Parlamentskorrespondenz Nr. 560 vom 23.06.2009

Hauptausschuss diskutiert Ausfuhrförderung

STS Schieder zu Ilisu: Entscheidung fällt am 6. Juli

Wien (PK) -  Der Hauptausschuss diskutierte heute auch den vom Finanzminister vorgelegten Tätigkeitsbericht des Beirats gemäß Ausfuhrförderungsgesetz sowie die im 4. Quartal 2008 und im 1. Quartal 2009 genehmigten Ausfuhrförderungen. Die drei Berichte wurden jeweils mit den Stimmen der Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Einmal mehr wurde von den Grünen (Abgeordneter Werner Kogler und Abgeordnete Judith Schwentner) das Staudammprojekt Ilisu am Tigris in Ostanatolien, Türkei, thematisiert. In Deutschland stünden alle Zeichen dafür, die Zusage zurückzuziehen, sagte Kogler. Schwentner bemerkte, man hätte sich viel Zeit und Geld erspart, wenn man von Anfang an auf die Bedenken der NGOs gehört hätte.

Staatssekretär Andreas Schieder wollte keinerlei Mutmaßungen über die Entscheidung der österreichischen Bundesregierung hinsichtlich einer Haftungsübernahme oder Suspendierung anstellen. Es sei die Antwort der türkischen Regierung abzuwarten, inwieweit sie die vertraglich festgelegten Auflagen zu erfüllen bereit ist, sagte er. Die Frist für die Antwort laufe am 6. Juli ab, sollte die Antwort nicht zufriedenstellend ausfallen, werde es keine Haftung geben, bekräftigte Schieder.

Abgeordneter Alois Gradauer (F) kritisierte aus seiner Sicht, dass die Aufstockung des Haftungsrahmens von 45 auf 50 Mrd. € in erster Linie Raiffeisen zugute gekommen sei. Er äußerte sich auch skeptisch zur mehrheitlichen Übernahme einer rumänischen Bank durch die Erste Bank. Dem entgegnete Staatssekretär Andreas Schieder, es seien mehreren Großbanken Mittel in der Höhe von jeweils einer Milliarde Euro zur Verfügung gestellt worden. Den derzeitigen Haftungsrahmen hielt er für ausreichend, bei einer hoffentlich günstigeren Konjunkturentwicklung werde es jedoch eng werden, meinte Schieder, und dann müsse man über eine nochmalige Ausweitung des Haftungsrahmens nachdenken.    

Der Bericht zur Ausfuhrförderung

Zentrale Aufgabe des beim Finanzministerium angesiedelten und wöchentlich tagenden Beirats ist, unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten Haftungsübernahmen des Bundes zugunsten der österreichischen Exportwirtschaft zu prüfen. Die Exporthaftungen selbst werden banktechnisch von der Österreichischen Kontrollbank AG (OeKB-AG) abgewickelt.

Die OECD-Länder haben sich, wie der Bericht ausführt, im Rahmen des "OECD Consensus" auf faire Wettbewerbsbedingungen bei der öffentlichen Unterstützung von Exporten, Dienstleistungen und Direktinvestitionen geeinigt. Damit werde nicht nur sicher gestellt, dass internationale Konkurrenten keine "besseren" Finanzierungsbedingungen vorfinden, sondern damit fänden auch Ziele wie ökologische und soziale Nachhaltigkeit sowie Korruptionsbekämpfung Eingang in die Ausfuhrförderung. 

Explizit wird betont, im Unterschied zu fast allen OECD-Ländern würden keine Haftungen für Waffengeschäfte oder Nukleargüter übernommen. Die Zusammensetzung des Beirats bewirke, dass sensible Projekte kritisch hinterfragt werden, womit gewährleistet sei, dass ein Empfehlungsbeschluss unter umfassender Güter- und Interessensabwägung erfolgt.

Dies betrifft unter anderem das Wasserkraftwerk Ilisu in der Türkei, das seit Jahren wegen seiner ökologischen und sozialen Auswirkungen im Mittelpunkt heftiger Diskussionen steht. Es wurden daher Vereinbarungen getroffen, um den diesbezüglichen Kritikpunkten Rechnung zu tragen. Wegen unzureichender Auflagenerfüllung auf türkischer Seite wurde zu Jahreswechsel eine Vertragssuspendierung eingeleitet. Die Türkei hat daraufhin 6 Monate Zeit, die Erfüllung der Auflagen gemäß internationalen Standards nachzuweisen. Weitere sensible Projekte betreffen u. a. drei Wasserkraftwerke und ein Gas-Kombikraftwerk, ebenfalls in der Türkei, die Lieferung einer kompletten Faseraufbereitungslinie nach Russland, eine Lieferung von Komponenten für eine neue Papiermaschine nach China, Investitionen in eine Reparaturwerkstätte für ein integriertes Stahlwerk in Brasilien und Lieferungen für ein integriertes Stahlwerk in die Republik Korea. Nähere Details dazu erfährt man unter: http://www.oekb.at

Für die österreichische Wirtschaft, als kleine offene Volkswirtschaft, sind Exporte von besonderer Bedeutung, weshalb dieses Instrument der Export- und Investitionsgarantien eine wesentliche Stütze darstellt. Die Exportquote beträgt im Durchschnitt 43 % und liegt damit weit über dem EU-Durchschnitt von 31 %. Durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise hätten sich, so der Bericht, jedoch die Rahmenbedingungen im letzten Quartal des Jahres 2008 deutlich verschlechtert, die Exportwirtschaft werde vor besondere Herausforderungen gestellt. Nach jährlichen Wachstumsraten von 8 %  sei der Welthandel in allen Regionen und vielen Branchen in einem bislang noch nicht gekanntem Ausmaß zusammengebrochen. Grund dafür sei die fehlende Liquidität zur Finanzierung längerfristiger Projekte. Hier bedürfe es einer verstärkten Risikoübernahme durch die öffentliche Hand. Deshalb habe man den Haftungsrahmen um 5 Mrd. € auf nunmehr 50 Mrd. € erhöht, zusätzlich sind laut Bericht positive Verbesserungen bei den Konditionen für Beteiligungsgarantien sowie Erleichterungen beim Auslandsanteil vorgenommen worden. 

Im Jahr 2008 wurden 801 Anträge, 535 Garantieanträge und 266 Anträge auf Wechselbürgschaften durch den Beirat behandelt, wobei kein einziges negativ beurteilt wurde. Die Ursache dafür führt man nicht nur auf die veröffentlichte Garantiepolitik zurück sondern auch auf die Tatsache, dass nach einer Grobprüfung durch die OeKB-AG ablehnungsgefährdete Fälle in der Regel von den Antragstellern aus Kostengründen zurückgezogen werden.

Der Haftungsrahmen von 50 Mrd. € war zu Jahresende 2008 mit 44,4 Mrd. € ausgenützt. Die Umschuldungen gehen kontinuierlich zurück, während die Wechselbürgschaften eine starke Steigerung von 19 % aufweisen (Stand 31. Dezember 2008 rund 23,9 Mrd. €). Ebenfalls stark gestiegen ist das Garantieobligo mit insgesamt 19,2 Mrd. € (9,7 Mrd. € Beteiligungsgarantien und 9,5 Mrd. € Exportgarantien), das ist eine Zunahme um rund 24 %.

Neue Haftungen wurden 2008 mit einem Volumen von 12 Mrd. € übernommen, dabei fielen auf Garantien 6,1 Mrd. € und auf Wechselbürgschaften 5,9 Mrd. €.

Hinsichtlich der regionalen Verteilung zeigt sich eine starke Konzentration der österreichischen Exportunternehmen sowie der österreichischen Investoren auf die Länder Mittel- und Osteuropas. 

Ausfuhrförderungen im 4. Quartal 2008 und im 1. Quartal 2009

Gemäß den beiden Berichten des Finanzministers über die im 4.Quartal 2008 und im 1. Quartal 2009 übernommenen Haftungen, Haftungsinanspruchnahmen und Rückflüsse aus Haftungsinanspruchnahmen wurden zwischen dem 1. Oktober und 31. Dezember 2008 52 Garantien übernommen, die im Einzelfall den Betrag von 7 Mill. € überstiegen haben. Als Abnehmerländer werden im Bericht angeführt: Belarus (4), Bosnien und Herzegowina (2), Bulgarien (2), China (9), Frankreich (1), Georgien (1), Korea Republik (1), Kroatien (2), Libyen (4), Rumänien (1), Russland (4), Saudi-Arabien (2), Serbien (2), Slowakei (1), Sri Lanka (1), Tschechische Republik (1), Türkei (4), Ukraine (5), Ungarn (1), Vereinigte Arabische Emirate (2), Vietnam (1) und div. Länder (1). Drei Garantien davon betreffen Großprojekte in der Türkei und sind mit erheblichen ökologischen Auswirkungen verbunden.

Die 16 Garantien zwischen dem 1. Jänner und 31. März 2009 betrafen Projekte in Brasilien (1), China (4), Ghana (1), Indien (1), Korea Rep. (2), Pakistan (1), Russland (2), Singapur (1), Türkei (1) und diverse Länder (2).

Gegliedert nach Regionen beziffern sich die Haftungsstände über 25 Mill. € per 31. März 2009 wie folgt (Beträge auf  Mill. € gerundet): Afrika – 765; Asien – 5.402; Amerika - 379 und Europa – 12.406.

(Fortsetzung)