Parlamentskorrespondenz Nr. 313 vom 16.04.2009

Novelle zum Universitätsgesetz noch vor dem Sommer

Privatuniversitäten bauen weiter aus

Wien (PK) – Im heutigen Wissenschaftsausschuss wurde die Diskussion über den Universitätsbericht 2008 fortgesetzt, nachdem in der Sitzung vom 18. Februar 2009 noch zahlreiche Fragen offen geblieben waren und die Debatte daher einvernehmlich vertagt worden war (siehe PK-Meldung Nr. 97/2009). Der Universitätsbericht 2008 wurde schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen. Ein Antrag des Ausschussvorsitzenden Martin Graf (F), einen Unterausschuss zum vorliegenden Bericht sowie zu einigen Anträgen einzusetzen, um die Möglichkeit zu haben, die geplante, aber dem Parlament noch nicht vorliegende Novelle zum Universitätsgesetz eingehend zu beraten, wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt.

Weiters standen der Bericht des Akkreditierungsrats über die Akkreditierung von Privatuniversitäten und deren Studiengänge auf der Tagesordnung sowie die Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der EU-Kommission sowie des Rates. Beide Berichte wurden einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die Anträge der FPÖ und der Grünen, die ebenfalls heute zur Diskussion standen, wurden vertagt.

Am Beginn der Sitzung wurde anstelle des aus dem Nationalrat ausgeschiedenen Abgeordneten Gernot Darmann (B) Abgeordneter Rainer Widmann (B) zum Schriftführer gewählt.

Unterausschuss zur Weiterentwicklung der Unis abgelehnt

Der Universitätsbericht 2008 (III-22 d.B.) legt in sechs Kapiteln Rechenschaft über die bisherige Entwicklung und die zukünftige Ausrichtung der Universitäten ab, wobei das Ministerium insbesondere auf die im Jahr 2007 neu eingeführte Leistungsvereinbarung eingeht. Mit dieser Form der leistungsbezogenen Universitätsfinanzierung soll in einigen Bereichen (z.B. Studiendauer, Erhöhung der Erfolgsquote, Förderung der Einwerbung von Drittmitteln) eine zusätzliche Steuerung in die gewünschte Richtung erzielt werden. Dem Bericht kann man darüber hinaus entnehmen, dass Österreich im Jahr 2007 bei den öffentlichen Ausgaben für den tertiären Bereich relativ zum BIP mit einem Wert von 1,2 % über dem OECD-Durchschnitt liegt.

Ausschussvorsitzender Martin Graf (F) begründete seinen Antrag auf Einsetzung eines Unterausschusses mit dem Hinweis, dass es notwendig sei, die geplante Novelle zum Universitätsgesetz einer ausreichenden parlamentarischen Behandlung zuzuführen. In diesem Zusammenhang könnte man auch einige auf der heutigen Tagesordnung stehende Anträge mitberaten. Er wurde darin von Abgeordnetem Kurt Grünewald (G) und Abgeordnetem Rainer Widmann (B) unterstützt. Im Gegensatz dazu meinte Abgeordnete Beatrix Karl (V), man habe bereits im Vorjahr im Rahmen einer parlamentarischen Enquete umfassend über die Änderung des Universitätsgesetzes diskutiert, darüber hinaus seien zum damaligen Begutachtungsentwurf zahlreiche Stellungnahmen eingelangt. Die Diskussion unter den Beteiligten sei daher voll im Gange, weshalb ein eigener Unterausschuss aus ihrer Sicht nicht notwendig sei. Ähnlich argumentierte Abgeordnete Andrea Kuntzl (S). Sie wies auch darauf hin, dass die Verhandlungen zügig vorangehen sollten.

Dem schloss sich Bundesminister Johannes Hahn an, der einräumte, dass man die Novelle bereits im Vorjahr habe beschließen wollen. Da einige Bestimmungen mit 1. Oktober 2009 vor allem im Hinblick auf die Leistungsvereinbarungen in Kraft treten müssten, sollte die Änderung des Universitätsgesetzes noch vor der Sommerpause über die Bühne gehen. Ausschussvorsitzender Martin Graf (F) sprach darauf hin von einer Diskussionsverweigerung. Man könne den parlamentarischen Prozess nicht durch außerparlamentarische Diskussionen ersetzen, sagte er.

Auch der Antrag Grafs auf Ausschussfeststellung, wonach Studierende, die in einem Studium von der Entrichtung des Studienbeitrags befreit sind, diesen auch für ein weiteres Studium nicht in entrichten sollten, wurde von SPÖ und ÖVP mehrheitlich abgelehnt und entfachte eine Debatte über Studiengebühren. Abgeordnete Beatrix Karl (V) befürchtete, dass eine solche Interpretation der Missbrauchsmöglichkeit Tür und Tor öffnen würde, denn das würde bedeuten, dass bei Mehrfachstudien kein Studienbetrag anfalle, auch wenn die Mindeststudienzeit und die Toleranzgrenze überschritten wird. Ebenso wenig wollte Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) Änderungen der bisherigen Praxis, auch wenn sie einräumte, dass bei der Neuregelung der Studiengebühren ein einfacherer Weg hätte gefunden werden können. Man sollte die Entwicklung beobachten und dann eventuell eine umfassende Klärung herbeiführen, meinte sie. Abgeordnete Karin Hakl (V) plädierte abermals vehement für Studiengebühren und bekräftigte ihre Auffassung, dass der Beschluss des Vorjahres ein falscher gewesen sei.

Nachdem Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) den Frauenanteil an den Universitäten angesprochen hatte, wies Bundesminister Johannes Hahn auf die geplante Änderung des Universitätsgesetzes hin. Dort werde eine 40 %ige Frauenquote für die Gremien normiert. Er erwarte sich dadurch mehr Chancen für Frauen im Auswahlverfahren.

Die Abgeordneten Werner Neubauer (F) und Rainer Widmann (B) thematisierten abermals die Medizinische Universität Linz. Bundesminister Johannes Hahn reagierte daraufhin mit der Feststellung, dass er diese komplexe Frage "sine ira et studio" angehe. Gemäß parlamentarischem Auftrag lasse sein Ressort eine Studie erarbeiten, um bestimmte Fakten außer Streit zu stellen. Aus dem bisherigen Datenmaterial könne er sagen, dass in Österreich der Bedarf an jungen ÄrztInnen im Schnitt bei 1.000 pro Jahr liege.

Hahn stimmte Abgeordnetem Kurt Grünewald (G) zu, der gemeint hatte, dass der Bund zu viel für den klinischen Mehraufwand zahle. Die Medizinischen Universitäten würden daher unter Zuhilfenahme substantieller Unterlagen mit den Spitalsträgern in Verhandlung treten, kündigte er an.

Hahn: Qualitätssicherung bei Privatuniversitäten oberstes Ziel

Ebenfalls einstimmig wurde der Bericht des Akkreditierungsrats zur Kenntnis genommen (III-26 d.B.). Dem ist zu entnehmen, dass mit Jahresende 2007 in Österreich zwölf Privatuniversitäten mit insgesamt 143 Studiengängen akkreditiert waren. Die Privatuniversitäten sind auf fünf Bundesländer (Wien, Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und Tirol) aufgeteilt.

Die Wortmeldungen der Abgeordneten bezogen sich in erster Linie auf die Qualitätssicherung bei den Privatuniversitäten. So meinte etwa Abgeordneter Kurt Grünewald (G), die Akkreditierungen sollten öffentlich gemacht werden, um mehr Transparenz zu gewährleisten. Seines Wissens würde auf den Akkreditierungsrat oft massiver Druck von Politik und Lobbyisten ausgeübt. Demgegenüber betonte Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V), die Zahl der zurückgewiesenen Anträge zeige deutlich, dass der Akkreditierungsrat sehr genau und engagiert prüfe. Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) sprach sogar von restriktiver Vorgangsweise.

Bundesminister Johannes Hahn informierte die Abgeordneten, er habe vor, die Einrichtungen der Qualitätssicherung im tertiären Bereich zusammenzufassen und einheitliche Standards zu entwickeln. Er bescheinigte dem Akkreditierungsrat, besonders auf die Qualität zu schauen. Er präsentierte neueste Zahlen, wonach im Vorjahr 8 Anträge auf Akkreditierung eingebracht wurden, 5 jedoch wieder zurückgezogen und 3 abgewiesen wurden, was die Genauigkeit und das Qualitätsbewusstsein des Akkreditierungsrats deutlich mache. Die Studiengänge seien aber ausgeweitet worden. An den 12 Privatuniversitäten gebe es derzeit 153 Studiengänge und 5.014 Studierende.

Bei Reakkreditierungen würden bereits heute Studierende miteinbezogen, bemerkte er gegenüber Abgeordneter Christine Muttonen (S). Der Minister ging nach einer Anfrage von Abgeordneter Andrea Kuntzl (S) auch darauf ein, dass einer Privatuniversität die Akkreditierung entzogen wurde, diese aber noch immer die Bezeichnung Universität führe. Es gebe bereits eine Anzeige bei der Verwaltungsbehörde und bei der Staatsanwaltschaft.

Europäischer Forschungsraum soll ausgebaut werden

Im Anschluss daran diskutierten die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses den Bericht des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung betreffend Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission sowie des Arbeitsprogramms des Rates (III-46 d.B.), der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Geht es nach der EU-Kommission und dem Rat, dann sollen die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft verbessert und neue Maßnahmen für die Schaffung bzw. Stärkung des Unternehmertums an Universitäten und für Studierende ergriffen werden. Darüber hinaus soll der Mobilität im Bildungsbereich Priorität eingeräumt werden, auch außerhalb des EU-Bildungsprogramms ERASMUS, erläuterte Abgeordnete Beatrix Karl (V).

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) sah einen zu großen Schwerpunkt im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien sowie bei der Förderung von naturwissenschaftlichen Projekten. Seiner Ansicht müsste mehr Augenmerk auf den Dienstleistungssektor (Pflege, Sozialleistungen) sowie auf die Geistes- und Kulturwissenschaften gelegt werden. Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) gab zu bedenken, dass die Mobilität der Studierenden nur im Rahmen der etablierten Programme gefördert werde. Wenn zum Beispiel ein Student in Spanien ein naturwissenschaftliches Studium mache, dann sei die Rückkehr nach Österreich fast nicht möglich. Auch die Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) sprach Probleme im Bereich der Mobilität an; so gebe es etwa große Schwierigkeiten, Arbeitsgenehmigungen für Familienangehörige von ForscherInnen zu erhalten. Ein wichtiges Anliegen war ihr auch die Förderung von erneuerbaren Energieformen, von Energieeffizienzmaßnahmen sowie von Klimaschutzprojekten.

Bundesminister Johannes Hahn wies darauf hin, dass die Förderung von Informations- und Kommunikationstechnologien auch impliziere, dass sozioökonomische Fragestellungen, wie etwa die Altersforschung (Stichwort: Pflege zu Hause), unterstützt werden. Die vom Abgeordneten Karlsböck angesprochenen Mobilitätsprobleme dürfte es mittlerweile nicht mehr geben und er sei daher dankbar für jeden Fall, der an ihn herangetragen wird. Eine Schwierigkeit sei wahrscheinlich, dass die Curricula aufgrund der Universitätsautonomie oft ein sehr eigenes Profil erhalten haben, wodurch die Mobilität erschwert werden könnte. Man werde daher die Entwicklung in diesem Sektor genau beobachten. Sodann informierte der Ressortchef über die geplanten Schwerpunktsetzungen von Seiten des Ressorts und wies unter anderem darauf hin, dass der Übergang von der Grundlagen- zur angewandten Forschung ausreichend dotiert werden müsse.

Alle Oppositionsanträge vertagt

Wiederaufgenommen wurde die Diskussion über fünf Anträge des Ausschussvorsitzenden und Wissenschaftssprechers der FPÖ, Martin Graf, nachdem diese in der Sitzung vom 18. Februar 2009 vertagt worden waren. Dabei handelt es sich zunächst um die Forderung, die Forschungskompetenzen in einem Ministerium zu bündeln (415/A[E]). Weiters verlangten die Freiheitlichen eine Anhebung des vorgesehenen Budgets für den tertiären Bildungssektor auf 2 % des BIP bis spätestens 2020 sowie eine stufenweise Erhöhung der Globalbudgetierung der Universitäten (416/A[E]), die Finanzierung von Vorziehprofessuren an österreichischen Universitäten in der Höhe von 120 Millionen Euro, welche der Schwerpunktbildung und Profilentwicklung dienen (417/A[E]) sowie die Erhöhung des Bundesbeitrags zur Finanzierung der Fachhochschulen pro Studienplatz um 34 % (419/A[E]). In einem weiteren Antrag kritisiert die FPÖ, dass der Kollektivvertrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Universitäten noch immer nicht umgesetzt wurde, und fordert, alle dafür nötigen Schritte zu setzen und allfällig dadurch auftretende Mehrkosten mit einem Betrag von bis zu 35 Millionen Euro zu finanzieren (418/A [E]).

Die beiden vom Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, zur Diskussion stehenden Anträge wurden ebenfalls vertagt.Die Grünen wollen einerseits eine jährliche Steigerung des Budgets des FWF um 9 Prozent, wobei der Anteil des Regelbudgets (Ordinariums) von derzeit weniger als 43 auf 70 % erhöht werden soll. Außerdem soll die Finanzierung der geplanten "Exzellenzcluster" sichergestellt und die jährliche Erhöhung der Fördermittel für den wissenschaftlichen Nachwuchs um 5 Mill. € gewährleistet werden (467/A[E]). Ein weiterer Entschließungsantrag der Grünen befasste sich mit der Studienbeihilfe (521/A[E]). Grünewald sieht durch die Novellierung des Einkommensteuergesetzes eine finanzielle Schlechterstellung für StudienbeihilfenbezieherInnen, da diese zu einer Verringerung der Gesamtsumme aus Studienbeihilfe, Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag führt. – Abgeordnete Beatrix Karl (V) gab diesbezüglich zu bedenken, dass aufgrund der 13. Familienbeihilfe und der Erhöhung des Kinderabsetzbetrages in Summe ein Plus für die Studierenden herauskomme.

Zusätzlich auf die Tagesordnung gesetzt wurde ein – schließlich ebenfalls vertagter - Entschließungsantrag der FPÖ, in dem sich die freiheitlichen Mandatare gegen die Anwendung des E-Votings bei der nächsten ÖH-Wahl aussprechen (452/A[E]). Grund dafür sei, dass die Möglichkeit einer unbeobachteten und unbeeinflussten Stimmabgabe und damit die Wahrung des Wahlgeheimnisses nicht absolut gewährleistet sei und damit das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf gleiches, geheimes, unmittelbares Wahlrecht nicht gesichert scheint. – Abgeordnete Karin Hakl (V) bedauerte, dass aus Angst vor Missbrauch oft Chancen vertan werden. Sie hoffe, dass durch diese Maßnahme die Wahlbeteiligung gesteigert werden könne. (Schluss)