Parlamentskorrespondenz Nr. 561 vom 23.06.2009

Hauptausschuss diskutiert Auswirkungen des Bankenpakets

Opposition übt heftige Kritik

Wien (PK) – Der Finanzminister legte dem Hauptausschuss erstmals Berichte über die Maßnahmen vor, die gemäß Interbankmarktstärkungsgesetz (IBSG) und Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG), BGBl. I Nr. 136/2008, im 4. Quartal 2008 und im 1. Quartal 2009 ergriffen worden sind. Die Mitglieder des Hauptausschusses nahmen nach eingehender Diskussion beide Berichte mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP zur Kenntnis. Die Opposition übte heftige Kritik.

Vor allem fielen Abgeordnetem Werner Kogler (G) die Informationen der beiden Berichte zu dürftig aus. Wenn das alles sei, was die Abgeordneten erfahren, entspreche das nicht dem Fünfparteienantrag, der im Herbst beschlossen worden ist. Allein den Zeitungen seien mehr Informationen zu entnehmen, sagte er. Was hier vorliege, entspreche nicht annähernd dem, was Abgeordneten an Informationen zustehe. Diese Meinung vertraten auch die Abgeordneten der beiden anderen Oppositionsparteien, was aus der Zahl ihrer detaillierten Fragen herauszulesen war. Abgeordneter Günter Stummvoll (V) griff die Kritik auf und sagte zu, als Vorsitzender des Finanzausschusses mit den Finanzsprechern aller Parteien zu beraten, welche Strukturen solche Berichte in Zukunft haben sollen, um dem Informationsbedürfnis der Abgeordneten Rechnung zu tragen. Er vertrete zwar die Auffassung, dass der vorliegende Bericht ein sehr klares Zahlenmaterial biete, er nehme jedoch die Wortmeldung Koglers ernst. Staatssekretär Andreas Schieder begrüßte die Initiative Stummvolls und sagte die Unterstützung des Finanzressorts zu. Er wies jedoch darauf hin, dass es sich um eine sehr heikle Materie handelt.

Die Abgeordneten der Opposition zeigten sich insbesondere im Hinblick auf die Wirkung des Bankenpakets skeptisch. Ziel sei es gewesen, meinte etwa Abgeordneter Josef Bucher (B), die Realwirtschaft mit Kredit zu versorgen. Dennoch habe man weiterhin mit der Kreditklemme zu kämpfen. Auch Abgeordneter Werner Königshofer (F) stellte fest, dass die Kreditvergabe noch immer nicht funktioniere, weil die Auflagen zu hoch seien. Dem entgegnete Abgeordneter Kai Jan Krainer (S), das Bankenpaket habe zu einer Stabilisierung des Finanzmarkts und der Banken geführt, die Maßnahmen seien daher erfolgreich gewesen. Auch die Vertrauenskrise habe durch die befristete Einlagensicherung überwunden werden können.  

Aufgrund der laufenden Berichte, die der Bundesregierung vorgelegt werden müssen, zeige sich, dass sich die Kreditklemme lockere, stellte Staatssekretär Andreas Schieder dazu fest. Man stehe in einem intensiven Kontakt mit den Banken, sollten diese ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht einhalten, so könne es auch zu Pönalisierungen kommen, bemerkte er. Nachdem sich die Abgeordneten Alois Gradauer (F) und Werner Kogler (G) für eine Rechnungshofprüfung ausgesprochen hatten, meinte Schieder, die Bankinstitute seien Privatunternehmen, aber das Bundesministerium für Finanzen unterstehe der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes und damit auch das Vorgehen im gesamten Komplex des Bankenpakets.

Hinsichtlich der von den Abgeordneten Josef Bucher (B) und Werner Kogler (G) angesprochenen Einschätzung der möglichen Ausfallsquote und der Rückläufe an das Budget wollte sich der Staatssekretär nicht festlegen. Dies könne man derzeit nicht abschätzen, und die Rechnung werde am Ende des Tages gemacht. Er wolle auch keinerlei Mutmaßungen über etwaige Probleme beziehungsweise über die Gesundheit privater Unternehmungen machen.

In der Diskussion wurden von den Abgeordneten Josef Bucher (B), Werner Königshofer (F), Alois Gradauer (F) und Werner Kogler (G) detaillierte Fragen zur Clearingbank, zur Hypo Alpe-Adria Bank, zur Kommunalkredit und zur Constantia Privatbank gestellt. Vor allem stellte sich für die Abgeordneten die Frage des österreichischen Aufsichtswesens, wenn es einer Bank, wie der Kommunalkredit, möglich ist, über Zypern in derart hohem Ausmaß Gelder zu verspekulieren. Auch die geplanten Privatisierung des gesunden Teils der Kommunalkredit wurde mit Skepsis betrachtet, während die Einrichtung einer so genannten Bad Bank als sinnvoll angesehen wurde.

Seitens der Regierungspartei SPÖ räumte Abgeordneter Kai Jan Krainer ein, dass die Kommunalkredit und die Constantia Privatbank Problemkinder seien. Die von Abgeordnetem Werner Königshofer (F) bemängelte Einstufung der Constantia Privatbank als systemrelevant rechtfertigte Krainer mit dem Hinweis, dass die Bank selbst zwar keine Systemrelevanz habe, als Depotbank hätte man sie jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht fallen lassen dürfen. Dies hätte Negativfolgen für den Kernsektor gehabt, ergänzte Staatssekretär Schieder.

Schieder verteidigte auch das Vorgehen bei der Kommunalpolitik, zumal die Mehrheitseigentümer Volksbanken AG und Dexia Credit Local ihren Beitrag geleistet haben. Man werde jetzt eine neue Struktur ausarbeiten, und in welchem Ausmaß die in der so genannten Bad Bank zusammengefassten Assets schlecht sind, werde sich erst herausstellen.

Die im Zuge der Finanzkrise geschaffene Clearingbank habe die Aufgabe, das Misstrauen zwischen den Banken zu beheben, und das sei gelungen, sagte Schieder. Der Liquiditätsengpass stelle kein Hauptproblem mehr dar.

Als eine eher zahnlose Kontrollinstitution wurde von Abgeordnetem Werner Kogler (G) die FIMBAG bezeichnet. Dazu führte Staatssekretär Schieder aus, die personelle Kapazität der FIMBAG sei zwar begrenzt, aber es gebe eine enge Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Finanzen und der Österreichischen Nationalbank.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) schlug angesichts der Probleme von Cerberus vor, dessen Anteile an der BAWAG vom Staat zurückzukaufen. Das sei sinnvoller, als Partizipationskapital herzugeben, bemerkte er. Abgeordneter Josef Bucher (B) wiederum thematisierte kritisch die Initiative der BAWAG, den Gemeinden Kredite in der Höhe von 1 Mrd. € zur Verfügung zu stellen.     

Der Bericht des Finanzministers im Einzelnen

Das Gesetzespaket - Interbankmarktstärkungsgesetz (IBSG) und Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) - wurde noch im Oktober des Vorjahres von Nationalrat und Bundesrat beschlossen, um das durch die internationale Finanzkrise verlorene Vertrauen unter den Marktteilnehmern wiederherzustellen und den österreichischen Finanzplatz zu stabilisieren. Die dazugehörige Verordnung (BGBl. II Nr. 382/2008) trat mit 31. Oktober 2008 in Kraft. Seitens der EU-Kommission wurde die Beihilfenregelung mit 9. Dezember 2008 genehmigt (Entscheidung "Staatliche Beihilfenregelung Nr. N 557/2008; K(2008)8408 endg.).

Die späte Genehmigung durch die EU-Kommission führte laut erstem Bericht dazu, dass trotz erfolgreicher Abschlüsse von Vertragsverhandlungen mit Kreditinstituten entgegen ursprünglicher Intention im letzen Quartal 2008 keine Wertpapieremissionen begeben wurden. Diese Verhandlungen bezogen sich in erster Linie auf die Stützung von Kreditinstituten in schwieriger und problematischer Situation, wie die Constantia Privatbank AG und die Kommunalkredit Austria AG. Beide wurden als "systemrelevante Kreditinstitute" gemäß § 1 FinStaG eingestuft.

Der Liquiditätsengpass der Constantia Privatbank AG hätte eine große Anzahl von Anlegern in Bedrängnis gebracht. Daher wurde von den großen österreichischen Kreditinstituten eine Holdinggesellschaft, die "Aviso Gamma GmbH", gegründet, welche von den bisherigen Eigentümern der Constantia Privatbank alle Anteile für den Betrag von 1 € übernahm und diese weiterführt. Die Banken stellten der Holdinggesellschaft Mittel im Ausmaß von 400 Mill. € mit einer Laufzeit von bis zu 6 Monaten zur Verfügung. Der Finanzminister übernahm dafür die Haftung gemäß § 880a ABGB, die mit 27. April 2009 geendet hätte und nun bis 30. September verlängert wurde.

Auch der hohe Liquiditätsbedarf der Kommunalkredit Austria AG konnte Ende des Vorjahres nicht mehr aus eigener Kraft aufgebracht werden, sodass mit Anfang November die Zahlungsunfähigkeit gedroht hat. Daher wurden vom Finanzminister zwei Garantien gemäß § 880a ABGB übernommen, und zwar für die 4,15% Fixzinsanleihe im Nominale von 4,3 Mrd. € für die Dauer vom 21. November 2008 bis 23. März 2009 sowie für die 2,873% Fixzinsanleihe im Nominale von 1 Mrd. € für die Dauer vom 22. Dezember 2008 bis 22. Jänner 2009. Beide Garantien sind somit bereits abgelaufen. Die Kassenobligation wurde von der Österreichischen Nationalbank im Rahmen des ELA-Programms aufgekauft. Die Kommunalkredit hat für die Dauer der beiden Haftungen ein Haftungsentgelt in Höhe von 0,5% pro Jahr vom jeweils aushaftenden Kapitalbetrag inklusive Zinsen und Kosten zu entrichten. Ferner übernahm der Bund zu Beginn des zweiten Quartals 2009 eine Garantie zur Ermöglichung einer ordnungsgemäßen Bilanzierung (Erstellung des Jahresabschlusses 2008). Die von der Österreichischen Volksbanken-Aktiengesellschaft und der Dexia Credit Local gehaltenen Anteile an der Kommunalkredit Austria AG wurden am 5. Jänner 2009 um je einen Euro auf den Bund übertragen, somit stehen 99,78% der Anteile der Kommunalkredit Austria AG im Eigentum des Bundes. Die Kommunalkredit Austria AG ist auch verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten einen Umstrukturierungsplan vorzulegen.

Von anderen begünstigten Kreditinstituten sei primär ein Bedarf an Partizipationskapital und an Haftungsübernahmen für Wertpapieremissionen bekannt gegeben worden, heißt es in den Berichten weiter. So wurde vom Bund am 29. Dezember 2008 von der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG ausgegebenes Partizipationskapital im Gesamtwert von 900 Mill. € gezeichnet. Bedingung dafür ist, dass binnen drei Jahren Kredite in Höhe von 1,8 Mrd. € an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben sind und keine Bonuszahlungen für Geschäftsleiter erfolgen.

Mit anderen Banken wurden zwischen 1. Jänner und 31. März 2009 Partizipationskapital in der Höhe von 2,75 Mrd. € gezeichnet. Dabei fiel auf die Erste Group Bank AG ein Partizipationskapital im Gesamtwert von 1 Mrd. €, zusätzlich wurde in Abhängigkeit einer vom 15. bis 29. April erfolgten Privatplatzierung eine Zusage für weiteres Partizipations- bzw. Hybridkapital bis zu 1,7 Mrd. € erteilt. Auf die Raiffeisen Zentralbank AG fiel ein Partizipationskapital im Nennwert von 1,75 Mrd. €, eine erste Tranche von 750 Mio. € wurde Ende Dezember durch den Raiffeisen Sektor übernommen und wird gegenwärtig an Private platziert. Beide Vereinbarungen erfolgten unter der Auflage, dass die genannten Banken binnen drei Jahren Kredite in Höhe von zumindest in doppeltem Ausmaß (Erste Group Bank AG) an kleine und mittlere Unternehmen, bzw. Kredite und Kapitalanlagen in Höhe von zumindest 3,5 Mrd. € an Unternehmen und Private (Raiffeisen) zu vergeben haben. Auch Bonuszahlungen für Geschäftsleiter wurden vertraglich ausgeschlossen.

Von den laut § 2 Abs. 4 FinStaG vorgesehenen 15 Mrd. € beträgt somit der freie Rahmen per 31. März 2009 rund 11 Mrd. €.

Darüber hinaus sind laut zweitem Bericht Bundeshaftungen für Wertpapieremissionen von Kreditinstituten angelaufen (§ 1 Abs.1 Z 1 IBSG), die sich mit Ende März auf einen Betrag von rund 16,8 Mrd. € beliefen.

Der Bericht geht auch näher auf die Österreichische Clearingbank Aktiengesellschaft (OeCAG) ein, die am 14. November 2008 von österreichischen Kreditinstituten gegründet wurde. Die Bank verfügt über Eigenmittel in Höhe von 180 Mill. €, ist nicht auf Gewinn ausgerichtet und dient der Stärkung des Vertrauens in den österreichischen Interbankmarkt durch Clearing von Interbankmarktgeschäften. Mit 17. November 2008 wurde vom Finanzminister für die Clearingbank eine Haftung als Garant gemäß § 880a ABGB in Höhe von 4 Mrd. € übernommen, diese wurde aber nicht in Anspruch genommen. Per 31. März 2009 betrug das Geschäftsvolumen der Bank rund 4,35 Mrd. €. Die Geschäfte der Clearingbank sollen mit Ende 2009 auslaufen.

Mit 11. November 2008 wurde darüber hinaus die "FIMBAG Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes" gegründet, die im Alleineigentum der ÖIAG steht. Als Unternehmensgegenstand wurde die Durchführung der Maßnahmen gemäß FinStaG, wie Übernahme von Haftungen, Gewährung von Darlehen, Erwerb von Gesellschaftsanteilen und Übernahme des Gesellschaftsvermögens im Rahmen von Verschmelzungen festgelegt. Der FIMBAG wurden bis 31. Dezember 2008 zur Abdeckung von Aufwendungen Mittel in der Höhe von 300.000 € überwiesen.

Kontrolliert werden die Maßnahmen nach dem IBSG durch den Bundesminister für Finanzen unter Beiziehung der Finanzprokuratur. Auch die Österreichische Nationalbank und die Finanzmarktaufsicht nehmen Kontrollaufgaben wahr, insbesondere bevor Maßnahmen gemäß FinStaG gesetzt werden sollen. Hier können auch Wirtschaftsprüfer herangezogen werden. In Zusammenarbeit der Österreichischen Nationalbank und der FIMBAG wurde inzwischen auch das Meldesystem zum Nachweis der Kreditvergabeauflagen sowie der Vergütungssysteme aufgesetzt. (Schluss Hauptausschuss)