Parlamentskorrespondenz Nr. 150 vom 02.03.2009

Vorlagen: Inneres

Regierung schlägt Neugestaltung des Bleiberechts für Ausländer vor

Ein von der Regierung vorgelegter Gesetzentwurf sieht eine Neugestaltung des humanitären Aufenthalts für Ausländerinnen und Ausländer in Österreich vor (88 d.B.). Damit reagiert die Regierung auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs, wonach die geltenden Bleiberechts-Bestimmungen verfassungswidrig sind. Insbesondere hatte der VfGH moniert, dass die Betroffenen selbst keinen Antrag auf humanitären Aufenthalt stellen können. Ihnen kann lediglich - in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen - "von Amts wegen" ein Verbleib in Österreich gestattet werden, auch wenn sie nicht alle grundsätzlich geforderten Voraussetzungen für eine Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung erfüllen.

Mit der Regierungsvorlage wird das aus Sicht des VfGH bestehende Manko nunmehr behoben. Demnach kann für so genannte "Altfälle" in begründeten Fällen auf Antrag eine beschränkte Niederlassungsbewilligung erteilt werden. Voraussetzung dafür ist, dass sich der/die betroffene Fremde seit 1. Mai 2004 durchgängig in Österreich aufhält, zumindest während der Hälfte des Aufenthaltszeitraums rechtmäßig im Land war, er/sie gut integriert ist und über ein ausreichendes Einkommen verfügt.

Sollte die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben sein, kann sie durch eine Patenschaftserklärung ersetzt werden. Der "Pate" muss sich dabei verpflichten, mindestens drei Jahre lang für Unterkunft, Unterhalt und Krankenversicherung des/der betroffenen Fremden zu sorgen, und darf dafür keine Gegenleistung verlangen. Mittel der öffentlichen Hand dürfen nicht verwendet werden.

Die Letztentscheidung über ein Bleiberecht für "Altfälle" trifft die Innenministerin bzw. der Innenminister, zu ihrer Beratung wird ein Beirat eingerichtet, dem unter anderem NGO-VertreterInnen und je ein Vertreter des Gemeinde- und des Städtebundes angehören.

In allen anderen Fällen wird die Zuerkennung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Erwägungen im Rahmen von laufenden Fremdenrechts- bzw. Asylverfahren geprüft. Dabei ist Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention – Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens – besonderes Augenmerk zu schenken. Ist es aufgrund dieses Artikels geboten, kann die zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde Fremden in Ausnahmefällen künftig auch dann eine unbeschränkte bzw. beschränkte Niederlassungsbewilligung erteilen, wenn sie nicht alle allgemeinen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel erfüllen. Diese Ausnahmebestimmung kann allerdings nicht bei einem aufrechten Aufenthaltsverbot, einer Scheinehe, einer Scheinadoption oder einer rechtskräftig erlassenen Ausweisung zur Anwendung kommen.

Opfer und Zeugen von Menschenhandel sowie Opfer von häuslicher Gewalt können in Hinkunft eine spezielle Aufenthaltsbewilligung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz unter dem Titel "besonderer Schutz" beantragen. Das gleiche gilt für Personen, die vorübergehend nicht abgeschoben werden können, weil ihnen in ihrem Heimatland die Todesstrafe droht bzw. sie aus bestimmten anderen Gründen, etwa ihrer Religionszugehörigkeit, um ihr Leben fürchten müssen.

Vorgesehen ist darüber hinaus, dass Ausländer in Hinkunft unter bestimmten Umständen beantragen können, ihren Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthalts- bzw. Niederlassungsbewilligung in Österreich zu stellen. Voraussetzung dafür ist, dass ihnen die Ausreise aus Österreich nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist, etwa weil sie minderjährig sind oder ihr Familienleben beeinträchtigt würde. Gleichzeitig werden in erstinstanzlichen Verfahren Anträge auf "Heilung von Verfahrensmängeln" ermöglicht.

Anträge auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels werden in Hinkunft ausschließlich dann als Verlängerungsanträge gewertet werden, wenn sie vor Ablauf der Gültigkeitsdauer eingebracht wurden. Ausnahmen gelten nur bei unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignissen. Ansonsten wird ein verspätet eingebrachter Antrag als Erstantrag gewertet. Bisher waren Verlängerungsanträge bis zu sechs Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels möglich.

Gelöst wird mit dem vorliegenden Gesetzespaket schließlich auch ein Problem, das in Zusammenhang mit der Ausstellung von kombinierten Aufenthalts-Reisevisa (Visum D+C) entstanden ist. Mit einem solchen Visum konnten Saisonniers zwar bis zu sechs Monate in Österreich arbeiten, bekamen bei der Heimreise durch ein anderes EU-Land aber Schwierigkeiten, weil die Gültigkeit des Reisevisa nach drei Monaten abgelaufen war. (Schluss)