Parlamentskorrespondenz Nr. 951 vom 05.11.2009

Neues Gesetz soll Polizei-Kooperation mit anderen EU-Staaten regeln

Oppositionsanträge im Innenausschuss abgelehnt bzw. vertagt

Wien (PK) – Die polizeiliche Zusammenarbeit Österreichs mit den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und mit Europol wird auf eine neue innerstaatliche Rechtsgrundlage gestellt. Ein entsprechender Beschluss wurde heute auf Basis eines von der Regierung vorgelegten Gesetzentwurfs mit breiter Mehrheit vom Innenausschuss des Nationalrats gefasst. Im neuen Gesetz werden verschiedene für die Polizeikooperation in Europa geltende Bestimmungen zusammengeführt, so etwa Rechte und Pflichten, die sich aus dem Europol-Übereinkommen, dem Prümer Vertrag, dem Schengener Informationssystem und dem Schengener Durchführungsübereinkommen ergeben.

Die im Gesetz zusammengeführten Regelungen stellen, wie in den Erläuterungen betont wird, im Wesentlichen geltendes Recht dar. Neu ist lediglich die künftige Möglichkeit für die Polizeibehörden, unter bestimmten Voraussetzungen auf das geplante Visa-Informationssystem (VIS) der EU zuzugreifen. Außerdem wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein im April gefasster Beschluss des Rats zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (Europol) das bisherige Europol-Übereinkommen ersetzt.

Durch den Rats-Beschluss wird Europol als eine aus dem EU-Budget finanzierte Sicherheitsagentur etabliert. Damit soll künftig ein flexibleres Agieren bei der internationalen Kriminalitätsbekämpfung ermöglicht werden, heißt es im Gesetzentwurf. Außerdem sieht der Beschluss eine Mandatserweiterung von Europol und Erleichterungen bei der Schaffung neuer Datenverarbeitungssysteme vor. Im Gegenzug wird die Kontrolle durch das Europäische Parlament erweitert und der Datenschutz durch Einrichtung eines Datenschutzbeauftragten weiter verbessert.

Weitere Punkte des Gesetzentwurfs betreffen u.a. die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Polizeibehörden, Befugnisse österreichischer PolizeibeamtInnen im Ausland und ausländischer PolizeibeamtInnen im Inland, die Verwendung von Daten aus DNA-Analysedateien und die Einrichtung eines verbesserten Schengener Informationssystems (SIS II). Dieses soll künftig etwa auch die Speicherung und Verarbeitung biometrischer Daten sowie die Speicherung eines Europäischen Haftbefehls und die Verknüpfung von Personen- und Sachfahndungen ermöglichen.

Die Bestimmung im Sicherheitspolizeigesetz, wonach bei der Aufnahme eines Häftlings automatisch ein Lichtbild angefertigt und gespeichert werden soll, das bei der Entlassung des Betroffenen wieder zu löschen ist, wurde mittels eines Abänderungsantrags aus dem Gesetzespaket gestrichen und in den Regierungsentwurf zum Pyrotechnikgesetz eingefügt, um eine zweimalige Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes zu vermeiden.

Im Rahmen der Diskussion lehnte Abgeordnete Alev Korun (G) das vorliegende Gesetzespaket namens der Grünen ab. Sie äußerte unter anderem Datenschutzbedenken und kritisierte in diesem Zusammenhang, dass in das Europol-Informationssystem auch vermutete Daten wie vermeintliche Tatorte und Tatzeitpunkte eingegeben werden sollen, auf die dann breite Zugriffsmöglichkeit bestehe. Zudem würden die Sicherheitsbehörden durch die mögliche Nutzung des VIS-Informationssystems Zugriff auf Daten von Personen erhalten, die nicht einmal im Verdacht stünden, eine Straftat begangen zu haben, beklagte sie.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) kündigte dem gegenüber die Zustimmung seiner Fraktion zur Gesetzesvorlage an und hob die Bedeutung von internationalem Datenaustausch und internationaler Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung hervor.

Innenministerin Maria Theresia Fekter wies darauf hin, dass Sicherheitsbehörden nur sehr eingeschränkt Zugriff auf VIS-Daten bekommen würden. Abgeordneten Hagen informierte sie darüber, dass sich das Schengener Informationssystem II derzeit in der Erprobungsphase befinde.

Der Gesetzentwurf wurde unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags mit S-V-F-B-Mehrheit angenommen.

Grüne für Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes

Vom Innenausschuss vertagt bzw. abgelehnt wurde eine Reihe von Oppositionsanträgen. Zunächst wandten sich die Abgeordneten einem Antrag und einem Entschließungsantrag der Grünen zu, die auf Änderungen im Staatsbürgerschaftsrecht abzielen. Zum einen sprechen sich Abgeordnete Alev Korun und ihre FraktionskollegInnen dafür aus, das "Geburtslandprinzip" im Staatsbürgerschaftsgesetz zu verankern und in Österreich geborenen Kindern die Staatsbürgerschaft zuzuerkennen, wenn sich zumindest ein Elternteil seit drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen hat. Ebenso sollen Kinder, die bereits seit mindestens vier Jahren ununterbrochen in Österreich leben, einen Rechtsanspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten. Zum zweiten urgieren die Grünen Ausnahmemöglichkeiten von jener Bestimmung, die besagt, dass nur noch solche Personen eingebürgert werden können, deren Lebensunterhalt aktuell gesichert ist.

Abgeordnete Alev Korun (G) begründete die Forderungen der Grünen damit, dass es um Kinder gehe, die ihr Leben in Österreich verbringen werden. Sie appellierte an die Koalitionsparteien, diesen Kindern Chancengleichheit zu geben und nicht eine "Vogel-Strauß-Politik" zu betreiben. Korun zufolge ist es für Zuwanderer der zweiten Generation derzeit oftmals eine "mühsame Prozedur", die österreichische Staatsbürgerschaft zu bekommen. Ihr zufolge wären rund 7.000 in Österreich geborene Kinder betroffen.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) lehnte die Anträge der Grünen ab. "Wir müssen nicht die Armut einbürgern", meinte er und sprach sich generell dafür aus, bestimmte Sozialleistungen an die Staatsbürgerschaft zu koppeln.

Beide Anträge wurden auf Antrag der Koalitionsparteien vertragt. Abgeordnete Angela Lueger (S) machte geltend, dass es vielfältige Möglichkeiten für ein erleichtertes Erlangen der Staatsbürgerschaft gebe. Ihrer Meinung nach könnte es außerdem ein Problem sein, wenn Kinder und Eltern verschiedene Staatsbürgerschaften haben.

FPÖ urgiert bessere Bezahlung von ExekutivbeamtInnen

Keine Mehrheit im Ausschuss fand der Antrag der FPÖ, dem zufolge der jährliche Sicherheitsbericht dem Parlament spätestens bis zum Oktober des darauffolgenden Jahres vorgelegt werden muss. Er wurde lediglich von den drei Oppositionsparteien unterstützt.

Weiters befasste sich der Innenausschuss mit zwei Entschließungsanträgen der FPÖ (692/A[E] und 693/A[E]) betreffend die Entlastung und bessere Entlohnung von ExekutivbeamtInnen. Konkret verlangen die Abgeordneten eine eigene Belastungszulage für ExekutivbeamtInnen, die in Polizeidienststellen mit hoher Mehrbelastung eingesetzt sind, einen höheren Ausbildungsbeitrag in der polizeilichen Grundausbildung, die Wiederaufnahme von Verhandlungen über ein eigenes Exekutivdienstgesetz und den Einsatz eigener Verwaltungsbediensteter in den Polizeiinspektionen.

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (V) gab zu bedenken, dass durch den Einsatz von PostbeamtInnen bei der Exekutive eine gewisse Entlastung der Polizei erreicht werden könne. Zur Forderung nach einer besseren Entlohnung für PolizeischülerInnen merkte sie an, mehr Geld sei immer wünschenswert, man dürfe aber nicht übersehen, dass es sich um eine Ausbildung handle.

Sowohl Abgeordneter Christoph Hagen (B) als auch Abgeordneter Werner Herbert (F) sprachen sich für die Schaffung eines eigenen Exekutivdienstgesetzes aus. Hagen glaubt, dass das geringe Gehalt für PolizeischülerInnen viele davon abhalte, den Polizeiberuf zu ergreifen. Die PostbeamtInnen bringen Abgeordnetem Herbert zufolge zu wenig Entlastung, da sie nicht eigenständig agieren könnten. Die geringe Bezahlung von PolizeischülerInnen beklagte auch Abgeordneter Leopold Mayerhofer (F), der geltend machte, dass diese auch im Dienst, etwa bei Demonstrationen, eingesetzt würden.

Beide Anträge wurden vertagt.

BZÖ gegen Schubhaftzentrum Leoben und für 300 PolizistInnen mehr in Graz

Zum wiederholten Mal Thema im Innenausschuss war die vom Innenministerium ins Auge gefasste Einrichtung eines "Schubhaftzentrums" in Leoben. Das BZÖ fordert von den Plänen umgehend Abstand zu nehmen und geeignetere Alternativen zu suchen, konnte sich mit einem entsprechenden Antrag aber nicht durchsetzen. Dieser wurde lediglich von der FPÖ unterstützt und blieb damit in der Minderheit.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) und sein Fraktionskollege Peter Westenthaler begründeten den Antrag im Rahmen der Debatte unter anderem mit der unzureichenden verkehrstechnischen Anbindung Leobens. Die Stadt sei 77 Kilometer vom Flughafen Graz und 162 km vom Flughafen Wien-Schwechat entfernt, skizzierten sie. Zudem erachten sie es als wenig zielführend, ein Schubhaftzentrum mitten in einem Wohngebiet einzurichten. Es gebe mehrere Beschlüsse des Leobener Gemeinderats gegen das Schubhaftzentrum, bekräftigte Grosz, auch der Bürgermeister und mehrere Bürgerinitiativen leisteten erheblichen Widerstand.

Grosz äußerte darüber hinaus die Befürchtung, dass aufgrund der neuen Raumordnungsgesetze in Kärnten und im Burgenland, die eine Sonderbewilligung für Schubhaft- bzw. Erstaufnahmezentren vorsehen, die Steiermark beide Projekte "erben" werde. Generell forderten er und Westenthaler die sofortige Abschiebung illegal eingereister Fremder und eine Beschleunigung sonstiger Abschiebungen. Es könne nicht sein, dass es oft mehrere Monate dauere, bis ein rechtskräftiger Abschiebebescheid vollzogen werde, meinte Westenthaler.

Seitens der FPÖ unterstützte Abgeordneter Mario Kunasek (F) den vorliegenden Antrag. Man solle auf den Widerstand der Bevölkerung Rücksicht nehmen, forderte er. Sowohl Kunasek als auch Grosz und Westenthaler prophezeiten, dass sich die Ablehnung des vorliegenden Antrags durch die Koalitionsparteien auf das Ergebnis der Gemeinderatswahlen in Leoben im kommenden Jahr auswirken wird.

Auf Basis zweier weiterer Entschließungsanträge des BZÖ (57/A[E] und 777/A[E]) diskutierten die Abgeordneten über die Personalsituation bei der Grazer Polizei. Das BZÖ verlangt 300 zusätzliche ExekutivbeamtInnen und wendet sich gleichzeitig gegen die Verlegung von 100 PolizistInnen vom Grazer Stadtzentrum nach Graz-Straßgang.

Abgeordneter Gerald Grosz (B) untermauerte die beiden Anträge damit, dass es in Graz mittlerweile mehr als 80 Straftaten pro Tag gebe, während der Personalstand der Grazer Exekutive seit dem Jahr 2000 gleich geblieben sei. Er hält eine Personalaufstockung daher für dringend erforderlich und wurde dabei von seinem Fraktionskollegen Peter Westenthaler und FPÖ-Abgeordnetem Werner Herbert unterstützt. Grosz und Westenthaler verwiesen unter anderem darauf, dass im Nachtdienst ein Polizist auf 8.000 Personen komme, was ihrer Meinung nach eindeutig zu wenig ist.

Grosz zufolge wäre es bereits eine gewisse Entlastung, würden Post- und Telekom-BeamtInnen auch bei der Grazer Exekutive eingesetzt. Weiters drängte er darauf, Versetzungsgesuche von in Wien eingesetzten PolizistInnen, die in Graz familiär und sozial verwurzelt sind, bevorzugt zu behandeln.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) verwies auf den heutigen gerichtlichen Freispruch eines Demonstranten vom Vorwurf des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt aufgrund widersprüchlicher Aussagen involvierter Polizeibeamter, die, wie sie meinte, wohl ebenfalls überlastet gewesen seien.

Innenministerin Maria Theresia Fekter machte geltend, dass nicht nur die BeamtInnen des Grazer Stadtpolizeikommandos für die Sicherheit in Graz zuständig seien, sondern es nach der Polizeireform zusätzlich verschiedene überregionale Organisationseinheiten wie das Landeskriminalamt, die Außenstelle des Bundeskriminalamts, die Polizeihundeinspektion und die Verkehrsinspektion gebe. Damit habe Graz wesentlich mehr Polizei zur Verfügung als früher, bekräftigte sie.

Zu den Versetzungswünschen merkte Fekter an, für alle neu aufgenommenen PolizistInnen gelte, dass sie zuerst in die Schule, dann in den Flexi-Pool, dann in ein Ballungszentrum und erst dann in den ländlichen Raum kämen. Ob PolizistInnen vom Grazer Stadtzentrum nach Straßgang verlegt werden, wird Fekter zufolge erst entschieden. Die Polizeiinspektion Paulustorgasse bleibe aber in jedem Fall am derzeitigen Standort vorhanden.

Beide Anträge wurden lediglich von FPÖ und BZÖ unterstützt und blieben damit in der Minderheit.

Schließlich nahm der Innenausschuss einen Entschließungsantrag des BZÖ in Verhandlung, der auf einen beschränkten Zugang zu so genannten "Post-Schlüsseln" abzielt. Derartige BG-Schlüssel sollten nur an verlässliche Personen verkauft werden dürfen, die einen tatsächlichen Bedarf hinsichtlich des Zugangs zu Wohnhausanlagen nachweisen können, fordern Abgeordneter Peter Westenthaler und seine FraktionskollegInnen.

Der Entschließungsantrag wurde mit S-V-Mehrheit vertagt. Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) begründete diesen Schritt damit, dass derzeit ein Postmarktgesetz in Verhandlung sei, mit dem diese Frage eventuell gelöst werde. Innenministerin Maria Fekter gab außerdem zu bedenken, dass Wohnbauangelegenheiten Ländersache seien und sie in dieser Frage keine Zuständigkeit habe.

Zuvor hatte Abgeordneter Peter Westenthaler (B) darauf hingewiesen, dass die freie Verfügbarkeit von Post-Schlüsseln ein "Riesenproblem" darstelle. Diese Schlüssel könnten für 10 Euro im Internet bestellt werden und ermöglichten Kriminellen den einfachen und raschen Zutritt zu Wohnanlagen. (Schluss)