Parlamentskorrespondenz Nr. 316 vom 17.04.2009

RH führte Follow-up-Prüfung bei Gerichtsmedizin Wien durch

RH empfiehlt: Sachverständigentätigkeit sollte Dienstpflicht sein

Wien (PK) - Bereits im Jahr 2003 hatte der RH die Gebarung der Gerichtsmedizin Wien überprüft und zahlreiche Verbesserungspotenziale aufgezeigt. Ziel der 2006 durchgeführten Follow-up-Überprüfung war die Beurteilung, ob den wesentlichen Empfehlungen des RH, wie der Verankerung der Sachverständigentätigkeit als Pflichtaufgabe der Universitäten, der Verrechnung der Sachverständigenleistungen durch die Universitäten und nicht auf eigenen Konten, der Bezahlung des vollen Kostenersatzes an die Universitäten für beanspruchte Ressourcen und der Verstärkung der Forschungstätigkeit entsprochen wurde. Der RH stellt in seinem Bericht fest, dass seine Empfehlungen aus dem Jahr 2003 weitgehend nicht umgesetzt wurden, vor allem wurde der Empfehlung zur Zahlung des vollen Kostenersatzes noch nicht entsprochen.

In der Sitzung des Rechnungshofausschusses debattierten die Abgeordneten mit Wissenschaftsminister Johannes Hahn, Rechnungshofpräsident Josef Moser und der Auskunftsperson Manfred Hochmeister die Entwicklungen beim nunmehrigen Department für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Wien.

Abgeordneter Johann Singer (V) wollte wissen, welche Maßnahmen gesetzt wurden, um den Empfehlungen des Rechnungshofs nachzukommen. S-Abgeordnete Christine Lapp fragte nach dem Gesamtkonzept für die Gerichtliche Medizin und dem Stellenwert des Departments im universitären Bereich. Abgeordnete Daniela Musiol (G) erkundigte sich, ob es in anderen Instituten ähnliche Probleme wie bei der Gerichtsmedizin gegeben habe. Abgeordneter Ernest Windholz (B) schnitt die Frage der Nebentätigkeiten sowie deren Meldepflicht an, immerhin haben von 51 Personen nur 6 eine Meldung über ihre Nebentätigkeit abgegeben. F-Abgeordneter Martin Graf meinte, im Rahmen ihrer Autonomie sollten die Universitäten entsprechende Vorkehrungen etwa in Dienstverträgen, Kollektivverträgen oder Satzungen treffen, eine gesetzliche Regelung stellte für ihn nur eine ultima ratio dar. Missstände werde es immer wieder geben, erklärte er, und wenn solche festgestellt werden, müssten Gesetzgeber oder Ressortleiter entsprechend reagieren. Ist es notwendig, in Österreich 5 gerichtsmedizinische Institute zu haben? Wurden die Honorarnoten der Sachverständigen angesehen? Ist Geld im Rahmen der "Abgeltung für Infrastruktur" an die Institute geflossen? – So lauteten seine Fragen.

Wissenschaftsminister Johannes Hahn wies darauf hin, dass er die Zeit seiner Doppelministerschaft dazu genützt habe, im Zusammenhang mit dem Gewaltschutzpaket die Regelung festzuschreiben, dass den Richtern freigestellt werde, als Sachverständige auch Nicht-Universitätsangehörige zu beauftragen. Nicht gelöst wurde die Frage der Kostenersätze, da es im Justizbereich eine eigene Kategorisierung für die Gutachtertätigkeit gebe und diese angebotenen Kostenersätze von den Sachverständigen für nicht adäquat gehalten werden.

Im Zusammenhang mit der Frage, ob man 5 gerichtsmedizinische Einheiten brauche, machte der Minister darauf aufmerksam, dass die gerichtsmedizinische Ausbildung ein notwendiger Bestandteil einer allgemein-medizinischen Ausbildung sei; daher brauche man gerichtsmedizinische Einrichtungen an den medizinischen Universitäten. Seiner Meinung nach sind diese Einrichtungen zu erhalten, um sicherzustellen, dass neben der Lehre auch die Forschung zu Tragen kommt.

RH-Präsident Josef Moser wies darauf hin, dass die Einrichtungen der Gerichtsmedizin von den Sachverständigen genutzt, aber keine entsprechenden Abgeltungen geleistet wurden. Nach Ansicht von Moser werden die gerichtsmedizinischen Einrichtungen nur Bestand haben, wenn die Beauftragung an das Institut geht und die Verrechnung über die Universität erfolgt. Der Bundesminister habe im Gewaltschutzpaket einen Teil der Forderungen des RH bereits umgesetzt. Neu geregelt wurden die Frage der Obduktionen, hier wird eine Beendigung der persönlichen Beauftragung von Universitätsangehörigen herbeigeführt und die Verrechnung durch die Universität vorgenommen. Empfohlen habe der RH auch, die Sachverständigentätigkeit von Universitätsangehörigen als Dienstpflicht zu verankern.

In der weiteren Debatte fragte F-Abgeordneter Martin Graf, was seitens der Verantwortlichen unternommen wurde, damit das Geld zurückgezahlt werde. Ausschussobmann Werner Kogler wollte von Univ.-Prof. Hochmeister wissen, was sich seit der Follow-up-Prüfung geändert habe. F-Abgeordneter Alois Gradauer äußerte seine Befürchtung, dass "unter dem Deckmantel der Autonomie kräftig abkassiert" wird, und erkundigte sich, wie hoch das Gehalt eines Sachverständigen sei und wie viel Geld aus der Sachverständigentätigkeit hinzukomme. Wenn es weiterhin private Abrechnungen gibt, wie kann es die vom RH geforderte Transparenz geben?, fragte G-Abgeordnete Daniela Musiol. Abgeordneter Windholz interessierte sich für die Verrechnungskonten, deren Kontrolle und dafür, ob etwaige Missstände behoben wurden.

Bundesminister Johannes Hahn betonte, es gebe Regelungen, auf deren Einhaltung gedrungen werde, anderenfalls gebe es dienstrechtliche Konsequenzen. Die nebenberuflichen Tätigkeiten an den medizinischen Universitäten seien Gegenstand von Diskussionen, betonte Hahn. Die Verrechnungsgesellschaften unterliegen der Kontrolle, Probleme bereiten die Abrechnungen der Kostenersätze. In der Novelle zum UG wolle man eine Regelung schaffen, dass das Ministerium auf Tochtergesellschaften der Universitäten zugreifen könne, was bis dato nicht möglich ist, teilte Hahn S-Abgeordnetem Faul mit. Man wolle Kontrolle und Transparenz gewährleisten, unterstrich der Minister.

Manfred Hochmeister betonte, ihm fehlen Detailkenntnisse, er habe nur den Rechnungshofbericht lesen können. In der Schweiz, wo er vorher gearbeitet habe, werde das Institut beauftragt, die Tätigkeit sei eine Dienstpflicht und die Abrechnung erfolge über die Universität. Auch gebe es den Ehrenkodex, nie das Institut zu konkurrenzieren.

RH-Präsident Josef Moser verwies im Hinblick auf die Verrechnungsgesellschaften darauf, dass die Universitäten – auch nicht der RH – den Anteil, der abgeführt wurde, nicht überprüfen können, weil die Sachverständigen nicht die Unterlagen zur Verfügung stellen. Moser strich auch heraus, die Leistungen, die den Universitäten zustehen, sollten ihnen zukommen. Die notwendige Transparenz sei nicht gegeben. Nicht nur in der Schweiz, sondern auch etwa in Deutschland erfolge die Verrechnung über die Universität, der Kodex sei einzuhalten und Lehre sowie Forschung dürfen nicht zu kurz kommen.

Moser hielt weiters fest, dass es zweckmäßig sei, wenn die Abrechnung im Institut erfolgt und eine Pauschalabgeltung, die bisher an der Justiz gescheitert ist, eingeführt wird. Das Justizministerium ist aus seiner Sicht gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium gefordert, entsprechende Regelungen zu schaffen, um der Gerichtsmedizin ein Überleben zu sichern.

(Schluss Gerichtsmedizin Wien/Forts. Uni Innsbruck)