Parlamentskorrespondenz Nr. 97 vom 18.02.2009

Hahn: Keine Einsparungen im Wissenschafts- und Forschungsbereich

Wissenschaftsausschuss behandelt Universitätsbericht 2008

Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Wissenschaftsausschusses versicherte Bundesminister Johannes Hahn, dass es trotz des von Vizekanzler Josef Pröll angekündigten restriktiven Budgetkurses zu keinen Einsparungen bei den Universitäten kommen werde. Ausgangspunkt der Debatte war der Universitätsbericht, der Rechenschaft ablegt über die Entwicklung der Jahre 2005 bis 2008, die vor allem durch die Implementierung neuer Finanzierungs- und Steuerungsinstrumente, wie etwa der Leistungsvereinbarung, geprägt waren.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) vermisste tiefgreifende Problemanalysen im Bericht und meinte, die Erkenntnisse seien nicht überraschend, sondern vielmehr eine Bestätigung dessen, was in den letzten Jahren bereits festgestellt wurde: niedrige Zugangsquote, lange Studiendauer und im internationalen Vergleich eine niedrige Abschlussquote. Sie beklagte vor allem auch eine chronisch schlechte budgetäre Ausstattung der Universitäten und drückte ihre Hoffnung aus, dass der Wissenschaftsbereich nicht von den angekündigten Budgetkürzungen betroffen werde. Für sinnvoll hielt sie die Erstellung eines allgemeinen Hochschulplanes für die österreichischen Universitäten.

Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) befürchtete, dass es nicht genug Geld geben werde, um den Kollektivvertrag der Hochschullehrer zu finanzieren. Klarheit wollte Oberhauser auch über die Zukunft der Gerichtsmedizin in Wien.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) wiederum rief zu einer stärkeren Förderung von Studierenden mit Kindern sowie zum Abbau nach wie vor bestehender sozialer Barrieren auf und drängte auf Maßnahmen in Richtung einer Erhöhung der Frauenquote beim wissenschaftlichen Personal.

Abgeordnete Beatrix Karl (V) bezeichnete es als positiv, dass als Folge der Studiengebühren die Zahl der prüfungsinaktiven Studierenden gesenkt werden konnte. Zu der immer wieder beklagten niedrigen Akademikerquote bemerkte Karl, bei den Doktoratsabschlüssen liege Österreich über dem EU-Durchschnitt. Für ihre Fraktionskollegin Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager zeigte der Bericht auf, was mit der Hochschulautonomie bewirkt werden kann. Sie begrüßte vor allem die Profilbildungen der Universitäten, die nun eine international anerkannte Breiten- und Spitzenforschung ermöglichen.

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) sprach die Bologna-Ziele an und setzte sich für Maßnahmen ein, um die Arbeitsmarktchancen von Bachelor-Studenten zu fördern.

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) wies auf die Problematik der Zugangsbeschränkungen hin und kritisierte, österreichische Schüler würden in keiner Weise auf die Form der Aufnahmetests für die Medizinischen Universitäten vorbereitet. Viele einheimische Jugendliche würden den Tests überhaupt ausweichen und an teuren ausländischen Privatunis studieren, was, wie er zu bedenken gab, einem krassen sozialen Numerus clausus gleichkomme.

Abgeordneter Gerhard Deimek (F) plädierte ebenso wie Abgeordnete Ursula Haubner (B) für die Einrichtung einer Medizinischen Universität im Raum Oberösterreich/Salzburg, wobei er vorschlug, das neue Wissenschaftszentrum in Linz dafür zu nützen.

Abgeordneter Martin Graf (F) wiederum befasste sich mit der wirtschaftlichen Situation der Universitäten und erinnerte an die negative Ertragslage von fünf Standorten.

Die Medizinische Universität Innsbruck stand im Mittelpunkt der Wortmeldung des Abgeordneten Kurt Grünewald (G), der vor allem Aufklärung über den klinischen Mehraufwand in Tirol verlangte und Mängel bei der budgetären und personellen Ausstattung der Med-Uni Innsbruck kritisierte. Allgemein warf Grünewald dem Bericht vor, mit ungenauen Begriffen zu operieren. Diesen Eindruck äußerte auch Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G), der meinte, der Bericht erschöpfe sich großteils in Trivialem – er sprach von "Lyrik des Organisationsmanagements" -, enthalte aber zu wenig Konkretes hinsichtlich der Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) wiederum wünschte eine stärkere Schwerpunktsetzung in Richtung Energieeffizienzforschung an den österreichischen Universitäten.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) ortete Mängel bei der bürokratischen Handhabung der zahlreichen Ausnahmen von der Studiengebühr und stellte fest, auch nach dem Parlamentsbeschluss vom 24. September 2008 würden noch etliche Lücken bestehen.

Wissenschaftsminister Johannes Hahn las insgesamt aus dem Bericht eine positive Entwicklung ab und versicherte hinsichtlich der Befürchtungen eines restriktiven Budgetkurses, die Wünsche der Universitäten werden erfüllt werden. Der Entfall der Studiengebühren habe zur Folge, dass aus dem Budget zusätzliche 1,6 Mrd. € für den Zeitraum der Leistungsvereinbarung bis 2012 beigesteuert werden müssen. Hahn bewertete die Studienbeiträge in ihrer individuell steuernden Wirkung grundsätzlich als positiv und erinnerte, dass dadurch die Zahl der prüfungsinaktiven Studenten gesenkt werden konnte. Die nun stärkere Annäherung an die Realität schaffe eine größere Klarheit über die Betreuungsrelation zwischen Studierenden und Lehrenden. Ziel der Bestrebungen im Universitätsbereich müsse es sein, die Drop-out-Quote zu senken und die Zahl der Abschlüsse zu erhöhen, stand für Hahn fest.

Skeptisch äußerte sich der Minister zu den Forderungen nach einer Med-Uni in Oberösterreich. Er verwies auf Bedarfsstudien, die von 1.500 Studienplätzen pro Jahr ausgehen und meinte, aus gesamtösterreichischer Sicht gebe es eine hinreichende Zahl von Ausbildungsplätzen, der Zusatzbedarf von maximal 150 bis 200 Plätzen könne an den drei bestehenden Standorten Aufnahme finden. Er könne sich jedoch gut vorstellen, im Rahmen der technisch-naturwissenschaftlichen Fakultät in Linz eine Studienrichtung mit einer medizintechnischen Komponente ins Auge zu fassen, sofern ein Interesse besteht, sagte der Minister.

Hinsichtlich der Leistungsvereinbarungen bemerkte Hahn, es gebe noch zu wenig Schwerpunktsetzungen, aber man befände sich in einem Lernprozess. Derzeit würden umfangreiche Gespräche geführt, um Verbesserungen zu erzielen. Die UOG-Novelle werde er nicht noch einmal in Begutachtung schicken, da dazu im Vorjahr rund 300 Stellungnahmen eingelangt seien, und nun eine umfassende parlamentarische Behandlung erfolgen sollte. Hahn betonte, man werde den Bologna-Prozess weiter fortsetzen, vor allem sei man darum bemüht, dass der erste Studienabschluss in der Wirtschaft auch entsprechend anerkannt wird.

Was die Studienplatzfinanzierung betrifft, so sei man weit davon entfernt, räumte der Minister ein, aber als nächsten Schritt kündigte er an, die Globalbudgets in ein Budget für Lehrende und ein Budget für Studierende zu teilen.

Die Programme zur Frauenförderung bewertete Hahn teilweise als sehr gut, dennoch sei er mit den Ergebnissen noch nicht zufrieden. Der Ressortchef erhoffte sich aber mehr Fortschritte durch die Zusammensetzung der Berufungskommissionen. Die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern bei den Eingangstests für die Medizinstudien hätte durch spezielle Vorbereitungsangebote jedoch bereits verringert werden können.

Der Universitätsbericht wurde einstimmig vertagt, um in einer weiteren Sitzung des Wissenschaftsausschusses die noch zahlreichen Fragen der Abgeordneten behandeln zu können.

Europäische Organisation für astronomische Forschung

Nach der Diskussion über den Universitätsbericht nahmen die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses drei Regierungsvorlagen in Verhandlung, die mit der Mitgliedschaft Österreichs bei der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre (ESO) im Zusammenhang stehen. Einerseits geht es dabei um das österreichische Beitrittsabkommen selbst (10 d.B.), andererseits um das Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der betreffenden Organisation (13 d.B.). Eine eigene, weitere Regierungsvorlage behandelt das eigentliche Übereinkommen zur Gründung der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt dem diesbezüglichen Finanzprotokoll (14 d.B.). Die Vorlagen wurden einstimmig angenommen.

Der zuständige Vertreter des Wissenschaftsressorts wies in einer Präsentation auf die Notwendigkeit hin, der ESO beizutreten, um auch weiterhin adäquate Möglichkeiten für die astronomische Forschung in Österreich zu haben. Durch die Teleskope der ESO, die in Chile stehen, erhalte man scharfe Aufnahmen aus dem Kosmos, wie sie unter anderem aufgrund der "Lichtverschmutzung" in Europa nicht mehr möglich sind. Österreich werde in Zukunft den Zugang zur weltbesten Infrastruktur haben, stellte Minister Hahn dazu fest. Mit der Mitgliedschaft bei der ESO habe man auch hochrangige WissenschafterInnen an Österreich binden können, betonte er. Das Jahresbudget der Organisation bezifferte das Ministerium mit 130 Mill. €, Österreich habe eine Eintrittsgebühr von 25 Mill. € zu entrichten, der Jahresbeitrag belaufe sich auf ca. 3 Mill. €. An der Diskussion beteiligten sich die Abgeordneten Werner Neubauer (F), Karin Hakl (V), Robert Lugar (B), Kurt Grünewald (G), Andrea Kuntzl (S) und Martin Graf (F).  

Zusammenarbeit der Hochschulen in Mittel- und Osteuropa

Ebenso einstimmig passierte die Verlängerung des multilateralen Austauschprogramms zur Förderung der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Hochschulbildung (Central European Exchange Programme for University Studies "CEEPUS II"), den Wissenschaftsausschuss. Das CEEPUS-Programm, das 1995 nach einer Initiative Österreichs in Kraft getreten ist, läuft Mitte 2009 aus. Derzeit nehmen daran Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Österreich, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn sowie UNMIK-MEST mit der Universität Prishtina teil. (17 d.B.)

Bundesminister Hahn bezeichnete das Programm als eine Erfolgsstory ohne Alternativen. Es liege auch im Interesse Österreichs, zur Gewährleistung einer hohen Qualität des wissenschaftlichen Personals in den osteuropäischen Ländern beizutragen. Nachdem in den letzten Jahren die Zahl der zur Verfügung gestellten Stipendienmonate ständig ausgeweitet worden sei, würden in nächster Zeit aufgrund der budgetären Situation diese nicht weiter aufgestockt, sagte Hahn. Er reagierte damit auf Wortmeldungen der Abgeordneten Ursula Haubner (B), Andreas Karlsböck (F) und Beatrix Karl (V).

F-Anträge einstimmig vertagt

Fünf Anträge des Ausschussvorsitzenden Martin Graf (F), die heute ebenfalls auf der Tagesordnung standen, wurden aus Zeitmangel einstimmig vertagt. Die FPÖ verlangt darin eine bessere Dotierung der Universitäten und Fachhochschulen, die Umsetzung des Kollektivvertrags an den Universitäten sowie eine Bündelung der Forschungskompetenzen (415/A[E], 416/A[E], 417A[E], 418/A[E] und 419A/[E]). (Schluss)