Parlamentskorrespondenz Nr. 506 vom 05.06.2009

Wissenschaftsausschuss diskutiert Anträge der Opposition

Themen: PraktikantInnen, MedUni Linz, E-Voting, Forschung, CERN

Wien (PK) – Nach der Aktuellen Aussprache, in der es um die Zukunft der Universitäten ging, befassten sich die Mitglieder des Wissenschaftsausschusses mit zahlreichen Anträgen der Opposition, die jedoch alle mit Stimmenmehrheit vertagt wurden.

Qualitäts- und arbeitsrechtliche Standards für Praktika?

Zunächst standen zwei Anträge der Grünen zur Debatte, die sich mit der Situation von PraktikantInnen befassen. Abgeordnete Birgit Schatz (G) ortete große Graubereiche und vor allem Qualitätsdefizite. Sie fordert daher in einem Entschließungsantrag arbeitsrechtliche Mindeststandards, begleitende Evaluierung und eine adäquate Beratung. Die zweite Initiative betrifft die Forderung, das Thema Pflicht- und Freiwilligenpraktika von Studierenden, Anzahl, Qualität und Bewertung in die Erhebung zum Bericht der sozialen Lage der Studierenden 2009 aufzunehmen. Außerdem sollte eine Evaluierung der Praktika in Auftrag gegeben werden.

Schatz begründete ihre Initiative mit dem Hinweis, dass immer mehr Menschen ein Praktikum absolvieren müssten und es oft auch nur Scheinpraktika gebe. Konkret trat sie dafür ein, von Bildungsinstitutionen Qualitätsstandards einzufordern, Studierende zu unterstützen, ihnen eine Beratung zukommen zu lassen und die Verpflichtung zu schriftlichen Vereinbarungen festzulegen. Für notwendig erachtete sie auch, repräsentative Studien zu erstellen, um Daten zu diesem Thema zu erhalten.

Die Frage der Praktika wurde seitens der Abgeordneten allgemein als sehr wichtig erachtet. So berichtete etwa Abgeordnete Christine Lapp (S), dass sich auch der Sozialausschuss damit beschäftige. Derzeit laufe bereits eine Erhebung über die Praktika und diese sollte abgewartet werden, meinte sie. Abgeordnete Beatrix Karl (V) wies darauf hin, dass an den Fachhochschulen auf die hohe Qualität von Praktika großer Wert gelegt werde. Diese seien bereits bei der Akkreditierung ein Thema und dabei würden auch Qualitätskriterien fixiert. Der Forderung der Grünen, das Thema der Praktika auch in den Bericht der sozialen Lage der Studierenden aufzunehmen, werde Rechnung getragen, da die Studierenden erstmals für den Bericht 2009 dazu befragt würden. Hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Bedingungen mahnte sie zu einer differenzierten Betrachtungsweise, da es Praktika gebe, wo ein arbeitsrechtlicher Schutz bestehe, den man auch gerichtlich einklagen könne. Ein eigenes Praktikumsgesetz hielt sie für nicht zielführend. Auch Abgeordneter Robert Lugar (B) sah in dieser Frage einen enormen Handlungsbedarf und hielt vor allem eine Evaluierung für notwendig. Es gebe viel zu wenig Plätze, sagte er, und die Universitäten machten es sich leicht, indem sie die Verantwortung an die StudentInnen auslagern. Den Ansatz der Grünen, einen Mindestlohn zu fordern, hielt er aber für den falschen Weg.

Die beiden Anträge wurden schließlich mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt.

FPÖ und BZÖ für Medizin-Universität in Linz

Gleich drei Entschließungsanträge lagen zum Thema Medizin-Universität in Linz vor. Abgeordnete Ursula Haubner (B) argumentiert in ihrem Antrag, Österreich sei im Rahmen der Gesundheitsreform in vier Versorgungsregionen eingeteilt worden, doch nur in drei dieser Regionen bestehe auch eine medizinische Universität. Diese Forderung wird auch von Abgeordnetem Lutz Weinzinger (F) in zwei weiteren Anträgen erhoben. Er regt an, den Standort Linz für die Schaffung einer Medizin-Universität ernsthaft zu prüfen und gemeinsam mit Stadt und Land so rasch als möglich die entsprechenden Schritte zur Errichtung derselben in die Wege zu leiten.

Abgeordneter Robert Lugar (B) machte auf Untersuchungen aufmerksam, wonach es im Jahr 2030 einen Medizinermangel geben wird. Der Bedarf könne von den anderen Medizin-Universitäten nicht gedeckt werden. Seitens der FPÖ erinnerte Abgeordneter Werner Neubauer an das Personenkomitee mit Landeshauptmann Pühringer an der Spitze, das sich für eine Linzer Medizin-Universität tatkräftig einsetzt. Er zweifelte am politischen Willen, eine entsprechende Bedarfsprüfung vorzunehmen, zumal die einzelnen Studien divergierende Aussagen tätigten. Auch Abgeordneter Kurt Grünewald (G) brachte die unterschiedlichen Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen zur Sprache und stellte fest, dass diese entsprechend der unterschiedlichen Interessenslagen ausgefallen seien. Die vier bestehenden Versorgungsregionen erfordern seiner Meinung nach jedoch nicht auch vier Medizin-Universitäten.

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) zeigte zwar Verständnis für die VertreterInnen in Oberösterreich, es seien jedoch der Bedarf und die Ressourcen zu klären. Außerdem werfe ein solches Projekt auch wirtschaftliche Fragen auf. Donnerbauer erinnerte an den von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen angenommenen Entschließungsantrag vom Februar dieses Jahres, in dem weitere Untersuchungen und eine Bedarfsstudie angeregt werden. Diese sollte abgewartet werden, meinte er.

Bundesminister Johannes Hahn kündigte eine Studie bis Ende des Jahres an. Man müsse zwischen einem national zu definierenden Bedarf und dem Wunsch einzelner Regionen unterscheiden, bemerkte der Minister. Es gebe einige Regionen, die offensichtlich für FachärztInnen nicht attraktiv sind sich niederzulassen, in anderen sei eine Überkapazität festzustellen. Das sei aber nicht das Problem der Ausbildung, stellte Hahn fest.

Die drei Anträge wurden schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich vertagt.

Unterschiedliche Beurteilung des E-Voting

Auch nach geschlagener ÖH-Wahl stand das Thema des E-Voting zur Diskussion im Ausschuss. Vorsitzender Martin Graf (F) sieht das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf gleiches, geheimes, unmittelbares Wahlrecht durch die Möglichkeit des E-Voting gefährdet, da seiner Meinung nach die Möglichkeit einer unbeobachteten und unbeeinflussten Stimmabgabe und damit die Wahrung des Wahlgeheimnisses nicht absolut gewährleistet ist. In seinem Entschließungsantrag fordert er daher seitens der FPÖ, das E-Voting bei der nächsten ÖH-Wahl nicht zur Anwendung zu bringen.

In der Beurteilung des E-Votings waren sich die Abgeordneten Walter Rosenkranz (F) und Beatrix Karl (V) uneinig. Rosenkranz untermauerte seine Kritik am E-Voting mit der abermals gesunkenen Wahlbeteiligung und dem Anteil an E-Voting-Stimmen von 1%. Im Gegensatz dazu bewertete Karl das E-Voting als erfolgreich, wobei eine Evaluierung für sie selbstverständlich ist. Der Befund von Bundesminister Johannes Hahn fiel ebenfalls positiv aus, auch wenn man Verbesserungen vornehmen müsse. Sein Ziel, einen Anteil von 1% zu erreichen, sei gelungen, an der Montan-Universität Leoben habe sogar ein Anteil von 10% verzeichnet werden können. Das technische System sei stabil gewesen, bekräftigte er.

Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt.

Diskussion um Forschungskompetenzen und CERN

Die nächsten drei Tagesordnungspunkte betrafen Fragen der Forschungspolitik. So vertritt der Wissenschaftssprecher der FPÖ, Martin Graf, die Auffassung, dass alle Forschungskompetenzen im Wissenschaftsministerium gebündelt werden sollten. In seinem diesbezüglichen Entschließungsantrag kritisiert er die Aufsplitterung der Forschungskompetenzen auf sechs verschiedene Ressorts. In einem weiteren Antrag spricht er sich gegen den Ausstieg aus dem CERN aus.

Die Initiative des Abgeordneten Kurt Grünewald (G), die zur Diskussion stand, betraf den FWF. Dessen Budget sollte nach den Vorstellungen der Grünen jährlich um 9 Prozent gesteigert werden, wobei der Anteil des Ordinariums von derzeit weniger als 43 auf 70 Prozent erhöht werden sollte. Außerdem müsse, so die Grünen, die Finanzierung der geplanten "Exzellenzcluster" sichergestellt werden. Schließlich wäre es den Grünen darum zu tun, die Fördermittel für den wissenschaftlichen Nachwuchs um 5 Mio. Euro per anno zu erhöhen.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) kam nochmals auf den nun doch nicht erfolgten Ausstieg aus dem CERN zu sprechen und erkundigte sich nach den Alternativen, an die der Bundesminister gedacht hatte. Bundesminister Hahn bemerkte dazu, man sollte regelmäßig die internationalen Beteiligungen hinterfragen, da die Möglichkeiten der gesamten Forschungslandschaft immer mehr würden und sogar größere Budgets überstiegen. Man denke nur an das siebente Forschungsrahmenprogramm der EU, das mit 54 Mio. € dotiert ist. Nun werde überlegt, das Budget für das achte Rahmenprogramm zu verdoppeln, erläuterte Hahn. Mit dem Beitrag, den man an den CERN zahle, hätte man bei 6 bis 7 anderen Projekten einsteigen können, informierte der Ressortchef, man hätte auch eigene entwickeln und bestehende ausbauen können. Es habe sich ihm daher die Frage gestellt, ob sich die Beteiligung beim CERN, die 2% beträgt, auch rentiert. Er habe seine Pläne auch mit den Forscherinnen und Forschern besprochen.

Der Minister räumte weiters ein, dass auch er eine stärkere Bündelung der Forschungskompetenzen für sinnvoll erachtet hätte. Die Grundlagenforschung liege jedoch beim Wissenschaftsressort, die angewandte Forschung sei jedoch zersplittert. Auch Abgeordneter Kurt Grünewald (G) hätte sich eine Zusammenfassung der Forschungsagenden auf wenigstens zwei Ministerien gewünscht. Sowohl Kurt Grünewald als auch Abgeordnete Beatrix Karl (V) und Bundesminister Hahn gaben zu bedenken, dass die Übergänge zwischen Grundlagenforschung und angewandter Forschung oft fließend sind. Es stelle sich sogar oft die Frage, ob etwas noch angewandte Forschung ist oder schon zur Innovation zähle, sagte Hahn. Gegenüber Abgeordnetem Grünewald bekräftigte er, die Exzellenzcluster nicht aus den Augen zu verlieren. Grünewald hatte vorher angeregt, zusätzliche Gelder bereitzustellen, um auch an den Universitäten Exzellenzcluster zu initiieren. Die IST Austria in Gugging werde erst in einigen Jahren Ergebnisse bringen können, argumentierte Grünewald. Er trat auch dafür ein, Budgets, die der Mobilitätssteigerung dienen, anzuheben.

Der Antrag der FPÖ zu den Forschungskompetenzen und jener der Grünen zum FWF wurden mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt. Der F-Antrag betreffend kein Ausstieg aus CERN wurde mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen vertagt.

BZÖ-Initiative für die Alpen Adria Universität Klagenfurt

Schließlich stand ein Entschließungsantrag des Abgeordneten Gernot Darmann (B) zur Debatte, in dem sich das BZÖ für eine Aufstockung des wissenschaftlichen Personals der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt ausspricht.

Abgeordneter Kurt List (B) begründete die Initiative mit der grenzüberschreitenden Bedeutung der Universität und der Notwendigkeit, neue Forschungsschwerpunkte zu setzen. Dafür seien 12 zusätzliche Planstellen notwendig, sagte er und wurde darin auch von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) unterstützt. Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) hielt dem entgegen, dass diese Frage Thema bei den Gesprächen über die Leistungsvereinbarung am 23. Juni sein werde. Bundesminister Johannes Hahn erläuterte, die Frage der Personalaufstockung fiele in die Autonomie der Universitäten und sei Gegenstand der Leistungsvereinbarungen. Der Gesetzgeber könne hier nichts bewirken, somit wurde auch dieser Antrag mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt. (Schluss Wissenschaftsausschuss)