Parlamentskorrespondenz Nr. 633 vom 08.07.2009

Von Patchworkfamilien bis zum Kampf gegen die Korruption

Nationalrat debattiert Vorlagen des Justizausschusses

Wien (PK) – Das Familienrechtsgesetz 2009 war Thema der Debatte nach Kurzdebatte und Finanzvorlagen. Es bringt vor allem Verbesserungen für Kinder und Eltern in so genannten Patchwork-Familien. Als zweite Vorlage aus dem Justizausschuss stand das Aktienrechts-Änderungsgesetz auf der Tagesordnung. Schließlich wurden unter einem die Neuregelungen im Kampf gegen die Korruption und ein thematisch zugehöriger Antrag der Grünen verhandelt.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) räumte ein, es sei notwendig, im Ehe- und Familienrecht eine Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen zu geben. Was heute dazu vorliege, sei aber nur ein winziger Schritt in die richtige Richtung. Die bloße Verkürzung des Weges zum Unterhaltsvorschuss reiche nicht aus. Lücken für bislang nicht berechtigte Kinder würden nicht geschlossen, obwohl dies im Interesse der Armutsbekämpfung dringend geboten wäre. Mehr Rechte für Patchworkfamilien seien richtig, dies sollte aber einhergehen mit verstärkten Rechten der Kinder auf ihre leiblichen Eltern. Der leibliche Vater dürfe nicht ausschließlich auf seine finanzielle Funktion reduziert werden, meinte die Rednerin, die einen großen Wurf in der vorliegenden Familienrechtsänderung nicht erkennen konnte, sondern von Flickwerk sprach.

    

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) sprach von einer gut vorbereiteten Novelle, die alles andere als ein Flickwerk darstelle, sondern vielmehr Antworten auf neue Herausforderungen für viele Familien gebe. Wichtig seien Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, füreinander Verantwortung zu übernehmen. Stiefeltern können für die Kinder eine Bereicherung darstellen, sagte Steibl, meinte aber, die Obsorge- und Besuchsrechte der leiblichen Eltern stellten ein sehr sensibles Thema dar, bei dem man in Zukunft Fortschritte erzielen sollte. Die Rednerin bekannte sich zu einer beschleunigten Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen, sah Verbesserungen im Adoptionsrecht und meinte abschließend, die Novelle gehe in die richtige Richtung.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) vermisste eine ausführliche Diskussion über eine umfassende Familienrechtsreform, es sei denn man betrachte die vorliegende Novelle ohnehin nur als eine kleine Veränderung. Er halte tatsächlich eine große Antwort auf die veränderten Verhältnisse in der Gesellschaft für notwendig. Man sollte den Menschen ermöglichen, ihr Leben frei zu gestalten und sich von Seiten der Politik darauf beschränken, die Schutzrechte und Gleichbehandlung von Kindern zu sichern, egal ob sie aus einer Zweitehe oder aus einer Patchworkfamilie stammen. Daher verlangte der Redner in einem Entschließungsantrag eine umfassende Novelle, die dafür sorgen soll, dass Kinder nicht länger als "Waffen" in Ehestreitigkeiten und Scheidungsverfahren eingesetzt werden können.

    

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) ortete viele Probleme bei der gemeinsamen Obsorge geschiedener Eltern für ihre Kinder, wenn sich Eltern ihrer Rolle nicht bewusst seien. Die Lebensgewohnheiten der Menschen änderten sich und machten laufend Veränderungen im Familienrecht notwendig. Es gebe zahlreiche Lebensgemeinschaften mit Kindern, Alleinerzieherinnen und Patchworkfamilien. Besonders wichtig an der Novelle seien die verbesserte Beratung bei Scheidungen, der bessere Zugang zum Unterhaltsvorschuss, wobei noch Lücken zu schließen seien und mehr Sicherheit für Patchworkfamilien. Besonders wichtig sei die Ausdehnung der ehelichen Obsorge auf Kinder des Ehepartners, sagte Gabriele Binder-Maier und bekannte sich nachdrücklich zur Weiterentwicklung des Ehe- und Familienrechts.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an und begrüßte insbesondere die Aufhebung des Ausschlusses von Personen vom Erbrecht, die des Ehebruchs oder der Blutschande gerichtlich überführt waren. Richtig seien auch Vorausverfügungen über die Aufteilung ehelichen Gebrauchvermögens für den Fall der Scheidung, um Ehen zu ermöglichen, die bisher nicht geschlossen wurden, weil man Familienbesitz vor möglichen Scheidungsfolgen schützen wollte. Fichtenbauer verlangte die Einführung der verpflichtenden gemeinsamen Obsorge von Eltern für ihre Kinder mit Ausnahme jener Fälle, in denen per Gerichtsbeschluss festgestellt wird, dass sie schädlich für das Kindeswohl wäre.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) sprach von einem Gesetz, das in die richtige Richtung gehe, größere Reformlücken ließen es aber nicht gerechtfertigt erscheinen, von einem großen Wurf zu sprechen. Eklatanter Reformbedarf bestehe nach wie vor beim Scheidungsrecht, im Obsorgerecht und im Namensrecht. Immer noch werde die Lebensrealität der Menschen nicht ausreichend berücksichtigt, etwa bei der Gleichstellung von Lebensgemeinschaften, auch wenn anzuerkennen sei, dass Lebensgemeinschaften der Ehe nicht vollständig gleichgestellt werden können. Das Armutsrisiko der Alleinerzieherinnen sei ein eklatantes Problem, weil Unterhaltszahlungen und Unterhaltsvorschuss nicht ausreichen. Auch bestünden Lücken im Unterhaltsvorschussrecht. Unterhalt und Unterhaltsvorschuss dürfen nicht länger von der Einbringlichkeit abhängig gemacht werden. Es brauche großer Reformen, um Österreich im Ehe- und Familienrecht europareif zu machen.

Justizministerin Claudia BANDION-ORTNER wies darauf hin, dass in Österreich bereits 87.000 Patchworkfamilien bestehen, eine Entwicklung, der die Novelle Rechnung trage. Ob der unverheiratete Vater künftig weniger Rechte haben soll als der verheiratete Stiefvater, folge aus dem Umstand, dass, wer weniger Verpflichtungen übernehme, auch weniger Rechte habe. Auch der Wert von Lebensgemeinschaften werde angehoben und die Rechte von Patchwork-Kindern erweitert. Auch die Bestimmungen über Ehepakte und Vereinbarungen über das gemeinsame Gebrauchsvermögen wurden modernisiert und zugleich der Schutz des wirtschaftlich Schwächeren gewährleistet. Manch totes Recht sei beseitigt und die Beratung im Zuge von Scheidungen ausgeweitet worden. Auch die Ministerin sprach von einem ersten Schritt und räumte ein, dass im Unterhaltsvorschussrecht weiterer Reformbedarf bestehe.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) ließ die historische Entwicklung bei der Beseitigung der Diskriminierung der Frau und unehelicher Kinder Revue passieren und bekante sich dazu, durch Anpassungen im Ehe- und Familienrecht auf die neuen Lebensverhältnisse Rücksicht zu nehmen. Ihrer Meinung nach spreche einiges gegen eine prinzipielle gemeinsame Obsorge für Kinder nach einer Scheidung. Ausdrücklich begrüßte die Abgeordnete Verbesserungen bei der Unterhaltsbevorschussung, weil Alleinerzieherinnen besonders armutgefährdet seien. Durch eine S-V-Abänderungsantrag, den die Abgeordnete einbrachte, wurden redaktionelle Korrekturen vorgenommen.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) begrüßte die Anpassung des Familienrechts an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse und die Berücksichtigung moderner Lebensverhältnisse wie von Patchworkfamilien. Dazu gehört die Verpflichtung eines Ehepartners zum Beistand für die minderjährigen Kinder des Ehepartners. Dringend sei eine rechtliche Absicherung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften durch Einführung eingetragener Partnerschaften, meinte Abgeordnete Becher.

Für Abgeordneten Harald STEFAN (F) stimmte die Tendenz der Novelle und er begrüßte die neuen Regeln für die Mitwirkung des Stiefvaters an der Erziehung des Stiefkindes. Kurios sei aber, dass diese Rechte weiter reichen sollen als jene des leiblichen Vaters, der mit der Mutter in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Dies sei nicht zielführend, weil es das Verhältnis zwischen dem Kind und seinen leiblichen Eltern berühre. Dieser Kritik trug der Abgeordnete mit einem Abänderungsantrag Rechnung. Als zweiten Schritt sah der Redner die verpflichtende gemeinsame Obsorge aller Eltern für ihre Kinder an.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) wies das Selbstlob von ÖVP und SPÖ für die vorliegende Familienrechtsreform zurück und machte darauf aufmerksam dass für wesentliche Probleme der Familien keine Lösungen gefunden wurden. Die neuen Regeln in Patchworkfamilien gelten nur für verheiratete Partner, nicht aber für Lebensgemeinschaften, die wesentlich häufigere Form der Partnerschaft in solchen Familien. Außerdem ortete auch Musiol Lücken im Unterhaltsrecht und wies darauf hin, dass ein Drittel der Alleinerzieherinnen unter der Armutsgrenze leben. Daher verlangte die Rednerin eine umfassende Novelle, die auch Lücken im Unterhaltsrecht beseitigt. "Wir brauchen ein Familienrecht für alle Familien", schloss die Rednerin.

Abgeordneter Franz GLASER (V) sprach von einer zeitgerechten Anpassung des Familienrechts und bekannte sich zur Ausdehnung des Obsorgerechts und zur Modernisierung des Eherechts. Mängel sah der Redner beim Unterhaltsrecht und räumte ein, dass hier noch nicht alle Lücken geschlossen werden konnten. Bei Scheidungen plädierte der Redner für eine verpflichtende Beratung und sprach sich auch dafür aus, Männern nach einer gescheiterten Beziehung die Möglichkeit zu geben, ihre Kinder zu sehen. Im Mittelpunkt der Familienrechtsgesetzgebung müsse das Wohl des Kindes stehen, sagte Abgeordneter Glaser.

Abgeordneter Gerhard KÖFER (S) schilderte die Veränderungen in der "Familienlandschaft" Österreichs und bekannte sich zu den neuen Regeln für Patchworkfamilien, mit denen den neuen Entwicklungen Rechnung getragen werden soll. Patchworkeltern werden aufgewertet und sind nun auch rechtlich nicht mehr länger "Fremde" gegenüber den Kindern in ihrer Familie. Da Väter in keinem Fall nur auf ihre finanzielle Funktion reduziert werden sollen, begrüßte Köfer die Senkung der Gerichtsgebühren bei Anträgen auf ein Besuchsrecht geschiedener Eltern.

Abgeordnete Karin HAKL (V) sprach von wesentlichen Schritten bei der Anpassung des Familienrechts an die Lebensverhältnisse in Österreich. Die meisten jungen Menschen wollen eine stabile Familie gründen. Da dies nicht immer gelinge, habe die Politik die Aufgabe, in jedem Fall die Rechte der Kinder zu schützen. Als Wermutstropfen sah es Hakl daher an, dass die Obsorgerechte des leiblichen Vaters - auch in aufrechter Lebensgemeinschaft mit der geschiedenen Mutter - geringer seien als die des Stiefvaters. Es geht um das Recht des Kindes auf Obsorge durch den eigenen Vater, sagte die Rednerin und begrüßte die Absicht, dieses Problem im Rahmen eines größeren Familienrechtsreformpakets zu lösen.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) nannte die Reduzierung der Gebühren für Anträge auf Besuchsrecht und Obsorge Schritte in die richtige Richtung, begrüßte die neuen Rechte für Stiefväter, plädierte aber dafür, dass der leibliche Vater mindestens die selben Rechte wie der Stiefvater haben sollte. Die Rednerin sprach sich für die gemeinsame Obsorge beider Elternteile als gesetzlichen Regelfall aus und legte einen Entschließungsantrag vor, für den sie mit positiven internationalen Erfahrungen mit der gemeinsamen Obsorge argumentierte.  

Bei der Abstimmung wurde das Familienrechtsänderungsgesetz unter Berücksichtigung des S-V-Abänderungsantrags in Dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Zuvor hatte es in Zweiter Lesung bei getrennter Abstimmung teils einhellige, teils mehrheitliche Zustimmung gegeben. Der F-Zusatzantrag blieb in der Minderheit und wurde damit abgelehnt. Auch die Entschließungsanträge der Oppositionsparteien erzielten keine Mehrheit.

Die Änderung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes und des Gerichtsgebührengesetzes wurde mehrheitlich angenommen.

Aktiengesetz setzt EU-Recht um

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) teilte mit, dass es bei diesem Gesetz um die Umsetzung der Aktionärsrechts-Richtlinie der EU geht, die insbesondere darauf abzielt, die Rechte der Aktionäre zu stärken und Anreize und bessere Möglichkeiten zu schaffen, an den Aktionärsversammlungen teilzunehmen. Im Übrigen unterstrich der Redner die Bedeutung von Aktiengesellschaften für Wirtschaft und Beschäftigung.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) betrachtete das Gesetz auch unter dem Gesichtspunkt der Kontrolle, die durch verstärkte Teilnahme der Aktionäre an den Hauptversammlungen bewirkt wird. Handlungsbedarf war nach Meinung Jarolims allein schon durch die Causa Meinl gegeben.

Abgeordneter Robert LUGAR (B) hob insbesondere die durch diese Umsetzung ermöglichte Stärkung der Kleinaktionäre und die Zurückdrängung der Investoren positiv hervor. Weiters appellierte Lugar an die EU, die Lehren aus der Krise zu ziehen, zumindest den europäischen Banken "Casinokapitalismus" zu verbieten und dem Handel mit Derivaten einen Riegel vorzuschieben.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) unterstützte ebenfalls den Ausbau der Rechte der Kleinaktionäre und resümierte, dieses Gesetz gehe in die richtige Richtung. Offen war für den Redner allerdings der Aspekt der Stärkung der Betriebsräte bei der Verabschiedung von Pleitemanagern.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) begrüßte die Erleichterungen für Kleinaktionäre, an den Hauptversammlungen teilzunehmen. Positiv beurteilte er auch den Entschließungsantrag betreffend Offenlegung der Gagen von Vorstandsmitgliedern. 

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) sprach von einer perfekten Vorlage und wies auch seinerseits auf die Bedeutung der Stärkung der Kleinaktionäre bei der Wahrnehmung ihrer Minderheitsrechte hin.

Bei der Abstimmung wurde der Entwurf samt angeschlossener Entschließung einstimmig angenommen.

"Präzisierungen" im Kampf gegen die Korruption

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) kritisierte am vorliegenden Abänderungsantrag zum Antikorruptionsgesetz, dass bestimmte Organe von Rechtsträgern, insbesondere leitende Angestellte öffentlicher Unternehmungen wie AUA, Telekom oder ORF, nicht definitiv angeführt werden, und forderte in einem Abänderungsantrag seiner Fraktion die Einbeziehung von staatsnahen Betrieben in die Strafbarkeit für Korruptionsdelikte.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) bekannte sich zur Korruptionsbekämpfung, erinnerte daran, dass bestimmte Straftatbestände, wie die aktive Bestechung, nun verschärft würden, und begrüßte insbesondere auch die Präzisierungen des Korruptionsbegriffs. Donnerbauer brachte in seiner Wortmeldung einen Abänderungsantrag der Regierungsparteien ein, der sicherstellt, dass auch Abgeordnete bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unter den Amtsträgerbegriff des Gesetzes fallen.

Abgeordneter Martin STRUTZ (B) stellte fest, dieses Gesetz sei kein Ruhmesblatt, kritisierte insbesondere die Ausnahmen von Managern öffentlicher Unternehmungen wie AUA oder ORF und kam zu dem Resümee, statt Verschärfungen gebe es nun Lockerungen, statt Präzisierungen Verwirrungen, statt Strafen Privilegien. Er fühlte sich in seiner Ablehnung auch durch Bedenken des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Fiedler bestätigt, der den Entwurf als Anleitung zur Korruption qualifiziert hatte. Strutz meinte überdies, es bestehe keinerlei Anlass zur Eile, und stellte den Antrag auf Rückverweisung der Vorlage an den Ausschuss.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) präzisierte, ein Verstoß gegen die jeweiligen dienstrechtlichen und organisationsrechtlichen Normen bedeute nun auch eine Strafbarkeit im Sinne des Antikorruptionsgesetzes. Zur Diskussion über die Regelung betreffend die Abgeordneten gab Jarolim zu bedenken, man dürfe weder das freie Mandat noch die Immunität untergraben.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) kritisierte den Zeitdruck bei der Beschlussfassung und beklagte insbesondere, die Anfütterung werde nun de facto straffrei gestellt. Bei der Abgeordnetenkorruption wiederum bemängelte Steinhauser die Einschränkung der Strafbarkeit auf den Stimmenkauf und auf die geschäftsordnungsmäßigen Pflichten. Dies würde in der Praxis bedeuten, dass ein Abgeordneter, der gegen Geld in einem Untersuchungsausschuss kritische Fragen nicht stellt, straffrei bleibt, meinte er.

Justizministerin Claudia BANDION-ORTNER stellte klar, sie reagiere nicht auf Zuruf, und betonte, bei der Gesetzesänderung sei sachliche, nicht aber populistische Kritik berücksichtigt worden. Die Ministerin erinnerte in diesem Zusammenhang aber, dass niemand, auch nicht PolitikerInnen der Oppositionsparteien, mit den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen zufrieden war. Sie bekannte sich zur Präzisierung des Amtsträgerbegriffs und dessen Ausweitung auf Unternehmungen, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, verteidigte aber die Ausnahmen für staatsnahe Betriebe wie AUA, Telekom oder ORF. Das Gesetz bringe strenge Korruptionsbestimmungen für alle Bereiche der Verwaltung; für Unternehmungen, die sich im freien Wettbewerb bewähren müssen, würden bereits allgemeine Korruptionsbestimmungen gelten, argumentierte sie. Zu den Bedenken Steinhausers bemerkte sie, Anfütterung werde nun strafbar sein, wenn pflichtwidriges Verhalten nachweisbar ist. Das Nichtstellen einer Frage im Untersuchungsausschuss könne man aber nicht nachweisen. 

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) legte ein klares Bekenntnis zur Korruptionsbekämpfung ab. Ihrer Ansicht nach sind Änderungen bezüglich der geltenden Bestimmungen aber notwendig. Diese seien vor allem Kulturveranstaltern "ein großer Dorn im Auge", meinte sie, da Sponsoren damit gedroht hätten, ihr Engagement zu beenden. Es müsse, Ziel der Politik sein, gegen echte Korruption vorzugehen und nicht Sport- und Kulturveranstaltern Steine in den Weg zu legen, betonte Fuhrmann.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) anerkannte die Bemühung um eine Verbesserung des Anti-Korruptions-Gesetzes. In einem wesentlichen Punkt ist dies seiner Meinung nach aber nicht gelungen, nämlich bei der Definition des "Amtsträgers". Stefan erachtet es als nicht zielführend, dass große staatsnahe Unternehmen, die Aufträge mit enormen Umfang vergeben, nicht unter das Gesetz fallen. Als Beispiel nannte er etwa die Asfinag und die ÖBB.

Abgeordneter Johann MAIER (S) warf BZÖ und Grünen vor, ihre Kritik am ursprünglichen Gesetzentwurf auszurichten und die im Justizausschuss vorgenommenen und von Abgeordnetem Donnerbauer im Plenum eingebrachten Abänderungen nicht zu berücksichtigen. Seiner Meinung nach sind die Präzisierungen im Gesetz notwendig, um Sponsoring von Sport- und Kulturveranstaltungen nicht gänzlich zu unterbinden. Massiv wandte sich Maier gegen den Verdacht, es gebe korrupte Abgeordnete.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) räumte ein, dass das bestehende Anti-Korruptionsgesetz "Pfusch" und nicht vollziehbar sei. Er zeigte aber ebenso wenig Verständnis für die nunmehrige Gesetzesänderung im Eilverfahren. Hagen erachtet es für notwendig, die Bestimmungen noch einmal ausführlich im Justizausschuss zu beraten und Einwände wie etwa von Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler zu berücksichtigen.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) meinte, wenn man die Diskussion über die vorliegenden Gesetzesänderungen verfolge, müsse man den Eindruck haben, in einem schwerst korrupten Land zu leben. Dieser Eindruck werde durch Österreichs gutes Ranking auf der Liste von "Transparency International" aber eindeutig widerlegt, skizzierte er, Österreich sei weltweit eines der "saubersten" Länder. Die vorgesehenen Änderungen wertet Schönegger als notwendig, um Rechtssicherheit zu schaffen. Er zeigte sich überzeugt, dass Österreich durch die neuen Bestimmungen im internationalen Ranking noch weiter nach vorne rutschen wird.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erinnerte daran, dass bei der Beschlussfassung des geltenden Anti-Korruptions-Gesetzes grundsätzlich alle Parteien zufrieden gewesen seien und auch die Öffentlichkeit positiv reagiert habe. Lediglich die Grünen hätten schon damals die Einbeziehung von Abgeordneten in das Gesetz gefordert. Aufregung habe es, so Zinggl, erst gegeben, als die Salzburger Festspiele durch großzügige Einladungen Schwierigkeiten befürchtet hätten. Seiner Meinung nach geht es entgegen den Beteuerungen der Koalitionsparteien nicht um Kunst und Kultur, sondern um reine Wirtschaftsinteressen. Eine Kultur, die auf "Anfüttern" und Korruption angewiesen sei, auf die könne er verzichten, sagte Zinggl.

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) schloss sich den Ausführungen von Abgeordnetem Schönegger an und hielt Abgeordnetem Zinggl entgegen, dass es nicht nur um die Bregenzer oder Salzburger Festspiele gehe. Vielmehr seien hunderte von Kleinbühnen betroffen. Für Fazekas ist, wie er sagte, klar, dass Korruption kein Kavalierdelikt sein dürfe. Deshalb kommt es ihm zufolge auch zu Verschärfungen, etwa beim Strafrahmen für echte Korruption.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) kritisierte hingegen die Aufweichung der Anti-Korruptions-Bestimmungen. Interessen von Theatern und Beherbergungsbetrieben werde der Vorzug vor der Korruptionsbekämpfung gegeben, bemängelte er. Für Hübner war die bestehende Regelung sinnvoll, wonach niemand im Zusammenhang mit seiner Amtsführung Geld von privater Seite bekommen dürfe. Es gehe nicht um aktive unerlaubte Handlungen, meinte er. Hübner versteht auch nicht, warum staatsnahe Unternehmen wie der ORF oder die ÖBB vom Gesetz ausgenommen sind.

Abgeordneter Franz EßL (V) bekräftigte, Ziel des vorliegenden Gesetzespakets sei die Korruptionsbekämpfung. Gleichzeitig wies er den entstandenen Eindruck zurück, wonach Korruption in Österreich weit verbreitet sei.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) führte aus, der vorliegende Gesetzentwurf habe die Wertigkeit "einer Rolle Klopapier". Seiner Ansicht nach genügt er internationalen Anti-Korruptions-Standards nicht und sei geradezu "eine Einladung zur Korruption". Dass Korruption in Österreich "salonfähig" sei, begründete Grosz unter anderem mit Hinweis auf den AKH- und den WEB-Skandal sowie die Causa "Euroteam" und die Vorgänge rund um den Bau des Skylink am Flughafen Wien. Der Justiz warf Grosz vor, beim Thema Korruption blind zu sein.

In einer zweiten Wortmeldung zeigte sich Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) betroffen von den Wortmeldungen seitens des BZÖ und der Grünen. Er wies den von Abgeordnetem Steinhauser vermittelten Eindruck, dass in den Reihen des Nationalrats korrupte Abgeordnete sitzen, "allerschärfstens" zurück. Donnerbauer verwies auf die Bedeutung des freien Mandats und wandte sich dagegen, die Tätigkeit von Abgeordneten "unter die Kuratel eines Gerichts zu stellen".

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) ging auf verschiedene Einzelfälle ein und erinnerte etwa an die kostenlose Erstellung einer Homepage für Ex-Finanzminister Karlheinz Grasser. Unter den geltenden Anti-Korruptions-Bestimmungen hätte diese Causa strafrechtlich verfolgt werden können, skizzierte er, durch die nunmehr vorgesehenen Gesetzesänderungen wäre das nicht mehr möglich.

Abgeordneter Johann MAIER  (S) nahm in einer zweiten Wortmeldung einige Klarstellungen vor und machte Abgeordneten Grosz darauf aufmerksam, dass die von ihm genannten Fälle unter dem Titel "Untreue" strafbar seien. Was das Sponsoring betrifft, bekräftigte er, dass es um viele kleine Kulturinitiativen gehe. Österreich bewege sich, so Maier, mit seinem Anti-Korruptions-Strafrecht im Rahmen internationaler Standards.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) erklärte, aus Sicht der FPÖ sei das Anti-Korruptions-Gesetz nicht perfekt. Er brachte den von seinem Fraktionskollegen Fichtenbauer eingebrachten Abänderungsantrag aus technischen Gründen neuerlich ein und nannte die Einbeziehung von staatsnahen Betrieben wie ÖBB und Asfinag in das Gesetz als Voraussetzung für die Zustimmung der FPÖ.

Justizministerin Claudia BANDION-ORTNER machte geltend, dass es in den Fällen AKH und WEB auch ohne Anti-Korruptions-Gesetz zu strengen Strafen gekommen sei.

Der Rückverweisungsantrag wurde abgelehnt, der Gesetzesentwurf fand, teils in der Fassung von Abänderungsanträgen, hingegen ebenso eine Mehrheit wie der Bericht des Justizausschusses.

(Schluss Justiz/Fortsetzung UVP)