Parlamentskorrespondenz Nr. 820 vom 06.10.2009

Diskussion über österreichische Klimaschutzpolitik im Ausschuss

Anträge der Grünen wurden mehrheitlich vertagt

Wien (PK) – Im zweiten Teil der Sitzung des Umweltausschusses befassten sich die Mandatare mit vier Anträgen der Grünen zum Thema Klimaschutz, die alle mehrheitlich vertagt wurden. Die G-Abgeordnete Christiane Brunner forderte unter anderem die rasche Verabschiedung eines Klimaschutzgesetzes mit klaren und überprüfbaren Zielen, Sofortmaßnahmen des Bundes im Rahmen eines Klimaschutzgesetz-Pakets mit dem Schwerpunkt thermische Sanierungsoffensive, eine Harmonisierung der Wärmeschutzstandards in den Bauordnungen der Länder oder alternativ eine bundesweit einheitliche Vorgabe für Emissionsobergrenzen von Gebäuden, eine Weiterentwicklung der NoVA, sowie die Festlegung von Leitlinien zur Ökologisierung des Beschaffungswesens im Vollziehungsbereich des Bundes unter besonderer Berücksichtigung der Energieeffizienz.

Die Grünen Initiativen zur Klimaschutzpolitik

Abgeordnete Christiane Brunner (G) meinte, man könne angesichts der Ergebnisse sehr wohl von einer desaströsen Klimaschutzpolitik in Österreich sprechen. So sind etwa die Treibhausgasemissionen in Österreich seit 1990 nicht um 13 % gesunken, wie man sich in Kyoto verpflichtet habe, sondern um 11 % gestiegen; es wurde also nichts eingespart. Die Argumentation, man habe sich einfach zu ehrgeizige Ziele gesetzt, könne sie daher nicht gelten lassen. Entscheidend werde sein, welche Ergebnisse bei der Klimakonferenz in Kopenhagen erzielt werden, da nun rasch gehandelt werden müsse. Ein wichtiges Anliegen war ihr, dass auch in Zukunft nicht auf die Atomkraft gesetzt wird und dass diese Form der Energiegewinnung nicht als Klimaschutzmaßnahme anerkannt wird.

Angesichts der "desaströsen Ergebnisse der österreichischen Klimaschutzpolitik" der letzten Jahre forderte sie daher im Namen der Grünen von der Bundesregierung ein Klimaschutzgesetz, das unter anderem folgende Eckpunkte enthält: die Verankerung eines verfassungsrechtlichen Gebots zur langfristigen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 30 % gegenüber 1990 bis 2020 und um 80 % bis 2050 durch Maßnahmen ausschließlich im Inland, die Bedarfskompetenz des Bundes für Klimaschutzmaßnahmen, klare Prinzipien für die Verteilung der Emissionsreduktionsziele zwischen Bund und Ländern, die Festlegung von Sanktionen und die Verpflichtung zur Nachbesserung bei Zielverfehlungen sowie die Entwicklung eines Energieplans zur Umsetzung der Ziele.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) schloss sich seiner Vorrednerin an und sprach ebenfalls von einer dramatischen Situation. Dass eine effiziente Klimaschutzpolitik Wirkung zeigt, beweise das oberösterreichische Erfolgsmodell, wo seit 2007 der Energieverbrauch und das Wirtschaftswachstum entkoppelt werden konnten. Für wichtig erachtete er auch, dass der Minister "best-practice-Projekte" im Bereich der erneuerbaren Energien aufgreife und publik mache, damit "das Rad nicht immer von neuem erfunden werden müsse".

Abgeordnete Petra Bayr (S) sprach den G-Entschließungsantrag betreffend die Forderung nach einer ökologischen und klimagerechten Beschaffung des Bundes an. Sie wolle dies noch umfassender sehen, da dabei auch soziale und ethische Kriterien (z.B. Verbot von Kinderarbeit) als auch die Umsetzung von Frauenfördermaßnahmen berücksichtigt werden sollten. Bayr gab zu bedenken, dass heuer noch ein nationaler Aktionsplan zur nachhaltigen Beschaffung vorgelegt werden soll, weshalb sie einen Vertagungsantrag stelle. Schließlich war sie noch der Auffassung, dass Österreich ein Energieeffizienzgesetz braucht.

Abgeordnete Gabriela Moser (G) bedauerte, dass die Vertreter aller Parteien zwar den meisten Forderungen der Grünen zustimmen, dennoch die Anträge aber dann mehrheitlich vertagen. Sie fragte den Minister, was er inzwischen tun wolle und welche Position Österreich bei der Klimakonferenz in Kopenhagen vertrete. Moser wollte auch wissen, in welcher Höhe die Strafzahlungen ausfallen werden, wenn Österreich die Klimaschutzziele nicht einhält.

Abgeordneter Walter Schopf (S) wies darauf hin, dass im Bereich des Klimaschutzes schon einiges erreicht wurde, wie etwa die erfolgreiche Fördermaßnahme für die thermische Sanierung im Rahmen des zweiten Konjunkturpakets.

Abgeordneter Bernhard Vock (F) lehnte eine Weiterentwicklung der NoVA ab, da er grundsätzlich gegen diese Steuer sei, mit der die Autofahrer nur geschröpft würden. Wenn man ökologische Ziele verfolge, müsse man in anderen Bereichen (z.B. bei der Förderung von Elektrofahrzeugen) ansetzen, meinte er.

Abgeordneter Konrad Steindl (V) erinnerte daran, dass die NoVA bereits ein Bonus-Malus-System beinhalte und dass Österreich hinsichtlich der Besteuerung europaweit mit an der Spitze liege. Den Einsatz von Elektrofahrzeugen müsse man auch hinterfragen, meinte er, da ein Großteil des Stroms in Kohlekraftwerken gewonnen wird.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) schlug vor, dass die NoVA von einer motorbezogenen Versicherungssteuer hin zu einem verbrauchsbezogenen Modell entwickelt werden sollte, weil damit seiner Ansicht nach ein guter Lenkungseffekt erreicht werden könnte.

Er stehe Vertagungsanträgen grundsätzlich nicht negativ gegenüber, wenn die Anregungen der Opposition dann auch in konkrete Gesetze einfließen, meinte Abgeordneter Robert Lugar (B). Angesichts der gestiegenen C02-Emissionen seien auf jeden Fall rasche Maßnahmen dringend erforderlich. Die vom Minister angestrebte Energieautarkie Österreichs hielt er für kaum umsetzbar in der Praxis.

Bundesminister Nikolaus Berlakovich bekräftigte nochmals das Vorhaben seines Ressorts, gemeinsam mit den Bundesländern die Klimaschutzziele zu erreichen; entsprechende Verhandlungen laufen bereits. Auch wenn die thermische Sanierungsoffensive des Bundes ein großer Erfolg war, so entscheiden die Länder über einen größeren Teil der Mittel in diesem Bereich (Wohnbauförderung), gab er zu bedenken. Was die möglichen Strafzahlungen angeht, so sind davon nur Betriebe betroffen. Wenn die Nationalstaaten die Ziele nicht erreichen, dann müssen sie Emissionszertifikate zukaufen.

Sodann ging Berlakovich auf die Klimakonferenz in Kopenhagen ein, an deren positiven Ausgang die EU eine sehr großes Interesse habe. Die Europäische Union sei seiner Meinung nach die einzige Region der Welt, die so geschlossen vorgeht und sich zudem darauf geeinigt hat, die klimaschädlichen Emissionen bis 2020 um zumindest ein Fünftel im Vergleich zu 1990 zu reduzieren. Er stehe auch dazu, dass die Atomkraft in Österreich für ihn keine Option sei. Allerdings gab der Minister zu bedenken, dass viele Länder nicht so sehr die Wasserkraft nutzen können wie Österreich, weshalb bedauerlicherweise zahlreiche Staaten auf die Atomkraft setzen. Um den Ländern aber Alternativen anbieten zu können, strebe man die Entwicklung von Energiepartnerschaften, wie etwa mit der Slowakei, an. Hinsichtlich der NoVA führte der Minister aus, dass zunächst die Auswirkungen der letzten Anpassung bewertet werden sollen, bevor über neue Modelle diskutiert werden könne. Schließlich trat Berlakovich mit Nachdruck nochmals für das Prinzip der Energieautarkie ein, die natürlich nicht von heute auf morgen erreicht werden könne, aber als richtungsweisend und echte Perspektive für die Forschung und die Schaffung von "green jobs" anzusehen sei. (Schluss)