Parlamentskorrespondenz Nr. 664 vom 10.07.2009

Wie kann die politische Partizipation verbessert werden?

Nationalrat debattiert Sammelbericht des Petitionsausschusses

Wien (PK) – Die direktdemokratischen Initiativen von Bürgerinnen und Bürgern in Gestalt von Petitionen und Bürgerinitiativen standen als Sammelbericht des Petitionsausschusses auf der Tagesordnung.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) hielt eine Aufwertung von Petitionen und Bürgerinitiativen sowie der Arbeit des Petitionsausschusses für angebracht und klagte über die aus seiner Sicht ungenügende und wenig medienwirksame Behandlung von Petitionen und Bürgerinitiativen im Parlament. Es herrsche Übereinstimmung darüber, dass sich die Bürger vielfach zu Recht an die Politik wenden. "Arbeiten wir daher gemeinsam an einer Aufwertung von Bürgeranliegen im Parlament", sagte Abgeordneter Vock.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) würdigte die gute Zusammenarbeit der Fraktionen im Petitionsausschuss und begrüßte die Senkung des Mindestalters für das Einbringen von Bürgerinitiativen. In der Diskussion um die Aufwertung des Ausschusses schlug die Rednerin vor, das Petitionsrecht nach deutschem Vorbild auszubauen und darüber auch im Geschäftsordnungsausschuss zu beraten. Auch Lohfeyer trat für mehr Bürgernähe in der Politik und für mehr Bürgermitbestimmung ein.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) rief dazu auf, die Anliegen der Bürger ernst zu nehmen und sah Reformbedarf bei der parlamentarischen Behandlung von Petitionen und Bürgerinitiativen. Man sollte neue technische Möglichkeiten für die politische Partizipation nutzen und dem Ausschuss die Möglichkeit geben, selbst Experten zu laden. Auch könnte man im Petitionsausschuss nach deutschem Vorbild öffentlich tagen. Für unverständlich hielt es Pirklhuber, Bürgerinitiativen einfach zur Kenntnis zu nehmen, aber keine weiteren Konsequenzen zu ziehen, auch wenn man erkenne, dass das angesprochene Problem gravierend sei, wie die Sicherheitsfragen beim AKW Mochovce.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) gab ihren Vorrednern Recht, es gelte Bürgerinitiativen und Petitionen ernst zu nehmen. Der Ausschuss arbeite konstruktiv, Höllerer schloss sich aber dennoch Überlegungen an, seiner Arbeit künftig einen höheren Stellenwert zu geben. Das sollten uns die Anliegen der BürgerInnen wert sein, sagte die Rednerin. In der Frage Atomenergie müsse Österreich die Souveränität anderer Länder anerkennen und zugleich auf ein Maximum an Sicherheit achten.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) unterstrich die Ausführungen ihrer VorrednerInnen und gab ihrer Überzeugung Ausdruck, man sollte sich im Ausschuss stärker inhaltlich mit den Petitionen und Bürgerinitiativen auseinandersetzen. Es reiche nicht aus, die Materien anderen Ausschüssen zuzuweisen. Man sollte sich rasch Gedanken über eine neue Vorgangsweise im Ausschuss machen, es bestehe dringender Handlungsbedarf, sagte die Obfrau des Petitionsausschusses und schlug vor, periodisch einen Bericht über die Basisdemokratie in Österreich herauszugeben, dem zu entnehmen sei, was aus Petitionen und Bürgerinitiativen letztlich werde.

Abgeordneter Johann HELL (S) konzentrierte sich auf Verkehrsprobleme, die von Bürgern an den Petitionsausschuss herangetragen wurden, etwa um Klagen wegen Fahrplanverschlechterungen. Den ÖBB sei zu danken, dass sie positiv auf die Beschwerden reagiert haben. Von Seiten der Politik müsse man den Bürgern aber die unbefriedigende Antwort geben, dass die Politik keinen Einfluss auf Fahrplanentscheidungen bei den Bundesbahnen habe.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) befasste sich mit der Bürgerinitiative der "Aktion Leben", die ein kinder- und elternfreundliches Österreich fordere und sprach sich dringend für eine Änderung des Schadenersatzrechts aus, um zu verhindern, dass nach der Geburt behinderter Kinder Ärzte haftbar gemacht und ethisch unvertretbare Urteile gesprochen werden, in denen Menschen als "Schadensfälle" abgehandelt werden.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B)bekräftigte die Ablehnung der Nutzung der Kernenergie und kritisierte die Bundesregierung, die weder eine wirksame Klimaschutzpolitik, noch eine wirksame Anti-AKW-Politik betreibe. Desinteresse zeige die Bundesregierung auch an einer Politik für ein energieautarkes Österreich, sowie gegenüber der berechtigten Sorge der Bürger um die Sicherheit des Kernkraftwerks Mochovce. Der Redner verlangte eine entschiedenere Förderung der thermischen Sanierung, die ein Jobmotor sei und ein effizienter Beitrag zum Klimaschutz. Es drohten auch Biogasanlagen geschlossen zu werden, weil ihnen wegen der Blockade des Ökostromgesetzes kostendeckende Einspeistarife fehlten. In einem Entschließungsantrag fordert Widmann deshalb einen Gesetzentwurf zur Beendigung des Stillstandes im Ökostrombereich sowie Maßnahmen für einen niedrigeren Strompreis.

Abgeordneter Hermann LIPITSCH (S) schloss sich der Forderung von BürgerInnen nach Ausbau der Bahnstrecke über den Pass Lueg an. Es brauche eine attraktive Bahnverbindungen zwischen Salzburg und dem südlichen Landesteil. Lob zollte der Abgeordneter Ministerin Bures für deren Engagement zugunsten regionaler Bahnstrecken.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) sprach sich gegen die verlangte Abschaffung der obligatorischen Impfungen gegen die Blauzungenkrankenheit aus, weil dies den Viehbestand gefährden würde. Kritik an der Rolle der AMA bei der Vergabe von Agrarförderungen wies der Redner mit dem Hinweis darauf zurück, dass Österreich bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln aus Brüssel eine hervorragende Bilanz habe. Das soll auch so bleiben, meinte Schmuckenschlager.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) zeigte Befriedigung darüber, dass es gelungen sei, Petitionen und Bürgerinitiativen vom Verfall am Ende der Gesetzgebungsperiode zu befreien und damit sicherzustellen, dass Bürgeranliegen in jedem Fall parlamentarisch behandelt werden.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) machte darauf aufmerksam, dass politische Bildung in den Handelsakademien und Handelsschulen im Zusammenhang mit den Rechtfächern auf hohem Niveau unterrichtet werde. Die Abgeordnete setzte sich dafür ein, den Unterricht in politischer Bildung bundesweit zu evaluieren und die Weiterbildung der Pädagogen zu intensivieren. Das UG will Cortolezis-Schlager zum Vorbild für die Reform der Pädagogischen Hochschulen nehmen.

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) macht auf die Petition der Gebirgsgemeinde Kleinsölk aufmerksam, die die Aufrechterhaltung ihrer postalischen Versorgung verlangt hat. Dabei gehe es insbesondere um das Bedürfnis älterer Menschen, nicht kilometerlange Märsche in ein anderes Tal unternehmen zu müssen, wenn sie Postdienstleistungen in Anspruch nehmen wollen. Die Petition war erfolgreich, sagte Spindelberger und sprach von einem Happy end.

Abgeordnete Gertrude AUBAUER (V) regte eine Informationskampagne des Parlaments an, um den Bürgern die Möglichkeiten aufzuzeigen, die sie haben, um an der Politik mitzuwirken. Das wäre auch eine wichtige Aktion gegen die Politikverdrossenheit.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) unterstützte die Forderung, Kinderrechte in der Verfassung zu verankern. Dieses Anliegen werde bereits seit den achtziger Jahren vertreten und entspreche der UN-Kinderrechtskonvention. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, haben die oberösterreichischen Kinderfreunde mehr als 11.000 Unterschriften gesammelt, sagte die Abgeordnete und sprach ihre Hoffnung auf eine positive Behandlung im Verfassungsausschuss aus.

Abgeordneter Gerhard STEIER (S) befasste sich mit der Petition gegen LKW-Dauerparken im Siedlungsgebiet, wies auf die dadurch bedingte Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit hin und begrüßte die Behandlung dieses Problems im Verkehrsausschuss.

Der Bericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag des BZÖ erzielte keine Mehrheit und wurde abgelehnt. (Schluss Petitionen/Forts. Verkehr)