Parlamentskorrespondenz Nr. 790 vom 24.09.2009

Vorlagen: Inneres

Umfangreiche Änderungen im fremdenrechtlichen Bereich

Zahlreiche Änderungen beinhaltet das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 (330 d.B.). So werden etwa im Rahmen des Asylgesetzes Sondernormen betreffend den Abschiebeschutz bei Folgeanträgen vorgeschlagen, um jene Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse an einem neuerlichen Asylverfahren besteht, möglichst früh von missbräuchlichen Antragstellungen zu unterscheiden. Der faktische Abschiebeschutz, der in der Regel mit der Antragstellung verbunden ist, kann unter bestimmten Voraussetzungen vom Bundesasylamt mittels Bescheid aufgehoben werden, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz stellt und es sich um einen Folgeantrag handelt. Die Aufhebung ist vom Asylgerichtshof in allen Fällen auf die Rechtmäßigkeit zu überprüfen; diese Überprüfung hat keine aufschiebende Wirkung, mit der Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen ist aber drei Tage zuzuwarten.

Bei straffällig gewordenen Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten soll von Amts wegen ein Verfahren zur Aberkennung ihres Schutzstatus eingeleitet werden, wenn das Vorliegen einer Aberkennungsvoraussetzung wahrscheinlich ist. Bei Straffälligkeit kommt es nach fünf Jahren nicht mehr zu einer unwiderleglichen Aufenthaltsverfestigung; ändern sich die Umstände im Herkunftsland, ist der Status auch noch nach diesem Zeitraum abzuerkennen.

Erstmals soll zudem der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt werden, wenn der Fremde schwere Straftaten begeht. Ist eine Abschiebung dieses Fremden aufgrund der Situation im Herkunftsland nicht zulässig, ist dessen Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich geduldet und es ist ihm eine Karte für Geduldete, die lediglich dem Nachweis der Identität dient, auszustellen. Straffällig gewordene Familienangehörige können sich in Zukunft nicht mehr auf die Sonderbestimmungen für Familienverfahren berufen; sie erhalten nur mehr den Status eines Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten.

Neu eingeführt wird eine Meldeverpflichtung für Asylwerber im Zulassungsverfahren, wenn sich eine negative Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz abzeichnet. Diese Fremden haben sich in periodischen Abständen bei einer Polizeiinspektion zu melden. Sind sie in einer Betreuungseinrichtung untergebracht, gilt die Meldeverpflichtung als verletzt, wenn sie dort über einen Zeitraum von 48 Stunden nicht anwesend sind. Die Verletzung der Meldeverpflichtung ist verwaltungsstrafrechtlich sanktioniert. Eine weitere Meldeverpflichtung wird für Asylwerber eingeführt, die über keine eigene Unterkunft verfügen und daher lediglich eine Hauptwohnsitzbestätigung vorlegen können. Sowohl die Verletzung der Gebietsbeschränkung als auch die Verletzung der Meldeverpflichtungen stellen spezifische Schubhafttatbestände dar.

Das Familienverfahren wird dahingehend geändert, dass diese Bestimmungen auf EWR- und Schweizer Bürger und auf Familienangehörige von Fremden, die im Rahmen eines Familienverfahrens bereits einen Schutzstatus erhalten haben, nicht mehr anwendbar sind.

Im neuen Fremdenpolizeigesetz werden die Schubhafttatbestände geändert. Unter bestimmten Voraussetzungen – insbesondere bei Vorliegen eines Folgeantrags, einer zurückweisenden Entscheidung in einem Dublin-Verfahren, bei Verletzung der Meldeverpflichtung oder der Gebietsbeschränkung – ist Schubhaft zu verhängen, wenn eine Ausweisung bereits vorliegt oder ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde.

Neu eingeführt wird die "Identitätskarte für Fremde". Diese dient dazu, Fremden, die sich rechtmäßig in Österreich aufhalten, denen aber kein Fremden- oder Konventionsreisepass ausgestellt werden kann, ein Ausweisdokument zur Verfügung zu stellen.

Im Rahmen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes wird das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht geändert. Es wird nunmehr zwischen einem Aufenthaltsrecht über drei Monate und dem Daueraufenthaltsrecht unterschieden. Das Aufenthaltsrecht für mehr als drei Monate bleibt so lange bestehen, als die Voraussetzungen erfüllt sind oder einer der Aufrechterhaltungsgründe greift. Das Daueraufenthaltsrecht wird in der Regel nach fünf Jahren durchgehenden und rechtmäßigen Aufenthalts erworben und geht bei Abwesenheit von mehr als zwei Jahren verloren.

Für den Fall, dass eine Zwangsheirat vorliegt, kann sich keiner der beiden Ehegatten für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltsrechts auf diese Ehe berufen.

Aufenthaltsbewilligungen für Forscher können künftig für die Dauer von zwei Jahren ausgestellt werden, danach besteht die Möglichkeit, eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" zu erteilen.

Fremde, die über einen Status als subsidiär Schutzberechtigte verfügen, können künftig nach fünf Jahren eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" erhalten.

Unrechtmäßig aufhältigen minderjährigen Kindern, die entweder unbegleitet sind oder sich aus anderen Gründen nicht bloß vorübergehend in der Obsorge eines Jugendwohlfahrtsträgers oder von Pflegeeltern befinden, ist unter erleichterten Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen.

Änderungen gibt es auch im Staatsbürgerschaftsrecht. So wird normiert, dass Ehegatten von Österreichern, die bei einer inländischen Gebietskörperschaft oder einer österreichischen Körperschaft öffentlichen Rechts im Ausland tätig sind, nicht mehr in Österreich niedergelassen sein müssen, um die Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft zu erfüllen.

In Entsprechung eines VfGH-Erkenntnisses soll die Verleihung der Staatsbürgerschaft an ein minderjähriges Adoptivkind eines Auslandsösterreichers unter bestimmten Voraussetzungen auch dann möglich sein, wenn das Adoptivkind nicht in Österreich niedergelassen ist.

Das Gelöbnis bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft wird um ein Bekenntnis zu den Grundwerten eines demokratischen Staates und seiner Gesellschaft erweitert.

Der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderliche Nachweis der Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Österreichs und des jeweiligen Bundeslandes gilt auch dann als erbracht, wenn der Fremde in Österreich den Abschluss des Unterrichtsgegenstandes "Geschichte und Sozialkunde" auf dem Niveau der 4. Klasse Hauptschule nachweisen kann.

Da sich in Verfahren Fremde oftmals auf ihre Minderjährigkeit berufen, ohne diese nachweisen zu können, soll nun die Möglichkeit radiologischer Untersuchungen im Rahmen einer multifaktoriellen Untersuchungsmethodik zur Altersdiagnose bei angezweifelter Minderjährigkeit in das AsylG, FPG, NAG und StbG eingeführt werden.

Schieß- und sprengmittelrechtliche Normen neu geregelt

 

Im Sprengmittelgesetz 2010 (331 d.B.), das das Gesetz aus 1935 ersetzt, werden die Herstellung, die Verarbeitung, der Handel, der Erwerb, der Besitz, die Überlassung, die Ein- und Durchfuhr und das Lagern von Schieß- und Sprengmitteln geregelt. Sprengmittel sind Sprengstoffe und Zündmittel (z.B. Sprengkapseln). Gebräuchliche Schießmittel sind Schwarz- und Nitrozellulosepulver.

 

Um Schieß- und Sprengmittel herstellen zu dürfen, muss zunächst eine allgemeine Bewilligung, die "allgemeine Herstellerbefugnis" erteilt werden. Diese bekommt, wer verlässlich ist, seinen Wohnsitz im Inland hat, ein Chemiestudium und eine zweijährige Berufspraxis absolviert hat. Nicht verlässlich ist etwa, wer suchtkrank ist oder eine Straftat unter Anwendung oder Androhung von Gewalt begangen hat.

 

Für die Erzeugung eines bestimmten Schieß- und Sprengmittels ist darüber hinaus auch eine "Erzeugungsgenehmigung" einzuholen, welche sicherstellt, dass nur ein Schieß- und Sprengmittel hergestellt wird, das bei der Handhabung die Ansprüche an die Sicherheit erfüllt.

 

Um mit Schieß- und Sprengmitteln handeln zu dürfen, muss eine "Handelsbefugnis" erteilt werden. Diese bekommt, wer 21 Jahre alt und verlässlich ist, seinen Wohnsitz im Inland hat, Sprengbefugter ist, über eine entsprechende Ausbildung (einschlägige Lehre, HTL oder Studium der Chemie) verfügt und eine zweijährige Berufspraxis auf diesem Gebiet nachweisen kann.

 

Der Besitz und Erwerb werden durch die Ausstellung eines Schieß- oder Sprengmittelscheins bewilligt. Die hierfür notwendigen Voraussetzungen sind die Verlässlichkeit, Ausbildung zum Sprengbefugten (nicht beim Schießmittelschein), sachlich berechtigtes Interesse an Sprengarbeiten (z.B. Betrieb eines Sprengunternehmens oder Lawinensprengung) oder an der Verwendung von Schießmitteln sowie eine sichere Lagerung.

 

Werden Schieß- und Sprengmittel gelagert, müssen durchgängig Aufzeichnungen (Verzeichnisse) über den Bestand geführt werden. Für diese Aufzeichnungen ist eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren vorgesehen. Im Hinblick auf die Missbrauchsgefahr ist eine periodische Überprüfung der Verzeichnisse und Lager durch die Behörde vorgesehen. Nicht ordnungsgemäße Führung der Verzeichnisse oder nicht ordnungsgemäße Lagerung stellt eine Verwaltungsübertretung dar.

 

Eine besondere Bewilligung ist für den Betrieb eines Mischladegeräts vorgesehen. Mischladegeräte sind Vorrichtungen für das Mischen und Laden von chemischen Stoffen und Trockenkomponenten, die sich in getrennten Gebinden auf einem Trägerfahrzeug befinden. Diese werden erst durch ihre Vermischung an der Verwendungsstelle zu Sprengstoff und unverzüglich nach dem Laden versprengt.

 

Für besonders schwere Verstöße gegen dieses Bundesgesetz, wie die Herstellung von, der Handel mit, der Besitz und die Überlassung von Sprengmitteln ohne die dafür jeweils vorgesehenen Bewilligungen sind gerichtliche Strafen vorgesehen. (Schluss)