Parlamentskorrespondenz Nr. 625 vom 07.07.2009

Krise führt zu stagnierender Forschungsquote

Österreich braucht technologieintensive Untenehmen

Wien (PK) – Österreich wird sein Ziel einer Forschungsquote von 3 %, gemessen am BIP für das Jahr 2010, nicht erreichen, vielmehr ist als Folge der Wirtschaftskrise insgesamt mit einer Reduktion der Forschungsausgaben zu rechnen. Dies geht aus dem Forschungs- und Technologiebericht 2009 hervor, der heute von Andreas Schibany (Joanneum Research, Institut für Technologie- und Regionalpolitik) und Andreas Reinstaller (Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung) im Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie präsentiert und einstimmig enderledigt wurde.

Andreas Schibany begründete dies den Abgeordneten gegenüber vor allem damit, dass die derzeitige Krise zu einem Stopp in der Dynamik der vor allem vom Unternehmenssektor getragenen Steigerung der F&E-Quote führen werde, sodass man in den nächsten Jahren von einem Stagnieren des Anteils bei 2,7 bis 2,8 % am BIP ausgehen müsse. Nur Wachstum, das auf Technologie und Innovation aufbaut, werde aus der Krise führen, war Schibany überzeugt. Es gelte nun vor allem, Forschungspolitik als Querschnittmaterie zu verstehen und überdies die Förderung möglichst breit aufzustellen, da schwer absehbar sei, welche Bereiche in Zukunft wachstumsintensiv sein werden. Als Aufgabe des Staates sah es Schibany weiters, für neue Dynamik in der Wirtschaft zu sorgen und Unternehmensgründungen zu ermöglichen.

Andreas Reinstaller meinte grundsätzlich, Österreich habe seinen technologischen Aufholprozess nun weitgehend abgeschlossen, nun gehe es vor allem um eine Stärkung der Exzellenzforschung sowie eine Verbesserung der Ausbildungsqualität, zumal gerade den Humanressourcen steigende Bedeutung als Wettbewerbsfaktor zukomme. In diesem Zusammenhang wies Reinstaller auf den drastischen Akademikermangel in Österreich hin und zog daraus den Schluss, das heimische Bildungssystem bringe zu wenig Personen mit tertiärer Ausbildung hervor. Probleme sah er auch bei der Zusammensetzung der Gruppe der Akademiker, wobei er zu bedenken gab, dass einem Mangel an Absolventen technischer Studienrichtungen ein Übergewicht an Absolventen geisteswissenschaftlicher Studien gegenüberstehe. Diese Defizite an hochqualifizierten Personen können nicht durch Zuwanderung kompensiert werden. Hochqualifizierte Migranten würden oft unter ihrer Qualifikation eingesetzt, andererseits sei auch der Anteil schlecht qualifizierter Zuwanderer sehr hoch. Österreich brauche eine verstärkte Rückwanderung von jungen Wissenschaftern, die kreativ tätig sind.

Angesichts des feststellbaren Strukturwandels hin zu ausbildungs- und technologieintensiven Branchen könne sich dieser Akademikermangel in Zukunft negativ auf die österreichische Wirtschaft auswirken, warnte Reinstaller. In Sachen Exzellenzforschung empfahl er darüber hinaus, im Zuge der Förderung mehr Experimentation zuzulassen, zumal, wie er sagte, neue Ideen nicht Top-Down, sondern Bottom-Up entstehen.

Bundesministerin Doris Bures nannte die Zielsetzung, eine gemeinsame Forschungsstrategie zu entwickeln und eine Steuerungsgruppe innerhalb der Regierung einzurichten; diese werde im nächsten Jahr beschlossen werden. Zuvor sei eine parlamentarische Enquete beabsichtigt. Auch wies die Ressortleiterin darauf hin, dass der Einsatz öffentlicher Mittel zusätzliche Investitionen der Unternehmungen auslöse.

Im Zusammenhang mit der Akademikerquote meinte Bures, je geringer der Ausbildungsstand sei, umso stärker sei jemand von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie sprach von der Herausforderung, zu erreichen, dass es keine Diskriminierung von Männern und Frauen mehr geben soll, aber auch davon, dass bis jetzt keine soziale Durchlässigkeit erreicht wurde. Jeder zweite in Österreich Beschäftigte mit Migrationshintergrund verrichte eine Tätigkeit unter seinem Ausbildungsniveau, strich Bures heraus.

Es werde eine Art "Rückholaktion" von Akademikern aus dem Ausland geben; aus diesem Grunde werde eine Jobbörse, in der die Berufschancen der Akademiker aus dem Ausland aufgezeigt werden, eingerichtet.

Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) sah die Universitätspolitik angesprochen, Anreize zu finden, um der Abwanderung hochqualifizierter Wissenschafter ins Ausland entgegen zu wirken. Hinsichtlich der Forschungsausgaben gilt es für Gartlehner weiters, eine für Österreich optimale Forschungsquote zu finden.

Abgeordneter Robert Lugar (B) forderte eine Generalstrategie für die Forschungspolitik und betonte, F&E-Ausgaben müssten dorthin geleitet werden, wo sie auch tatsächlich gebraucht werden, etwa in den Bereich erneuerbare Energien. In der Ausbildung wiederum sollten seiner Meinung nach Maßnahmen gesetzt werden, damit jene Studienrichtungen stärker nachgefragt werden, für die Bedarf seitens der Wirtschaft besteht.

Abgeordnete Karin Hakl (V) trat für eine Konzentration der Forschungsausgaben in innovationsintensive Branchen ein und übte zudem Zweifel an der Aussagekraft der Akademikerquote in Zusammenhang mit der Wirtschaftsleistung des Landes.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) ortete angesichts der schlechten Qualifikation der Migranten Handlungsbedarf und stellte fest, die derzeitige Zuwanderungspolitik habe dämpfende Effekte auf das Bildungsniveau. Seiner Meinung nach müssten mehr Anreize für ausländische Studierende geboten werden, nach Abschluss ihres Studiums in Österreich zu bleiben.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) machte das Fremdenrecht für die fehlende Zuwanderung qualifizierter Ausländer verantwortlich. Was die tertiäre Ausbildung betrifft, erinnerte er an den Umstand, dass Österreich trotz einer seit Jahrzehnten beklagten niedrigen Akademikerquote einen starken Aufholprozess in der Forschung geschafft habe.

Abgeordneter Christian Höbart (F) meinte, man müsse den Unternehmergeist wecken, denn nur 5 % aller Studierenden wollen sich unternehmerisch betätigen.

Abgeordnete Heidrun Silhavy (S) schnitt die Situation der Frauen im Dienstleistungsbereich an und wollte wissen, welche Auswirkungen eine Verstärkung der Forschung im Dienstleistungsbereich haben könnte. (Schluss)