Parlamentskorrespondenz Nr. 829 vom 07.10.2009

Justizausschuss vertagt Anträge der Opposition

Zwei Regierungsvorlagen plenumsreif gemacht

Wien (PK) – Im ersten Teil der Sitzung des Justizausschusses unter dem Vorsitz von Ausschuss-Obmann Heribert Donnerbauer (V) wurden zwei Regierungsvorlagen einstimmig dem Plenum zur Annahme empfohlen. Fünf Anträge der Opposition wurden mit Mehrheit vertagt.

Ohne Wortmeldung stimmte der Ausschuss einer Regierungsvorlage zu, die ausschließlich dem Ziel der Rechtsbereinigung im Bereich vertraglicher Schuldverhältnisse dient und mit der u.a. das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Verkehrsopferentschädigungsgesetz geändert und das Bundesgesetz über internationales Versicherungsvertragsrecht für den EWR aufgehoben werden. Diese Rechtsbereinigung steht im Zusammenhang mit einer europäischen Verordnung, die Mitte Dezember in Kraft tritt und ältere Regelungen ersetzt.

Sowohl innerstaatliche Maßnahmen als auch die zwischenstaatliche Zusammenarbeit umfasste der nächste Punkt der Tagesordnung: ein Übereinkommen des Europarats zur Verhütung des Terrorismus, das vom Ausschuss dem Plenum zur Annahme empfohlen wurde. Die innerstaatlichen Maßnahmen reichen  von der Verbesserung der Zusammenarbeit von Behörden und der Aus- und Weiterbildung über die Förderung von Toleranz, z.B. durch interreligiösen und kulturellen Dialog, bis zu allgemeinen Maßnahmen zur Schärfung des Bewusstseins. Die internationale Zusammenarbeit bezieht sich ebenfalls bereits auf Maßnahmen der Prävention, umfasst aber auch die Verpflichtung zu Ermittlungen und zur internationalen Zusammenarbeit bis hin zur Auslieferung in bestimmten Fällen. Das Übereinkommen erhielt nach kurzer Debatte ebenfalls einstimmig die Zustimmung aller Fraktionen.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) merkte allerdings kritisch an, dass sich damit eine Tendenz zu einem "präventiven Strafrecht" abzeichne. Dies sei allerdings angesichts der Entwicklung unumgänglich, bemerkte dazu Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Abgeordneter Ewald Stadler (B) wollte sichergestellt wissen, dass bei der Umsetzung des Übereinkommens entsprechende Beschlüsse des nationalen Sicherheitsrats beachtet werden. Abgeordneter Johann Maier (S) wies darauf hin, dass es bezüglich Verhetzung, Hasspredigt, Aufrufe zu terroristischen Straftaten u.ä. um kaum kontrollierbare, weil im Internet begangene Delikte gehe.

Ausschuss vertagt Anträge der Opposition

In der Folge vertagte der Justizausschuss fünf Anträge der Opposition. Der erste war ein Antrag der Grünen, mit dem diese eine präzisierende Klarstellung  zu § 278a StGB fordern. Dieser Paragraph wurde als Handhabe bei der Verfolgung von Tierschützern herangezogen, sei aber für den Kampf gegen kriminelle Organisationen und Geldwäscherei ins Strafgesetz aufgenommen worden, meinen die Grünen. Die Klarstellung soll dadurch erreicht werden, dass eine Bezugnahme auf Gewinnabsicht eingefügt und der Verweis auf "erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft" entfällt.

Abgeordneter Albert Steinhauser (G) sah eine Gefahr rechtsmissbräuchlicher Anwendung dieses Paragraphen und plädierte dafür, ihn "annähernd missbrauchssicher" zu machen. Es gehe darum, wer im Fokus des Gesetzes sei, und dies sollte das organisierte Verbrechen, vom Drogen- bis zum Menschenhandel, sein.

Abgeordnete Karin Hakl (V) stellte unter Hinweis auf das laufende gerichtliche Verfahren einen Vertagungsantrag. Abgeordneter Johannes Jarolim (S) stellte den Zusammenhang mit diesem Verfahren gegen Tierschützer her, das bereits unverhältnismäßig lang – nämlich sieben Jahre – dauere. Außerdem solle man den Einsatz für den Tierschutz nicht mit der Tätigkeit in einer kriminellen Organisation gleichsetzen.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) hingegen sprach sich gegen eine Differenzierung nach Zielsetzungen aus und bekannte sich zu dem Prinzip, dass Gewalt niemals zur Durchsetzung von Zielen eingesetzt werden dürfe. Kritik an der Dauer der Ermittlungen äußerte auch F-Abgeordneter Peter Fichtenbauer. Abgeordneter Ewald Stadler (B) plädierte für die Ablehnung des Antrags.

Der Vertagungsantrag wurde mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen beschlossen.

Ebenfalls mit S-V-Mehrheit vertagt wurde ein Entschließungsantrag, mit dem das BZÖ für Sexualstraftäter und insbesondere für Kinderschänder verpflichtende lebenslange Kontrollmaßnahmen nach der Entlassung aus der Haft fordert. Außerdem wird eine "erhebliche" Anhebung der Strafrahmen für Sexualstraftaten verlangt.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) appellierte an die Mitglieder des Ausschusses, den Antrag nicht neuerlich zu vertagen, was Abgeordnete Ridi Maria Steibl (V) allerdings nicht davon abhielt, einen Vertagungsantrag zu stellen. Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) hingegen sprach sich für eine Annahme des Antrags aus. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) sah in der ständigen Verschärfung der Strafen keine Garantie für mehr Sicherheit.

Bundesministerin Claudia Bandion-Ortner stellte fest, dass einige Anliegen des Antrags durch das 2. Gewaltschutzgesetz bereits umgesetzt seien. Außerdem sei die Schaffung eines neuen Straftatbestands – des so genannten Grooming – in Vorbereitung.

Abgeordneter Ewald Stadler (B) brach eine Lanze für eine generelle Anzeigepflicht bei Verdacht auf einschlägige Delikte, für das Fernhalten solcher Straftäter von bestimmten Örtlichkeiten und für die Schaffung einer Straftäterdatei.

Vertagt wurde sodann auch ein Antrag des BZÖ, der ein Maßnahmenpaket zum verbesserten Schutz von Kindern verlangt. Abgeordneter Ewald Stadler (B) zeigte sich im Hinblick auf das kommende Kinder- und Jugendhilfegesetz mit der anschließend von Abgeordneter Ridi Maria Steibl (V) beantragten Vertagung einverstanden, die Vertagung erfolgte einstimmig.

Vertagt – und zwar mit S-V-G-Mehrheit – wurde auch ein Antrag der FPÖ: Durch strikte Fristsetzungen möchte die FPÖ erreichen, dass Rechtsstreitigkeiten im Obsorgerecht bzw. im Besuchsrecht nicht jahrelang verschleppt werden können. In dem Antrag wird darauf hingewiesen, dass die Verzögerungen vornehmlich darin ihre Ursache haben, dass Gutachter zu "Herren des Verfahrens" geworden seien, was Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F) im Ausschuss erläuterte. Fichtenbauer betonte, dass die Kinder die Leidtragenden bei Obsorgestreitigkeiten seien. Ausdrücklich sprach sich der Abgeordnete für Fristsetzungen aus. Entsprechenden Handlungsbedarf sahen auch Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und S-Abgeordneter Johann Maier. G-Mandatar Albert Steinhauser ortete in Fristsetzungen die Möglichkeit, Druck für eine bessere Ausstattung der Familiengerichte zu erzeugen.

Auch mit dem nächsten Punkt der Tagesordnung des Justizausschusses machte die FPÖ die Obsorge zum Thema. Ein entsprechender Antrag verlangt – in Analogie zu Deutschland - die Obsorge beider Elternteile als "gesetzlichen Regelfall". Auch dieser Antrag wurde vertagt, und zwar mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen. Abgeordnete Ridi Maria Steibl (V), die den Vertagungsantrag stellte, sah in dieser Frage keine rechte Vergleichbarkeit zwischen Österreich und Deutschland. Für Abgeordneten Peter Wittmann (S) ist die Verpflichtung zur gemeinsamen Obsorge ein falscher Weg. (Schluss)