Parlamentskorrespondenz Nr. 886 vom 21.10.2009

Restitution wird auf Länder und Gemeinden ausgeweitet

Mehrheitsbeschluss von Regierungsfraktionen und Grünen

Wien (PK) - Mit Mehrheit hat der Nationalrat heute die Ausweitung der Restitution auf Länder und Gemeinden beschlossen. Zur Debatte standen eine entsprechende Regierungsvorlage und ein noch weiter gehender Antrag der Grünen.

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) bekannte sich grundsätzlich zum Restitutionsgesetz von 1998, sprach sich aber gegen ein neuerliches Aufschnüren der Materie aus und lehnte insbesondere die Erweiterung der Begriffsbestimmung sowie die zeitliche und räumliche Ausdehnung des Geltungsbereichs ab. Dies alles sei nicht notwendig, da das Gesetz ohnedies sehr großzügig ausgelegt werde, argumentierte sie. Kein Verständnis äußerte Unterreiner auch für die gesetzliche Verankerung der Kommission für Provenienzforschung. Besser wäre es, diese Kommission auslaufen zu lassen, als sie für alle Zeiten einzuzementieren, sagte sie.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) stellte hingegen fest, was geraubt wurde, das müsse zurückgegeben werden, und erteilte einer Schlussstrichdebatte in dieser Frage eine klare Absage.

Abgeordneter Josef JURY (B) schloss sich der Argumentation Unterreiners an und wandte sich ebenfalls gegen eine Ausdehnung des ursprünglichen Gesetzes. Als Grund für die Ablehnung durch das BZÖ nannte er auch die Nichtberücksichtigung der seitens der Kärntner Landesregierung erhobenen Kritikpunkte.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) führte die gegenständlichen Anpassungen und Ausweitungen auf zehn Jahre Restitutionspraxis zurück und präzisierte, Ziel des Gesetzes sei es, eine lückenlose Rückgabe an die rechtmäßigen Besitzer und Erben sicher zu stellen.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erklärte die Korrektur und Ausweitung des Gesetzes für notwendig und richtig und betonte, Geraubtes müsse zurückgegeben werden. Kritik übte er an der Haltung der Regierung bezüglich der Stiftung Leopold, wobei er die Forderung seiner Fraktion auf Einbeziehung des Leopold-Museums ins Gesetz untermauerte.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) sprach von der historischen und moralischen Verpflichtung Österreichs zur Rückgabe der Raubkunst und betonte, die Vergangenheit sei eine Realität, der man sich stellen müsse, einen Schlussstrich könne es nicht geben.

Bundesministerin Claudia SCHMIED erklärte zur Forderung der Grünen auf Einbeziehung des Leopold-Museums, das Restitutionsgesetz beziehe sich nur auf Eigentum des Bundes, eine erzwungene Rückgabe von Werken aus einer Privatstiftung wäre als Eingriff in privates Eigentum rechtlich nicht möglich. Sie kündigte aber einen Bericht über Provenienzforschung im Leopold-Museum an und drückte ihre Hoffnung aus, dass der Vorstand der Stiftung nach Vorlage des Ergebnisses entsprechend moralisch handeln werde.

Abgeordneter Jochen PACK (V) bekannte sich zur Rückgabe von geraubten Kunstgegenständen an die rechtmäßigen Besitzer und Erben und meinte, Claudia Schmied setze den von Elisabeth Gehrer eingeleiteten erfolgreichen Weg nun fort.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) begrüßte die Ausweitung des Gesetzes und unterstrich, bei der Novelle gehe es darum, sicher zu stellen, dass die Rückgabe möglichst zu hundert Prozent erfolgt.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) bezeichnete die Restitution als historische Pflicht, sah die Novelle aber auch als Signal, darauf aufmerksam zu machen, dass Unrecht niemals langfristig zu Recht werden dürfe. 

Abgeordnete Christine LAPP (S) betonte, es sei notwendig, Gesetze immer wieder zu adaptieren. Im vorliegenden Entwurf gehe es nicht nur um die Restitution von "Käfer- und Kolibrisammlungen", bekräftigte sie in Richtung Abgeordneter Unterreiner. Von den vorgesehenen Änderungen hob sie u.a. die legistische Verankerung der Kommission für Provenienzforschung hervor.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) meinte, die Aufregung über die vorliegende Änderung des Restitutionsgesetzes sei nicht angebracht. Seiner Ansicht nach ist es sinnvoll, das vor 10 Jahren beschlossene Gesetz weiterzuentwickeln. Was spreche gegen eine zeitliche Verlängerung um 6 Jahre und gegen die vereinfachte Abwicklung von Restitutionsfällen, fragte er.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) sieht den Gesetzentwurf als ein Zeichen der politischen Kultur in Österreich. Über die Ablehnung des Entwurfs durch FPÖ und BZÖ zeigte er sich enttäuscht und wandte sich dagegen, der Aufarbeitung der Geschichte ein Ende zu setzen.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) äußerte sich ebenfalls zustimmend zur Gesetzesvorlage und hob u.a. die Erweiterung des Begriffs "Kunstgegenstand" als positiv hervor. Generell erwartet sie sich von der Gesetzesnovellierung mehr Rechtssicherheit.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) warf den BefürworterInnen des Gesetzes vor, unpräzise zu argumentieren. Er selbst zeigte kein Verständnis dafür, dass es für restituierte Kunstgegenstände weitreichende Ausnahmeregelungen für die Ausfuhr aus Österreich gebe. Das läuft ihm zufolge dem Schutz des österreichischen Kulturerbes entgegen.

Bei der Abstimmung wurde die Änderung des Kunstrückgabegesetzes mit S-V-G-Mehrheit verabschiedet. Der ablehnende Bericht des Kulturausschusses über den Antrag der Grünen fand die Zustimmung von SPÖ, ÖVP, FPÖ und BZÖ. (Schluss Restitution/Forts. NR)


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