Parlamentskorrespondenz Nr. 964 vom 10.11.2009

Die Post geht ab

Post-Volksbegehren im Verkehrsausschuss

Wien (PK) – Die Zukunft der österreichischen Postämter vor dem Hintergrund der Liberalisierung des Postmarkts ab 2011 stand heute im Mittelpunkt der Beratungen des Verkehrsausschusses. Ausgangspunkt war zunächst das von 140.582 Personen unterzeichnete Volksbegehren "Stopp dem Postraub", das im Wesentlichen die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Bevölkerung, die Novellierung des Postmarktgesetzes bei gleichzeitiger Erhebung in den Verfassungsrang sowie die Fixierung von mindestens 1.300 durch die Post AG zu führenden Postfilialen fordert.

Die Antwort der Regierungsparteien auf die kommende Postliberalisierung wiederum war die Vorlage eines Postmarktgesetzes, das darauf abzielt, die flächendeckende Grundversorgung mit Postdienstleistungen in ausreichender Qualität und zu leistbaren Preisen auch nach 2011 sicherzustellen. Die Novelle, die schließlich mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen wurde, sieht auch detaillierte Bestimmungen für die Schließung von Postämtern vor, die die Post verpflichten, den Universaldienst durch Verträge mit anderen Postpartnern weiter aufrecht zu halten.

Zur Debatte standen überdies Entschließungsanträge von FPÖ, BZÖ und Grünen, in denen Position gegen die Schließung von Postämtern ergriffen wurde, sowie eine Initiative der Grünen auf Ausarbeitung eines neuen Postmarktgesetzes mit Qualitätsstandards für alle Anbieter. Diese Anträge fanden bei der Abstimmung keine Mehrheit. 

Manfred Wiedner und Andreas Schieder sahen als Proponenten des Volksbegehrens ihre Anliegen durch die Regierungsvorlage nicht erfüllt. Wenn die Vorlage in dieser Form heute beschlossen wird, dann werde es in 10 Jahren in Österreich kein einziges Postamt mehr geben, warnte Wiedner. Ungelöst waren aus seiner Sicht vor allem die Problematik der Postservicestellen sowie der arbeitsrechtliche Status der privaten Zusteller. So könne die Qualität der Dienstleistungen durch Postpartner mit bloß drei Tagen Einschulung niemals aufrecht erhalten werden, gab er zu bedenken. Auch fürchtete er Sozial- und Lohndumping durch private Zusteller. Wiedner untermauerte in diesem Zusammenhang die Forderungen des Volksbegehrens nach Festschreibung eines adäquaten Prozentsatzes von fixen, eigengeführten Postämtern im Gesetz sowie nach Koppelung der Konzession für die Briefzustellung an die kollektivvertragliche Absicherung des privaten Zustellers.

Rückenwind bekamen die Proponenten des Volksbegehrens durch die Grünen, deren Sprecherin Abgeordnete Gabriela Moser den Vorrang der Kundenfreundlichkeit unterstrich und ebenfalls auf große Qualitätsunterschiede zwischen Postamt und Postpartner hinwies. Postämter würden jedenfalls deutlich mehr Leistungen anbieten als private Postservicestellen, war sie sicher. Darüber hinaus warnte sie ebenso wie ihre Fraktionskollegin Abgeordnete Christiane Brunner vor schweren Beeinträchtigungen für die Bevölkerung im ländlichen Raum im Gefolge von Postamtschließungen.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) verspürte "Bauchweh" hinsichtlich der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen durch private Postpartner. Die Festschreibung einer fixen Zahl von Postfilialen durch das Gesetz hielt er hingegen für eher problematisch.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) warnte, mit den Postpartnern werde weder die Qualität noch die Dichte der Versorgung sichergestellt werden, und fürchtete vor allem Beeinträchtigungen der Infrastruktur, aber auch des Briefgeheimnisses durch, wie er sagte, private "Turnpatschenbrigaden", die Briefe zustellen.

Abgeordneter Ferdinand Maier (V) sah hingegen im Postmarktgesetz einen optimalen Rahmen, der es dem Unternehmen nun ermögliche, auf dem Markt zu reüssieren. Aus dem überwiegend positiven Feedback auf die privaten Postpartner schloss er, dass Ängste vor der Postmarktliberalisierung nicht angebracht seien.

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (S) betonte, das Postmarktgesetz gehe auf viele Forderungen des Volksbegehrens ein. So würden 1.650 Postgeschäftsstellen im Gesetz festgeschrieben, die Anwendung des Kollektivvertrags durch die privaten Anbieter sei gesichert, Länder und Gemeinden hätten überdies Mitspracherechte. Die Schließung eines Postamts komme nur dann in Frage, wenn ein Ersatz oder ein anderer Postpartner gefunden werde.

Abgeordneter Hubert Kuzdas (S) meinte als einer der Unterstützer des Volksbegehrens, die Initiative sei gut und richtig gewesen. Entscheidend für die Schließung eines Postamts werde jedenfalls die Kundenfrequenz sein, gab er zu bedenken, und sah in diesem Zusammenhang vor allem das Management aufgerufen, mehr Dienstleistungen anzubieten und die Zusammenarbeit der Post mit BAWAG/PSK aufrecht zu erhalten.

Bundesministerin Doris Bures äußerte Verständnis für die Sorgen der Bevölkerung um die Absicherung der Postdienstleistungen und betonte, sie habe alle ihre rechtlichen Instrumente ausgeschöpft, um eine weitere Ausdünnung der Dienstleistungen zu verhindern, operative Eingriffsmöglichkeiten in das Unternehmen habe sie jedoch keine. Es sei ihr bei dem Gesetz vor allem um die Sicherheit der Versorgung gegangen. So werde nun erstmals eine gesetzliche Verpflichtung zur flächendeckenden Versorgung festgeschrieben.

Abgeordneter Hermann Schultes (V) brachte eine Ausschussfeststellung ein, die bei der Abstimmung mit den Stimmen der Regierungsparteien angenommen wurde. Darin wird im Wesentlichen die flächendeckende Versorgungsgarantie auf Basis einer Mindestzahl von 1.650 Postgeschäftsstellen unterstrichen, die Dienstleistungen in hoher Qualität anbieten. Wenn ein Postpartner seine Dienstleistung nicht mehr erbringen kann, dann muss er so ersetzt werden, dass die Versorgungssicherheit für die Bevölkerung weiter aufrecht bleibt, heißt es darin.

Postmarktgesetz soll Grundversorgung mit Postdienstleistungen sichern

Im Zusammenhang mit dem Postmarktgesetz sprach G-Abgeordnete Gabriela Moser von einer Quadratur des Kreises, denn es gelte, Renditen zu erzielen, von der EU-Richtlinie geforderten Zwängen nachzukommen, die Wünsche der Kunden zu erfüllen und die Unternehmenserwartungen an die Post zu erfüllen. Bemängelt wurde von ihr u.a. auch, dass es für die Beschäftigten der Zeitschriftenzustellung keine Mindeststandards gibt.

Abgeordneter Harald Vilimsky (F) meinte, mit dem Gesetz schaffe man es, dass bei neuen Postkästen nicht mehr jedermann in die Einwurfschlitze hineingreifen könne. Seine Befürchtung ging in die Richtung, dass die Postler Zug um Zug von Billigstarbeitskräften ersetzt werden. Wissen wollte er, warum die Post von der Gewerbeordnung ausgenommen ist.

90 % aller Beschäftigten im liberalisierten Sektor sind Selbständige und die restlichen 10 % werden nach unterschiedlichen Kollektivverträgen entlohnt, meinte G-Abgeordnete Birgit Schatz. Sie vermisste den im Gesetz verlangten sozialen Schutz zur Hebung der Lebenshaltung und Lebensqualität und trat für einen gesetzlichen Branchenmindestlohn ein, um Lohn- und Sozialdumping zu verhindern.

Abgeordneter Peter Stauber (S) äußerte seine Sorge, ob die hohe Qualität bei der Post aufrechterhalten werden kann, und hofft, dass eine hohe Zahl an Postämtern bestehen bleiben wird.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) meinte, die Post sei ein wichtiges Infrastrukturunternehmen in einem Staat und wenn es in fünf bis zehn Jahren keine Postämter mehr gibt, dann sei die Infrastruktur zerstört.

Abgeordneter Christoph Hagen (B) wollte wissen, wie viele Postgeschäftsstellen im laufenden Jahr Öffnungszeiten von 20 Wochenstunden haben. F-Abgeordneter Mario Kunasek erkundigte sich nach der derzeitigen bzw. künftigen Situation der MitarbeiterInnen.

Bundesministerin Doris Bures wies darauf hin, dass es darum gehe, die vollständige Liberalisierung legistisch umzusetzen. Die Kostenüberwälzung bei den Hausbriefanlagen habe mit der Umsetzung der EU-Richtlinie überhaupt nichts zu tun, hierbei gehe es vielmehr um die Reparatur eines verfassungswidrigen Gesetzes aus 2003. Nun sei für neue Marktteilnehmer eine Kostenübertragung vorgesehen.

Ursprünglich seien keine arbeitsrechtlichen Bestimmungen im Gesetz enthalten gewesen. Da es aber eine neue Dienstleistung sei, müsse gesetzlich die kollektivvertragliche Entlohnung festgehalten sein. Der Mindestlohn in Deutschland liege unter dem österreichischen Kollektivvertragslohn, meinte die Ministerin in Richtung G-Abgeordneter Birgit Schatz, in Österreich sei man mit der sozialpartnerschaftlichen Vereinbarung bisher "gut gefahren".

Die Gewerbeordnung werde deshalb nicht angewendet, weil das neue Gesetz strengere und deutlichere Bestimmungen als die Gewerbeordnung etwa bei der Konzessions- und Anzeigenpflicht enthält.

Zu der von V-Abgeordnetem Ferdinand Maier und F-Abgeordnetem Gerhard Deimek angesprochenen Zeitungszustellung wurde seitens des Ressorts erklärt, man habe eine verfassungskonforme Lösung gefunden; der Verfassungsdienst habe die Bestimmung nicht beanstandet. Ministerin Doris Bures meinte, sie wollte nicht, dass Verteiler einer Konzessionspflicht unterliegen, während andere Verteiler durch Umgehungsmöglichkeiten sich dieser entziehen.

Ausschussobmann Anton Heinzl zeigte sich überzeugt davon, dass das neue Gesetz die Versorgung mit Postdienstleistungen sichern werde. (Schluss)