Parlamentskorrespondenz Nr. 780 vom 23.09.2009

Aktuelle Stunde im Nationalrat: Wie sicher ist Österreich?

FPÖ warnt vor steigender Kriminalität - Fekter meldet Polizeierfolge

Wien (PK) - Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER leitete die 37. Sitzung des Nationalrats mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "Kampf dem Verbrechen statt leerer Versprechen" ein, die Themenauswahl oblag der FPÖ. Im Vorfeld der Landtagswahlen in Oberösterreich am kommenden Sonntag gingen viele Redner auf die Sicherheitssituation in diesem Bundesland ein.

Abgeordneter Manfred HAIMBUCHNER (F) warf Innenministerin Fekter und der ÖVP vor, immer wieder zu betonen, wie sicher Österreich sei. Tatsächlich sei Österreich im Vergleich mit vielen anderen Ländern relativ sicher. Man dürfe aber die explodierende Kriminalität in den letzten Jahren nicht leugnen, sagte Haimbuchner, und erinnerte an die Zunahme der Zahl der Straftaten seit 2001 um 8 % auf 76.425. Verantwortlich dafür sei die ÖVP, weil es deren Innenministern nur darum gegangen sei, den Polizeiapparat auf "schwarz" umzufärben. Auf die Kriminalstatistik eingehend wies der Abgeordnete auf den enormen Zuwachs bei fremden Tatverdächtigen sowie bei der Kriminalität von Asylwerbern hin und klagte anhand konkreter Fälle darüber, dass Gewalttäter nicht abgeschoben werden, sondern weiterhin auf Kosten der ÖsterreicherInnen im Land leben können.

Außerdem setzte sich der Abgeordnete mit der steigenden Jugendkriminalität in Linz und mit der starken Zunahme bei Einbruchs- und Drogendelikten auseinander. Wenn die Innenministerin nun ankündige, die Zahl der Exekutivbeamten in Oberösterreich aufzustocken, sollte sie auch mitteilen, wie viele Polizisten in nächster Zeit in Pension gehen werden, sagte Haimbuchner. Die FPÖ würde jedenfalls für mehr Sicherheit sorgen.

Innenministerin Maria Theresia FEKTER zeigte sich stolz darauf, dass Österreich beim Thema Sicherheit unter 133 Staaten an 6. Stelle liege, bekannte sich aber gleichzeitig zu ihrem Ziel, Österreich zum sichersten Land der Welt zu machen. Ihre Prioritäten lauteten: Maßnahmen gegen die Einbruchskriminalität, ein geordnetes Fremdenrecht und Integration. Gegen die Einbruchskriminalität habe sie die Ermittlungsmannschaften aufgestockt, die Strategie modernisiert und Methoden eingeführt, um besser gegen ausländische Banden vorgehen zu können. Oberösterreich werde bis 2011 400 neue PolizistInnen bekommen, bei 200 Pensionierungen bedeutet dies einen Zuwachs von 200 BeamtInnen.

In der SOKO Ost arbeiten die Landespolizeikommanden von Wien, Niederösterreich und dem Burgenland intensiv und mit Erfolg zusammen - die Zahl der Einbruchsdelikte gehe bereits zurück. Diese Strategie soll weiterentwickelt und auch die Kooperation mit den Herkunftsländern vieler Tätergruppen weiter ausgebaut werden. Als weitere Schwerpunkte nannte Fekter den Schutz vor Dämmerungseinbrüchen, den Schutz der Benützer öffentlicher Verkehrsmittel und den Kampf gegen die Drogenkriminalität.

Die Behauptung, die Kriminalität nehme in Oberösterreich zu, sei falsch, tatsächlich gehe sie seit neun Monaten zurück. Die seit dem letzten Herbst eingesetzte Strategie sei laut Fekter erfolgreich. Es bestehe kein Anlass für irgendeine Unsicherheitspropaganda. Beim Thema Abschiebung krimineller Asylwerber appellierte die Innenministerin an die Abgeordneten, dem Entwurf zur Novellierung des Fremdenrechts zuzustimmen, um den Missbrauch des Asylrechts durch Kriminelle entgegenzuwirken. Zugleich bekannte sich die Innenministerin mit Nachdruck dazu, menschenrechtskonform vorzugehen und verfolgte Menschen zu schützen.

Abgeordneter Otto PENDL (S) bezeichnete die Sicherheit als ein Grundrecht der Bürger und unterstrich das entschlossene Eintreten der Sozialdemokraten für die Verbesserung der Sicherheit. Die FPÖ trage durch das "Wegrationalisieren" von PolizeibeamtInnen in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung Verantwortung dafür, dass heute weniger Exekutivbeamte zur Verfügung stehen als vor 10 Jahren. Daher begrüßte Pendl die unter Bundeskanzler Faymann getroffenen Entscheidungen, mehr Polizisten auszubilden und ihre Ausrüstung zu verbessern. Auch Abgeordneter Pendl machte auf den Rückgang der Kriminalität in den letzten Monaten aufmerksam und dankte unter allgemeinem Beifall den ExekutivbeamtInnen für ihre hervorragende Arbeit im Interesse der BürgerInnen des Landes. Der FPÖ warf Pendl vor, in der Diskussion über die Kriminalitätsbekämpfung einzelne Völker pauschal zu verurteilen. Es gelte, das sensible Gut der Sicherheit zu schützen, zugleich aber auf die Verunsicherung der Menschen zu verzichten und mit Menschlichkeit vorzugehen.

Abgeordneter Günter KÖßL (V) schloss sich seinem Vorredner an und drängte darauf, bei der Reform des Fremdenrechts rasch die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Angstmacherei und Populismus lehnte Kößl ab und lobte die ExekutivbeamtInnen für ihre Erfolge im Kampf gegen die Kriminalität und für die steigenden Aufklärungsquoten. Die Maßnahmen der Innenministerin zur Anpassung der Polizeistrukturen an die gewachsenen Anforderungen seien erfolgreich, hielt Kössl fest und bezeichnete DNA-Analysen als ein wichtiges Ermittlungsinstrument. Auch bekannte sich Kössl dazu, die gesetzlichen Bedingungen für die Arbeit der Polizei weiter zu verbessern.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) befasste sich mit der steigenden Kriminalität, insbesondere bei Wohnungs- und Hauseinbrüchen, machte darauf aufmerksam, dass 45 % aller Verbrechen in der Bundeshauptstadt begangen werden, und wandte sich gegen jede Schönfärberei der Innenministerin. Die ExekutivbeamtInnen klagten über personelle Unterbesetzung und mangelhafte Ausrüstung, berichtete der F-Klubobmann und kritisierte Mängel bei der Verbrechensprävention, weil weniger PolizeibeamtInnen im Einsatz seien als noch 1999. Die Einrichtung der SOKO Ost nannte Strache "einen Schildbürgerstreich" der Innenministerin, weil dort Beamte aus anderen Bundesländern zusammengezogen würden, die in ihren Heimatregionen fehlten. Die Tätigkeit osteuropäischer Banden in Österreich verdiene besondere Aufmerksamkeit, sagte Strache und verlangte, 3.000 zusätzliche PolizeibeamtInnen einzusetzen und die Schengengrenzen wieder zu kontrollieren.

Auch Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) wies die Aussage der Innenministerin, die Kriminalität sinke, zurück und erinnerte daran, dass allein in Oberösterreich bereits 50.000 Menschen Opfer von Straftaten geworden seien. Österreichweit würden pro Stunde 68 Delikte begangen, sagte der Redner und brachte die starke Kriminalitätsentwicklung in Linz zur Sprache. Die Innenministerin verfolge aber lieber Oppositionsabgeordnete mit ihrer "schwarzen Geheimpolizei", sagte Westenthaler pointiert. Die Opposition werde sich aber trotz Bespitzelung nicht daran hindern lassen, sich weiterhin für die Sicherheit und für die Interessen der Menschen in diesem Land einzusetzen. Denn es genüge nicht, Sonderkommanden einzurichten und Häftlinge früher zu entlassen. Es gehe vielmehr darum, die Ostgrenzen wieder dicht zu machen und den Terrorismus auch in Österreich erfolgreich zu bekämpfen.

Abgeordnete Alev KORUN (G) befasste sich ebenfalls mit der steigenden Zahl von Wohnungseinbrüchen und der sinkenden Aufklärungsquote, insbesondere in Wien, wandte sich aber zugleich entschieden dagegen, die Themen Einwanderung und Kriminalität miteinander zu verknüpfen. In diesem Zusammenhang sprach sich die Abgeordnete dagegen aus, die Angehörigen mancher Ethnien speziell zu befragen sowie dagegen, DNA-Tests nur deshalb einzusetzen, weil jemand ein Formular falsch ausgefüllt habe.

Abgeordnete Gisela WURM (S) zeigte sich erfreut darüber, dass es im Kampf gegen die Kriminalität gelungen sei, eine Trendwende herbeizuführen und dankte der Polizei für ihre punktgenaue Arbeit. Künftig gelte es, die Polizeireform zu evaluieren und die Prävention in den Ballungsräumen zu verbessern. Außerdem drängte die Abgeordnete darauf, mobile Einsatzkommanden für die mittlere Gefahrenlage zu schaffen und Maßnahmen gegen Gewalttaten in den Familien zu intensivieren. Außerdem setzte sich Abgeordnete Wurm für entschlossenes Vorgehen gegen den Menschenhandel und gegen die Zwangsprostitution geschleppter Frauen und Mädchen aus dem Osten ein. Diese Menschen brauchten Notwohnungen und Zeugenschutz, um gegen ihre Peiniger vorgehen zu können, schloss Wurm.

Abgeordneter Norbert KAPELLER (V) forderte den Hauptredner der FPÖ auf, richtige Zahlen zu verwenden und meinte, man solle Mut machen und nicht Angst verbreiten. Oberösterreich, ein Land mit Ballungszentren und Grenzraum, habe es geschafft, die Trendwende herbeizuführen, unterstrich der Abgeordnete, und wies darauf hin, dass in seinem Bundesland beim Einbruchsdiebstahl ein Rückgang sowohl im Grenzraum als auch im Ballungsraum Linz zu verzeichnen sei. Im letzten Vierteljahr sei das Delikt Einbruchsdiebstahl um 10 % auch in Linz zurück gegangen. Das führte er auf die gute Arbeit der Polizei und auf die kriminalstrategische Arbeit der oberösterreichischen Polizeiführung zurück. Voraussetzung für solche Erfolge sei auch eine vorausschauende Politik.

Abgeordnete Harald VILIMSKY (F) fasste die Debatte aus seiner Sicht zusammen: Die ÖVP sage, sie habe die beste Sicherheitspolitik, aber die Fakten sprächen eine andere Sprache; die SPÖ habe zur Sicherheitspolitik nicht viel zu sagen, weil sie ihre "Wunden leckt" und darüber nachdenkt, wie sie ihre Genossen vor der Wählerflucht retten könne, und die stärkste Oppositionspartei, die FPÖ, zeige Dinge auf, die der Ministerin unangenehm sind. Aber wenn die FPÖ die Dinge nicht aufzeige, dann tue dies niemand, sagte Vilimsky. Die Regierungsparteien ließen die Exekutive im Regen stehen und sorgten nicht für ordentliche Bedingungen sowie für eine ordentliche Besoldung der ExekutivbeamtInnen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) replizierte auf Norbert Kapeller und meinte, die Menschen wollten nicht bei der Hand genommen werden, sondern PolitikerInnen beim Wort nehmen. Die Menschen – auch in Oberösterreich - hätten es satt, ständig mit leeren Versprechungen vor den Wahlen hingehalten zu werden. Sicherheit sei für die Menschen ein Maßstab für die Lebensqualität und diese gerate gehörig ins Wanken, wenn man mit den Menschen spricht. Die Menschen hätten nämlich Angst und das Gefühl der zunehmenden Unsicherheit. So habe in Linz im Jahr 2009 bei Einbrüchen in Betriebsgebäude, bei Scheckbetrug, bei Diebstahl von Geld aus Geldausgabeautomaten und bei Raubüberfällen auf Postämter kein einziger Täter ausgeforscht werden können. Da könne doch die Welt nicht in Ordnung sein, befand Haubner.

Abgeordneter Peter PILZ (G) erklärte, alle seien sich einig, in Österreich gebe es ein Problem mit den Ausländern, gleichgültig ob es moldavische oder georgische Einbrecherbanden oder Drogendealer aus verschiedenen Staaten der Welt seien. Man brauche eine Kriminalpolizei, die die Bevölkerung vor Kriminellen – egal ob Ausländer oder Inländer – wirkungsvoll schützen könne, und eine Innenministerin, die diese Kriminalpolizei mit all ihren Kräften unterstütze. Diese Innenministerin hätten wir aber nicht, unterstrich Pilz; es sei nicht Schuld der Wiener oder Linzer KriminalbeamtInnen, dass die Aufklärungsquoten in österreichischen Großstädten etwa bei einem Fünftel der deutschen Großstädte liege. Das sei die Schuld von Parteibuchwirtschaftsexzessen, Umfärbungen und einer völlig missglückten parteipolitischen Polizeireform, für die die Kriminalpolizei einen viel zu hohen Preis zahle. Rassismus sei keine Antwort auf die Sicherheitsbedürfnisse der Bevölkerung, betonte Pilz. Den Vorschlag von Strache, aufgrund der Sprach- und Kulturkenntnisse georgische, moldavische und tschetschenische PolizistInnen in Österreich einzusetzen, nannte Pilz vernünftig und möchte ihn umgesetzt sehen. (Schluss Aktuelle Stunde/Forts. NR)