Valorisierung des Pflegegeldes. Eine Lösung urgierte Kickl für langzeitarbeitslose Ausländer.

Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER erteilte Abgeordnetem Kickl für den Ausdruck "Schmuddelkampagne" in Richtung der Grünen einen Ordnungsruf.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) konstatierte, er könne dem Antrag der Grünen einiges abgewinnen. Die Leistungsbezieher sollten nicht in die Armut gedrängt werden. Eine jährliche Anpassung des Arbeitslosengeldes sei daher angebracht. Wichtig ist für ihn allerdings, dass ein ausreichender Abstand zwischen dem Mindestlohn und der geplanten Mindestsicherung besteht, um einen Anreiz zum Arbeiten zu schaffen.

Nationalratspräsidentin Mag. PRAMMER wies den Antrag 12/A dem Sozialausschuss zu.

Risken bei Handy-Netzen sollen berücksichtigt werden

Abgeordnete Dr. MOSER (G) warnte unter Hinweis auf Studien vor den Gefahren elektromagnetischer Strahlung durch Handys und Handymasten und forderte die Aufnahme der Aspekte des Gesundheitsschutzes und des Eigentumsschutzes in das Telekommunikationsgesetz.

Abgeordneter GARTLEHNER (S) erwiderte, den Forderungen der Grünen nach Gesundheitsschutz werde im Gesetz bereits durch Festsetzung der Grenzwerte Rechnung getragen, zeigte sich aber grundsätzlich diskussionsbereit über die Einführung strengerer Werte.

Abgeordnete Mag. HAKL (V) zweifelte an der Stichhaltigkeit der von Moser zitierten Studien und hielt diesen eine jüngste Studie aus Deutschland entgegen, aus der hervorgeht, dass ursprüngliche Befürchtungen über gesundheitliche Risiken nicht bestätigt werden können.

Abgeordneter Mag. HAIDER (F) konnte sich dem Anliegen Mosers nicht anschließen und meinte, in Bezug auf Handys gebe es wichtigere Themen, so etwa die Schuldenfalle und den Datenschutz.

Abgeordneter JURY (B) unterstützte hingegen den Antrag, wobei er argumentierte, mit der Gesundheit müsse sensibel umgegangen werden.

Der Antrag wurde dem Forschungsausschuss zugewiesen.

Führerschein : Grüne wollen Ausweitung des Deliktekatalogs

Abgeordnete Dr. MOSER (G) rief zu einer Reform des Vormerksystems auf, um die Verkehrssicherheit zu steigern. Im Einzelnen verlangte sie die Aufnahme von Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit sowie Telefonieren am Steuer in den Deliktekatalog des Punkteführerscheins.

Abgeordneter HEINZL (S) warf ein, Strafen allein seien nicht immer zielführend, und plädierte für entsprechende Bewusstseinsbildung durch Schulungen und Verkehrscoaching.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) mahnte zu Augenmaß und warnte vor bürokratischem Mehraufwand als Folge des Antrags der Grünen.

Abgeordneter MAYERHOFER (F) sah keinen Handlungsbedarf und stellte fest, es werde bereits genug bestraft, die Autofahrer seien ohnehin schon die am meisten sanktionierten und am meisten überwachten Mitglieder der Gesellschaft.

Abgeordneter LIST (B) zeigte sich ebenfalls überzeugt, dass das derzeitige Gesetz ausreiche.

Der Antrag wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.

Grüne für Angebotsverbesserung im öffentlichen Verkehr

Abgeordnete Dr. MOSER (G) drängte auf eine Angebotsverbesserung im öffentlichen Verkehr und forderte eine Erhöhung der Bestellerförderung des Bundes auf 80 Mio. € für eine diesbezügliche Offensive.

Abgeordneter HEINZL (S) wandte ein, der Bund übererfülle bereits jetzt schon seinen gesetzlichen Auftrag um mehr als vier Millionen €, für eine Aufstockung bestehe daher keine Veranlassung.

Abgeordneter RÄDLER (V) schloss sich der Meinung seines Vorredners an und meinte, es sei völlig unrealistisch, eine Verpflichtung des Bundes, die bei 7,4 Mio. € liegt, auf 80 Mio. € hochzuschrauben.

Abgeordneter BOCK (F) bekannte sich zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs und forderte insbesondere kundenfreundlicher Fahrpläne.

Abgeordneter HUBER (B) bemerkte, man müsse zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs bloß eine entsprechende Initiative des ehemaligen Verkehrsministers Gorbach umsetzen.

Der Antrag wurde dem Verkehrsausschuss zugewiesen.

Strafgesetz : Grüne für Präzisierung bei organisierter Kriminalität

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) wies auf die Problematik der Anwendung des § 278a auf Umwelt- und Tierschutzaktivisten hin und kritisierte, die gegenständliche Bestimmung sei zu allgemein gefasst und dadurch missbrauchsanfällig. Er trat dafür ein, den Paragraphen so formulieren und zu schärfen, dass er eindeutig auf organisierte Kriminalität angewendet werden kann.

Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) schloss sich den Überlegungen seines Vorredners vollinhaltlich an und hielt es für wichtig, über diese Thematik grundsätzlich zu diskutieren. Anhand der einzelnen Beispiele soll emotionsfrei und unaufgeregt geprüft werden, ob die einzelnen Regelungen verbessert werden können. Er würde sich wünschen, dass auch gegen Zuhälterei und Menschenhandel mit einer derartigen Vehemenz vorgegangen wird.

Auch die ÖVP stehe gerne für eine sachliche Diskussion über dieses Thema zur Verfügung, erklärte Abgeordneter Mag. DONNERBAUER (V). Es könne aber nicht angehen, dass kriminelle Organisationen danach unterschieden werden, ob sie "uns bezüglich der Zielsetzung passen oder nicht". Strafbare Handlungen müssen in jedem Fall abgestellt und geahndet werden, betonte Donnerbauer.

Bei diesem Antrag handle es sich eindeutig um Anlassgesetzgebung, urteilte Abgeordneter Dr. ROSENKRANZ (F). Zehn Tierschützer wurden wegen eines konkreten Verdachts, bei kriminellen Handlungen dabei gewesen zu sein, die 600.000 Euro Schaden verursacht haben, in Untersuchungshaft genommen. Bedauerlicherweise komme es manchmal vor, dass Menschen ungerechtfertigt verdächtigt werden, aber deshalb werde nicht gleich der jeweilige Paragraph abgeschafft. Er vermute, dass es den Grünen vor allem darum gehe, ihnen nahe stehende Gruppierungen zu entkriminalisieren, obwohl sie im Dunstkreis von strafbaren Handlungen sind. 

Es sei schlicht und einfach Unsinn, wenn die Grünen behaupten, dass nun Greenpeace aufgrund des Paragraphen 278 StGB gefährdet sei, konstatierte Abgeordneter Dr. STADLER (B). Es müssen nämlich zwei Bedingungen kumulativ vorliegen, einerseits die organisatorische Ebene und andererseits die kriminelle Zielsetzung. Im vorliegenden Fall habe dies aber zugetroffen, hielt Stadler dem Abgeordneten Steinhauser entgegen. Political Correctness und Tierrechte rechtfertigen eben nicht Einbruch, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch oder Besitzstörung. Dieses Delikt passe einwandfrei in die Systematik der österreichischen Rechtsordnung.

Der Antrag wurde dem Justizausschuss zugewiesen. (Schluss)