Parlamentskorrespondenz Nr. 881 vom 20.10.2009

Stockholm-Programm passiert Bundesratsausschuss

BundesrätInnen haben in Einzelfragen Bedenken

Wien (PK) – Eine teils sehr kritische Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission betreffend das so genannte "Stockholm-Programm" für den Zeitraum 2010 bis 2014 fasste heute der EU-Ausschuss des Bundesrats einstimmig. Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung vom 21. Juli 2009 beschlossen, Stellungnahmen dazu vom Innenministerium, Städte- und Gemeindebund sowie Wirtschafts- und Bundesarbeitskammer einzuholen (siehe PK-Meldung Nr. 693/2009). Das "Stockholm-Programm" ist heute auch Thema des EU-Unterausschusses des Nationalrats.

Das Stockholm-Programm soll dem "Haager-Programm" folgen, das in den Jahren 2005 bis 2009 die Grundlage für die Zusammenarbeit in den Bereichen Inneres und Justiz bot. Die in der Mitteilung "Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienst der Bürger" enthaltenen Vorschläge stellen eine Diskussionsgrundlage für den Rat Justiz und Inneres dar. Der konkrete Entwurf für das zukünftige "Stockholm-Programm“ wurde von der Kommission kürzlich übermittelt. Es soll noch im Dezember dieses Jahres beschlossen werden.

Als besondere Herausforderung sieht die Kommission den Kampf gegen die Cyberkriminalität und den Terrorismus an. Sie strebt aber auch eine weitere Intensivierung und Harmonisierung im Zusammenhang mit Migration und Asyl an. Die Bedenken Österreichs richten sich vor allem gegen eine Überreglementierung auf EU-Ebene mit Auswirkungen auf zentrale Kompetenzen der Mitgliedstaaten, wie dem Zugang zum Arbeitsmarkt, die Gewährung von Sozialleistungen, Freizügigkeit und Legalisierung. Die angestrebte Harmonisierung könnte auf eine problematische Erweiterung der Zulassungsmöglichkeiten von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt hinauslaufen, heißt es etwa in der Stellungnahme des Sozialministeriums.

Ehe der Bundesratsausschuss seine Ausschussfeststellung annahm, kamen Experten aus den Ressorts zu Wort. Ingrid Sonnleitner vom Justizministerium bezeichnete das Dokument der Kommission als ausgewogenes Papier, das positiv bewertet werden könne. Hervorzuheben sei dabei, dass der Bürger in den Mittelpunkt gestellt werde. Erfreulich seien die Vorhaben zu den Themen Aus- und Weiterbildung, ebenso die Einschätzungen in Bezug auf die Menschenrechte. Als ausgewogen bezeichnete die Expertin weiters die Bereiche, die das Strafrecht betreffen.

Maria Ziniel vom Innenministerium verwies auf die Ausführungen der Bundesministerin zur grenzübergreifenden Kriminalität und thematisierte sodann Aspekte der Migration und des Menschenhandels, wo auf europäischer Ebene Handlungsbedarf bestehe. Weiters äußerte sie sich zum Themenkomplex Integration. Johann Brieger vom BMEIA beleuchtete das Programm der Kommission in seiner außenpolitischen Dimension und ging dabei vor allem auf den Aspekt der Menschenrechte ein. Ulrike Neufang vom Sozialministerium setzte sich mit Fragen des Arbeits- und Sozialrechts, mit Arbeitsmigration, hier insbesondere mit der zirkulären Migration, mit Aspekten der Existenzsicherung und mit diesbezüglichen Rechtsvorschriften unter Berücksichtigung europäischer und nationaler Kompetenzen auseinander.

Bundesrat Albrecht Konecny (S) bezeichnete die hier gewählte Vorgangsweise als positiv und beispielhaft. Im Gegensatz zu dem unglücklichen Beschluss in Sachen Glühbirnen habe die Union hier einen transparenten Weg gewählt und längerfristige Überlegungen angestellt, die entsprechend diskutiert werden könnten. So könne man die Bürger für die Union gewinnen, unterstrich der Redner, der die Vorlage begrüßte, wenngleich man noch einige Punkte werde diskutieren müssen. Detailfragen kamen weiters von den Bundesräten Friedrich Hensler (V), Susanne Neuwirth (S) und Franz Eduard Kühnel (V).

In der Ausschussfeststellung hält der Bundesrat fest, dass er die politischen Prioritäten der Kommission ausdrücklich unterstützt. Mit den Grundsätzen der Subsidiarität allerdings unvereinbar erscheinen Überlegungen betreffend einheitlicher europäischer Regelungen im Zusammenhang mit der Migration und dem Zugang zum Arbeitsmarkt. Zudem, so halten die Bundesräte weiters fest, seien in einzelnen Punkten Bedenken aus grund- und datenschutzrechtlicher Sicht angebracht. Der Bundesrat geht jedoch davon aus, dass die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung bei den Verhandlungen über das Dokument in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Länderkammer vorgehen und ihre Zustimmung von der Klärung der genannten Punkte abhängig machen werden. (Schluss)


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