Parlamentskorrespondenz Nr. 440 vom 19.05.2009

Die Exekutive und E-Voting im Mittelpunkt

Drei Kurze Debatten im Nationalrat

Wien (PK) – Die Debatte über das Budgetbegleitgesetz wurde am Nachmittag für drei Kurzdebatten unterbrochen. Die erste war von den Freiheitlichen im Zusammenhang mit der Anfragebeantwortung 1094/AB von Innenministerin Maria Fekter verlangt worden.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) erinnerte an die Demonstration gegen den Ball des Wiener Korporations-Rings im Jänner in Wien, sprach von gewalttätigen Ausschreitungen linksextremistischer Aktivisten des Schwarzen Blocks und berichtete von 24 verletzten Polizisten und umfangreichen Sachschäden. Empört zeigte sich der Redner über den Umstand, dass es zu keinen Verhaftungen von Demonstranten kam und sich die Innenministerin darüber hinaus in einer Anfragebeantwortung bezüglich der Anmeldung der Demonstration auf die Amtsverschwiegenheit berufen hatte. Vilimsky zog daraus den Schluss, die gewaltbereite linke Szene werde in Österreich verharmlost. Den Grünen und der SPÖ warf er vor, unter dem Druck der Straße demokratische Willensbildung zu verhindern.

Innenministerin Maria FEKTER betonte, sie werde hinsichtlich der Anmelder der zwei Demonstrationen nicht die Gesetze der Amtsverschwiegenheit verletzen. Auftrag der Polizei sei es gewesen, die Ballbesucher zu schützen, Deeskalierung zu betreiben und Straftaten zu verhindern. Nachdem sich rund 100 gewaltbereite Demonstranten unter friedliche Demonstranten gemischt hatten, sei es zu Festnahmen gekommen. Mit Nachdruck verurteilte Fekter die Gewaltexzesse und betonte, sie habe kein Verständnis dafür, dass das Versammlungsrecht für Gewalttaten missbraucht werde.

Abgeordneter Otto PENDL (S) lehnte Gewalt bei Demonstrationen "egal von welcher Seite" kategorisch ab. Kritik übte er allerdings an einzelnen Burschenschaften, denen er Provokation durch Verharmlosung des NS-Regimes vorwarf. Außer Streit stand für den Redner im Übrigen das Demonstrationsrecht.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) verteidigte ebenfalls das Demonstrationsrecht, meinte aber, die Meinungsfreiheit ende dort, wo die Gewalt beginnt. Der Skandal liege nicht in der Anfragebeantwortung der Ministerin und deren Berufung auf die Amtsverschwiegenheit, sondern in der Tatsache, dass bei einer Demonstration Menschen durch Gewaltbereite verletzt wurden, stellte er fest.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) warf Grünen und Kommunisten vor, gewaltsam gegen Veranstaltungen von Freiheitlichen zu demonstrieren, und bezichtigte überdies die Regierungsparteien der Verharmlosung von linksextremer Gewalt.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) bemerkte, wenn man in Österreich nicht einmal mehr einen Ball besuchen könne, ohne dass der "linke Mob" dagegen gewaltsam demonstriert, dann sei Widerstand angesagt.  Empört berichtete der Redner auch von den Ereignissen rund um die Demonstration gegen das Islam-Zentrum und teilte mit, er sei vor dem Parlament von Demonstranten mit einer Flasche attackiert worden, ohne dass die Exekutive eingeschritten wäre.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) kam wieder auf die Kundgebung gegen den WKR-Ball zurück und betonte, 99 % der Teilnehmer seien friedlich gewesen. Er unterstützte ausdrücklich die Demonstration gegen den WKR und sprach unter Hinweis auf die Gästeliste von international vernetztem Rechtsradikalismus. Einzelnen Exponenten der FPÖ warf er vor, eine Scharnierfunktion zwischen der rechtsextremen Kriminalszene und dem Parlament wahrzunehmen.

Innenministerin Maria FEKTER  betonte nochmals, es gelte, die Demonstrationsfreiheit für alle Gruppierungen zu garantieren und Gewaltexzesse zu verhindern.

Die zweite Kurzdebatte war vom BZÖ verlangt worden und bezog sich ebenfalls auf eine Anfragebeantwortung durch Innenministerin Maria Fekter. Abgeordneter Christoph HAGEN (B) wies auf die Personalsituation bei der Exekutive und die Ankündigung der Ministerin hin, zusätzliche Beamten zur Verfügung zu stellen. Die versprochenen Beamten im Außendienst würden trotz stark gestiegener Kriminalität immer noch fehlen, kritisierte er. Handlungsbedarf sah der Redner auch angesichts straffälliger Asylwerber und ausländischer Krimineller, wobei er mit Nachdruck für die Wiederaufnahme der Grenzsicherung plädierte.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) begründete den Anstieg der Kriminalität mit Personaleinsparungen im Sicherheitsbereich durch die schwarz-blaue Regierung und forderte mit Nachdruck 1000 zusätzliche Exekutivbeamten für Wien.

Abgeordneter Günter KÖßL (V) meinte, es habe unter der Kanzlerschaft von Wolfgang Schüssel nie eine Budgetkürzung im Bereich Inneres gegeben. Es sei aber eine Reform nötig gewesen, die man auch in Angriff genommen habe, um den neuen Herausforderungen effizient begegnen zu können. Generell sei der Bereich Sicherheit zu wichtig, um ihn zum Gegenstand der Polemik zu machen. Vielmehr müsse dafür Sorge getragen werden, dass die Polizei wirkungsvoll ihren Aufgaben nachkommen könne. So werde es auch in Wien in Hinkunft mehr Personal geben.

Abgeordneter Werner HERBERT (F) erklärte, die Arbeit des BMI sei in manchen Bereichen suboptimal, was auch der Bevölkerung nicht mehr entgehe, weshalb hier dringend Handlungsbedarf bestehe. Die Wiener Polizei leiste trotz miserabler Rahmenbedingungen hervorragende Arbeit, was zu würdigen sei, doch sei die Politik gefordert, der Polizei die erforderliche Unterstützung angedeihen zu lassen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) übte heftige Kritik an der Politik der Ministerin und meinte, im Vergleich zu Bundesministerin Fekter sei Innenminister Einem ja noch ein "Sicherheitsweltmeister" gewesen. Österreich habe einen sicherheitspolitischen Notstand, die Ministerin bleibe dennoch untätig. Aus diesem Grund werde seine Fraktion auch einen Misstrauensantrag stellen. Die Ministerin solle die Konsequenzen aus ihrer verfehlten Politik ziehen und zurücktreten, schloss der Redner.

Abgeordneter Peter PILZ (G) stellte die Frage, weshalb die Aufklärungsquote in vergleichbaren Städten wie Zürich, München oder Hamburg substantiell höher ist. Es sei nicht anzunehmen, dass dies am Unvermögen der Polizisten liege, vielmehr müsse angenommen werden, dass die nach 2000 geschaffenen Strukturen sich als untauglich erwiesen hätten. Zudem seien die Kürzung von Planstellen und Parteibuchwirtschaft zu beklagen, wogegen die Ministerin nicht wirklich einschreite. Insofern sei ein Misstrauensantrag gegen die Ministerin durchaus angebracht, wenn auch nicht aus den von seinem Vorredner genannten Gründen.

Bundesministerin Maria FEKTER erklärte die Hintergründe ihrer Anfragebeantwortung und meinte, man habe schon auf die Situation reagiert, die gesetzten Maßnahmen begännen bereits zu greifen. Sodann erläuterte die Ministerin die gesetzten Schritte im Detail und meinte, das Innenministerium arbeite mit Hochdruck. Sie zeigte sich davon überzeugt, dass man sich damit auf dem richtigen Weg befinde, die Kriminalitätszahlen würden schon im kommenden Monat zurückgehen.

Die dritte Kurzdebatte des Tages war von den Grünen verlangt worden und bezog sich auf eine Anfragebeantwortung des Wissenschaftsministers zum Thema E-Voting. Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) verwies auf die technischen Probleme, die Systemabstürze und die fehlerhaften Stimmzettel, die das E-Voting begleiteten. Sie wiederholte die massiven Bedenken, die gegen das E-Voting vorgebracht worden seien und erneuerte ihre Ablehnung dieses Wahlmodus. Dass der Minister nicht auf die vielfachen Bedenken eingehe, halte sie für höchst bedenklich, betonte die Rednerin. Überall dort, wo die Stimmzettel falsch oder unvollständig seien, sollte die Wahl sofort gestoppt werden, befand die Abgeordnete. Ihre Fraktion werde die Wahl jedenfalls gerichtlich beeinspruchen, kündigte die Rednerin an.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) verwies auf Studien in Britannien, Finnland und den USA, in denen E-Voting als generell unbrauchbar eingestuft worden sei. Es genüge nicht den Ansprüchen für eine wirklich demokratische Wahl, die internationalen Untersuchungen sprächen da eine deutliche Sprache. Im übrigen sollten Wahlvorgänge nicht im Verordnungswege geregelt werden, merkte der Redner an. Das konkrete Experiment sei zudem schiefgegangen, daraus sollte man die nötigen Konsequenzen ziehen.

Abgeordnete Beatrix KARL (V) verteidigte die Idee des E-Voting als zusätzliche Wahlmöglichkeit. Sie biete ein Mehr an Demokratie, und das sei zu begrüßen. Gerade bei den ÖH-Wahlen ermögliche das E-Voting, neue Gruppierungen von Studierenden in die Wahlvorgänge einzubeziehen, und das allein sei schon zu begrüßen. Im übrigen gebe es eine affirmative Judikatur, die Kritik am E-Voting sei mithin sachlich nicht begründbar.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) begrüßte die breite Ablehnung des E-Voting durch andere Parteien wie Grüne und SPÖ, denn auch seine Fraktion könne diese Wahlform nicht goutieren. Sie habe ja schon vor geraumer Zeit einen entsprechenden Antrag eingebracht, und an der dort geäußerten Haltung habe sich nichts geändert, meinte Stefan, der die Kritik seiner Fraktion an dieser Wahlform wiederholte.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) hielt das Experiment E-Voting für gescheitert und meinte "außer Spesen nichts gewesen". Das EDV-System sei abgestürzt, die Ursachen dafür sind ebenso aufzuklären wie die exorbitanten Kosten die dabei angefallen seien. Eine Wahlaufhebung sei jedenfalls unerlässlich, sagte Strutz, der auch die Wahlbeteiligung bei den Hochschülerschaftswahlen als katastrophal bezeichnete und dazu aufforderte, Wahlen für die Zukunft attraktiver zu machen.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) schloss sich den kritischen Stimmen an, die den Einsatz des E-Voting als ein Armutszeugnis für die Demokratie bezeichnet haben. Die Skepsis gegenüber E-Voting habe sich als berechtigt herausgestellt, meinte Grünewald und schlug vor, die Studierenden für die Demokratie zu motivieren, indem man ihnen besser zuhöre. ZU bedauern sei das viele Geld, das für den Pilotversuch E-Voting ausgegeben worden sei. Man hätte damit besser Dissertanten unterstützt, die als junge Wissenschaftler an den Instituten tätig seien und aus Zeitmangel nur im Sommer an ihrer Arbeit schreiben können.

Bundesminister Johannes HAHN (V) erinnerte an einen breiten Beschluss der Parteien, auch der Grünen, das E-Voting bei ÖH-Wahlen möglich zu machen. Die Firma, die man dafür ausgewählt habe, sei erfahren und international renommiert. Ihr System arbeite und es funktioniere, wovon sich bisher über 1.000 StudentInnen überzeugen konnten. Das E-Voting leiste auch einen beachtlichen Beitrag zur Freischaltung und Nutzung der "Bürgerkarte", sagte der Minister, der einmal mehr darauf verwies, dass es sich beim E-Voting um eine zusätzliche Abstimmungsmöglichkeit handle. Wer von seinem Wahlrecht wie bisher physisch Gebrauch machen möchte, habe dazu alle Möglichkeiten. Der Bundesminister will das Vorhaben wie vorgesehen zu Ende bringen, kündigte eine Evaluierung an und zeigte sich überzeugt, dass E-Voting nicht nur in Österreich, sondern weltweit einen Siegeszug antreten werde. (Schluss Kurzdebatte/Forts. NR)