Parlamentskorrespondenz Nr. 160 vom 03.03.2009

Bundesrat stimmt Neuregelung bei Kurzarbeit zu

Auch Änderungen im Europawahlrecht unbeeinsprucht

Wien (PK) – Das Beschäftigungsförderungsgesetz, das eine Neuregelung bei der Kurzarbeit bringt, und Änderungen in der Europawahlordnung standen heute auf der Tagesordnung des Bundesrats. Außerdem hatten die BundesrätInnen Ausschüsse zu wählen; diese Wahl erfolgte, um die Ausschüsse dem geänderten Bundesministeriengesetz und den damit geänderten Ressortzuständigkeiten anzupassen. Die beiden Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats blieben im Bundesrat mehrheitlich ohne Einspruch.

Neuregelung der Kurzarbeit

Als erster Redner begründete Bundesrat DÖNMEZ (G/O) die Ablehnung der Vorlage durch seine Fraktion u.a. damit, dass Kurzarbeit längerfristig kein geeignetes Instrument sei, aus der Krise eine Chance zu machen. Nötig seien hingegen radikales Umdenken und eine "neue Architektur für das kapitalistische System". – Sein Parteikollege SCHENNACH (G/W) ortete im Zusammenhang mit dem bei Kurzarbeit sinkenden Einkommen Armutsgefährdung als Damoklesschwert.

Bundesrat Mag. KLUG (S/St) sah in der Vorlage einen von den Sozialpartnern erarbeiteten Kompromiss und einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. – Bundesrat MAYER (V/V) sah in der neuen Regelung der Kurzarbeit die Chance, ArbeitnehmerInnen in den Unternehmen zu halten und zugleich Qualifizierungsmaßnahmen umzusetzen, insbesondere für junge Beschäftigte. – Bundesrätin MÜHLWERTH (F/W) fasste ihre Zustimmung zu der Vorlage in den Satz: "Besser als die Arbeitslosigkeit ist die Kurzarbeit", mahnte aber zugleich Anstrengungen des AMS bei den Qualifizierungsmaßnahmen ein. – Bundesrat PREINER (S/B) stellte das Projekt "Lehre mit Matura" in seinem Bundesland dar und ging auf Details der neuen Regelung ein. Preiner plädierte darüber hinaus für eine globale wirksame Banken- und Finanzaufsicht. – Bundesrat KAMPL (B/K) sah im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit alle verpflichtet, die derzeitige Arbeitslosigkeit sei "für Österreich zu viel".

Bundesrat SCHNIDER (V/St) wandte sich dagegen, die gesamte Arbeitsmarktpolitik "neu zu erfinden" und würdigte die Zusammenarbeit der Sozialpartner bei der Suche nach Lösungen. Es sei wichtig, in die Arbeitsmarktpolitik und nicht in Arbeitslosenpolitik zu investieren. – Bundesrat ZANGERL (A/T) bekannte sich zur raschen Umsetzung der Vorlage und sprach sich für Qualifizierungsmaßnahmen insbesondere für die Jugend aus. Kritisch wandte sich der Mandatar gegen die geplante Schließung von Postämtern. – Für ein differenziertes Herangehen an die Probleme sprach sich Bundesrat KALTENBACHER (S/St) aus. Die Umwidmung von Mitteln in der passiven in die aktive Hilfe auf dem Arbeitsmarkt ermögliche entsprechende Qualifizierungsprogramme, der Handlungsspielraum werde damit größer. – Bundesrat PERHAB (V/St) sah sein Bundesland von der steigenden Arbeitslosigkeit besonders betroffen und begrüßte die neuen Möglichkeiten der Kurzarbeit als "win-win-Situation", von der alle Vorteile hätten, auch wenn es nur eine Übergangslösung sei.

Bundesminister HUNDSTORFER stellte zunächst Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für Kurzarbeit klar. Bei den Lehrlingen sei eine andere Problematik gegeben als bei den jungen ArbeitnehmerInnen. In Oberösterreich gebe es z.B. derzeit mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende. Pro Jahr würden für Lehrlinge 283 Mio. € ausgegeben; wer in Betrieben nicht unterkomme, werde überbetrieblich untergebracht. Bei den älteren ArbeitnehmerInnen sei der Anstieg der Arbeitslosigkeit am geringsten; die Industrie bemühe sich offenbar, ältere, erfahrene Kräfte zu halten. Derzeit seien rund 30.000 Menschen in Kurzarbeit, sagte Hundstorfer, und die Tendenz sei weiter steigend. Erfreut zeigte sich der Minister über eine sinkende Tendenz bei der Zahl der Langzeitarbeitslosen.

Die Vorlage blieb in der Länderkammer mit Mehrheit unbeeinsprucht.

Änderungen beim Europawahlrecht

Bundesrat ERTL (F/N) warnte vor Wahlmanipulationen bei der bevorstehenden EU-Parlamentswahl durch das vorliegende Gesetz, das es möglich mache, Stimmen abzugeben, ohne dass nachfolgend festgestellt werden könnte, wer eine Stimme wann und wo abgegeben habe. Die Briefwahl wolle er nur Wählern im Ausland ermöglichen. - Bundesrat TODT (S/W) widersprach seinem Vorredner und sah keine Gefahr einer Manipulation des Wahlergebnisses durch Briefwähler. Die Briefwahl ermögliche vielmehr, das Wahlrecht besser auszuüben, etwa für bettlägerige oder gehbehinderte WählerInnen. - Bundesrat KEUSCHNIGG (V/T) warf Bundesrat Ertl vor, am Wahlrecht nichts ändern zu wollen, obwohl sich das Leben der Menschen und die Bedingungen der Stimmabgabe veränderten. Die Briefwahl stoße auf hohe Akzeptanz in der Wählerschaft, führte der Redner aus und zeigte sich überzeugt, dass die Briefwahl in Zukunft stark zunehmen, ja "explodieren" werde. - Bundesrat WINTERAUER (S/O) sprach von einer wichtigen Gesetzesänderung im Sinne eines Service für die Wähler und im Interesse einer Weiterentwicklung der Demokratie. Tatsächlich nicht kontrollierbar wäre das geheime Wahlrecht beim E-Voting, sagte der Bundesrat und sprach die Hoffnung aus, dass die diesbezügliche Debatte vom Tisch sei.

Bundesrat WEISS (V/V) bekannte sich dazu, die Erfahrungen mit der breiten Anwendung der Briefwahl bei der letzten Nationalratswahl für die kommende EU-Wahl zu nutzen. Für unverständlich hält es der Bundesrat, dass es in Österreich unmöglich sein soll, die Stimmabgabe bei der Briefwahl auf die Zeit vor dem Wahltag zu beschränken und nur jene Briefwahlstimmen gelten zu lassen, die spätestens am Wahltag einlangen. Die Vertreter der FPÖ, die Verbesserungen der Briefwahl als einzige Partei ablehne, erinnerte Weiss, dass sie die nun beschlossenen Verbesserungen im Vorarlberger Landtag selbst gefordert habe. Gegenüber befürchteten Missbrauchsmöglichkeiten verwies Weiss darauf, dass die Briefwahl weder im Inland noch im Ausland je zu Missbräuchen geführt habe.

Innenministerin Dr. FEKTER erinnerte an die enge fachliche Kooperation zwischen dem Parlament, dem Innenministerium, den Ländern und den Auslandsösterreichern bei der Vorbereitung der vorliegenden Wahlrechtsnovelle. Sie bekannte sich zur Optimierung des Wahlrechts und begrüßte die Übernahme der Portokosten bei der Briefwahl durch den Bund. Die ohnedies gut akzeptierte Briefwahl werde noch bürgerfreundlicher, sagte die Innenministerin und hoffte auf eine hohe Wahlbeteiligung bei der EU-Wahl. Zur Diskussion um die Frist, innerhalb derer die Stimme abzugeben ist, gab die Ministerin zu bedenken, dass man allen Wählern die Chance geben sollte, sich dasselbe Bild über die Wahlwerbung zu machen und über Diskussionen wie die "Elefantenrunde" im Fernsehen zu informieren, daher wäre ein allzu früher Abgabetermin für die Briefwahlstimme bedenklich. 

    

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V/W) schloss sich den Ausführungen der Bundesministerin an und endete mit dem klassischen Zitat "Roma locuta, causa finita".

Abgeordnete KERSCHBAUM (G/N) begründete die Zustimmung der Grünen mit positiven Fortschritten, obwohl es Ablehnungsgründe gäbe, insbesondere Missbrauchsmöglichkeiten durch die Möglichkeit, eine Briefwahlstimme nach dem Schließen der Wahllokale abzugeben.

Kein Einspruch.

Als letzten Tagesordnungspunkt nahm der Bundesrat die Neuwahl mehrerer seiner Ausschüsse vor. (Schluss)


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