Parlamentskorrespondenz Nr. 242 vom 24.03.2009

Bundesrat: EU-Ausschuss zu Ökologisierung des Beschaffungswesens

Familienrecht: EU-Kommission will Kompetenzen zurückgeben

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats befasste sich heute abermals mit zwei EU-Vorschlägen zur Einführung eines Verfahrens für die Aushandlung und den Abschluss bilateraler Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittländern zu Teilbereichen des Familienrechts. Dabei geht es einerseits um die Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen und Entscheidungen in Ehe- und Unterhaltssachen sowie in Fragen der elterlichen Verantwortung und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen. Andererseits betreffen die Vorlagen Fragen, welches Recht auf vertragliche und außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwenden sein soll. Wie in der Sitzung vom 3. Februar 2009 beschlossen (siehe PK-Meldung Nr. 64/2009), wurden in der Zwischenzeit dazu Gutachten eingeholt.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Bundesrat Gottfried Kneifel(O/V) betonte, die beiden Materien seien deshalb ausgewählt worden, weil die Kommission erstmals Rechte an die Mitgliedstaaten zurückgibt. An sich falle nämlich die Angelegenheit in die alleinige Zuständigkeit der EU. 

Es handle sich um einen eingeschränkten Bereich der zurück übertragen wird, bestätigte auch der Vertreter des Justizministeriums, Andreas Pollak. Derzeit bestehen auf diesem Gebiet des Familienrechts bilaterale Abkommen einzelner EU-Mitgliedstaaten mit Drittstaaten, die zum Teil auf die Zeit vor deren EU-Beitritt, zum Teil auf die Zeit vor der Einführung gemeinschaftlicher Regelungen zurückgehen. Einige dieser Abkommen sind jedoch nicht mit dem EU-Gemeinschaftsrecht vereinbar. Die Kommission habe aber weder das Interesse noch die Kapazität, für jedes Mitgliedsland zu verhandeln, weshalb sie den Nationalstaaten einen Verhandlungsspielraum gewährt, erklärte Pollak. Die bilateralen Verhandlungen würden an bestimmte Voraussetzungen und Auflagen gebunden sein, die Kommission müsse auch der Aufnahme der Verhandlungen zustimmen und sie verlange, über deren Verlauf informiert zu werden. Das Ergebnis sei dann der Kommission zur Genehmigung vorzulegen. Die Mitgliedstaaten haben bis 2014 Zeit, derartige bilaterale Abkommen mit Drittstaaten neu zu regeln, was Pollak als eine zu kurze Zeitspanne erachtete.  

Sowohl Andreas Pollak als auch Michael Raffler als Vertreter der Bundesländer bekräftigten, dass die genannten Materien in der Kompetenz des Bundes liegen und somit kein Subsidiaritätsproblem darstellen.

EU will öffentliches Beschaffungswesen ökologischer gestalten

Der zweite Tagesordnungspunkt betraf die Mitteilung der Kommission, die sich mit umweltorientiertem öffentlichem Beschaffungswesen befasst. Die Kommission beabsichtigt, gemeinsame Kriterien und Konzepte für umweltorientierte Beschaffung (GPP – Green Public Procurement) zu entwickeln, um ein Signal zu setzen und der "grünen" Wirtschaftsbranche Chancen zu eröffnen, gleichzeitig aber auch Marktverzerrungen und Wettbewerbsbeschränkungen zu vermeiden. Die Bundesrätinnen und Bundesräte kamen überein, dazu Stellungnahmen einzuholen. Ein entsprechender Antrag passierte den Ausschuss einstimmig. Die Diskussion über die gegenständliche Vorlage wurde daher vertagt.

Die EU-Kommission sieht im öffentlichen Beschaffungswesen einen wesentlichen Motor für eine Verstärkung der Nachfrage an umweltfreundlichen Produkten. Es beeinflusse Produktions- und Verbrauchstendenzen, heißt es in der genannten Mitteilung zu einem umweltorientierten öffentlichen Beschaffungswesen, davon profitiere die Umwelt. Eine derartige Umorientierung könnte aber auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie entscheidend fördern, weil dadurch Innovationen in Öko-Technologien stimuliert würden.

Bereits im Jahr 2003 wurde den Mitgliedstaaten empfohlen, bis Ende 2006 nationale Aktionspläne für ein umweltorientiertes Beschaffungswesen (GPP) vorzulegen, Anfang 2008 hatten aber nur 14 Mitgliedstaaten einen solchen Aktionsplan verabschiedet, darunter auch Österreich. Die österreichische Regierung hat unterschiedliche Ziele für fünf Produktgruppen festgelegt, die bis 2010 erreicht werden sollen: IT – 95 %, Elektrizität – 80 %, Papier – 30 %, Reinigungsmittel – 95 % und Fahrzeuge – 20 %. Die niederländische Regierung will bis 2010 das Ziel der nachhaltigen Beschaffung zu 100 % erreichen.

Die Kommission beabsichtigt nun, den Prozess systematisch weiterzuverfolgen, gemeinsame GPP-Kriterien verbindlich festzulegen sowie eine gemeinsame Messmethode zu verbessern und zu verstärken.  Die Kriterien sollen so formuliert sein, dass sie von Käufern und Bietern leicht verstanden und in das öffentliche Auftragswesen aufgenommen werden können. Von diesen vereinheitlichten Kriterien würden vor allem KMU profitieren, da diese nur begrenzt in der Lage sind, unterschiedliche Beschaffungsverfahren zu beherrschen.

Mit der revidierten Strategie zielt die Kommission darauf ab, bis 2010 das Niveau der umweltorientierten Beschaffung im EU-Durchschnitt auf das höchste, 2006 in einem Mitgliedstaat erreichte Niveau zu bringen. 50 % aller Ausschreibungsverfahren sollen bis 2010 umweltorientiert sein. Schwerpunktbereiche für umweltorientierte Beschaffung sind Bauwesen, Verpflegungs- und Cateringdienstleistungen, Verkehr- und Verkehrsdienstleistungen, Energie, Büromaschinen und Computer, Bekleidung, Uniformen und andere Textilwaren, Papier und Druckereileistungen, Möbel, Reinigungsprodukte und –dienstleistungen und Ausstattungen für das Gesundheitswesen. (Schluss)


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