Parlamentskorrespondenz Nr. 210 vom 13.03.2009

Themen und Vorhaben im Justizministerium

Justizministerin Bandion-Ortner in der Fragestunde des Bundesrats

Wien (PK) – Die 767. Sitzung des Bundesrats wurde heute mit einer Fragestunde eingeleitet. Erstmals hatten die ParlamentarierInnen die Gelegenheit, von der neuen Justizministerin Bandion-Ortner Details über Pläne und Vorhaben des Justizressorts zu erfahren.

Bundesrat SODL (S): Welche Schritte planen Sie im Hinblick auf den im Regierungsprogramm vorgesehenen Kampf gegen den Kriminaltourismus?

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Unter Bezugnahme auf das Regierungsübereinkommen sprach Justizministerin Mag. BANDION-ORTNER von erweiterten Sicherstellungsmöglichkeiten, dies auch im Hinblick auf Verfahrenskosten und allfällige Entschädigungsansprüche von Opfern. Strenge Strafen hätten nicht zuletzt generalpräventiven Sinn. Zusammenarbeit mit dem Innenressort, aber auch über die Grenzen hinweg, sei nötig. Auch sei daran zu denken, die bedingte Entlassung ausländischer StraftäterInnen mit anschließender Abschiebung und Aufenthaltsverbot auszuweiten und eine raschere Abschiebung vorzusehen. Dem vor allem medial gebräuchlichen Begriff "Kriminaltourismus" konnte die Ministerin nichts abgewinnen, er komme im Strafrecht auch nicht vor.

Bundesrätin Mag. RAUSCH (V): Welche Überlegungen gibt es im BMJ zur Umsetzung der im Regierungsübereinkommen in Aussicht genommenen Reaktionsmöglichkeit auf die Straffälligkeit von Minderjährigen?

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Für das Thema der Kinder- und Jugendkriminalität sei nicht allein das Justizressort zuständig, sagte Mag. BANDION-ORTNER, in dieser Querschnittsmaterie seien auch das Innenministerium, die Eltern, Lehrer und Jugendorganisationen gefordert. Es seien u.a. verstärkt pflegschaftsgerichtliche Maßnahmen nötig. Außerdem sollten die Erfahrungen anderer Länder studiert und einbezogen werden. Eine Expertengruppe werde sich in den nächsten Monaten mit diesen Fragen befassen. Im Zusammenhang mit einer Zusatzfrage zum jüngsten Massaker durch einen Jugendlichen in Deutschland sagte die Ministerin, ein Verbot von Gewaltfilmen sei schwer umzusetzen, würde aber in die Überlegungen einbezogen. Gerade bei Jugendlichen sei Prävention besonders wichtig.

Bundesrat ZANGERL (A): Welche gesetzlichen Möglichkeiten sehen Sie im Rahmen Ihres Ressorts gegen unseriöse Firmen, durch die Konsumenten mit vermeintlichen Gratis-Internetseiten hereingelegt werden und in Kostenfallen tappen, vorzugehen?

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Betrug bleibe Betrug, unabhängig vom Medium, in dem er begangen werde, betonte die MINISTERIN, die die strafrechtlichen Bestimmungen (bis zu 10 Jahren Freiheitsentzug) für ausreichend hielt. Auch zivilrechtlich sei vorgesorgt, etwa durch das E-Commerce-Gesetz und andere gemeinschaftsrechtliche Normen; auch die Verbandsklage sei ein wichtiges Instrument. Besondere Bedeutung maß Bandion-Ortner der Verbraucherbildung und –erziehung bei. Zwei Bereiche nannte die Ministerin, in denen die Staatsanwaltschaften am meisten zu tun hätten: Betrug im Zusammenhang mit Internet-Versteigerungen und Kinderpornographie.

Bundesrätin MOSBACHER (S): Gibt es schon Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Schaffung eines Partnerschaftsgesetzes zur rechtlichen Absicherung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften?

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Bereits unter ihrer Vorgängerin im Justizressort, Maria Berger, habe es eine weit gehende politische Meinungsbildung gegeben, antwortete die RESSORTCHEFIN. Sie kündigte an, dass bis Ende des laufenden Jahres eine "sachliche Lösung" auf dem Tisch liegen werde: ein Lebenspartnerschaftsgesetz im Sinne eines eigenen Vertrags, mit Rechten und Pflichten, der aber keine "Ehe light" bedeute. Wo dieser Vertrag abzuschließen sei, sei noch "völlig offen", ob vor der Bzirksverwaltungsbehörde, einem Notar oder beim Standesamt. Mit diesem neuen Institut müsste allerdings eine Reihe anderer Gesetze geändert werden; es sei sinnvoll, dies in einem Zug zu tun. Die Regelung sollte Anfang kommenden Jahres in Kraft treten, sagte Bandion-Ortner und bekannte sich ausdrücklich dazu, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften auch vom Staat anerkannt werden.

Bundesrat BIERINGER (V): Wie stehen Sie zu den Bestrebungen einer Änderung der Korruptionsbestimmungen im Hinblick auf die Probleme beim Sponsoring?

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Zu diesem "viel diskutierten Problem" arbeitet derzeit eine Arbeitsgruppe, gab die MINISTERIN bekannt. Das geltende Gesetz sei ein "Breitbandantibiotikum", es brauche aber ein gezielt wirkendes Medikament, weshalb an "Präzisierungen" gearbeitet werde; diese beträfen u.a. die Begriffe des Amtsträgers, der Geringfügigkeit und des persönlichen Vorteils. Das Gesetz solle der Wirtschaft nützen und nicht schaden, zumal Korruption ein "schleichendes Gift für den Rechtsstaat und die Wirtschaft" sei. Die genannten Präzisierungen würden noch vor dem Sommer vorliegen.

Bundesrat SCHENNACH (G): Beabsichtigen Sie das geltende Adoptionsrecht in die Richtung zu novellieren, dass zum Beispiel auch Personen über 36 Jahre bzw. AlleinerzieherInnen die Möglichkeit der Adoption erhalten?

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Die geltenden Bestimmungen sähen ein Mindest-, aber kein Höchstalter vor, auf die Verwaltungspraxis der Länder habe sie aber keinen Einfluss, stellte die JUSTIZMINISTERIN klar. Auch sei ein Altersunterschied zwischen Adoptierenden und Adoptierten von 16 bzw. 18 Jahren vorgeschrieben. Für gleichgeschlechtliche Paare sei die Möglichkeit von Adoptionen nicht vorgesehen. Im Zusammenhang mit Auslandsadoptionen – in einer Zusatzfrage wurde die Adoption von Kindern aus Äthiopien angesprochen – sei die Familienwohlfahrt gefordert, hier sei jedenfalls ein Regelungsbedarf gegeben.

 

Bundesrat KALINA (S): Haben Sie bereits Maßnahmen zur Erreichung des Zieles "Strafvollzug im Herkunftsstaat" gesetzt?

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Schon jetzt seien Überstellungen dieser Art häufig, sagte Ministerin BANDION-ORTNER, gemeinschaftsrechtliche Initiativen könnten die Möglichkeiten erweitern. Es sei daran gedacht, Abschiebungen nicht durch das Justizpersonal, sondern durch die Sicherheitsbehörden durchzuführen. Rund 42 % der derzeit einsitzenden Straftäter seien ausländischer Herkunft. In einer Zusatzfrage auf die wechselseitige Anerkennung von Urteilen in Europa angesprochen, sagte die Ministerin, dies sei EU-rechtlich zu regeln; angestrebt würden aber auch Abkommen mit Ländern außerhalb Europas.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V): Welche Maßnahmen sind vom BMJ im Bereich des Medienrechts zum Schutz der Persönlichkeitsrechte geplant?

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In dieser Frage gebe es Handlungsbedarf, räumte die JUSTIZMINISTERIN ein. Es sei zu beachten, dass zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Persönlichkeitsrechten ein Spannungsverhältnis gegeben sei, zwischen beiden müsse ein Ausgleich geschaffen werden, zumal es immer wieder zu gravierenden Verletzungen des Persönlichkeitsrechts komme. Ein entsprechender Ministerialentwurf sei bereits vorhanden und würde noch vor dem Sommer vorgelegt, teilte die Ministerin mit, darin seien u.a. die Ausweitung des Identitätsschutzes auf die Angehörigen von Opfern und Tätern, eine Ausweitung von Fristen und Maßnahmen gegen das Paparazzi-Unwesen vorgesehen. Auf eine Zusatzfrage bezüglich "großer" Medienunternehmen sagte die Ministerin, dass auch das Sanktionensystem zu überdenken sei. (Schluss Fragestunde/Forts. BR)


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