Parlamentskorrespondenz Nr. 29 vom 22.01.2009

Budgetprovisorium vom Nationalrat verabschiedet

Regierung arbeitet am Doppelbudget 2009/10, NR-Beschluss Ende Mai

Wien (PK) - Die Verhandlung über einen S-V-Antrag für ein gesetzliches Budgetprovisorium bis zum Beschluss eines ordentlichen Budgets - an dem die Regierung derzeit intensiv arbeite, wie Staatssekretär Lopatka berichtete -, bot den Abgeordneten Gelegenheit zu budgetpolitischen Positionierungen. Der Beschluss über das geplante Doppelbudget 2009/10 ist für Ende Mai zu erwarten. 

Abgeordneter GRADAUER (F) leitete die Diskussion mit einem Rückblick auf das Budget des Jahres 2008 ein und konstatierte: Vom Sparen keine Spur. Vorschläge des Rechnungshofs würden nicht umgesetzt, die Steuerreform komme zu spät, der Finanzausgleich sei zwar rasch über die Bühne gegangen, einige Gemeinden hätten darauf viel Geld verspekuliert, Länder und Gemeinden würden nicht zu Einsparungen verpflichtet und insgesamt gebe es "abenteuerliche Zustände im Budgetbereich". Das Kreditrisiko der Banken im Osten liege bei über 200 Mrd. Euro, während beim Pflegegeld, bei Pensionen und Heizkosten gespart werde, werde die AUA "verschenkt". In der Vorschau sei ein Anstieg der Staatsschulden von 60 auf 66 Prozent ausgewiesen. Zum Banken-Hilfspaket sagte Gradauer, dass vier Monate nach Beschlussfassung von 8 Mrd. Euro nur 900 Mill. abgerufen worden seien. Ohne nachhaltige Maßnahmen im Finanzbereich – etwa bei Verwaltung, Gesundheit, Staatsreform – sehe er für die nachfolgenden Generationen schwarz.

Abgeordneter AUER (V) hielt Gradauer vor, von der FPÖ mit beschlossene Maßnahmen zu kritisieren. Österreich könne sich im Europavergleich "durchaus sehen lassen". Fehlspekulationen von Gemeinden hätten mit dem Finanzausgleich nichts zu tun. Das neue Budget werde nach dem neuen Haushaltsrecht erstellt; Auer lobte in diesem Zusammenhang ausdrücklich den zuständigen Sektionschef im Finanzministerium, Steger. Der Redner brachte einen Abänderungsantrag ein, durch den die Änderung des Bundesministeriengesetzes berücksichtigt wird. Abschließend plädierte Auer dafür, den ParlamentarierInnen mehr Ressourcen zur Verfügung zu stellen und verwies auf das Beispiel Deutschland, wo jedem Parlamentarier 14.312 Euro zur Beschäftigung von MitarbeiterInnen zur Verfügung stehen.

B-Klubobmann BUCHER sah in einem derartigen Schritt in der aktuellen Situation ein "falsches Signal" im falschen Moment. Es sei außer Streit gestellt worden, dass den Banken geholfen werde, aber es gebe Korrekturbedarf, das Nachdenken darüber sollte möglichst rasch beginnen, damit das zur Verfügung stehende Geld in der Realwirtschaft ankomme.

Abgeordneter KRAINER (S) hielt es für legitim, sich Gedanken über die Arbeitsbedingungen der Parlamentarier zu machen. Die entscheidende Zukunftsfrage wird aber sein, wie es zu verhindern ist, dass die österreichische Wirtschaft in eine Abwärtsspirale gerät. Alle Regierungsvorhaben werden daher dahingehend geprüft werden, ob sie auch konjunkturwirksam sind und ob sie positive Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation haben. Dennoch werde aber als Ziel angepeilt, das 3 %-Defizitkriterium im heurigen Jahr deutlich zu unterschreiten.

Es sei klar, dass Österreich mit der größten Wirtschaftskrise sei 80 Jahren konfrontiert sei, meinte Abgeordneter Mag. KOGLER (G), und hier sei natürlich der Staat massiv gefordert. Nicht am Platz sei nun eine völlig falsch verstandene Budgetdisziplin, weil damit der Abschwung, von dem die Realwirtschaft nun konkret bedroht ist, noch verstärkt werden würde. Kogler plädierte daher für vernünftige öffentliche Investitionen als Gegensteuerung zur aktuellen Entwicklung. Bedauerlicherweise funktionieren die bisher erlassenen Konjunkturpakete nicht, zeigte der Redner auf, denn entweder sind die Maßnahmen ungeeignet oder greifen viel zu spät. Investieren dort, wo es notwendig ist und Sparen dort, wo verschwendet wird, appellierte Kogler abschließend.

Staatssekretär Dr. LOPATKA hielt seinem Vorredner entgegen, die Bundesregierung habe die Arbeit rasch, vom ersten Tag an aufgenommen und ein Bündel von Maßnahmen beschlossen. Sowohl die steuerliche Entlastung als auch die beiden Konjunkturpakete und die Maßnahmen für den Bankensektor werden dazu beitragen, die Auswirkungen der Krise abzufedern. Parallel dazu werde man die Vorschläge des Rechnungshofs zur Steigerung der Effizienz in den verschiedensten Bereichen aufgreifen, informierte Lopatka, ab Anfang Februar wird der Staatsschuldenausschuss seine Arbeit dazu aufnehmen. Im Finanzressort wurde mit Hochdruck am Doppelbudget gearbeitet, das nun zügig verhandelt werden soll. Da niemand wisse, wie lange die Krise anhalte und wie intensiv sie ausfalle, dürfe der Budgetpfad nicht aus den Augen gelassen werden. Die Europäische Kommission hat prognostiziert, dass die Arbeitslosenrate in Österreich im Jahr 2009 bei etwa 5 % liegen wird, während in der Euro-Zone durchschnittlich 9 % erwartet werden. Man müsse auch mit einem Rückgang beim BIP von 1,2 % rechnen, führte der Staatssekretär weiter aus, in der Euro-Zone werden es fast 2 % sein. Vor diesem Hintergrund müsse alles daran gesetzt werden, dass die Konjunkturpakete gemeinsam mit der Wirtschaft nun zügig umgesetzt werden.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) mahnte angesichts der enormen weltwirtschaftlichen Herausforderungen zur Vorsicht bei den Staatsausgaben, da man unbedingt verhindern müsse, in eine Schuldenspirale hineinzutappen. Er erinnerte daran, dass die Finanzkrise nicht nur durch eine private, sondern auch eine öffentliche Verschuldungsproblematik in den USA ausgelöst wurde. Was das Bankenpaket angeht, so habe die Politik in diesem Bereich sehr rasch reagiert, auf Bankenseite sind aber alle – mit Ausnahme eines Instituts – in der Warteposition. Den Grund dafür sah Stummvoll in der Tatsache, dass das Vertrauen zwischen den Banken offenbar noch immer nicht vorhanden ist und dass die Entscheidungen sehr lange dauern. Er stehe auch voll hinter den Konjunkturpaketen, allerdings dürfe man nicht vergessen, dass damit sehr viel Geld in die Hand genommen wurde. Er plädiere daher dafür, dass nun auch die Ausgabendynamik gebremst wird, aber bei gleichzeitiger Qualitätssicherung.

Abgeordneter WEINZINGER (F) kündigte an, seine Fraktion werde dem gesetzlichen Budgetprovisorium 2009 nicht zustimmen, da man natürlich andere Schwerpunke gesetzt hätte. Echte Sorgen bereiten ihm allerdings die tatsächlichen Ausmaße der globalen Finanzkrise und die horrenden Zahlen, die da oft genannt werden. Er sei zwar nur ein kleines Mitglied des Budgetausschusses, aber er wache manche Nacht zitternd auf angesichts dieser Dimensionen. So habe etwa Bank Austria-Chef Erich Hampel einen international akkordierten Plan für Osteuropa in der Höhe von 400 Milliarden Euro gefordert, um der Krise Herr zu werden. Da müsse man sich schon fragen, warum die Finanzmarktaufsicht oder die Nationalbank nicht rechtzeitig reagiert haben.

Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) war der Auffassung, dass Weinzinger ein besonders düsteres Bild von den Banken in Osteuropa gezeichnet hat. Es komme doch vor allem darauf an, ob die 400 Milliarden für faule Kredite oder für Investitionen in die Infrastruktur verwendet werden. Wie man weiß, wurde dort nicht mit spekulativen Produkten gearbeitet, sondern in die Realwirtschaft investiert. Was die österreichische Situation anbelangt, so habe die Politik rechtzeitig für die Banken vorgesorgt und er sei sicher, dass schon in den nächsten Wochen klar werden wird, wie der Bedarf tatsächlich aussieht.

Abgeordneter LUGAR (B) fragte sich, warum die heimischen Banken noch immer so zögerlich Kredite vergeben. Wenn man sich die Aussagen des Herrn Hampel anhört, gewinne man zum Eindruck, dass die Gelder vor allem in den Osten fließen. Wahrscheinlich müssen die KMU in Zukunft in Bukarest Kredite beantragen, mutmaßte Lugar, denn dort bekommen sie sie leichter. Mit unserem Geld wurde auch die Immobilienblase in Osteuropa finanziert, kritisierte er. Notwendig sei daher eine Änderung des Bankensystems, und zwar dahingehend, dass die Institute wieder in den Wirtschaftskreislauf investieren. Schließlich brachte er einen Entschließungsantrag zur Problematik der Fremdwährungskredite ein.

Mit dem heutigen Beschluss werde sichergestellt, dass der Bundeshaushalt bereits in der neuen Kompetenzverteilung vollzogen werden kann, erläuterte Abgeordneter ESSL (V). Das neue Haushaltsrecht bringe wesentliche Vorteile für die Vollziehung in den nächsten Jahren, war er überzeugt, wie etwa Anreize zur effizienten Mittelverteilung, eine bessere Planbarkeit oder auch die volle Rücklagenfähigkeit für Ressorts. Was das Bankenpaket angeht, das seiner Meinung nach besser als Wirtschaftsbelebungsmaßnahme umschrieben werden kann, so stelle dies ein Angebot von Seiten der Politik dar, um die Eigenkapitalquote zu stärken.

Abgeordneter THEMESSL (F) übte Kritik an den Maßnahmen der Regierung, da die so genannte Mittelstandsmilliarde nicht dort ankomme, wo sie hingehört, und auch das Konjunkturpaket II sowie die Steuerreform noch nicht einmal beschlossen wurden. Verwundert zeigte er sich auch darüber, warum der Budgetpfad angesichts der aktuellen Daten nicht korrigiert wurde. Es sei nun klar, dass mit einer Rezession zu rechnen ist, trotzdem wurden die Ausgaben nicht gekürzt.

Abgeordnete SILHAVY (S) gab zunächst gegenüber ihrem Vorredner zu bedenken, das gesetzliche Budgetprovisorium 2009 enthalte Bindungen bei den Ermessensausgaben. Es war sehr wichtig, dass die Regierung im Bankenbereich sehr rasch gehandelt habe und vor allem durch die Einlagensicherung wieder das Vertrauen der Menschen gewonnen habe. Österreich stehe aber auch deshalb im Vergleich zu den anderen EU-Ländern besser da, weil vom Sozialsystem ein stabilisierender Effekt ausgehe, war die Abgeordnete überzeugt. Weiters hob sie noch die Einführung von Mikrokrediten für die Freizeitwirtschaft sowie das Sonderbudget für die Österreich-Werbung hervor, um Konjunktureinbrüchen im Tourismusbereich entgegenzuwirken.

Abgeordneter KLIKOVITS (V) war der Meinung, die Politik habe in Österreich in adäquater Weise auf die globale Krise reagiert. Neben den bereits erwähnten Wirtschaftsbelebungsmaßnahmen habe die Bundesregierung eine weitere Entlastung der Arbeitnehmer und vor allem der Familien angekündigt. Das heute zu beschließende  Budgetprovisorium sei ein notwendiger legistischer Rahmen, der die Basis für die zukünftige Arbeit darstelle.

In einer wirtschaftlich angespannten Situation gelte es in der Haushalts- und Budgetpolitik die Kräfte zu bündeln, Schwerpunkte festzulegen und Prioritäten zu setzen, erklärte Abgeordneter KIRCHGATTERER (S). Dies habe die Bundesregierung auch bereits getan, weitere Schritte, wie eine umfassende Steuerreform, werden folgen. Völlig kontraproduktiv waren hingegen die Ankündigungen der Post AG, Massenkündigungen vorzunehmen. Er sei deshalb sehr froh darüber, dass Bundeskanzler Faymann diese Maßnahme gestoppt hat.

Abgeordneter STEIER (S) sah die Politik angesprochen, verstärkt Mittel einzusetzen, um der Krise entgegenzuwirken, und zeigte sich im Zusammenhang mit dem Banken-Paket zuversichtlich, dass die Kreditklemme nun gelöst werden könne. Vor dem Hintergrund der jüngsten Gaskrise wiederum unterstrich Steier die Wichtigkeit von konkreten Investitionen in die Energieversorgung, um von Importen weniger abhängig zu werden.

Abgeordnete HAGENHOFER (S) betonte, die Regierung habe die richtigen Signale gesetzt und mit dem Banken-Paket dafür gesorgt, dass der Geldfluss der Banken aufrecht erhalten bleibt. Nun gehe es aber vor allem auch darum, die Arbeitsplätze zu sichern und der Jugend Zukunftschancen zu geben. Die Menschen müssen sich ebenso wie die Wirtschaft in schwierigen Zeiten auf die Regierung verlassen können, unterstrich sie.

Abgeordneter Mag. KUZDAS (S) sah es als wichtig an, nach dem Beschluss des Banken-Pakets nun sicherzustellen, dass das Geld auch dorthin gelangt, wo es gebraucht wird. Die Krise interpretierte der Redner auch als Chance und Herausforderung für Staat und Unternehmen, wobei er sich mit Nachdruck gegen "Krankjammern" wandte. Klar war für den Redner überdies, dass Konjunkturpolitik in Krisenzeiten wichtiger sei als so manche Konvergenzkriterien. 

Abgeordneter Dr. MATZNETTER (S) bemerkte, die Politik habe mit dem Banken-Paket gut und richtig gehandelt. Nun gelte es, die Finanzierung für die Industriebetriebe sicher zu stellen. Sollte dies nicht funktionieren, werde man über allfällige Hilfsmaßnahmen im Bereich der Großfinanzierungen nachdenken müssen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzesentwurf mehrheitlich angenommen, der B-Entschließungsantrag blieb in der Minderheit. (Fortsetzung)