Parlamentskorrespondenz Nr. 505 vom 05.06.2009

Wissenschaftsausschuss ringt um Zukunft der Universitäten

Aktuelle Aussprache zu Universitätsrechtsänderungsgesetz

Wien (PK) – In seiner heutigen Sitzung befasste sich der Wissenschaftsausschuss des Nationalrats eingangs mit dem Evaluationsbericht gemäß Paragraph 124 des UG 2002, ehe er sich in einer aktuellen Aussprache mit dem Universitätsrechtsänderungsgesetz auseinandersetzte.

Im Juli 2005 erging gegen die Republik Österreich ein Urteil des EuGH zum Thema Hochschulzugang. Dieses führte zu Zugangsbeschränkungen im Rahmen des § 124 des Universitätsgesetzes 2002. An zehn Universitäten wurden dementsprechende Zulassungsverfahren installiert, wovon seit dem Studienjahr 2005/06 die Studienrichtungen Human- und Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Psychologie, Publizistik, Biologie, Pharmazie sowie Betriebswirtschaft betroffen waren. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen wurden evaluiert und nun in einem Bericht zusammengefasst. (III-57 d.B.)

Einleitend hielt Bundesminister Johannes Hahn fest, dass die Abwicklung der diversen Verfahren mittlerweile reibungslos funktioniere. Die Betroffenen akzeptierten die Vorgangsweise, weil sie gerecht und transparent sei, auch sei die Studienmotivation durch die Verfahren noch höher geworden. Das Regierungsmitglied hielt fest, dass es keine sozialen Differenzierungen gäbe, dass die Instrumentarien funktionierten und ihren Zweck erfüllten. Diverse negative Auswirkungen in der Anfangsphase konnten behoben werden, sodass es insgesamt einen positiven Befund zu konstatieren gelte.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) kam hingegen zu anderen Schlüssen. Die Schlussfolgerungen des Ministers seien nur bedingt empirisch belegt, so könne von einem Rückgang der Dropout-Raten noch gar nicht gesprochen werden, da es noch gar keine Abschlüsse gäbe. Außerdem hätten von jenen, welche die Zugangsbeschränkungen gemeistert hätten, nur 10 % Pflichtschulhintergrund, aber mehr als 50 % einen Akademikerhintergrund, was sehr wohl eine soziale Selektion darstelle. Der Umstand, dass 68 % die Hürden bestanden hätten, relativiere sich, wenn man sehe, dass 72 % 2- und 24 % 3-mal antreten mussten, um die Prüfung zu bestehen. Die Zahl der Repetenten sei also in die Erfolgszahl eingearbeitet, sodass die Validität dieser Untersuchung nur teilweise gegeben sei.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) bezeichnete die Evaluierung als sehr wichtig, weil es hier um Lebenschancen gehe. Sie könne die positive Sichtweise des Ministers nicht zur Gänze teilen, sei doch die Zusammensetzung der Untersuchung nur bedingt aussagekräftig. Es gebe erkennbar eine soziale Schieflage, sei doch der Anteil mit Akademikerhintergrund durch die Prüfungen um ein Drittel gestiegen. Besser als Zugangsbeschränkungen, die nur als Notfallmaßnahme und mit großer Vorsicht eingesetzt werden sollten, sei eine Orientierungsphase für die Studierenden.

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) meinte, mit dieser Evaluierung solle nur die Abschaffung des freien Hochschulzugangs ex post gerechtfertigt werden. Die Art und Weise der Prüfungen entspreche nicht unserer Ausbildungsstruktur, die Schüler seien in keinster Weise auf solche Tests vorbereitet. Dass viele nach einer negativen Prüfung in ein anderes Studium auswichen, sei nicht sinnvoll, ebenso wenig wie die Abwanderung von Studierenden ins Ausland. Die ganze Vorgangsweise sollte daher überdacht werden.

Abgeordnete Karin Hakl (V) konzedierte zwar kleinere Unschärfen in der Untersuchung, meinte aber, in Summe dürften die Trends dieser Untersuchung stimmen. Es sei erkennbar, dass weniger Frauen als zuvor in diesen Studien aktiv seien, hier müsse man gegensteuern. Abgeordneter Robert Lugar (B) hinterfragte die Art der Prüfungen und meinte, die Tests seien subjektiv und wenig aussagekräftig, hätten sie doch nichts mit der Fähigkeit zum Studium an sich zu tun. Auch stelle sich die Frage, warum jemand nach bestandener Prüfung immer noch das Studium abbreche. Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) verwies noch einmal auf die Bedeutung der Erhaltung des freien Hochschulzugangs.

Abgeordneter Martin Graf (F) bemängelte, dass die Suche nach einer Alternative zu Zugangsbeschränkungen gänzlich fehle. Man entwickle kein Szenario, wie man aus dieser Situation wieder herauskommen könne. Die Universitäten seien immer noch Stätten des Forschens und Lehrens und keine reinen Ausbildungsstätten, wo alleine Bedarfsorientierung relevant ist. Mit Ansätzen wie hier werde die Idee der universitas untergraben, ein Gesamtkonzept für die Zukunft der Hochschulen sei unabdingbar.

Bundesminister Johannes Hahn sagte, es gehe darum, Schüler optimal auf das Studium vorzubereiten. Dementsprechend erfolge die Information in mehreren Schritten, denn man müsse alles daran setzen, dass die Jugendlichen rechtzeitig wüssten, was sie nach der Matura machen wollen. Wichtig sei an der Untersuchung, wie sich die Dinge entwickelt hätten. Es habe sich einiges getan, und es gelte, die Dinge weiter zu beobachten und entsprechend zu reagieren. Insgesamt sei man auf dem richtigen Weg.

Der Ausschuss nahm den Bericht einstimmig zur Kenntnis.

Zu Beginn der Aktuellen Aussprache erläuterte Bundesminister Johannes Hahn die Hintergründe des geplanten Universitätsrechtsänderungsgesetzes. Es gehe um eine Novelle eines bereits bestehenden Gesetzes, des UG 2002, im Sinne einer behutsamen Erweiterung und Fortschreibung. Der Entwurf werde derzeit im Ressort vorbereitet, um anschließend in den Ministerrat und schlussendlich ins Parlament weitergeleitet zu werden, wo die Materie ja Anfang Juli in einem eigenen Ausschuss besprochen werden solle. Hahn referierte die Eckpunkte des URÄG ein, dabei den Bogen von der Implementierung der Bologna-Architektur über Frauenquoten in universitären Gremien bis zu Organisationsstrukturen auf Hochschulboden spannend.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) befasste sich eingangs mit den Universitätsräten und sodann mit der Frauenquote. Hinsichtlich des Bakkalaureats zeigte sich der Mandatar skeptisch und fragte, was dieses in der Medizin genau darstellen solle.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) bezeichnete die Vorgangsweise als nicht optimal. Die gesamte Materie sollte im Parlament umfassend im Rahmen eines eigenen Unterausschusses behandelt werden, unterstrich der Redner, der sich zudem Sorgen um den Fortbestand der Hochschulautonomie machte.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) hielt fest, dass man Bedenken, Anregungen und Ergänzungen zum ursprünglichen Entwurf aufgegriffen habe, was zeige, wie ernst man die Betroffenen nehme. Die geplante Zusammensetzung der Senate sei begrüßenswert, die Erhöhung der Repräsentanz des Mittelbaus sinnvoll. Man habe aktuelle Probleme gut gelöst und lege mit diesem Entwurf auch weiterhin ein Bekenntnis zum freien Hochschulzugang ab. Man plane eine Orientierungsphase und bessere Studienbedingungen für Berufstätige. Insgesamt sei der Entwurf eine deutliche Weiterentwicklung und daher begrüßenswert.

Abgeordneter Martin Graf (F) warnte vor einem viergliedrigen Studium mit Eingangsphase, Bakkalaureat, Magisterium und Doktorat. Die künftige Zusammensetzung des Senats bezeichnete er als hinterfragenswert, wie er generell viele Punkte ungeklärt sah.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) erklärte, der Entwurf klinge zwar in vielen Bereichen recht positiv, doch mangle es an einer adäquaten Einbindung der Opposition. Der Text des Entwurfs liege nach wie vor nicht vor, und dies sei nicht sehr transparent.

Abgeordnete Beatrix Karl (V) sprach über den universitären Alltag und trat manchen Aussagen der Opposition entgegen. Resümierend sprach sie von einem ausgewogenen Paket, das zu begrüßen sei. Abgeordneter Robert Lugar (B) votierte dafür, den Entwurf auf eine breite Basis zu stellen und daher die Opposition einzubinden. Nach einigen ergänzenden Ausführungen des Ministers wurde die Aktuelle Aussprache für beendet erklärt. (Forts.)


Themen