Parlamentskorrespondenz Nr. 94 vom 16.02.2009

Wachstum anregen, Familien unterstützen, KMU-Eigenkapital stärken

Der Regierungsentwurf zur Steuerreform 2009

Wien (PK) - Vor dem Hintergrund der globalen Wirtschaftskrise hat die Bundesregierung dem Nationalrat einen Entwurf für eine Steuerreform 2009 mit einem Gesamtumfang von 3,06 Mrd. Euro vorgelegt, um Wachstumsanreize zu geben, die Familien zu unterstützen, das Eigenkapital von KMU zu verbessern und die Kaufkraft zu stärken. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stützen sich auf den Aktionsplan der EU zur raschen Konjunkturbelebung durch Nachfragestimulierung. (54 d.B.)

Im Mittelpunkt der Maßnahmen steht eine Einkommensteuerreform mit einem Umfang von 2,3 Mrd. Euro. Die Grenze, ab der Steuern vom Einkommen bezahlt werden müssen, steigt von 10.000 Euro auf 11.000 Euro. Die Entlastung durch geringere Einkommensteuersätze oder höhere Tarifstufen bringt Steuerpflichtigen im Verhältnis zu 2008 jährlich zwischen mindestens 149 Euro bis maximal 1.350 Euro. Bei einem Monatsbrutto von 1.200 Euro beträgt die Entlastung pro Jahr bereits knapp 400 Euro. Der Tarif bleibe einfach und transparent, argumentiert die Regierung. Der Eingangsteuersatz soll von 38,33 % auf 36,5 %, der zweite Grenzsteuersatz von 43,6 % auf 43,21429 % sinken. Der Spitzensteuersatz soll mit 50 % unverändert bleiben, aber der Betrag angehoben werden, ab dem der Grenzsteuersatz zur Anwendung kommt.

Das zweite Kernelement bildet das Familienpaket mit einem Gesamtvolumen von 510 Mio. Euro. Es bringt erstens eine Erhöhung des Kinderabsetzbetrages von derzeit 50,9 Euro auf 58,4 Euro monatlich, von der alle Familien unabhängig vom Einkommen profitieren. Zweitens kann ein neuer Kinderfreibetrag für jedes Kind in der Höhe von 220 Euro jährlich geltend gemacht werden. Haben beide Elternteile ein Einkommen, stehen ihnen jeweils 60 % des Freibetrages zu, also jeweils 132 Euro jährlich. Alleinerziehende erhalten 220 Euro, wenn der andere Elternteil keine Unterhaltszahlungen leistet. Werden Unterhaltszahlungen geleistet, kann jeder Elternteil den Freibetrag in der Höhe von 132 Euro in Anspruch nehmen. Indem 60 % von 220 Euro pro Elternteil und damit insgesamt 44 Euro oder 20 % mehr beim Familieneinkommen berücksichtigt werden, soll ein Anreiz zu mehr Beschäftigung gesetzt werden. Drittens können Kinderbetreuungskosten künftig jährlich bis zu einem Betrag von 2.300 Euro pro Kind bis zu zehn Jahren abgesetzt werden. Übernimmt der/die ArbeitgeberIn Betreuungskosten, sind nur die vom Steuerpflichtigen getragenen Kosten abzugsfähig. Solche Zuschüsse der Arbeitgeber zur Kinderbetreuung von ArbeitnehmerInnen sollen viertens bis zu einem Betrag von 500 Euro jährlich pro Kind lohnsteuerfrei gestellt werden. Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung ist die Betreuung in einer Kinderbetreuungseinrichtung oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person.

Ab 2010 soll der Freibetrag für investierte Gewinne von derzeit 10 % auf 13 % erhöht und nunmehr als "Gewinnfreibetrag" allen betrieblichen Einkunfts- und Gewinnermittlungsarten zugänglich sein. Für Gewinne bis 30.000 Euro entfällt im Interesse kleiner und mittlerer Einkommen das Investitionserfordernis. Im Gegenzug wird die Begünstigung für nicht entnommene Gewinne sowie für Stock Options (ab 1. April 2009) gestrichen. Die Kosten für den Gewinnfreibetrag werden nach Gegenrechnung mit dem Entfall der begünstigten Besteuerung nicht entnommener Gewinne auf 150 Mio. Euro pro Jahr geschätzt.

Spenden für mildtätige Zwecke, Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe können künftig von der Steuer abgesetzt werden. Spenden an begünstigte Körperschaften, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, mindern die Steuerbemessungsgrundlage um bis zu 10 % des Vorjahreseinkommens eines Unternehmens oder eines Privaten. Der Maximalbetrag bei der steuerlichen Absetzbarkeit des Kirchenbeitrages wird von 100 Euro auf 200 Euro angehoben. Die Kosten für die Absetzbarkeit von Spenden werden auf 100 Mio. Euro geschätzt.

Der Bund muss 2009 insgesamt mit Mindereinnahmen von 1,43 Mrd. Euro rechnen, die Länder mit 457 Mio. Euro, die Gemeinden mit 247 Mio. Euro. Bis 2012 wird das Einnahmenminus infolge der Steuerreform auf 2,039 Mrd. Euro steigen, jenes der Länder auf 660 Mio. Euro und jenes der Gemeinden auf 361 Mio. Euro.

Die Steuerreform verursacht auch einmalige EDV-Kosten von 0,750 Mio. Euro sowie noch nicht bezifferbare Kosten für zusätzliche Hardware. Der Personalmehraufwand wird auf 1,5 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. 2009 und 2010 entsteht ein einmaliger Personalaufwand von 4,5 Mio. Euro.

Wie wirkt die Steuerreform gegen die Krise?

Den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ist zu entnehmen, dass sich die Bundesregierung von der Einkommensteuerentlastung eine Stärkung der Kaufkraft der Haushalte und dadurch eine steigende private Nachfrage nach Konsumgütern und Dienstleistungen erwartet, von der die Unternehmen profitieren. Entscheidend werde sein, inwieweit der private Konsum auf das zusätzlich verfügbare Einkommen reagiert, heißt es in den Erläuterungen. Von der Verbesserung des Freibetrages für investierte Gewinne, der den Unternehmern eine Gleichstellung zur begünstigten Besteuerung des 13./14. Bezuges von Lohnsteuerpflichtigen bringt, erwartet die Regierung eine stärkere Nachfrage nach Arbeitskräften und mehr Wachstum. Die Absetzbarkeit von Spenden für mildtätige Zwecke erhöhe den Anreiz für soziale Engagements von Individuen und Unternehmen, stärke Handlungsfähigkeit und Bestand von NGOs, verbessere Wohlfahrtsleistungen für bedürftige Menschen und begünstige die Ansiedelung von Unternehmen.

BezieherInnen niedriger Einkommen und Familien profitieren von der Steuerreform, wobei die steuerliche Entlastung mit der Anzahl der Kinder steigt. Positive Beschäftigungswirkungen tragen zur Sicherung von Arbeitseinkommen bei.

Die Effekte der Tarifmaßnahmen bringen weiblichen Erwerbstätigen einen Einkommenszuwachs von 1,9 %, männlichen Erwerbstätigen 1,6 %. Obwohl höhere Einkommen und damit Männer von der Tarifentlastung absolut mehr profitieren als niedrige Einkommen und Frauen, trage die Steuerreform zu einer Verringerung der Einkommensschere zwischen Männern und Frauen bei, weil die Entlastung bei niedrigeren Einkommen prozentuell höher ausfalle als bei höheren Einkommen, was Frauen stärker begünstige. Steuerpflichtige unter einem Jahreseinkommen von 10.000 Euro profitieren von der Tarifentlastung nicht. Diese Einkommensgruppe sei aber bereits in der ersten Etappe der Steuerreform mit 1. Juli 2008 durch die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung mit 3 % des Bruttogehalts prozentuell am stärksten von allen Arbeitnehmern entlastet worden, wird in den Erläuterungen zur Steuerreform ausgeführt.

Der Kinderfreibetrag werde zwar Männer mehr entlasten als Frauen, aber einen Anreiz zu einer höheren Frauenerwerbstätigkeit bieten und damit einen positiven Beitrag zu mehr Chancengleichheit leisten. Der erhöhte Freibetrag von 120 % für Eltern, die beide berufstätig sind, bringe ebenfalls Anreize für das Erwerbsleben der Frau. Vom Kinderfreibetrag profitieren auch AlleinerzieherInnen, die über der Besteuerungsgrenze verdienen. Auch die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten sowie von diesbezüglichen Arbeitgeberzuschüssen wird sich durch geringere Wiedereinstiegskosten positiv auf die Beschäftigung von Frauen auswirken, heißt es im Entwurf der Bundesregierung. (Schluss)