Parlamentskorrespondenz Nr. 91 vom 12.02.2009

Verkehrsausschuss: Grünes Licht für Section Control

Bures: Gemeinwirtschaftliche Leistungen der Bahn unverzichtbar

Wien (PK) – In Zukunft wird es auf Österreichs Straßen die "Section-Control" geben. Dabei wird auf datenschutzrechtliche Bestimmungen besonderer Wert gelegt, was die Abgeordneten mittels einer  Ausschussfeststellung unterstreichen. Entsprechende Novellen zur Straßenverkehrsordnung sowie zum Kraftfahrgesetz passierten heute den Verkehrsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ.

Weiters diskutierten die Abgeordneten den Bericht 2007 über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn, der mehrheitlich von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ zur Kenntnis genommen wurde. Da der Bericht im Ausschuss enderledigt wurde, kommt er nicht mehr auf die Tagesordnung einer Plenarsitzung des Nationalrats.

Die einstimmig beschlossene Änderung des Schifffahrtsgesetzes dient der Umsetzung der EU-Richtlinie über die technischen Voraussetzungen für Binnenschiffe.

Die fünf Anträge der Opposition, die ebenfalls auf der Tagesordnung standen und Fragen der Vignette, der Wechselkennzeichen und der Verkehrssicherheit betreffen, wurden vertagt.

Gesetzliche Regelung für die "Section Control"

Mit der Änderung der Straßenverkehrsordnung (22.StVO-Novelle) und des Kraftfahrgesetzes wird eine dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2007 entsprechende präzise Regelung der abschnittsbezogenen Geschwindigkeitsüberwachung, die so genannte Section Control, vorgenommen. Unter anderem legt die Novelle fest, dass die zulässigen Einsatzzwecke jenen bei der Geschwindigkeitsüberwachung durch Radarboxen entsprechen. Überdies enthalten die Bestimmungen restriktive Datenverwendungs- und Löschungsregelungen. Diese sollen einerseits sicherstellen, dass die gewonnenen personenbezogenen Daten nur für Verwaltungsstrafverfahren, die unmittelbar an die konkreten Übertretungsfälle anschließen, weiterverwendet werden dürfen. Andererseits sollen alle technischen Maßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, dass Unbeteiligte, die auf den Fotos ersichtlich sind, unkenntlich gemacht und Daten von Dritten, die keine Verwaltungsübertretung begangen haben, sofort gelöscht werden.

Erstmals ausdrücklich in der StVO geregelt werden neben der Section Control auch die punktuelle Geschwindigkeitsüberwachung mittels herkömmlicher Radarboxen oder Laserpistolen bzw. -messgeräten. Hinzu kommen Bestimmungen über sog. Rotlichtkameras und die "automationsunterstützte Abstandsmessung". Mit der Regelung Letzterer wird auch dem Erkenntnis des VfGH vom 9. Dezember  2008 Rechnung getragen, mit welchem er die mangelnden Rechtsgrundlage der bisherigen Praxis der videogestützten (automatisierten) Abstandsmessung gerügt hatte.

In die StVO aufgenommen wird auch eine Bestimmung über den Einsatz von Kameras zur Verkehrsbeobachtung. Neben den Voraussetzungen für den Einsatz solcher Kameras (Erforderlichkeit für Verkehrsregelung etc.) wird auch ein dezidiertes Verbot zur Aufzeichnung der von solchen Kameras übertragenen Bildfolgen verankert.

Mittels Abänderungsantrag wurde allerdings den Behörden bzw. Straßenerhaltern die Möglichkeit eingeräumt, auf Anfrage von Medien kurze Bildfolgen zu speichern und diesen zur Verfügung zu stellen, wenn es im Einzelfall ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit über spezifische Verkehrs- bzw. Witterungsbedingungen auf bestimmten Straßenabschnitten gibt. Zugleich wurde aber klargestellt, dass das solcherart bereitgestellte Bildmaterial keine Identifizierung von Fahrzeugen oder Personen ermöglichen darf.

In einer einstimmig angenommenen Ausschussfeststellung, die von Abgeordneter Karin Hakl (V) initiiert wurde, betonen die Abgeordneten, dass die abschnittsbezogene Geschwindigkeitsüberwachung sowie sonstige Bild verarbeitende technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung nur dort zur Anwendung gelangen sollen, wo besonderen Gefahrensituationen begegnet werden muss. Die Mitglieder der Bundesregierung werden darin auch ersucht, nach zwei Jahren einen Erfolgsbericht über die Verkehrsüberwachung durch die Section Control vorzulegen.

Darüber hinaus wird im Gesetz ein neues Verkehrszeichen hinsichtlich der Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße eingeführt.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) äußerte sich ablehnend zu den Novellen. Abgesehen von den vorliegenden Materien kritisierte er die Pläne von Ministerin Doris Bures, die Mindeststrafe bei Geschwindigkeitsübertretungen über 30km/h auf 70€ festzulegen. Verkehrssicherheit werde nicht durch mehr Strafen erhöht, argumentierte er. Grundsätzlich meinte Vilimsky, dass die Einnahmen aus den Strafen in die Verkehrssicherheit investiert werden sollten. Sein Klubkollege Gerhard Deimek (F) sprach sich gegen eine flächendeckende Überwachung aus.

Auch die Grünen sahen sich nicht in der Lage, den Gesetzesvorschlägen zuzustimmen. Abgeordnete Christiane Brunner (G) ortete vor allem datenschutzrechtliche Schwächen und hielt die Maßnahmen zur Verkehrssicherheit für nicht ausreichend.

Im Gegensatz dazu begrüßten die Abgeordneten der Koalitionsparteien die Gesetzesänderungen. Abgeordnete Karin Hakl (V) meinte, mit der Section Control könne endlich sichergestellt werden, dass auch ausländische AutofahrerInnen bei Verkehrsübertretungen Strafe zahlen. Dennoch sei sie sich der Sensibilität im Hinblick auf den Datenschutz durchaus bewusst. Aus diesem Grund habe sie die Ausschussfeststellung vorgeschlagen.

Dem schlossen sich auch die Abgeordneten Peter Stauber und Dietmar Keck (beide S) an, wobei Stauber einräumte, dass mit der Erhöhung von Strafen allein, die Sicherheit auf Österreichs Straßen nicht erhöht werden könne.

Auch Abgeordneter Christoph Hagen (B) befürwortete die Neuregelungen, äußerte sich jedoch skeptisch im Hinblick auf die von der Ministerin angedachte Erhöhung der Mindeststrafe für Raser.

Bundesministerin Doris Bures unterstützte die Ausschussfeststellung und unterstrich, wie wichtig ihr die Beachtung des Datenschutzes ist. Sie verteidigte ihren Vorschlag zur Anhebung der Mindeststrafe auf 70 € bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 30km/h und meinte, das sei keineswegs ein Abkassieren sondern ein Signal dafür, dass Rasen andere Verkehrsteilnehmer gefährde und damit kein Kavaliersdelikt darstelle.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzesentwurf unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages mehrheitlich von SPÖ, ÖVP und BZÖ angenommen.

Bures: ÖBB erbringt wichtige sozial- u. regionalpolitische Leistungen

Der so genannte Gemeinwirtschaftliche Leistungsbericht (III-10 d.B.) des Verkehrsministers gibt Auskunft über jene gemeinwirtschaftlichen Leistungen, die auf Basis eines Bestellvertrags zwischen dem BMVIT auf der einen Seite und den ÖBB sowie den Privatbahnen auf der anderen Seite von den österreichischen Schienenbahnen im Jahr 2007 erbracht und vom Bund bezahlt wurden. Demnach gab der Bund 2007 insgesamt 653,82 Mill. € (2006: 643,35 Mill. €) für gemeinwirtschaftliche Leistungen aus, die von den Schülerfreifahrten über den kombinierten Verkehr auf der Schiene bis hin zur Errichtung von Anschlussbahnen reichten. Der Betrag wird sich in diesem Jahr auf 736,62 Mill. € erhöhen.

Bundesministerin Doris Bures unterstrich eingangs, die Bedeutung der Förderungen des Bundes in diesem Bereich für den Wirtschaftsstandort in den Regionen und für die Sozialpolitik. Auch im Hinblick auf umweltpolitische Faktoren komme der Bahn besondere Bedeutung zu, meinte sie. Ihr sei es wichtig, die Mittel effizient einzusetzen. Sie werde sich daher auch bei den kommenden Budgetverhandlungen für eine Erhöhung der Mittel einsetzen, insbesondere auch für weitere Infrastrukturmaßnahmen. Auch im Konjunkturpaket gebe es eine starke Umschichtung in Richtung Schiene, sagte Bures. So würden vor allem jene Bereiche vorgezogen, die hohe Beschäftigungseffekte haben, etwa Bahnhofssanierungen. Soweit es das EU-Recht zulasse, sei man bemüht, auch jene Projekte vorzuziehen, die der heimischen Wirtschaft und damit den KMU zugute kommen. Bures nannte in diesem Zusammenhang vor allem Sanierungsmaßnahmen.

Sie sei darum bemüht, eine stärkere Kostenwahrheit zwischen Schiene und Straße zu erreichen, betonte sie. Der Personenverkehr brauche weiterhin Zuschüsse für die gemeinwirtschaftlichen Leistungen, bemerkte Bures und gab zu bedenken, dass nun auch der Güterverkehr unter der angespannten wirtschaftlichen Situation leidet. Die Ministerin beantwortete damit Fragen der Abgeordneten Rosa Lohfeyer, Peter Stauber (beide S), Christoph Hagen (B) und Christiane Brunner (G).

Zum Österreich-Ticket, das von den Abgeordneten Ferdinand Maier (V), Bernhard Vock (F) und Harald Walser (G) angesprochen worden war, bemerkte Bures, die Grundidee sei aus ihrer Sicht richtig, es sei jedoch eine seriöse Prüfung notwendig. Sie wies in diesem Zusammenhang auf die zahlreichen Verkehrsverbünde und damit auf die schwierige Frage der Verteilung der Mittel hin. Jedenfalls werde sie eine Projektgruppe zu diesem Thema einsetzen, kündigte Bures an.

Der Bericht wurde mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen zur Kenntnis genommen.

Große Verwaltungsvereinfachung für die Binnenschifffahrt

Mit der Novellierung des Schifffahrtsgesetzes, die einstimmig den Ausschuss passierte, werden nun die gesetzlichen Grundlagen für die Umsetzung der EU-Richtlinie über die technischen Voraussetzungen für Binnenschiffe geschaffen. Dadurch hält das Konzept der freien Behördenwahl für die Erteilung von Gemeinschaftszeugnissen Eingang in das österreichische Schifffahrtsrecht. Neu ist auch die so genannte "Uferstaatskontrolle", die erstmals die umfassende inhaltliche Überprüfung der Übereinstimmung von ausländischen Binnenschiffen mit Gemeinschaftszeugnissen mit den technischen Anforderungen der gegenständlichen Richtlinie ermöglicht. (34 d.B.)

Die Neuregelungen wurden allgemein begrüßt, insbesondere betonten die Abgeordneten Rosa Lohfeyer (S) und Harald Walser (G) die verbesserten Kontrollmöglichkeiten und damit auch einen verbesserten ArbeitnehmerInnenschutz. Abgeordneter Ferdinand Maier (V) nannte das Gesetz und die EU-Richtlinie als ein "Nachschlagewerk für Verwaltungsvereinfachung". Ähnlich äußerte sich Abgeordneter Sigisberg Dolinschek (B), der die gegenseitige Anerkennung von Zulassungsurkunden als bürokratische Entlastung hervorhob.

Bundesministerin Doris Bures teilte die Auffassung des Abgeordneten Ferdinand Maier (V), der sich für eine bessere Nutzung der Wasserstraße Donau ausgesprochen hatte. Sie werde sich dafür einsetzen, das Transportmittel Wasser für den Güterverkehr unter Einbeziehung umweltschutzrechtlicher Aspekte zu fördern.

Anträge der Opposition vertagt

Der Antrag der FPÖ, die Autobahn-Vignette auf das KFZ-Kennzeichen aufzukleben, um damit Besitzern von Wechselkennzeichen den Kauf von zwei Vignetten zu ersparen, wurde mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien vertagt (170/A[E]). Das gleiche gilt für den Antrag des BZÖ betreffend die Einführung einer 6-Monats-Vignette (394 A[E]).

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) nannte den Antrag der FPÖ interessant und diskussionswürdig, räumte aber ein, dass ein Anbringen der Vignette auf dem Kennzeichen Schwierigkeiten bei der Überprüfbarkeit bringen könnte. Außerdem gebe es schon jetzt die Möglichkeit einer Kurzzeit-Vignette. Hinsichtlich des Antrags des BZÖ meinte Abgeordneter Dietmar Keck (S), auch dieser sei wert, ausführlicher diskutiert zu werden. Er wies jedoch darauf hin, dass Motorräder derzeit nur 29,50 € zahlen und es auch eine 10-Tage-Vignette gebe.

Die Abgeordneten Harald Vilimsky (F) und Sigisbert Dolinschek (B) konnten die Argumentation nicht nachvollziehen. Vilimsky wies darauf hin, dass der Antrag bereits in der vorangegangenen Gesetzgebungsperiode vorgelegen sei und es auch nicht einzusehen sei, dass jemand mit Wechselkennzeichen doppelt für die Benützung der Autobahn zahlen müsse. Dolinschek bezweifelte, dass SPÖ und ÖVP tatsächlich bereit sind, die Anträge mit Ernsthaftigkeit zu diskutieren.

Mit den Stimmen der Koalitionsparteien vertagt wurde weiters ein Antrag der FPÖ, welcher die Einführung eines Wechselkennzeichens Auto – Motorrad zum Ziel hat. Nach Meinung der Freiheitlichen würden die meisten Motorradfahrer ein Auto besitzen, könnten die beiden Fahrzeuge aber nur wechselweise fahren, auch sei die Benützung von Auto und Motorrad saisonbedingt. (351/A(E))

In der Debatte forderte Harald Vilimsky (F) die Regierungsparteien auf, diesen Antrag nicht einfach zu vertagen, zumal seine Forderung viele Befürworter finde und seine Umsetzung umweltpolitische Effekte hätte. Abgeordneter Johann Rädler (V) sagte, man habe es hier mit einer komplexen Materie zu tun, die eingehender Erörterung bedürfe. So seien etwa die Kennzeichen bei Motorrädern und PKW unterschiedlich groß, meinte er und trat daher für eine Vertagung ein. Abgeordneter Christoph Hagen (B) meinte hingegen, man könne die Thematik jetzt schon diskutieren und daher auch heute abstimmen.

Gleichfalls vertagt wurden zwei Anträge, die sich die Erhöhung der Verkehrssicherheit zum Ziel setzen. Tote und Schwerverletzte dürfen kein obligatorischer Nebeneffekt der Mobilität sein, fordern die Grünen und stellen das von ihnen vorgelegte Verkehrssicherheitspaket unter das langfristige Ziel der so genannten "Vision Zero" für Opfer- und Unfallzahlen. Der Katalog enthält Maßnahmen, die von der Anhebung der Strafen bei Geschwindigkeitsübertretungen über die Section Control gegen Raser und der Prüfung einer weiteren Absenkung des Alko-Limits bis hin zum Vorschlag einer Gelben Karte für Wiederholungstäter in Form einer befristeten Beschlagnahme des Fahrzeugs reichen .(293/A(E))

Das BZÖ wiederum sieht die Verkehrssicherheit auf Autobahnen durch die derzeitige bauliche Gestaltung der Lärmschutzwände gefährdet. Die B-Abgeordneten fordern in einem Entschließungsantrag nun eine Überprüfung sämtlicher schallgeschützter Autobahnstrecken auf technische Verbesserungen für Notausstiege und Rettungsnischen sowie Flächen für Schneeräumung und ungehinderten Wasserablauf. (391/A(E))

Abgeordnete Christiane Brunner (G) erläuterte die einzelnen von ihrer Fraktion geplanten Maßnahmen und trat für die Annahme des Antrages ein. Die Abgeordneten Christoph Hagen (B), der auch Kritik am G-Antrag übte, und Sigisbert Dolinschek (B) gingen auf den Antrag ihrer Fraktion ein, wobei Dolinschek besonders den Aspekt der Erhöhung der Sicherheit betonte. Gerade bei Schallschutzwänden gebe es Defizite hinsichtlich schneller Zufahrtsmöglichkeiten von Rettungsfahrzeugen, weshalb man hier nachjustieren müsse.

Abgeordneter Johann Hell (S) verwies darauf, dass ein eigener Arbeitsausschuss für Verkehrssicherheit an einem diesbezüglichen Programm arbeite, das im Sommer vorliegen solle. Daher beantragte er eine Vertagung des G-Antrages. Abgeordneter Johann Rädler (V) wiederum erinnerte an eine derzeit stattfindende Evaluierung durch die Asfinag, an der auch die Blaulichtorganisationen beteiligt seien. Daher beantrage er die Vertagung des B-Antrages. (Schluss)