Parlamentskorrespondenz Nr. 202 vom 11.03.2009

Fragestunden werden lebhafter, der Schutz der Umwelt wird strenger

Neue Geschäftsordnung: Bürgerinitiativen verfallen nicht mehr

Wien (PK) -  Alle Fraktionen waren sich einig über eine Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrats, die in Gestalt eines Fünf-Parteien-Antrags auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung stand. Abgeordneter PENDL (S) begrüßte die Änderungen als einen wichtigen Beitrag für die Zukunft und verlieh seiner Hoffnung Ausdruck, dass auch die noch offenen Fragen der Reform der Geschäftsordnung, etwa die Minderheitenrechte, gemeinsam gelöst werden können.

Abgeordnete Mag. Dr. KARL (V) ging auf die Änderungen kurz ein und zeigte sich vor allem mit der Modernisierung der Fragestunde sehr zufrieden und unterstützte ausdrücklich die Neuerungen hinsichtlich der Enderledigung von Berichten. Besonders freute sie, dass Vorlagen wie Volksbegehren, Bürgerinitiativen und Petitionen, Berichte der Volksanwaltschaft oder des Rechnungshofes nicht mehr mit Ende der Gesetzgebungsperiode verfallen und Bürgerinitiativen nun schon mit 16 Jahren unterstützt werden können.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) schloss sich seiner Vorrednerin an. Er befürwortete besonders die Neuordnung der Fragestunde, da diese nun lebhafter sei. Trotz dieses positiven Teilabschlusses der Geschäftsordnungsreform fürchtete er, dass bei weiteren Punkten der Geschäftsordnung eine Einigung schwieriger sein wird, etwa bei den Minderheitenrechten. Auch einige Verfahrensordnungen sind seiner Auffassung noch zu reformieren. Dennoch hoffte er, dass das konstruktive und konsensorientierte Klima weiter bestehen werde.

Abgeordneter BROSZ (G) teilte die Auffassung Scheibners in Bezug auf die Fragestunde. Er gab jedoch zu bedenken, dass mit dem heutigen Beschluss der leichtere Teil der Reform abgeschlossen sein wird, die schwierigen Fragen, zum Beispiel die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht, seien noch offen. Daran werde auch das Geschäftsordungskomitee zu messen sein, sagte er, denn bei den Untersuchungsausschüssen gehe es auch um die schwierige Frage der Verfahrensordnung.  

Die vorliegende Novelle zum Geschäftsordnungsgesetz 1975 passierte den Nationalrat einstimmig.

Umweltschäden: Verursacherprinzip wird gestärkt

Eine Verstärkung des Verursacherprinzips bringt das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das der Nationalrat Mittwoch Abend beschlossen hat. Unter einem mit dieser Vorlage wurde ein F- Antrag zum selben Thema debattiert. Abgeordneter HOFER (F) zeigte sich zufrieden, dass man dem Verursacherprinzip Rechnung trägt. Hofer brachte darüber hinaus einen Antrag ein, der darauf abzielt, Tragetaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff zu reduzieren und gleichzeitig den Einsatz von Tragetaschen aus biogenen Kunststoffen zu forcieren.

Abgeordneter SCHULTES (V) meinte, mit dieser Umsetzung einer EU-Richtlinie werde man in Zukunft viele Probleme vermeiden. Es berücksichtige die Ansprüche der Umwelt, der Menschen und auch der Bürgerbeteiligung. Besonders betonte er, dass Umweltorganisationen in Zukunft das Recht haben werden, eine vorgenommene Sanierung zu überprüfen.

Abgeordneter LUGAR (B) begrüßte zwar das Gesetz, ortete jedoch einige Schwachstellen. Vor allem kritisierte er die Beweislastumkehr, wodurch die UnternehmerInnen ihre Unschuld nachweisen müssen. Den Nachweis zu erbringen, dass man alles getan hat, um Schäden zu verhindern, sei technisch kaum möglich, argumentierte er. Trotz einer aufrechten Genehmigung durch die Behörde könne es nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu einer Verurteilung des Unternehmens kommen. Mit der Vorlage befürchtete Lugar eine Gefährdung des Wirtschaftsstandortes Österreich.

Abgeordnete BAYR (S) hielt die Regelungen für sinnvoll, das Ergebnis könne sich sehen lassen, sagte sie. Es sei wichtig, dass der Verursacher für die Behebung der Schäden aufzukommen hat und nicht der Steuerzahler. Die Definition, was unter erheblichen Schäden zu verstehen ist, sei klar, bemerkte sie. Für einen Erfolg hielt sie, dass es keine Haftungsausnahmen mehr gibt und dass auch Konzerne herangezogen werden können, die Lizenzen vergeben. 

Abgeordnete Mag. BRUNNER (G) bewertete die Novelle grundsätzlich positiv, sah jedoch bereits Probleme in der Richtlinie selbst, weil diese nicht alle Umweltschäden abdeckt. So seien Luft und Boden als Umweltschutzgut nicht erfasst, Boden nur als Produktionsfaktor für Lebensmittel. Gut fand sie, dass die Ausrede für den behördlich genehmigten Betrieb und für das Entwicklungsrisiko gefallen ist, sie schränkte jedoch kritisch ein, dass dies im Fall des behördlich genehmigten Betriebs bei Wasserschäden nicht erfasst ist. Negativ bewertete sie, dass die Solidarhaftung und die Durchgriffsrechte bei Mutterkonzernen gefallen sind. Weiters kritisierte sie, dass die NGOs, wenn sie zum Verwaltungsgerichtshof gehen, die Kosten selbst zu tragen haben. Ein mustergültiges Umwelthaftungsgesetz müsste nach Ansicht der Grünen anders aussehen.

Umweltminister DI BERLAKOVICH freute sich, dass in kurzer Zeit ein herzeigbares Gesetz gelungen sei. Es bringe klare Vorteile für die Umwelt, für die Sicherheit, für die Wirtschaft und für die SteuerzahlerInnen. Auch er unterstrich die Verankerung des Verursacherprinzips. Als sinnvolle Regelung nannte der Minister die klare Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft. Durch die Bestimmungen sei auch eine neue Qualität der Bürgerbeteiligung gewährleistet, betonte der Minister.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) unterstützte die Neuregelungen vollinhaltlich, insbesondere die Durchsetzung des Verursacherprinzips und die Gewährleistung der Bürgerbeteiligung. Im Hinblick auf erneuerbare Energien wies er auf einen Aktionsplan der Industriellenvereinigung mit 8 Punkten hin, wo es um die Wasserkraft geht. Der Bundesminister selbst werde einen Gesamtplan zu den erneuerbaren Energien ausarbeiten, bemerkte Rädler.

Abgeordnete Dr. WINTER (F) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zum Gesetz an, da es sich um "eine gute und wichtige Sache" handle. Ebenso wie Professor Raschauer sehe sie das Bundes-Umwelthaftungsgesetz als brauchbare Lösung im Anlassfall. Aufgrund der Säumigkeit des damaligen Umweltministers Pröll habe es allerdings sehr lange gedauert, bis die EU-Richtlinie zur Umwelthaftung endlich auch in Österreich umgesetzt und damit ein Vertragsverletzungsverfahren vermieden werden konnte, merkte die Rednerin kritisch an.

Abgeordneter Mag. AUER (S) zeigte sich sehr froh darüber, dass nach langen und harten Verhandlungen die vorliegende Materie heute beschlossen werden könne. Nachdem auch die Wirtschaft zur Einsicht gekommen war, dass es keine umfassende Befreiung von der Haftung geben kann und dass das Verursacherprinzip gelten müsse, wurde ein vertretbarer Kompromiss gefunden.

Auch Abgeordneter Dr. PIRKLHUBER (G) erinnerte daran, dass die entsprechende Regierungsvorlage bereits im Juni 2008 eingebracht wurde. Nach langen Beratungen wurde nun ein Gesetz ausgearbeitet, das aus seiner Sicht doch einige Mängel aufweise. Als Beispiele führte er an, dass die NGO nicht in einem ausreichenden Maß eingebunden sind und dass der Boden als Umweltgut nicht erfasst wurde. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass Österreich in manchen Punkten über die Bestimmungen der EU-Rahmenrichtlinie hinausgeht.

Abgeordneter STEINDL (V) wies darauf hin, dass mit dem B-UHG eine EU-Richtlinie umgesetzt wird, wobei es in Österreich in diesem Bereich sicher schon ausreichende Regelungen gegeben hat. Aus Sicht der Wirtschaft hielt er es für problematisch, dass beim Verursacherprinzip nicht auf die Verschuldensfrage abgestellt wird.

Auch Abgeordneter Mag. LETTENBICHLER (V) betrachtete das Bundesgesetz aus der Perspektive der Wirtschaftstreibenden. Er sei der Meinung, dass die endgültige Version einen gelungenen und vernünftigen Kompromiss darstellt, da u.a. die zunächst angedachte Deckungs- und Risikovorsorge nun nicht umgesetzt wird. Schließlich brachte er noch einen S-V-Abänderungsantrag ein, wodurch redaktionelle Versehen bereinigt wurden.

Abgeordneter HÖRL (V) gratulierte Bundesminister Berlakovich, dem in seiner kurzen Amtszeit zwei epochale Würfe gelungen sind, nämlich die Beibehaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote sowie das Bundes-Umwelthaftungsgesetz, das einen guten Kompromiss aus Umwelt- und Wirtschaftsinteressen darstelle.

Bei der Abstimmung wurde das Bundes-Umwelthaftungsgesetz in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrags mehrheitlich angenommen; der F-Entschließungsantrag betreffend die sukzessive Reduktion des Einsatzes von Tragtaschen aus nicht verrottbarem Kunststoff wurde abgelehnt.

Basler Übereinkommen über gefährliche Stoffe

Das Basler Übereinkommen wurde abgeschlossen, um grenzüberschreitende Transporte und die Verbringung von gefährlichen Abfällen zu minimieren, erläuterte Abgeordnete Mag. BRUNNER (G). Kritisch beurteilte sie, dass aufgrund dieser Regierungsvorlage nun mehr Abfallarten von der Liste für gefährliche Abfälle in die Liste der nicht gefährlichen Abfälle übertragen werden. Damit könne man dem Prinzip der Entsorgungsautonomie nicht gerecht werden.

Auch Abgeordneter HORNEK (V) erläuterte die Eckpunkte des Übereinkommens, das auf internationaler Ebene die Verbringung von gefährlichen Abfällen und einer begrenzten Zahl von nicht gefährlichen Abfällen regle. Die Kontrolle der Abfallverbringung sei nur dann wirkungsvoll, wenn sie im internationalen Gleichklang erfolge. Österreich bemühe sich auf allen Ebenen um möglichst klare und dem Umweltschutz verpflichtete Regeln bei der Verbringung von Abfällen und habe durch sehr konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Stofflisten beigetragen.

Abgeordneter STEIER (S) begrüßte die Adaptierung des Basler Übereinkommens, wodurch Änderungen und Anpassungen der Abfalllisten festgelegt werden. Kontrolle und Minimierung der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle sind die Ziele des 1989 abgeschlossenen Vertrags. Insbesondere gehe es um den Schutz von Entwicklungsländern vor Abfallexporten aus Industriestaaten. Bei der Bekämpfung von illegalen Abfalltransporten gebe es allerdings noch viel zu tun, räumte Steier ein.

Abgeordneter NEUBAUER (F) war der Meinung, dass auch in dem zur Diskussion stehenden Bereich – der grenzüberschreitenden Verbringung und Entsorgung von gefährlichen Abfällen – noch mehr Transparenz und eine bessere Information der Bevölkerung erforderlich sei. Er lud deshalb die Mandatare ein, einem F-Entschließungsantrag zuzustimmen, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, alle erforderlichen Schritte zu setzen, um eine jährliche Meldepflicht des Umweltministeriums umzusetzen, aufgrund derer Bürgermeister und Gemeinderat über Art und Menge des in die betreffende Gemeinde verbrachten gefährlichen Abfalls informiert werden.

Ohne das Basler Übereinkommen, dem bereits mehr als 170 Länder beigetreten sind, würde die Umwelt wohl schlechter dastehen, mutmaßte die Abgeordnete SCHENK (B). Die USA sind bedauerlicherweise das einzige Industrieland, dass eine Ratifizierung der Giftmüllkonvention abgelehnt hat.

Auch die Abgeordnete GESSL-RANFTL (S) erläuterte die Kernpunkte des Basler Übereinkommens. Am wichtigsten sei ihrer Ansicht nach der schonende Umgang mit Rohstoffen und Energiereserven sowie die Dezimierung der Müllproduktion. Was die wirtschaftliche Förderung der Oststaaten betrifft, so sollten sie von Umweltmaßnahmen abhängig gemacht werden.

Der Antrag des Umweltausschusses, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages die Genehmigung zu erteilen, wurde mehrheitlich angenommen. Der F-Entschließungsantrag betreffend Einführung einer Meldepflicht bei Lagerung oder Weiterverarbeitung gefährlicher Abfälle fand keine Mehrheit.

Arbeit des Klima- und Energiefonds soll effizienter werden

Mehr Effizienz – das ist das Ziel der Änderung des Klima- und Energiefondsgesetzes. Der Klima- und Energiefonds war ursprünglich als Lösung für die österreichische Klimamisere gedacht, konstatierte Abgeordnete Mag. BRUNNER (G). Es sei daher grundsätzlich positiv, wenn zusätzliche Mittel dafür bereit gestellt werden. Für wichtig hielt Brunner die Evaluierung des Fonds, damit die Mittel effizienter eingesetzt werden können; ein Bericht darüber liege allerdings nicht vor. Dem Fonds fehlen zudem nach wie vor eigene Förderrichtlinien und ein klares Profil, bedauerte Brunner.

Abgeordneter SCHULTES (V) sprach von einer Reform der Spielregeln im Klima- und Energiefonds, die einer Umsetzung der Erfahrungen in den letzten zwei Jahren entspricht. Es habe sich gezeigt, dass es gelungen sei, konstruktive Projekte zu entwickeln, die von den Bürgern auch geschätzt wurden. Er sei überzeugt davon, dass der Fonds nun besser aufgestellt ist und raschere Entscheidungen möglich sein werden.

In Entsprechung des Regierungsprogramms kommt es nun zu einer Umgestaltung des Klima- und Energiefonds, stellte Abgeordnete Mag. BECHER (S) fest. Die Novelle diene der Effizienzsteigerung, der organisatorischen Reform und der Straffung der Entscheidungsstrukturen. Es war ihr ein wichtiges Anliegen, dass nun auch "frisches Geld" für die thermische Sanierung bereitgestellt wird.

Abgeordnete GARTELGRUBER (F) wies darauf hin, dass die Photovoltaik-Förderaktion des Klima- und Energiefonds so gut angenommen wurde, sodass binnen kurzer Zeit die Mittel in der Höhe von 8 Millionen Euro erschöpft waren. Eine neuerliche Aktion für die Photovoltaik sollte daher durchgeführt werden, forderte sie im Rahmen eines F-Entschließungsantrags. Die Höhe der Mittel sollte sich dabei aber nach der tatsächlichen Nachfrage richten.

Das BZÖ stimme der Vorlage zu, kündigte Abgeordneter HUBER (B) an. Der Klima- und Energiefonds sei sinnvoll, aber es müssen neue Strategien und Perspektiven entwickelt und viel mehr Geld ausgeschüttet werden, forderte Huber. Vor allem sollten Mittel für erneuerbare Energien und den Bereich Energieeffizienz zur Verfügung gestellt werden.

Bundesminister DI BERLAKOVICH ging auf die vorliegende Novelle ein, die eine Effizienzsteigerung bei den Strukturen und den Entscheidungsabläufen im Klima- und Energiefonds bringt. Einerseits unterstütze der Fonds klimarelevante Forschungsprojekte, zum anderen werden klimarelevante Maßnahmen gesetzt. Der Expertenbeirat wird in Hinkunft aus vier Wissenschaftern bestehen, der nur mehr bei strategisch wichtigen Entscheidungen beigezogen wird.

Abgeordneter MAYER (V) lobte die neue Ausrichtung beim Klima- und Energiefonds, um eine bessere Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.

Abgeordneter SCHOPF (S) hielt den Klima- und Energiefonds für ein mittlerweile gut etabliertes und wichtiges Instrument. Im besonderen setzte sich der Redner für die weitere Förderung der erneuerbaren Energien und der Umwelttechnologien ein, weil damit auch viele Arbeitsplätze geschaffen bzw. abgesichert werden können.

Abgeordneter STAUBER (S) schloss sich grundsätzlich seinen Vorrednern an, was die Eckpunkte der Novelle angeht. Er erinnerte daran, dass der Fonds im Jahr 2008 rund 200 Projekte im Bereich der Forschung und Entwicklung gefördert hat.

Bei der Abstimmung wurde die Novellierung des Klima- und Energiefondsgesetzes mehrheitlich beschlossen; der F-Entschließungsantrag betreffend Förderaktion Photovoltaik im Rahmen des Klimafonds verfiel der Minderheit.

(Schluss Umwelt/Forts. NR)